Grüßt euch.
Vielen Dank schonmal für das Lesen meines Beitrages. Ich versuche, die Misere so kurz als möglich zu halten.
Ihn (54) habe ich (30) vor zwei Jahren in einem Forum für Dominanz und Devotion kennengelernt. Zum damaligen Zeitpunkt befand ich mich gerade in tiefsten Liebeskummer, weil eine neunjährige Beziehung zu Bruch gegangen ist, in der ich (auch) die emotional Unterlegene gewesen bin. Freunde konnten das Leid irgendwann nicht mehr hören (verständlicherweise) und auch Treffen mit anderen Männern konnten meinen awhe achwermütigen Gemütszustand nicht aufhellen.
ER war der wirklich erste Mann nach über rund zweijähriger Kummerphase, den ich für mich interessant fand. Die Gespräche über Gott und die Welt waren sehr angenehm. Ich war fasziniert und heute glaube ich, es war sein damals erklärtes Ziel, mich in sich verliebt zu machen. Das hat er inzwischen geschafft und er weiß das seit mehr als einem Jahr konkret, weil es zur Sprache kam. Nonsens eigentlich, da wir hunderte Kilometer entfernt wohnen.
Das Spiel um Macht und Hingabe rückte mit der Zeit immer mehr in den Hintergrund. So mein Eindruck. Er ist ein Starrkopf; der Umgang mit ihm seit jeher ein Wechselspiel der Gefühle... vom himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Ich weiß, dass er kein Kind von Traurigkeit ist und mit anderen intim wird. Wir hatten in all der Zeit übrigens keine körperlichen Annäherungen. Selbst, wenn das jetzt pathetisch klingen mag, war mir das Seelische bedeutsamer. Die Verbindung entwickelte sich zu regelmäßigen Telefonaten, einem regen, inspirierendem Mailaustausch. Beinahe jeder zweite Abend in der Woche gehörte uns... gefüllt mit so vielen anregenden Plaudereien. Insgeheim war/bin ich verliebt, habe nach außen aber immer von Freundschaft gesprochen. Das hat er natürlich durchschaut.
Unser Verhältnis wurde in den letzten knapp anderthalb Jahren durch gegenseitiges Vorlesen bereichert, sehr häufig auch durch gemeinsames Einschlafen, bei dem wir uns manchmal gegenseitig beim Schlaf beobachtet haben. Das Thema D/s schien völlig ad acta gelegt. Manchmal haben wir uns schweigsam angeschaut und zusammen gelacht... manchmal hat er niedlich mein Lachen oder so nachgeahmt. Sicher sehe ich es einfach immer noch durch rosarote Glasscheiben.
Problematisch war immer, dass er nach eigenen Angaben nicht gut über seine Gefühle sprechen kann... statt Mögensbekundungen sollte ich es durch seine Reaktionen (stundenlange Gespräche etc.) merken, dass ich ihm etwas bedeute... sonst würde er das nicht tun. Zu einer stark ausgeprägten Sympathie kam nun auch noch Sucht meinerseits hinzu. Ich war/bin überzeugt, dass ich dieses Anregende, Inspirierende, diesen Adrenalinkick beim Kontakt mit ihm brauche, um glücklich zu sein. Deshalb machte ich wohl unbewusst auch den Kompromiss mit mir selbst, ihn lieber als normalen Freund zu halten als ihn zu verlieren an eine andere Frau. Doch dieses Gedankengebilde aufrechtzuerhalten, fällt mir immer schwerer. Es belastet mich und sorgt für negative Beeinflussung meiner Lebensqualität. Da ich seine normalen Tagesabläufe grds. kenne, reimt sich mein Gehirn schon von allein Szenerien zusammen, wenn er wie heute Abend wieder mal nicht erreichbar ist.
