Zum Nachdenken bei Liebeskummer

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Vertrauen - Das Gefangenendilemma

In menschlichen Beziehungen beruhen alle Voraussagen in der ein oder anderen Weise auf Vertrauen. Wenn Person A von B einen Scheck erhält, so bleibt für sie die Frage, ob dieser Scheck gedeckt ist oder nicht, vorderhand unbeantwortbar. In diesem Sinne sind A`s und B `s Lagen sehr verschieden.B weiss ob sein Scheck gedeckt ist oder nicht. A kann ihm lediglich vertrauen oder misstrauen , denn er wird erst dann Gewissheit erlangen, wenn er den Scheck bei der Bank zur Einlösung vorlegt. Es liegt in der Natur menschlicher Kommunikation, dass es keine Möglichkeit gibt einen anderen Menschen zum Teilhaber von Informationen oder Wahrnemungen zu machen, die nur einem selbst zugänglich sind. Der andere kann einem bestenfalls vertrauen oder misstrauen, aber erkann es nicht WISSEN. Andererseits ist ein Grad von Vertrauen unerlässlich, denn die meissten menschlichen Tätigkeiten kämen praktisch zum Erliegen, wenn Menschen nur nur aufgrund direkter Informationen und Wahrnehmungen handelten. Bei weitem die meisten unserer Entscheidungen beruhen auf Vertrauen. Vertrauen spielt also eine wichtige Rolle in der Abschätzung künftiger Ereignisse und, im engeren Sinn, deren Voraussagbarkeit.

Bisher haben wir zwischenmenschliche Situationen in Betracht gezogen, in denen ein Partner unmittelbare Information besitzt und der andere nur die Möglichkeit hat, der Übermittlung dieser Information zu vertrauen oder zu misstrauen. Der Direktor weiss, dass er die Prüfung an Donnerstag morgen abhalten wird, der Gatte weiss, dass er keine Absicht hat seine Frau zu betrügen, der Mann der einen Scheck ausstellt weiss ( meistens ) ob er gedeckt ist oder nicht. In zwischenmenschlichen Situationen von der Art des Gefangenendilemma be sitzen aber weder der eine noch der andere Unmittelbare Information. Beide sind daher in ihr Vertrauen auf den anderen angewiesen, auf eine Abschätzung ihrer eigenen Vertrauenswürdigkeit in den Augen des anderen und auf ihre Voraussage des Entscheidungsverhalten des anderen, von dem sie wissen., dass es weitgehend auf dessen Voraussagen über ihr eigenes Entschiedungsverhalten beruht. Wie wir nun sehen werden, führen diese Voraussagen unweigerlich zu Paradoxien.

Das spieltheoretische Modell des Gefangenendilemmas lässt sich am eifachsten durch folgende Mtrix darstellen :


. b1 . b2

a1 5,5 . -5, 8

a2 8,-5 -3,-3


In dieser Spielsituation haben Spieler A und Spieler B je zwei Alternativen.A kann a1 oder a2 und B entweder b1 oder b2 wählen. Beiden sind durch die Matrix festgelegte Gewinne oder Verluste bekannt. So weiss A z.B. dass er und B je 5 Punkte gewinnen, wenn er a1 und B b1 wählt. Wenn B aber die Alternative b2 wählt, verliert A 5 Punkte und B gewinnt 8 Punkte. B befindet sich in derselben Lage gegenüber A. Ihr Dilemma besteht darin, das beide nicht wissen können welche Alternative der andere wählen wird, da sie aufgrund der Spielregeln gleichzeitig wählen müssen, über ihre Wahl aber nicht kommunizieren können.

Unter diesen Bedingungen erweist es sich, dass gleichgültig ob das Spiel nur einmalig oder hundertmal hintereinander gespielt wird, die Entscheidung (a2,b2 ) die sichereste ist, obwohl sie jedesmal einen Verlust von je 3 Punkten je Spieler bedeutet. Eine viel vernünftigere Lösung wäre natürlich ( a1,b1 ), da sie beiden Spielern einen Gewinn von 5 Punkten bringt. Diese Entscheidung kann aber nur unter der Voraussetztung gegenseitigen Vertrauens erreicht werden. Wenn nähmlich nähmlich Spieler A seine Entscheidung rein vom opportunistischen Gesichtspunkt seinens Maximalen Gewinns bei minimalem Verlustes trifft und Grund zur Annahme hat, das ihm B genügend vertraut um b1 zu wählen, da das dadurch zustande kommende Resultat ( a2,b1 ) einen maximalen Gewinn ergibt. Wenn A aber ein genügend scharfer Denker ist, so muss er sich sagen, dass B genau denselben Gedankengang verfolgen kann, und daher b2 statt b1 spielen wird., besonders wenn auch B annimmt, dass A ihm genügend vertraut, und er selbst genügend Vertrauen hat, dass A a1 wählen wird. Damit kommen wir zu der traurigen Schlussfolgerung, dass ( a2,b2 ) die einzig vernünftige, d.h. sichere Strategie für beide Spieler ist, das dabei aber beide verlieren.

Dieses Resultat ist keineswegs ein rein theoretisches. Es ist die vielleicht eleganteste Abstraktion eines Beziehungsproblems, dass man in der Psychotherapie von Ehen oder anderen engen Beziehungen immer wieder antrifft. Ehepartner, die in stummer Enttäuschung dahinlebenund einander fast nichts zu geben instande sind, bevölkern seit langem die Wartezimmer der Psychotherapeuten. Meist aber wird der Grund für ihr Unglücklichsein in einer individuellen Pathologie des einen oder anderen Partners gesucht, der als depressiv, passiv - agressiv, selbstbestrafend, *beep* usw. diagnostiziert wird. Alle dies Diagnosen aber lassen die wechselseitige Natur ihrer Zwangslage unberücksichtigt, die ganz unabhängig von den Persönlichkeitsstrukturen der Partner bestehen und aussschlieslich im Wesen ihres Beziehugsdilemmas liegen kann. Es ist , als ob sie sich sagten: Vertrauen würde mich verletzbar machen, daher muss ich auf meine Sicherheit bedacht sein. , und die darin enthaltene Voraussage ist : Der andere würde mich sonst ausnützen.

Meistens reich die gegenseitige Beurteilung und die Definition der Beziehung durch die Partner ( und ebenso durch Nationen ) nur bis zu diesem Punkt. Diejenigen aber, die etwas schärfere Denker sind, können nicht an diesem Punkt haltmachen, und hier nun wird die Paradoxie des Gefangenendilemmas besonders offensichtlich. Lösung ( a2,b2 ) wird unvernünftig, sobald A begreift, das sie nur das kleinere Übel, aber eben doc ein Übel ist und das auch B das so sehen muss. B muss also genausowenig Grund haben dieses Resultat zu wünschen - eine Schlussfolgerung, die A unschwer ziehen kann. Sobald A und B zu dieser Einsicht gelangt sind ist nicht mehr ( a2,b2 ) die vernünftige Lösung , sondern vielmehr ( a1,b1 ) . Mit ( a1,b1 ) aber beginnt der Kreislauf aber wiedr von neuem. Wie immer sie an ihr Dilemma herangehen - sobald sie die vernünftigste Lösung im Sinne ihres eigenen Interesses gefunden hben, drängt sich eine noch vernüntigere Lösung auf. Somit stecken sie in derselben Sackgasse wie die Schüler, die die Prüfung nur dann vorausagen können, wenn sie unvoraussehbar ist.

Moral : Reine Logik und menschliches Vertrauen vertragen sich nicht.



Aus :

Paul Watzlawick, u.a.

Menschliche Kommunikation - Formen, Störungen, Paradoxien

Verlag Hans Huber




09.11.2003 00:22 • #61


E
Hallo leser,

Reine Logik und menschliches Vertrauen vertragen sich nicht.

gut. Ich kann diese Theorie einigermaßen nachvollziehen, bin aber eher ein typ der sich an Beobachtungen hält. Und die sagen mir, daß das Sicherheitsdenken (a2,b2) keine Basis sein kann für eine private Beziehung, höchtens für eine geschäftliche, obwohl ich auch das bezweifle. Ich halte mich da eher an eine Weisheit aus der Bibel: Geben ist seliger denn nehmen. Diese Prinzip ist übrigens seit langem aus dem Geschäftsleben (und im Glücksspiel) bekannt und besagt, daß man eine gewisse Summe investieren muß um mehr gewinnen zu können. Wenn sich herausstellt, daß die Investition ein Schuß in den Ofen war wird nicht gejammert sondern man betrachtet den Verlust als Lehrgeld, als Abschreibung. Beim nächten Mal versucht man einfach, etwas klüger zu sein und nicht wieder auf die Schnauze zu fallen. Die emotionale Belastung ist mit dieser Sichtweise beseitigt und man beginnt quasi wieder von Null, mit dem Unterschied, daß man gewisse Fehler nicht mehr macht und an Naivität verliert.

