Ladenthin warnt nicht nur vor falschen Hoffnungen, er schlägt Alarm: Die Informationsbeschaffung per Mausklick hat Nebenwirkungen für die geistige Verfasstheit ganzer Generationen. Wenn Wissen einfach abgerufen wird, verändert sich schleichend auch das Denken. Wir sind auf dem Wege, warnt Ladenthin, nicht mehr eine wissenschaftsorientierte Gesellschaft zu sein .
Gerade das Surfen im Internet zeigt augenfällig, worum es geht. Diese Art der Suche nach Informationen gehorcht einem Prinzip, das im Kern zutiefst wissenschaftsfeindlich ist: dem Zufall. Informationen aus dem Internet häufen sich zu Fakten-Inseln in einem weiten Meer aus Ahnungslosigkeit. Es fehlt die Systematik der Aneignung, es fehlen bewusst gesteuerte Strategien im Fragen, Suchen und Finden einer Lösung für ein Problem - Ladenthin: Schüler und Studenten arbeiten zunehmend ergebnisorientiert und nicht methodenorientiert. Was dabei auf der Strecke bleibt, nennt er gewusstes Wissen , Wissen also, das um den Weg und die Mühe des Erkennens weiß. Wissen ohne methodisches Wissen aber sei nicht zukunftsträchtig - es bleibe stumm für kommende Probleme.
Die Folgen sind für Ladenthin bereits bei seinen Studenten klar ablesbar: Bestimmte Fähigkeiten schwinden, die Fähigkeit etwa, sich über längere Intervalle zu konzentrieren oder Problemlösungsstrategien von einem Gebiet auf ein anderes zu übertragen. Forciert wird diese Tendenz für Ladenthin durch die uferlose Bildlichkeit, die im Fernsehen, im Computer oder im Internet zur Vermittlung von Sachverhalten genutzt wird. Komplexe Zusammenhänge werden visuell so eingängig dargeboten, dass sich die Mühe abstrakten Denkens erübrigt.
Tendenz zu Kernfächern
Ladenthin betont im Gegenzug die Bedeutung von methodisch bewusst erarbeiteten Informationen: Sie sind, weil unterfüttert mit Wissen um den Weg zur Erkenntnis, ungleich gewichtiger als ihre schnellen Nichten aus dem Internet. Insofern ist für Ladenthin der oft zu hörende Eindruck, Schüler würden wesentlich mehr Informationen über die Welt aus Fernsehen, Computer und Internet als aus der Schule holen, eine optische Täuschung: Bilder drängen sich in der Erinnerung viel mächtiger in den Vordergrund als abstraktes Denkvermögen und methodische Fertigkeiten.
Der Bonner Wissenschaftler wertet die Tendenzen in der Schul- und Bildungspolitik - hin zu Kernfächern, zu klar definierten Kanon- Listen im Wissensbestand, zu mehr Leistung - als bitter nötigen Reflex gegen die drohende Erosion des Denkens. Entschieden plädiert er für die Rückkehr zu kognitiven, also erkenntnisbestimmten Unterrichtsformen, für die Zurückdrängung spielerischer Elemente in der Schule. Kognitiv bestimmter Unterricht heißt allerdings auch: Unterricht, in dem die Schüler in erster Linie nicht auf den Spaßfaktor an einer Sache, sondern auf die Sache verpflichtet werden - Lustverlust inbegriffen. Ladenthin pocht zudem darauf, dass die Güte solchen Unterrichts nicht daran zu messen ist, wie sehr er lebensweltlich eingebunden ist.
Die Behandlung von Struktur-Phänomenen im klassischen Drama kann, darf und soll eben nicht damit begründet werden, ob man später leichter einen Lohnsteuerjahresausgleich auszufüllen vermag. Im Vergleich dazu mag Rationalität - also die Fähigkeit zur Diziplinierung des Geistes in der Auseinandersetzung mit einer Sache - die unauffälligere Tugend sein. Sie bleibt aber - und es scheint nötig, daran zu erinnern - die Wichtigere.