Er kennt natürlich meine emotionale Grundeinstellung zu ihm... Zu Anfang versprach er, nie mit meiner Zuneigung zu spielen. Später habe ich aus Selbstschutz gemeint, er solle gehen, wenn er die Frau seiner Träume gefunden hat. Vielleicht hat er das ja und ich bin einfach zu fixiert auf ihn, dass ich es nicht sehen will. Denn vor einigen Wochen fing dieses offensichtliche Gegen-die-Wand-laufen-Lassen an: Ignorierte meine Anrufe mit der nüchternen Begründung, er bräuchte doch nicht abnehmen, wenn er gerade etwas anderes mache. Vorbei war es mit ausgiebigen Gesprächen und derlei.
Sein Verhalten, nicht das einzige Fehlverhalten in dieser Zeit, hat mich derart wütend gemacht, dass ich ihm eine gepfefferte Antwort habe zukommen lassen, in der ich natürlich, etwas überspitzt geschrieben, meine Empfindungen darlegte. Ich glaube, genau das hat er genau so hervorlocken wollen, um dann mit meinem Ausbruch zu begründen, dass ich mich nicht mit so einem Starrkopf wie ihm beschäftigen solle, sondern mich einem anderen netten Mann widmen solle. Dass ihn meine verbalen Angriffe verletzt haben, verstehe ich... zumal das Geschriebene vor Zynismus strotzte.
Aber ich habe ihm auch sehr sachlich erklärt, wie es dazu kam und dass er mich mit seiner Gleichgültigkeit verletzt, mich aber gleichzeitig nach seiner Nähe sehne. Später entgegnete er, dass ich den nächsten Mann nicht so schei. angreifen soll, dann wird es was... keine Ahnng, was er mit diesem WAS meinte. Kritik in Freundschaft wie Beziehung muss sein? Gesunde und keine verletzende Kritik natürlich. Darauf habe ich auch meistens geachtet. Ja, er hat diesen jüngsten Vorfall genutzt, mich aus seinem Leben rauszukacheln. Seine abschließenden Worte waren, dass jemand anders meine Gefühle mehr und besser erwiderrn würde und sofern er oder ich ginge, ich etwas Besseres bekommen könnte. Wenn er so zu mir ist, dann kann ihm an mir oder einer normalen Freundschaft doch überhaupt nichts liegen, nicht wahr? Während der Monate habe ich mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen, dass er nebenbei mit der einen oder anderen vergnügt und ich selbst suchen muss... aber ich habe mich immer wieder der Häufigkeit des intensiven Kontaktes zu ihm hingegeben. Ich war/bin so fixiert, dass mir das ausgereicht hat.
Meine Freunde beäugten die Bekanntschaft von Anfang an kritisch ob seiner Stimmungswechsel. Einhellig rieten sie mir, mich trotzdem anderen Männern zu widmen, mich nicht auf dieses unbeständige Wesen zu verlassen. Der ratschlag lief jedoch ins Leere... eine Verliebte soll sich mit jemand anderen als dem Verliebten treffen... ein Teufelskreis. Nun stehe ich in den Scherben dieser Verbindung und werde gezwungen, zu erkennen, dass er wohl solch ein A-L ist, für das die Freunde ihn gehalten haben. Dabei denke ich mir noch immer, dass ich ihm doch nicht soooo egal sein konnte. Wer bitteschön hat denn so viel Langeweile, dass er sich fast jeden Tag stundenlang mit jemandem beschäftigt?! Vielleicht hat er mich nur warmgehalten. Ich wüsste es gern. Hätte gern ein konkretes Statement von ihm.
Vor einigen Tagen habe ich eine Krebsdiagnose. Wie in Trance habe ich seine Nähe nach unserem Streit gesucht. Er hat sich Zeit genommen, wir konnten darüber reden, hat mich wieder zum Lachen gebracht. Aber ich merke einfach, wie es mich heute Abend schon wieder mitnimmt, wenn ich gern seine Nähe hätte und im Hinterkopf jedoch weiß, dass er mit einer anderen zugange ist. Mein Plan sah vor, noch ein paarmal seine Nähe zu genießen und mich dann zu entfernen, aber das wird wohl nicht klappen, nicht wahr?
PS: Respekt, wenn ihr euch bis hierhin durchgefuzzt habt.
VG, die Traurige
08.08.2016 21:13 •
#1