Ich halte diese Methode für die einzig wohltuende.

Leider gibt es im geschäftlichen als auch im privaten Bereich seit einigen Jahren einen Trend zur Inkosequenz, der sich wohl auf die Verwöhnerziehung* zurückführen läßt. Man möchte das Risiko so gering als möglich halten, im optimalen Fall mit NULL investition. Aber man erwartet Erträge. Wenn diese nicht kommen, dann ist man enttäuscht. Dies ist eine sehr naive Sichtweise. Ich nenne das auch Pussy-Denken, wobei ich das natürlich nicht auf Frauen beschränken möchte:-) Nach meiner Theorie sind grundsätzlich alle davon betroffen, die seit der 68er Generation aufgewachsen sind, also Menschen bis ungefähr 35.

GRUNDSÄTZLICH!  Ausnahmen sind davon ausgenommen:-)

Fazit: Sichtweise ändern, Risiken eingehen und Verluste nicht als persönliche Beleidigung auffassen, sondern als Ansporn für das nächste Mal. Ich zitieren einen Spruch, den ich schon vor über 2 Jahren geschrieben habe: Nicht der ist stark, der sich trotzig dem Sturm entgegenstellt, sondern der, der umgeblasen wird und immer wieder aufsteht.

*Verwöhnerziehung: geocities.com/stiegelmeyr/Verwoehnerziehung.htm


cu

09.11.2003 17:05 • #62


A


Zum Nachdenken bei Liebeskummer

x 3


E
Weisst Du ,

für die Feststellung dass ( a2,b2 ) nicht die Basis einer privaten Beziehung seien kann habe ich den Beitrag nicht gepostet. :)

Das muss mir schon lange niemand sagen .


Eines Tages kommt der Spielleiter und sagt : Dies ist das letzte Spiel. Danach gibt es keines mehr. Bisher habe ich immer ( a1,b1 ) gewählt. Mein Gegenüber wählt b2 .

Es gibt keine Tatsache, es gibt keine Fiktion. Es gibt eine Wahl die man trifft .......

( und die hat Konsequenzen)


Ich habe heute abend lange und viel nachgedacht .

Ich habe vor einiger Zeit mit einem jungen Architekten sein Haus durchsaniert.Grund und Bodenarbeit, und ich darf mich fragen was draus geworden wäre wenn ich imch nicht engagiert hätte. Jedenfalls haben wir mal zusammengearbeitet.

Ich bin seit Okt. 03 Hausmeister in einem im Aufbau begriffenen Kultur- und Veranstaltungshaus. D.h. auch anstehende Umbauarbeiten, anstehende Planung etc.

Die dazugehörige allgemeine Kompetenzlosigkeit inbegriffen.


Es gibt auch einen architekten, aber naja........

... es gibt da so eine Art Machtvakuum.


Ich weiss, das ich mehr kann als die Halle zu fegen.

Aber ich kann es nicht allein. Das weiss ich auch.


Ich lasse es drauf ankommen.

( d.h. : Verantwortung für die Planung und Umsetzung zu Übernehmen. Mit Mathes zusammen kann ich das, Wir können das. Und ich müsste es auf meine Kappe nehmen das einzustiehlen )

Ich versuche es zumindest. Und ich merke auch, dass sich in den dazugehörigen Galgenhumor ( Arrbeit .... ) eine Menge Schmerz mischt.

Fazit: Sichtweise ändern, Risiken eingehen und Verluste nicht als persönliche Beleidigung auffassen

Dein Wort

Daniel




10.11.2003 01:56 • #63


E
Eine andere Moral wäre die, dass man NIE gewinnen kann, wenn der andere einem nicht vertraut.

Fällt mir grad so auf.....

11.11.2003 00:11 • #64


E
Hallo leser

Eine andere Moral wäre die, dass man NIE gewinnen kann, wenn der andere einem nicht vertraut.

stimmt. Was machen? Ehrlichkeit und Offenheit konsequent (vor-)leben, Geduld haben bis das Vertrauen genug gewachsen ist, oder sich anderweitig umschauen.

cu

12.11.2003 04:52 • #65


E
Hier ein Artikel aus single.de:

--- schnipp ---

Über die Psyche der Frauen

Die nun ca. 20 jährige Erfahrung aus den Erlebnissen mit Frauen bringt in mir immer wieder die gleichen Erkenntnisse zu Tage, und ich frage mich, wie wohl Frauen sich selbst sehen und ob ihnen bewußt ist, welche Auswirkungen ihr Handeln bei Männern hat...

Die offiziell kundgetane Meinung und ihr angebliches Bestreben in unserer patriarchaischen  Gesellschaft erscheint in dem Wunsch, von den Männern besser verstanden zu werden und dem Mann als gleichwertig  anerkannt zu sein.
Daraufhin gab es eine ganze Generation von Frauenverstehern, Warmduschern, Fönhaltern, Sockenstopfern usw. Mann war wieder Gentleman und aufmerksam den Frauen gegenüber, nahm sich für die Bedürfnisse der Frau auch gerne zurück, schloß Kompromisse, legte Machogehabe ab, beteiligte Frau an Entscheidungen in dem Versuch mit Frau eine wirklich gleichberechtigte Partnerschaft zu führen - einem gemeinsamen Nebeneinander, statt als der starke Mann vorweg zu gehen.

Das jedoch scheint Frau gar nicht so recht zu sein, denn um so mehr Mann versucht, Frau zu verstehen und sich intensiv mit ihrer Gedanken- und Gefühlswelt auseinander zu setzen, um so mehr verliert Frau die Achtung, den Respekt vor dem Mann und er erscheint ihnen als Weichei, ist ihnen dann zu liebenswert - so liebenswert, dass sie in ihm nur noch einen guten Freund, eine Art Bruder sehen, nicht aber einen Mann, den sie attraktiv und begehrenswert finden und zu dem sie sich s.uell hingezogen fühlen.
Merkt ein Mann das und steuert dagegen, mutiert er zum größten Ar. des Universums und Frau schleudert ihm Sätze wie Du hörst mir überhaupt nicht zu - Du verstehst mich nicht - Du denkst immer nur an Dich oder Zeige mehr was in Dir vorgeht, wie Du Dich fühlst usw. - besonders beliebt ist auch der Satz Was denkst Du gerade ? - welcher Mann hat den noch nicht gehört ?

So gleiten Frauen - rein äußerlich wahrhaft göttliche Geschöpfe, die uns Männern Engeln gleich vorkommen - bohemienhaft als potentiell tickende Östrogenbomben durch die Welt der Männer Domänen, ständig unberechenbar in ihren Launen, völlig paradox handelnd gegenüber dem was sie sagen (und entsprechend wohl auch denken) und egal was und wie ein Mann etwas tut, einer Frau begegnet, so ist er ständig diesen posttraumatischen Menstruationsproblemen, den daraus resultierenden Zickengehabe, ausgesetzt.

Ich weiß das so manche Frau sich selbst nicht versteht - wie soll dies dann ein Mann können ?
Tatsache ist wohl, das Frau und Mann völlig aneinander vorbei leben und Frau hat wohl ähnliche Probleme damit, einen Mann und dessen Handlungs-/ Denkweisen zu verstehen und oft artet es im Geschlechterkampf aus, aber muß dies nicht evtl. sogar so sein ?
Ich glaube an klare Rollenverteilungen aufgrund unserer Evolution.
Mann war immer das Oberhaupt, der allein schon körperlich Stärkere und Beschützer der Frau und er musste sich schon immer im Rüdengepinkel machohaft evtl. Konkurrenz weg beißen, Frau mit seiner Stärke imponieren und Frau unterwarf sich dann gerne dem Alphamännchen - Frau dagegen musste immer ihr Schäfchen ins trockene bringen, sehen das sie gut versorgt ist, dass evtl. Nachwuchs starke Gene abbekommt usw.
Ich bin davon überzeugt, dass Frauen eher mit dem Kopf fühlen, während Mann - aufgrund dessen, dass er bei der Jagd Situationen schnell erfassen und spontan entscheiden musste - eher aus dem Bauch heraus fühlt und entscheidet, wie es die momentane Situation erfordert.
Mann lebt im Hier und Jetzt - Frau wägt das Gestern mit dem Heute ab, um ein gesichertes Morgen zu erzielen - kann dabei aber leider oftmals das Heute nicht ausleben.