5. Wozu führen die diversen Stile unbewusster Verwöhnerziehung:
A. Die Sicht von heutigen Kindern: Zu streng, zu geizig und zu ungerecht...
Hamburg (ap) - Zwei Drittel aller Kinder in Deutschland haben etwas an ihren Eltern auszusetzen. Mama und Papa seien zu streng, zu ungerecht, zu sparsam oder zu geizig, ergab eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der Hamburger Zeitschrift „Eltern, für die 2104 Kinder beziehungsweise Jugendliche im Alter von acht bis 17 Jahren befragt wurden. Eltern sollten nicht so viel schimpfen und besser zuhören, meinen sie. Einige wünschten sich, dass ihre Eltern lustiger und weniger launisch sein und für schlechte Schulnoten Verständnis zeigen sollten.
„Ich werde ganz spartanisch erzogen, beklagte sich eine Zwölfjährige. Zum Glück gebe es die Oma, die sie ein wenig verwöhne. „Meinen Eltern fehlt die Tugend der Gerechtigkeit, kritisierte eine Gymnasiastin (14). „Mein Vater ist total perfekt! Aber bei Mama würde ich doch gerne etwas ändern, wünscht sich eine Gesamtschülerin (14). Die Mutter solle sich nicht „wegen jedem Dreck aufregen.
„Meine Eltern können keine laute Musik vertragen. Da halten sie sich die Ohren zu, wenn ich meine CDs abfahre, kritisierte eine Gesamtschülerin (13). Ein gleichaltriger Gesamtschüler forderte:„ Sie sollten mir bei meinen Zeugnissen nicht so wild kommen. Sie wissen ja gar nicht, wie schwer manches Fach ist. „Er selbst würde die Zeugnisse seiner Eltern gerne mal sehen. Aber die sollen ja angeblich bei einem Brand verloren gegangen sein.
Auch auf das Aussehen ihrer Eltern achten die Kinder. „Ich wünschte mir ein Haarwuchsmittel für meinen Vater, sagte eine Realschülerin (12). „Ersieht jetzt aus wie ein Skinhead. Dass ihr Vater vom vielen Essen und Trinken einen dicken Bauch bekommen habe, kritisierte eine Gesamtschülerin (13). „Wenn wir im Urlaub sind und gehen in den Swimmingpool, dann geniere ich mich. Sein Bauch hängt dann über die Badehose. Ein 14-Jähriger hingegen findet seine Eltern „total super. „Sie müssten nur etwas jünger sein. Mein Vater ist schon 58, meine Mutter 52. Das sind schon alte Typen und man weiß nie, wie lange sie noch leben. An ihnen etwas ändern zu wollen lohne sich nicht mehr.
B. Die Sicht einer erwachsenen, modernen Frau... (aus einem GB-Leserbrief)
Hallo,
ich habe mir eine Menge Einträge in diesem GB durchgelesen und möchte mich nun dazu äußern.
Ich selber glaube nicht an Gott, und ich habe mich mit dem Glauben auch nicht so intensiv auseinandergesetzt, wie einige hier.Dennoch denke ich, daß die NAK mit ihren Regeln, Werten und Glaubenszielen weit an der Realität vorbeischießt.
Der Wertepluralismus in Deutschland hat sicher auch seine guten Seiten, und das einige traditionelle Werte durch modernere, der Zeit angemessenere Werte ersetzt werden ist bestimmt nicht falsch. Die Jugend heute will Spaß, ihre Lust ausleben und am weltlichen Leben teilnehmen. Aber was ist mit den nAK - Jugendlichen, die zwei mal in der Woche in die Kirche gehen, in der Woche Brüder und Schwestern besuchen, am sekteneigenen Orchester teilnehmen etc.?! - sie leben ein anderes Leben als die normalen Jugendlichen. Sie nehmen eine Aussenseiterrolle ein in der Gesellschaft. Klar, sie werden damit getröstet, daß sie Ausgewähte sind, aber mal so ganz unter uns: das ist doch Schwachsinn!
Was ist so schlimm am konsumorientierten, spaßbessesenem Jugendlichen?