Heute aber hocken wir nicht mehr auf Bäumen oder in Höhlen, brauchen kein Jagdglück mehr, um über den Winter zu kommen. Ich denke wir sind in einem evolutionären Umbruch (und wer die Evolution betrachtet weiß, dass da nicht in Jahre sondern in Jahrtausende gerechnet wird, wir also wohl noch recht lange in diesem zwischenmenschlichen Dilemma stecken werden).
Die wirklich klaren Rollen gibt es (scheinbar) nicht mehr, aber gerade deshalb laufen, fühlen wir völlig orientierungslos aneinander vorbei.

Mir persönlich ist bewußt, dass ich es einer Frau nie recht machen kann und werde mich auch hüten dies zu versuchen, denn um so mehr ich versuche, Frau zu verstehen, um so weniger versteht sie mich, um so näher ich mich ihr bringen will, um so weiter wird sie sich von mir entfernen, wenn ich mich bemühe sie, ihr Herz, wirklich intensiv zu berühren, wird sie sich mir gegenüber immer mehr verschließen usw. - Mann und Frau sind grundverschieden, eben genau die Gegensätze die sich anziehen und ihre Attraktivität im Gegensatz des Anderen finden, sich gerade deshalb ergänzen und somit zusammen eins sind, neben seiner besseren Hälfte und so erscheint es mir als falsch, wenn man sich in einer Partnerschaft aus lauter Harmoniesucht angleichen will - so schön und erstrebenswert Harmonie auch ist und sich jeder danach sehnt, so sicher ist es der Dolch, der die anfängliche Liebe, das grenzenlose Begehren zum anderen, tötet.

20 Jahre habe ich versucht zu verstehen, einen Mittelweg zu finden - Geben ohne aufzugeben, Nehmen ohne zu fordern, sich selbst und doch mit und für den Anderen zu leben, ohne sich selbst zu verraten, zu kastrieren in der weiteren Entwicklung. Ich bin von extrem eifersüchtig zu grenzenlos tolerant mutiert, von völlig verschlossen zu oft auch schmerzhaft offen und ehrlich, von egoistisch kalt und selbstherrlich zu einfühlend und allumfassend verstehend, nicht punktdenkend, sondern die gesamte Situation überblickend, vom Verurteiler, um vom eigenen Fehlverhalten, dem persönlichen Unvermögen abzulenken, zum Verstehen, die Seele eines jeden und ihre Entwicklung erkennend, vom Trampelpfad Stolperer zum Wegezeiger und Möglichkeitenöffner.
Egal wie ich dieser Welt und den Menschen auf ihr begegnet bin - um so mehr ich verstand, um so weniger wurde ich gesehen und erkannt und so erscheint es mir, als würden sich die Menschen immer nur flüchtig begegnen, sich aber doch nie wirklich richtig berühren, weil sie im ständigen Kampf mit sich selbst leben, sich teilweise sogar schon selbst zuviel sind - wie könnten sie da noch jemanden dauerhaft neben sich ertragen ?

Zu guter Letzt sind wir wohl alle nur suchende im Fluß der Zeit - so schnell fortgerissen, dass wir oft die vielen Eindrücke nicht wirklich wahrnehmen, geschweige denn verarbeiten, dem wahren, menschlichen nicht wirklich begegnen, höchstens streifen, um ihn später als Lebensabschnittspartner ins Poesiealbum zu kleben und nach Jahren flüchtig mit dem Finger über alte Fotos zu streicheln mit den Worten Hätte ich doch damals nur... und sich dabei zu ertappen, mal wieder im Gestern zu leben, und in dem Moment - wie immer im Leben - das Heute mit dem Gestern zu betrügen, auf das Morgen zu hoffen, das Hier und Jetzt aber überhaupt nicht als existent wirklich intensiv wahrzunehmen und es mit jeder Pore auszukosten, wo doch das Jetzt Vergangenheit und Zukunft zugleich ist, wo in jedem Augenblick das Gestern genau so stirbt, wie das Morgen geboren wird, wir aber gerade deshalb, weil wir nicht das Jetzt intensiv ausleben, uns auf Ewigkeit in die Vergangenheit verbannen und in dem Nachtrauern vergebener Chancen oder dem *beep* der gestrigen Wunden, die Erfüllung darin finden, unser zweifellos großes Leidenspotential erschöpfend auszukosten und damit so sehr beschäftigt sind, dass wir unserer eigenen Entwicklung ewig nachlaufen, einfach nicht zu uns, unserer Mitte und inneren Ruhe finden und wir Menschen uns wie wirr umherfliegende Atome immer nur flüchtig streifen, anziehen, kurzfristig eine Symbiose bilden, um dann wieder in eine andere Richtung abgelenkt auseinander zu trieften - flüchtige Bekannte an Wegkreuzungen, manchmal ein kurzes Stück Hand in Hand zusammen gehend, meist aber nur fragend und zweifelnd an der Kreuzung verharrend, um auf die zu warten, die Irrwege zeigen, damit man in seiner ganzen Lebensunlust und dem eigenen Verweigerungsfrust bestätigt wird in dem Alles schei., alles Mist ! sich als Neutron dem nächsten Proton anzuschließen, sich wieder kurz um ihn zu drehen, statt sich mit ihm zu verschmelzen und etwas wirklich Großes zu werden - Natur, Evolution, Leben - einfach nur die Gott gegebenen Gesetze, undurchdringbar, unerschütterlich und somit Wahr, oder nur eine von vielen Möglichkeiten zu unserer freien Wahl ?

Können Menschen sich wirklich begegnen, sich so tief und intensiv berühren, dass sie die Seele des anderen erkennen, sie sich ihnen offenbart, so dass man sie in einem kurzen Augenblick umarmen und wirklich ganz eins mit dem anderen sein kann ?
Können Frau und Mann sich so begegnen - eben nicht als Frau/ Mann, sondern vorrangig als Mensch, als seinesgleichen ?
Wenn man sich so begegnet, sich so intensiv berührt, kann man dann als weiteren Schritt noch Frau/ Mann sein, sich körperlich anziehend finden ?
MUSS evtl. eine bestimmte Differenz vorhanden sein, damit die s.uelle Anziehungskraft nicht stirbt, der andere einem als Freund zu kostbar ist und man Angst hat, mit zuviel körperlicher Nähe diesen Freund zu verlieren ?
Ist es nicht das höchst erstrebenswerte Gut, einen Freund/ Freundin, einen Mann/ Frau, verständnisvollen Partner bei Tage und wilde, leidenschaftliche - auch versaute Geliebte/ *beep* bzw. animalischen, fordernden Liebhaber in einer Person zu erleben, mit dem man so in allen Bereichen vollkommen eins sein kann ?
Ist das nicht das Glück, der Lebenstraum, nach dem wir alle streben ?
Warum aber grenzen wir so ab, denken in Schachteln, trauen es dem anderen nicht zu bzw. wird es uns nicht zugetraut, für einen anderen Menschen wirklich alles zu sein und doch sich dabei nie selbst zu verlieren - tagsüber der Freund, Ratgeber, Zuhörer, die Schulter zum anlehnen, der Arm zu versinken - nachts der wilde, leidenschaftliche und fordernde Liebhaber....

Solange Frau bei dem einen sich das andere nicht vorstellen kann, wird sie immer nur den Mann oder Freund suchen/ erkennen, nie aber den Menschen, der ihr wirklich begegnet, und eben vordergründig Mensch ist mit Gefühlen, Ängsten und Hoffnungen wie sie auch, erst dann Mann und Liebhaber, ihr in der Gestalt des Menschen aber zu gefühlvoll, zu intensiv und somit zu nahe ist, als das sie ihn als Mann noch begehren kann, und so wird Mann dazu getrieben, zu wirken - nicht aber zu sein, was Frau wieder zum kotzen findet, weil Mann sich ihr nicht wirklich zeigt, öffnet - tut er es jedoch, wird er schnell uninteressant, und so wird Frau immer das unerklärliche, aber zweifellos attraktive und begehrenswerte Wesen sein, welches Mann aber täglich Rätsel aufgibt...

------ fin -------

cu

04.12.2003 01:53 • #66


E
Die Masken der Niedertracht - seelische Gewalt

Buchbesprechung von Michael Schmid (ist ebenfalls erschienen in: Rundbrief Lebenshaus Schwäbische Alb, Nr. 35 vom Dezember 2002)


Sehr stark verbreitet in unserer Gesellschaft sind subtile Formen von Gewalt, die wenig beachtet, oft völlig heruntergespielt oder ignoriert werden. Psychische Gewalt ist schwerer zu erfassen, als direkte körperliche Gewalt, und doch verletzt sie.

Die französische Psychoanalytikerin Marie-France Hirigoyen hat in ihrem Buch Die Masken der Niedertracht: seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann sehr eindrucksvoll und veranschaulicht durch viele Beispiele die subtilen Formen seelischer Gewalt beschrieben. Ich habe das Buch, das nun in einer Neuauflage bei dtv erschienen ist, inzwischen nicht nur einmal gelesen. Es ist wohltuend in seiner Eindeutigkeit. Es hat bei mir mit dazu beigetragen, eine klarere Haltung gegenüber Gegnern einzunehmen, die mit unfairen Attacken verschiedener Art seelische Gewalt ausüben. Richtig gut getan hat mir dabei die deutliche Sprache. Denn diese seelische Gewalt wird klar als Perversion bezeichnet, zudem wird zwischen Angreifer und Angegriffener unterschieden.

Die Autorin stellt anhand verschiedener Beispiele dar, wie perverse Gewalt in Form von fortgesetztem seelischen Quälen auf verschiedenen Ebenen vorkommt: zwischen einem Paar, innerhalb von Familien, in Betrieben oder auch im politischen und sozialen Leben.

Hirigoyen sieht als Ziel eines Perversen zur Macht zu gelangen oder sich dort zu halten, egal mit welchen Mitteln, oder auch seine eigene Unfähigkeit zu verschleiern. Mit seinen perversen Machenschaften geht es ihm darum, den anderen zu destabilisieren, ihn an sich selbst und den anderen zweifeln zu lassen oder ihn zugrunde zu richten, ohne dass die Umgebung eingreift. Zu diesem Zweck ist jedes Mittel recht: scheinbar harmlose Worte, Einflüsterungen oder Nichtausgesprochenes, hinterhältige Anspielungen, Lügen, Ungeheuerlichkeiten. Und die bevorzugte Waffe der Perversen ist die Verweigerung der unmittelbaren Kommunikation. Der Konflikt wird nicht benannt, aber er findet ständig statt durch herabsetzendes Verhalten. Der Aggressor weigert sich, seine Einstellung zu erklären. Diese Weigerung lähmt das Opfer, das sich auf diese Weise nicht verteidigen kann, was die Fortsetzung der Aggression möglich macht. Indem er sich weigert, den Konflikt beim Namen zu nennen, zu diskutieren, verhindert der Aggressor eine Auseinandersetzung, die es ermöglichen könnte, eine Lösung zu finden. Gemäß dem Repertoire perversen Kommunikationsverhaltens muss man den anderen daran hindern nachzudenken, zu verstehen, zu widerstehen.

Sich dem Dialog zu entziehen ist eine geschickte Art, den Konflikt zu verschärfen und ihn dabei dem anderen in die Schuhe zu schieben. Werden Vorwürfe gemacht, sind sie verschwommen und ungenau, lassen Raum für Deutungen und Missverständnisse. Alle Versuche einer Auseinandersetzung führen nur zu unbestimmten Vorwürfen.

Hirigoyen meint, jeder von uns handle möglicherweise ab und zu perv.. Zerstörerisch wird der Prozess aber erst durch Häufigkeit und Wiederholung. Ein perverses Individuum ist beständig perv.; es ist fixiert auf diese Form der Beziehung zum anderen und stellt sich in keinem Augenblick in Frage. Nie wird ein eigener Teil an Verantwortung übernommen für das, was nicht klappt: Nicht ich, der andere ist verantwortlich für das Problem!

Diese Personen können nicht anders leben, sie müssen den anderen herabwürdigen, um Achtung vor sich selbst zu gewinnen und dadurch Macht. Sie gieren nach Bewunderung und Anerkennung. Sie empfinden weder Mitgefühl noch Anerkennung für den anderen, da Beziehungen sie nicht innerlich berühren. Den anderen respektieren bedeutet, ihn als menschliches Wesen zu betrachten und den Schmerz zu erkennen, den man ihm zufügt. Aber um sich selbst zu akzeptieren, müssen die narzisstisch Perversen siegen und einen anderen zerstören. Dabei können sie sich überlegen fühlen.

Auffällig bei ihnen ist ihr Bedürfnis, alle und jeden zu kritisieren. Auf diese Weise behalten sie die Allmacht: Wenn die anderen Nullen (Idioten) sind, bin ich automatisch besser!

Hirigoyen sieht Neid als Triebkraft der Perversion. Der Neid ist eine Empfindung von Begehrlichkeit, von Gehässigkeit beim Anblick des Glücks und der Vorteile anderer. Es handelt sich um eine auf Anhieb aggressive innere Haltung, die sich gründet auf die Wahrnehmung dessen, was der andere besitzt und das man selbst nicht hat. Diese Wahrnehmung ist subjektiv, sie kann sogar wahnhaft sein. Neid besteht aus zwei Polen: der Egozentrik auf der einen Seite und dem Übelwollen mit dem Verlangen, die beneidete Person zu schädigen, auf der anderen.

Angegriffene, also Opfer, sind keineswegs von Krankheit befallene oder besonders schwache Personen. Im Gegenteil: was die Perversen bei anderen am meisten beneiden, ist das Leben. Sie beneiden deren Erfolg, der sie mit ihrem eigenen Gefühl des Misserfolgs konfrontiert. Sie zwingen den anderen ihre verächtliche Weltsicht auf und ihre chronische Unzufriedenheit mit dem Leben. Sie zerschlagen jeden Enthusiasmus in ihrer Umgebung, suchen vor allem zu beweisen, dass die Welt schlecht ist, dass die anderen schlecht sind, dass der Partner schlecht ist. Mit ihrem Pessimismus machen sie den anderen schließlich wirklich depressiv, was sie ihm anschließend vorwerfen.

Wenn ein Angegriffener der Herrschsucht eines anderen widersteht und sich weigert, sich unterjochen zu lassen, dann tritt das Quälen besonders auf. Es ist gerade seine Fähigkeit, allen Pressionen zum Trotz, Widerstand zu leisten, die das Opfer dazu bestimmt, Zielscheibe zu werden.

Wenn das Opfer widersteht und versucht, sich aufzulehnen, weicht die Böswilligkeit einer erklärten Feindschaft. Die Phase des Hasses im Reinzustand beginnt, äußerst heftig, mit Tiefschlägen und Beschimpfungen, mit Worten, die herabsetzen und demütigen, die alles ins Lächerliche ziehen, was dem anderen eigentümlich ist, verleumdet, beleidigt, feindliche Andeutungen macht. Die zerstörerische Wirkung beruht auf der Wiederholung. Die Drohungen sind immer indirekt, verschleiert: Man lässt Briefe oder Telegramme los, die von den Opfern häufig als Paket- oder Zeitbomben beschrieben werden.

Außer dem Ringen um Macht ist beim perversen Geschehensablauf vor allem noch der Genuss im Spiel, den anderen wie ein Objekt, wie eine Marionette zu behandeln. Die anderen herabzusetzen, um eine gute Meinung von sich selbst zu gewinnen, erscheint ihm gerechtfertigt. Achtung vor anderen kennt er nicht. Was überrascht, ist seine grenzenlose Empörung über Nichtigkeiten und ein völliges Fehlen von Mitgefühl mit Menschen, die er in unerträgliche Situationen getrieben hat. Wer dem Anderen Gewalt zufügt, ist der Meinung, dass dieser sie verdient und sich nicht beklagen darf.

Es ist das Verdienst dieses Buches von Marie-France Hirigoyen, Betroffenen anhand anschaulicher Beispiele und klarer Tatsachenbeschreibungen darin zu helfen, die subtilen Manipulationen als das zu erkennen, was sie sind: perverse, seelische Gewalt.