Sich mal ordentlich einen Trinken, einen *beep* rauchen, ordentlich die sau rauslassen ..das sind doch normale Dinge, die einfach dazugehören und für mich legitim sind. Ich könnte nie so religiös leben, und würde es nicht wollen, weil mir da was fehlen würde. Würden die NAK - Menschen mehr Kontakt zu nicht - neuapostolischen haben, würden sie bestimmt
eine andere Weltsicht (erweiterten Horizont) erhalten, die ihr Leben durchaus, bereichern kann. Na ja, jeder soll so leben wie er es will, aber ich finde es schade, daßeinige Individuen durch Druck und Angstreligion ( nahes Weltende auch son komischer Gedanke, der doch nur Mittel zum Zweck ist...Zweck ist: Macht) nicht die Möglichkeit haben, aus dem breitgefächerten Angebot an Werten, Vorstellungen, Möglichkeiten, Spaß und Einstellungen sich ihre eigene Weltanschauung zu bilden, sondern ein vorgegebenes Leben leben. Liege ich mit meiner Einstellung so falsch?
6. Abschließend noch ein „Leserbrief“ aus einem mittlerweile geschlossenen Gästebuch
Liebe Leser,
noch ein Aspekt zum Thema Liebe und gesellschaftliche Realität
Liebe beinhaltet, wie Eltern- aber auch richtig verstandene Nächstenliebe zeigen, neben der Zuwendung auch Zucht und ein gewisses Maß an Ordnung. Wo diese Faktoren fehlen, handelt es sich nicht um Liebe, sondern es wird einem Verwöhngeist das Wort geredet. Daraus entsteht der, wie du richtig schreibst, Unterschied zwischen Eigenliebe und Egoismus (Egozentrik stellt nur die eigene Person in den Vordergrund).
Wenn du jetzt mit wachem ungefilterten Blick um dich siehst, wirst du, wie wir alle, unschwer feststellen, woran es bei den meisten Menschen hapert.
Das Wurzel dieses Übels liegt meiner Erfahrung nach (nicht nur) aber auch darin begründet, dass viele Menschen gar nicht wirklich wissen, was echte Liebe ist. Sie verwechseln Liebe ja schon in der Erziehung ihrer Kinder mit Weichherzigkeit (was meist nur Ausdruck eigener Schwäche ist) und daraus resultierend materieller Verwöhnung, wodurch die selbst die Kleinkinder schon verhätschelt werden. Einmal verzogen, haben die Eltern nicht mehr die Kraft (denn Grenzen setzen UND durchsetzen kostet Kraft), diesem Mißverhältnis – nötigenfalls mit Druck – (was ja ebensfalls aus Liebe geschieht) entgegenzusteuern.
Hilflos, ob ihrer eigenen Schwäche, werden die daraus entstehenden Mißstände den gesellschaftlichen Institutionen (Bildungsträger, Kirchen und Sozialverbände) zur Last gelegt, und da diese damit logischerweise völlig überfordert sind (weil es ja nicht deren Aufgabe ist), wird auf sie auch noch geschimpft.
Vergessen wird bei alledem, dass in vielen Fällen Eltern sich zwar Kinder leisten, ohne allerdings auch nur im geringsten ihrer (leider nicht gesetzlich einklagbaren!) gesellschaftlichen Erziehungsverpflichtung nachzukommen. Erziehen hieße nämlich, Kindern das Einhalten von Grenzen und Spielregeln – egal ob sie einem selber einleuchten oder nicht – anzutrainieren (lernen wäre hier der falsche Ausdruck, da Lernen eigene Verständnisfähigkeit voraussetzt, was bei Kindern in Bezug auf gesellschaftliche Verhaltensnormen aber nicht der Fall sein kann).
Jetzt werden die Kinder erwachsen und, unerzogen wie sie sind, sollen sie nun selber richtig mit dem Phänomen Liebe umgehen. Dass solches gar nicht gehen kann, dürfte einleuchten. Damit verschiebt sich aber auch der Aspekt der richtig verstandenen Eigenliebe gesellschaftlich immer mehr in Richtung Egoismuspflege. Die Bibel kleidet dies, wie E. richtig sagte, in die Worte, dass die Liebe in vielen erkalten würde. Damit einhergehend schwinden auch Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Da mögen die Menschen noch so viel für wohltätige Zwecke spenden u.v.a.m. – innen sind sie verstockt und kalt, weil sie zuerst an sich und dann in aller Regel schon gar keine Zeit mehr haben, an den Nächsten zu denken, geschweige denn bezügl. ihres Verhaltens über den Tassenrand des Heute hinauszudenken. Nun bekommen sie selber, unreif und verzogen wie sie sind, Kinder – unter den gleichen unzureichenden Voraussetzungen – und er Teufelskreis schließt sich.
(doppelt vorhandener Text gelöscht)