Durch perverse Gewalttäter angegriffene Menschen tun sich oft schwer damit, selber ernst zu nehmen, dass sie nicht spinnen. Denn es ist oft für sie unbegreiflich, zu glauben, dass jemand, den sie gut kennen, so hinterhältig berechnend handeln kann. Denn es handelt sich ja um den Partner oder die Partnerin, um Vater, Mutter oder Kind, um einen Kollegen oder einen (politischen) Freund. Und so sind sie dem Angreifer oft naiv in die Falle getappt. Durch Manipulationen eingesponnen in ein unsichtbares Netz subtiler, unfairer Machenschaften, ausgesetzt immer neuen Giftspritzen. Zur völligen Lähmung tragen dann noch eigene Schuldgefühle bei. Denn Opfer suchen häufig die Schuld bei sich.

Verstärkt wird dies unter Umständen dadurch, dass andere Menschen seelische Gewalt herunterspielen, vor ihr die Augen verschließen oder aber gleichmäßige Schuldverteilungen vornehmen. Dazu können dann unter Umständen Vermittlungs- und Versöhnugsversuche kommen, welche oberflächlich ansetzen mit dem Motto: Zum Streit gehören immer zwei! Das Buch von Hirigoyen macht sehr deutlich, dass von solchen Vermittlungsversuchen dringend Abstand zu nehmen ist, wenn es um perverse Gewalt geht. Denn sie werden weder Opfer noch Täter gerecht, sondern unterstützen lediglich das perverse Spiel des Angreifers. Wenn jemand seinen Hass gegen andere Menschen ausagiert, dann hilft nur eine konsequente Haltung, die klar und deutlich sagt: Das kannst du auf keinen Fall tun. Das werden wir nicht dulden.” Gewalt darf sich nicht durchsetzen.

Das Buch von Hirigoyen macht Mut, sich aus dem Dickicht perverser Manipulationen zu befreien. Allerdings nennt es für das, was zu tun ist, keine Patentrezepte.

Die Autorin geht davon aus, dass nur der Weg der Trennung bleibt, da gegen einen Perversen nie zu gewinnen oder dieser schon gleich gar nicht zu heilen ist - vor allem durch ein Opfer nicht. Das ist schwierig genug. Denn Aggressoren wollen sich nie trennen. Hirigoyen meint, wenn sich die Trennung bewerkstelligen lässt, so ist sie das Werk der Opfer, nie das der Aggressoren. Dieser Befreiungsprozess vollzieht sich unter Schmerzen und Schuldgefühlen, da die narzistischen Perversen sich als im Stich gelassene Opfer aufspielen und damit einen neuen Vorwand finden für ihre Gewalt. Bei einem Trennungsvorgang halten sich die Perversen immer für die Geschädigten, werden prozesssüchtig und nützen es aus, dass ihr Opfer, das es eilig hat, Schluss zu machen, noch zu allen Zugeständnissen bereit ist.

Deshalb benötigen Opfer perverser Gewalt auch dringend Unterstützung: durch Freunde und Bekannte, durch Fachkräfte, seien es Juristen, Ärzte, Therapeuten, etc. - also Menschen, welche seelische Gewalt nicht herunterspielen, sondern als das sehen, was sie ist: perv. und zutiefst schädlich!

Die Sensibilisierung für psychische und perverse Formen der Gewalt ist also nicht nur für Opfer wichtig, sondern für uns alle. Jede und jeder ist gefordert, mit wachen Augen und Sinnen seine Umwelt wahrzunehmen und dort intervenierend oder helfend einzugreifen, wo Gewalt ausgeübt wird.

Marie-France Hirigoyen: Die Masken der Niedertracht. Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann. Dtv-Verlag München 2002. 240 Seiten. ISBN: 3-423-36288-4. Euro 9,50.

04.12.2003 03:04 • #67


E
so entstehen kriege.
das potential ist vorhanden.
warten wir es mal ab.

04.12.2003 03:19 • #68


E
Psyche und Geschlecht 

In westlichen Industriegesellschaften stellen Studien übereinstimmend fest, daß Frauen häufiger an psychischen Krankheiten leiden alsMänner, mehr therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen und mehr Psychopharmaka einnehmen. Auch die Art der psychischen Erkrankungen ist geschlechtsspezifisch: so sind neurotische Störungen, besonders Depressionen und Phobien, Frauendomäne, ebenso psychosomatische Störungen. Männertypisch sind hingegen Persönlichkeitsstörungen, Alk. und Dro..

In Persönlichkeitsfragebögen treten ebenfalls Unterschiede zutage: Frauen beschreiben sich durchschnittlich als ängstlicher, depressiver und unsicherer als Männer, und ihre Werte sind bei Gehemmtheit, Erregbarkeit und psychosomatischen Beschwerden höher. Monika Sieverding zieht im Buch Bin ich denn verrückt? (Hg. Ursula Nuber, Kreuz Verlag) den Schluß, daß diese Fakten auf dem Hintergrund der sich verändernden gesellschaftlichen Rolle der Frau analysiert werden müssen. Frauen sind nämlich besonderen Belastungen ausgesetzt, nachdem sie bei größerem Engagement in der Berufswelt keine adäquate Unterstützung durch den Partner im häuslichen Bereich erfahren. Die männliche Berufsrolle bleibt unantastbar, auch wenn die Frau in der Realität den gleichen Anteil an Erwerbsarbeit leistet. Je weniger sich aber Männer an Haushalt und Kinderbetreuung beteiligen, desto gestreßter wird die Frau.

Dazu kommt, so Sieverding, daß Frauen üblicherweise mehr an sozialer Unterstützung geben, als sie selbst bekommen. Für psychische Gesundheit ist jedoch wichtig, selbst Rückhalt zu erfahren. Interessanterweise leiden Frauen erst nach der Pubertät, also nachdem sie vermehrt mit der weiblichen Rollenerwartung konfrontiert werden, mehr unter psychischen Problemen als Männer. Für Männer bedeuten Vorstellungen von Familiengründung keine Konflikte mit der beruflichen Entwicklung, für Frauen aber sehr wohl. Aus den vielfältigen Belastungen für erwerbstätige Frauen mit Familie zu schließen, daß sie die schlechteste psychische Gesundheit aufweisen würden, trifft aber nicht zu: tatsächlich sind die Nur-Hausfrauen die unglücklichsten mit dem geringsten Selbstbewußtsein. Besser schätzen sich verheiratete und alleinstehende berufstätige Frauen ein.

Früher wurden Merkmale psychischer Gesundheit so definiert, daß weiblich ist, was nicht männlich ist. Eigenschaften, die Männern zugeschrieben wurden, galten bei Frauen als nicht normal. Inzwischen setzt sich die Ansicht durch, daß es keine spezifisch männlichen oder weiblichen psychischen Eigenschaften gibt, sondern solche, die bis zu einem gewissen Grad bei beiden Geschlechtern als wünschenswert angesehen werden. Diese wiederum können auch mit dem übereinstimmen, was als typisch für ein Geschlecht angesehen wird. Die Eigenschaften werden in instrumentelle (aufgabenbezogene, eher traditionell männlich) und expressive sozial positive, eher traditionell weiblich) kategorisiert. Zwar beschreiben sich Männer durchschnittlich mehr instrumentell und Frauen mehr expressiv, dennoch gibt es einen großen Überlappungsbereich und instrumentellere Frauen wie auch expressivere Männer.

Wer sich selbst am gesündesten einschätzt, erzielt hohe Werte bei typisch männlichen Eigenschaften und hat geringe Werte im expressiven Bereich. Solche Frauen hatten den geringsten Wunsch nach Veränderung, im Gegensatz zu den ausgeprägt femininen Frauen, die gerne mehr instrumentell sein würden. Wer stark instrumentell ist, die/der hat zudem die Fähigkeit, mit Problemen besser umzugehen und kontrollierbare negative Lebenserfahrungen zu bewältigen. Da alle bisherigen Definitionen von psychischer Gesundheit als Ideal einen Menschen darstellen, der/die in der Lage ist, seinen/ihren Weg allein zu gehen, sind jedoch wesentliche Lebensfaktoren vernachlässigt worden. Die Fähigkeiten, mit anderen zusammenzuleben, und weitere soziale Aspekte werden bei Erhebungen meist nur am Rande erfaßt. Das Eingehen auf andere, die Sorge für ihr Wohlbefinden, also expressive Eigenschaften, haben bei den bisherigen Meßverfahren keine Priorität bekommen.

Link: ceiberweiber.at/ownpages/health/psyche.htm

04.01.2004 08:41 • #69


E
Hallo ,

Dein Sammelsurium wird immer besser... wo Du das nur alles herholst...
Diese Gedanken krempeln meinen Kopf ganz schön um. Aber das ist ja der Zweck, denke ich. Mach weiter, ich lese es gerne. Gruß, Gerd

05.01.2004 00:08 • #70


E
wissenschaft-online.de/artikel/690733

Leseprobe
Evolutionspsychologie

 
Die Wurzeln des Fairplay

Egal ob sportlicher Wettkampf oder Kassenschlange – unser Sinn für faires Verhalten ist ein Ergebnis der menschlichen Evolution. Kleines Manko: Oft zwingt er uns zu irrationalen Handlungen.

von Klaus Manhart
 


Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren! Minutenlang schon warten Sie mit Ihren Einkäufen in der Schlange vor der Supermarktkasse und die junge Frau mit dem feschen Pelzjäckchen drängt sich einfach an die Pole-Position. Und das Beste: Sie reagiert nicht einmal, als ein anderer frustrierter Kunde sie darauf anspricht.

Eine typische Alltagssituation, in der die meisten von uns äußerst ungehalten reagieren. So wie eine Mutter, die das Gefühl hat, die ganze Familienverantwortung alleine tragen zu müssen. Oder Kinder, die neidisch werden, weil sie glauben, weniger Aufmerksamkeit zu bekommen als ihre Geschwister. Und Arbeitskollegen, die sich beharrlich vor ungeliebten Teamaufgaben drücken, machen sich sowieso unbeliebt. Denn der Mensch hat im Laufe seiner Evolution äußerst feine Antennen für Übervorteilung und Ungerechtigkeit entwickelt.



Wider dem ökonomischen Kalkül

Fairness wird im menschlichen Miteinander groß geschrieben – und das nicht nur im Alltag: Sie hat auch einen großen Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen. Denn die von der ökonomischen Standardtheorie vorgeschlagenen finanziellen Anreize zur Verhaltenssteuerung scheitern in der Praxis oft an der menschlichen Natur. So wäre es für einen Skiliftbesitzer wirtschaftlich sinnvoll, die Preise nach Angebot und Nachfrage zu regeln: Der große Andrang an Wochenenden und Feiertagen könnte durch höhere Preise im Vergleich zu Werktagen kompensiert werden. Die teuren Tage – so das ökonomische Kalkül – würden viele Besucher abschrecken und sie auf die billigeren Tage »umlenken«.

Das klingt logisch, zumal der Überhang am Wochenende für den teuren Ausbau der Liftanlagen verantwortlich ist. Dennoch versteifen sich die meisten Menschen darauf, dass die Betriebskosten an jedem Tag des Jahres dieselben sind. Bei so manchem Skifahrer wird dadurch der Glaube geweckt, es sei unfair, an Feiertagen und Wochenenden einen höheren Preis zu verlangen. Das wiederum kann dem Betreiber der Anlage nicht egal sein: Er muss berücksichtigen, dass er mit deutlich erhöhten Wochenendpreisen seine Besucher vergraulen würde. Der Liftbesitzer wird also letztlich durch Fairnessüberlegungen davon abgehalten, die betriebswirtschaftlich sinnvolle Tarifstaffelung einzuführen. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit nachfragebezogenen Preissteigerungen bei Spitzenspielen der Fußballbundesliga oder dem Haarschnitt am Samstagvormittag.
 

     
(c) OSWALD HUBER


 


Worauf solche Fairnessmotive beruhen, zeigt sich besonders deutlich im so genannten Ultimatum-Spiel, das der Ökonomieprofessor Werner Güth vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Wirtschaftssystemen in den 1970er Jahren erfunden hat. Stellen Sie sich vor, Sie erhalten 100 Euro, unter der Auflage, das Geld mit einem Spielpartner zu teilen. Dieser bestimmt, wie viel er von den 100 Euro abgeben möchte. Sie selbst haben ein Vetorecht und können sein Angebot ausschlagen oder akzeptieren. Schlagen Sie ein, bekommen Sie und Ihr Partner den genannten Betrag, lehnen Sie ab, gehen beide leer aus. Bietet der Spielpartner Ihnen also 10 Euro und Sie nehmen an, bekämen Sie die 10 Euro und der andere steckt 90 Euro in die Tasche. Welches Angebot werden Sie akzeptieren? 50 Euro? 5 Euro? Noch weniger?

Ginge es rein nach rationalen Überlegungen, müssten Sie jedem Gebot zustimmen. Schließlich ist es besser, wenigstens einen kleinen Teil des Geldes zu erhalten, als völlig leer auszugehen. Umgekehrt wäre damit aber auch für den bietenden Partner die Strategie klar: Rational betrachtet ist es aus seiner Sicht das Beste, Ihnen den niedrigst möglichen Betrag zu offerieren, einen Euro etwa, und die verbleibenden 99 selbst einzustreichen.



Verzicht im Dienste der Gerechtigkeit

In der Realität sehen die Dinge jedoch ganz anders aus. Nur die wenigsten Probanden handelten in diesem und vergleichbaren Experimenten nach dem Rationalitätskalkül – und zwar auf beiden Seiten. Betrachten wir zunächst die Bietenden: Nur elf Prozent der Personen verlangten im Originalversuch mehr als 90 Euro für sich (Währung und Beträge waren damals anders, die Relationen stimmen jedoch). Im Durchschnitt wurden 67 Euro vorgeschlagen; ein Viertel der Teilnehmer bot sogar Gleichverteilung an. Andersherum wurden dürftige Offerten nur selten toleriert. Mindestens 30 bis 40 Euro musste der Bieter springen lassen, damit sein Gegenüber den Deal annahm. Mehr als die Hälfte lehnte alle Vorschläge unterhalb der 20-Prozent-Marke ab.

Doch damit nicht genug: In einem ähnlichen Experiment stellte sich heraus, dass Menschen sogar bereit sind, einen finanziellen Verlust auf sich zu nehmen, um Unfaire zu bestrafen. Diesmal sollte sich ein dritter Proband entscheiden, ob er lieber 10 Dollar mit einem fairen Spieler der ersten Runde oder 12 Dollar mit einem vormals ungerechten Partner teilen wollte. Da eine Halbierung des Betrags vorgegeben war, hätte er durch den Handel mit Letzterem auf jeden Fall mehr verdient. Trotzdem entschieden sich die meisten Telnehmer dafür, weniger Geld einzustreichen, weil sie es lieber mit einem fairen Gegenüber zu tun hatten.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Unser Verhalten ist nicht nur von persönlicher Nutzenmaximierung beeinflusst, sondern auch von Fairnessgedanken. In der Regel hat jeder Mensch eine Vorstellung davon, wann ein Handel gerecht oder ungerecht ist. Ist die Quote verletzt, sehen sich viele genötigt, Rache zu nehmen, und sind sogar bereit, im Dienste der Gerechtigkeit Opfer zu bringen.



Fairnesswächter Gehirn

Warum sich der Mensch so vehement gegen unfaire Behandlung wehrt, hat einen einfachen Grund: Unser Gehirn ist so angelegt, dass es kooperative Beziehungen strengstens kontrolliert, damit wir uns auf lange Sicht nicht ausnutzen lassen – selbst wenn wir dafür kurzfristig Nachteile in Kauf nehmen müssen. Dieser Automatismus lässt sich weder an- noch abschalten. Er ist Teil unserer Natur.

Denn Hand aufs Herz: Auch Sie führen eine mentale Liste, auf der detailliert verzeichnet ist, wer Ihnen wann einen Gefallen getan hat – oder schuldig geblieben ist. Ebenso gut merken wir uns, wem wir unsererseits einen Freundschaftsdienst erwiesen haben. Bestimmt kennen Sie solche Gedankengänge: »Er lädt mich nur zu seiner Feier ein, damit ich seinen Sohn in die Tennismannschaft nehme.« Oder: »Die beiden waren schon zweimal zum Essen hier und haben uns noch nie zu sich eingeladen.« Freundliches und kooperatives Verhalten wird erwidert und belohnt; auf das Gegenteil reagieren wir mit Strafe oder Abbruch der Beziehung. Dieses Prinzip der Reziprozität, wie es im Fachjargon heißt, ist der Kitt unseres Soziallebens
 

     
(c) OSWALD HUBER


 


Bei einmaligen Begegnungen wie im Supermarkt oder beim Ultimatum-Spiel nützt die Reziprozität allerdings nichts. Also setzen wir andere Mittel ein. Der Evolutionsbiologe Robert Trivers von der Rutgers University in New Jersey glaubt, dass moralische Empörung dazu dient, im sozialen Austausch die Fairness zu kontrollieren. Diese kann sich etwa in Wut oder Aggression äußern. Ist der Kommunikationskanal wie im Ultimatum-Spiel auf die Annahme oder Zurückweisung eines Gebots beschnitten, zeigen wir unsere Entrüstung, indem wir zum eigenen Nachteil ablehnen..

Die starke emotionale Reaktion, ja, der Zwang, dem man sich in der Antwort auf unfaires Verhalten ausgesetzt fühlt, ist ein deutlicher Hinweis auf dessen evolutionsbiologische Wurzeln. Versetzen wir uns in die Zeit unserer Urahnen zurück. Stellen Sie sich vor, dass es sich bei dem zu verteilenden Kuchen des Ultimatum-Spiels nicht um Geld, sondern um ein Mammut handelt: Ein einzelner Mensch hat keine Chance, es zu erlegen. Erst die gemeinsame Jagd ermöglicht das Erbeuten der riesigen, nahrhaften Tiere. Und da die Evolution Verhaltensweisen förderte, die dem frühen Homo sapiens die besten Überlebenschancen gaben, konnte sich der kooperative Jäger gegen den Einzelgänger behaupten.



Aus für Trittbrettfahrer

Die Sache hat nur einen Haken: Warum sollte sich der Einzelne am gefährlichen Kollektivjob beteiligen? Ist die Beute einmal erlegt, steht das leicht verderbliche Fleisch allen zur Verfügung – selbst dem faulsten Jäger der Sippe. Der Furchtlose hingegen bekommt zwar ebenfalls seinen Teil, aber zu weit höheren Kosten als der Trittbrettfahrer: Er investiert viel Zeit in die Jagd – und setzt sich vor allem größter Gefahr aus. Damit würde ein erfolgreicher Jäger, der sich pausenlos vor den Karren spannen lässt, am Ende des evolutionären Wettrennens gegen den Nutznießer verlieren. Egoistische schwarze Schafe würden sich so gegen selbstlose Konkurrenten durchsetzen.

Das Beispiel zeigt: Soziale Kooperation war schon zu Urzeiten ein filigranes Gebilde. Selbst wenige Schwindler ließen die Zusammenarbeit in der Gruppe schnell und flächendeckend zusammenbrechen. Damit sich kooperatives Verhalten evolutionär durchsetzen konnte, war ein frühzeitiges Erkennen sozialer Abweichler notwendig. Ließen sich Betrüger leicht identifizieren, konnten sie von der Interaktion ausgeschlossen werden.



Wahr oder falsch?

Bereits Trivers hatte vermutet, dass Menschen im Laufe der Geschichte einen regelrechten Algorithmus zum Entdecken von Betrügern entwickelt haben. Das Evolutionspsychologen-Ehepaar Leda Cosmides und John Tooby von der University of California in Santa Barbara scheint diesem Mechanismus nun auf die Spur gekommen zu sein. Ausgangspunkt ihrer Forschungsarbeit war ein psychologisches Experiment, das mit dem eigentlichen Betrugsaufdeckungsproblem zunächst nichts zu tun hatte.

Der Psychologe Peter Wason, der zuletzt am University College London forschte, hatte bereits in den 1960er Jahren eine Kartenwahl-Aufgabe entwickelt. Mit diesem Test wollte er herausfinden, wie sich Menschen beim Widerlegen von Hypothesen bewähren. Er zeigte Versuchspersonen eine Menge von Karten mit Buchstaben auf der einen und Zahlen auf der anderen Seite. Anhand von vier Karten sollten sie eine vorher aufgestellte Regel prüfen, zum Beispiel: »Wenn auf der Vorderseite ein D steht, dann steht auf der Rückseite eine 3.« Logisch betrachtet, handelt es sich um eine einfache »P impliziert Q«-Aussage. Wason legte den Probanden vier Karten vor – eine zeigte ein D, die zweite ein F, die dritte eine 3 und die vierte eine 7 – und forderte sie auf, die Richtigkeit der Regel durch das Umdrehen zweier Karten zu überprüfen (Siehe Bild).
 

     

(c) THOMAS BRAUN / GEHIRNGEIST

Hypothesenprüfer
Peter Wason entwickelte 1966 den »Kartentest«: Durch Umdrehen zweier Karten soll der Proband folgende Regel überprüfen: »Wenn auf der Vorderseite ein D steht, dann befindet sich auf der Rückseite eine 3.« Die meisten Teilnehmer scheiterten an dieser Aufgabe. (Lösung: D und 7)

 


Ersetzt man nun aber die Zahlen und Buchstaben durch Ereignisse aus der wirklichen Welt, sieht das Ergebnis völlig anders aus. Diesmal sollten sich die Probanden vorstellen, sie seien Rausschmeißer in einer Bar und verantwortlich für die Einhaltung folgender Regel: »Wenn eine Person B. trinkt, dann muss sie 16 Jahre oder älter sein.« Sie konnten entweder überprüfen, was die Gäste trinken oder wie alt sie sind. Zur Auswahl standen ein Bier- und ein Colatrinker sowie eine 18- und eine 14-jährige Person. Das überraschende Ergebnis: Obwohl sich diese Aufgabe in ihrer Logik mit der ersten völlig deckt, entschieden sich diesmal die meisten richtig. Sie gaben an, den Biertrinker und den 14-jährigen Gast überprüfen zu wollen.
 

     

(c) THOMAS BRAUN / GEHIRNGEIST

Betrugsdetektor
Viel leichter als der Kartentest (Bild oben) gelingt der Betrugsaufdeckungstest von Richard Griggs und James Cox (1982), obwohl er derselben Logik folgt. Diesmal lautet die Regel: »Wenn eine Person B. trinkt, dann muss sie mindestens 16 Jahre alt sein.« (Lösung: B. und 14 Jahre)

 


Warum aber ist die zweite Form des Tests so viel einfacher als die erste? Man könnte meinen, es liege daran, dass die erste Aufgabe abstrakt, die zweite hingegen konkret und irgendwie vertraut erscheint. Doch das ist nicht der Fall, denn eine dritte Aussage »Wenn eine Person Peperoni isst, dann trinkt sie auch kaltes B.« erwies sich im Test als ebenso schwer zu widerlegen wie die mit den Zahlen und Buchstaben. Was unterscheidet also die Alk. von der Peperoni- oder der Karten-Regel? Oder anders formuliert: Was macht die schwierigen Fälle schwierig und die einfachen einfach?



Geborene Rausschmeißer

Die Antwort der Evolutionspsychologen Cosmides und Tooby lautet: Eine Behauptung lässt sich dann leicht überprüfen, wenn sie als sozialer Vertrag formuliert ist. B. in einer Bar ist ein Nutzen, den man sich dadurch verdient, dass man das vorgeschriebene Alter von mindestens 16 Jahren hat und damit seine Berechtigung beweisen kann. Jüngere Trinker sind Betrüger. Die Lösung der Alk. gelingt so leicht, weil die Rausschmeißer einen Betrug seitens der Barbesucher aufdecken sollen.

Betrüger zu entlarven fällt uns demnach leichter, als logisch zu denken! Der menschliche Geist ist darauf spezialisiert, die Einhaltung sozialer Regeln zu überwachen, ohne die dahinter liegenden logischen Prinzipien zwingend zu durchschauen. Cosmides und Tooby schreiben diese Fähigkeit einem ganz bestimmten Gehirnteil zu, den sie als Betrügerdetektor-Modul bezeichnen. Wo genau diese Instanz lokalisiert ist oder wie sie arbeitet, wissen Neurowissenschaftler noch nicht. Vielleicht steckt sie im Gefühlssystem: Cosmides und Tooby berichteten von einem Patienten, dessen limbisches System – das Gefühlszentrum in unserem Denkorgan – durch eine Verletzung Schaden genommen hatte. Der Mann war nicht mehr in der Lage, Betrüger zu erkennen: So bemerkte er bei Tests nicht, wenn sich ein Partner bei einem Tauschgeschäft einen unlauteren Vorteil verschaffte. Davon abgesehen hatte der Patient jedoch normale soziale Fähigkeiten.



Heiratsschwindler und Kreditkartenbetrüger

Für eine solche Betrügerdetektor-funktion musste die Prozessorleistung unseres Gehirns im Laufe der Evolution vermutlich gehörig aufgestockt werden. Und vielleicht verdanken wir seine Komplexität einem mentalen Wettrüsten: Das Entdecken von Schwindlern wird durch die Fähigkeit des Vortäuschens sozialer Absichten erschwert – entsprechend musste das menschliche Denkorgan um immer bessere Mechanismen zur Offenlegung sozialer Abweichler erweitert werden.

Während ein fauler Mammutjäger noch leicht zu erkennen war, ist das Überführen von Kreditkartenbetrügern oder Heiratsschwindlern schon viel schwieriger. Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass sich Großhirnrinde und Sprache parallel zur Gruppenstärke der Menschen entwickelten. Die Hauptaufgabe des Gehirns war dabei, einen Überblick über die immer vielschichtiger werdenden sozialen Interaktionen zu behalten – und sei es nur, um aufzumucken, wenn wir mal wieder in der Kassenschlange wartend nach hinten gedrängt werden.
 

05.01.2004 07:22 • #71


E
Chatten, die Wirklichkeit?


Allein befinde ich mich zu Hause,
Allein bin ich mit meinen Problemen.
Allein den niemand ist bei mir.
Allein denn ich versinke in den Tiefen des Chat.
 
Ich fühle mich geborgen.
Ich fühle mich gebraucht,
hören mir Menschen zu,
dies ist meine Wirklichkeit.
 
Eine Stimme holt mich zurück,
wo sind meine Freunde? Wo?
Wo ist meine Wirklichkeit? Wo?
Wo habe ich sie stehengelassen? Wo?
 
Plötzlich die Erkenntniss.
Ich weiß. wo sie ist!
 
Einsamkeit umspannt mich,
meine Wirklichkeit lässt mich in Stich,
hier wo ich Euch brauche,
finde ich Euch nicht!
 
Wo seit ihr
Ihr versteckt Euch vor mir!
Ich bin allein.
Ich versinke in der Realität.
 
Ich komme wieder,
in meiner Wirklichkeit.
Doch, oh graus
was muss ich merken.
 
Auch hier im Chat,
bin ich allein.
Es hat den Anschein,
als ob ihr da wärt.
Aber da, wo ich Euch am Nötigsten brauche,
Finde ich Euch nicht.
 
IN DER REALITÄT!!!!!


(aus: single.de, 12/11/03 um 19:57:19)

05.01.2004 07:28 • #72


E
Hallo Gerd

Diese Gedanken krempeln meinen Kopf ganz schön um. Aber das ist ja der Zweck, denke ich.

Ja. Ich vertrete nach wie vor die Meinung, daß:

1. Viele Beziehungsprobleme aus gesellschaftlichen Problemen resultieren und nicht nur aus Persönlichen.
2. Die Manipulationen seitens der Medien und der political correctness, denen wir seit vielen Jahren ausgesetzt sind, völlig überzogene Ansprüche erzeugen und manifestieren, bei Frauen und Männern
3. Jeder Mensch, der Probleme mit seinem Partner hat, erst mal an sich selber arbeiten sollte, und sei es, um stark genug für eine Trennung zu werden, wenn der Leidensdruck zu groß wird.
4. Menschen durchaus in der Lage sein sollten, ihren Verstand zu benutzen und sich nicht nur immer wieder ihren Gefühlen ergeben dürfen.
5. Viele der alten Werte und Erkenntnisse, die sich über hunderte, tausende von Jahren entwickelt haben, von uns heute achtlos und arrogant über Bord geworfen werden weil wir uns einbilden, schlauer zu sein als unsere Vorfahren.
6. Wir das Polster und den Kredit, den diese Vorfahren uns geschaffen haben, unbewußt und sorglos aufbrauchen bis wir mit leeren Händen da stehen und nur noch jammern, anstatt unsere Intelligenz zu benutzen
7. Wir durch die Manipulationen seitens der Radikalfeministen in den 60ern, 70ern und 80ern einen denkbar schlechten Nährboden für eine gute Beziehung zwischen Mann und Frau bekamen, weil sie die Fronten noch verhärtet haben, anstatt zwischen den Geschlechtern zu vermitteln.

Wir sollen nicht verwerfen der Alten Ordnungen, sondern ihre Mißbräuche
(Johann Aventinus)

Ungleiche Wesen gleich zu behandeln ist nicht Gerechtigkeit, sondern Gleichmacherei
(Kenneth Blanchard)

cu

05.01.2004 07:40 • #73


E
Hallo ,

Punkt 3 war für mich immer ein Credo, Punkt 4 ist für mich nur seit der Trennung ein Thema. Punkt 3 habe ich vor dem Bekanntwerden des Verhältnisses versucht, das Problem war, daß das Putzen vor dem eigenen Haus an den falschen Stellen erfolgt ist (ich sah die wahren Ursachen nicht). Ich mache mir deswegen aber nicht allzu große Vorwürfe, ich mußte lernen, wo ich putzen muß.

Punkt 5 bis 7 gebe ich Dir recht, bin aber selbst öffentlich zu wenig engagiert (bis auf hier vielleicht mal abgesehen), um hier Einfluß zu nehmen. Aber die alten Werte brechen immer mehr, seit die Frauen zunehmend mehr Macht und Verantwortung übernehmen (wollen). Ist es gut, ist es schlecht, ich weiß es nicht. Ist Vertrautes immer der richtige Weg - schwer zu diskutieren. Alter Konflikt - konservativ oder moderner?

Und auch Punkt 1 und 2 wird tw. vom Umfeld mitbestimmt. Es ist trotz alledem noch erstaunlich, welchen Einfluß die Masse auf die allgemeinen Spielregeln hat - welche heute aber kaum noch greifen. Begriffe wie Ehrlichkeit, Treue, Liebe, Wort halten, Romantik, Verläßlichkeit - sie werden immer öfter mit Füßen getreten.

Tja, ich weiß noch nicht, wo mein Weg sein wird. Wie ich durch dieses Chaos steuere, keine Ahnung. Nun besinne ich mich erst einmal auf mich, denke an die Punkte 3 und 4 und hoffe, daß das Leben weitergeht. Gruß, Gerd

09.01.2004 14:00 • #74


E
Hallo Gerd,

Aber die alten Werte brechen immer mehr, seit die Frauen zunehmend mehr Macht und Verantwortung übernehmen (wollen)

Unsere Gesellschaft ist tatsächlich weiblicher geworden, das ist auch mein Eindruck. Aber das Wollen ist eben nicht das gleiche wie Können und es bedarf noch mindestens einer Generation, bis Konsequenz und Verantwortung auch wirklich gelebt werden können. Im Moment habe ich den Eindruck, daß nur eine Menge jüngere Männer von der Verweiblichung profitieren, weil sie sich rücksichtslos, inkosequent und unverantwortlich verhalten können ohne dafür den Preis zahlen zu müssen. Stichwort Arroganz und Verwöhnerziehung. Die jungen Frauen haben sich in ihrem Verhalten seit 30 Jahren wenig geändert, dafür aber viele Männer.

Ist Vertrautes immer der richtige Weg - schwer zu diskutieren. Alter Konflikt - konservativ oder moderner?

Die Frage stellt sich nicht, da mangels Risikobereitschaft und dank völlig falsch verstandenem Sicherheitsdenken keine wirklichen modernen Änderungen herbeigeführt werden - man sieht es an unserer politischen und wirtschaftlichen Situation. Bezüglich Angstmache und Überreaktionen empfehle ich den Film Bowling for Columbine von Michael Moore. Eine Tendenz wie in den USA ist bereits auch hier deutlich zu erkennen.


Begriffe wie Ehrlichkeit, Treue, Liebe, Wort halten, Romantik, Verläßlichkeit - sie werden immer öfter mit Füßen getreten.

Sie werden immer noch hochgehalten, die Werte, aber kaum mehr gelebt. Mangels Selbstdisziplin, Mut, Konsequenz und Verantwortungsbewußtsein.
Es regieren egozentrische Gefühle, Angst, bzw. Verlustängste statt Verstand, Klugheit und Risikobereitschaft. Spätestens wenn das alles finanziell nicht mehr tragbar ist werden die Menschen hier zum Umdenken gezwungen sein:-)

ciao

13.01.2004 13:42 • #75


A


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