Liebes Forum, ich hatte vor einigen Monaten hier schon meine Geschichte aufgeschrieben, ein bzw. mehrere Trennungsversuche meinerseits, aber sie ist weitergegangen, weil er mich nicht aufgegeben hat und ich zu diesem Zeitpunkt offensichtlich weniger weit in meiner inneren Trennung war als ich dachte. Ich habe mich nach meinem damals als Rückfall empfundenen Wieder-Zusammenkommen mit ihm also wieder voll auf ihn eingelassen.
Ich habe an dieser Stelle eine ganz konkrete Frage zu einem ganz konkreten Punkt, der mich in Form eines typischen Kopfkinos / Gedankenstrudels mehr oder weniger durchgehend beschäftigt, besser quält.
Daher will ich nicht die ganze Geschichte aufzurollen – nur kurz zur Einleitung: Mein sogenannter Seelenschmerzmann, mit dem ich erst vor einem Jahr zusammengekommen bin, hat mich im ersten halben Jahr sehr ambivalent behandelt. Auf der einen Seite hat er mir ständig gezeigt, wie sehr er mich will und wie einzigartig und wichtig ich für ihn bin, auf der anderen Seite hat er sich beziehungstechnisch wie die Axt im Walde verhalten. Ich bin dann nach langem Leiden und weil er meinen Appellen, doch bestimmte, verletzende Dinge sein zu lassen, nach ca. 5 Monaten regelrecht geflüchtet. Er hat in der Zeit gelitten wie ein Tier, wir hatten immer Kontakt, er hat fast alles davon bereut und mich nach ca. einem Monat (Ende Januar) überzeugen können, ihm eine Chance zu geben. Das ging dann bis Ostern gut, bis er innerhalb von zwei Wochen wieder in sämtliche Kerben schlug, die mich zuvor von ihm weggebracht hatten. Es folgte eine zweimonatige Trennung meinerseits (ohne Kontaktabbruch) bis zum besagten „Rückfall“. Seit dem hat er sich keinen wirklichen Fehlschlag mehr geleistet, bemüht sich sehr um mich, das muss ich ihm lassen, und hat mir immer wieder beteuert, wie leid ihm alles tut, er hat jetzt verstanden, dass das in einer Beziehung nicht geht und so weiter.
Nun mal langsam zum eigentlichen Thema: Was für mich in den ersten Monaten am schlimmsten und wie ich jetzt merke sehr nachhaltig verletzend war, waren seine obsessiven Erzählungen über frühere Freundinnen. Er konnte eigentlich nichts aus seinem Leben erzählen, ohne das es mit irgendeiner seiner Exen verknüpft wurde. Laut seiner eigenen Aussage hatte mit seinen knapp 50 nie eine wirklich glückliche Beziehung (max. 6 Jahre) und erfährt jetzt mit mir das erste Mal das Gefühl Teil eines Liebespaares zu sein. Aber obwohl angeblich alles so unbedeutend und unbefriedigend gewesen sei, mussten selbst Erlebnisse aus seinen 20ern ständig aufgewärmt werden. Er hat mir zwar nie von einer vorgeschwärmt, im Gegenteil, aber die Frauen waren immer und überall dabei, ich könnte ein Buch darüber schreiben! Das fing mit absolut unnötigen Kleindetails an (Beispiel: Ich hab ihm von meinem in einem Unfall verlorenen Auto erzählt, und er muss sofort erzählen, dass die XY den gleichen Wagen hatte.), ging über weiterreichende Erzählungen ohne ersichtlichen Anlass oder Erkenntnisgewinn für unsere Beziehung (häufiger Satzbeginn: „Ich war mal mit einer zusammen, die … z. B. einen Hund hatte, die sogar sich im Bett nicht abgeschminkt hat, die Kunst studieren wollte…“) bis hin zu wirklich respektlosen Erwähnung während wir S. hatten („Ich hab mit so und so viel das und das gemacht.)
Ich habe ihn immer und immer wieder darum gebeten, damit aufzuhören, weil ich das alles nicht hören wollte. Nichts, aber auch gar nichts davon war ein sinnvoller Beitrag etwas über ihn als Mensch zu lernen. Mir ist klar, dass ab einem gewissen Alter jeder eine Vorgeschichte hat, das muss man aber dem anderen nicht pausenlos unter die Nase reiben. Es mag auch sinnvoll sein, über das eine oder andere aus der Vergangenheit zu sprechen, aber dann bitte nur in gegenseitigem Einvernehmen, als klar um- und begrenztes Thema als Teil der Beziehungsarbeit und nicht als Alltagsbegleitung selbst in den schönsten und romantischsten Momenten.
Ich habe inzwischen auch gelernt, dass es sehr unterschiedliche Meinungen zu dem Thema „über vergangene Beziehungen sprechen“ gibt. Während manche das als normales Gesprächsthema empfinden wollen andere, und zu denen gehöre ich, darüber am liebsten nichts unnötiges wissen. Beides hat wohl seine Daseinsberechtigung, entscheidend jedoch ist, dass Dinge in einer Beziehung generell mit gegenseitigem Einverständnis geschehen sollten. In meiner persönlichen Vorstellung einer Liebesbeziehung ist die Besonderheit, das Einzigartige, das Exklusive einer der wichtigsten Punkte überhaupt. Um diesen Zauber nicht zu zerstören, sollte man es vermeiden, durch überflüssigen Kram aus der Vergangenheit dem geliebten Menschen dessen Position in einer Abfolge, seine Austauschbarkeit als Partner ständig ins Gedächtnis zu rufen. Ein Blogbeitrag hat das für mich hervorragend auf den Punkt gebracht. Wen es interessiert, der kann mal nach „Why Even the Closest of Couples Shouldn’t Talk About Exes: A Lesson Learned the (Very Hard) Way“ googlen.
Absurderweise hat er mich in dieser Einstellung immer wieder bestätigt, dass er das ebenso sieht. Gleichzeitig hat er bei mir ständig nachgebohrt und war dann eifersüchtig herauszufinden, dass ich in meiner Vergangenheit viel mehr (oder besser: überhaupt) Innigkeit und Partnerschaftlichkeit erlebt habe.
Während ich ihm das andere, verletzende Verhalten verziehen habe und da auch so gut wie nicht mehr daran denke, seit er sich nach unserer letzten Off-Phase sehr zum Positiven verändert hat, habe ich das Gefühl, das sich diese ganzen Geschichten in meinem Hirn eingebrannt haben und sich verselbständig haben. Sie quälen mich. Sie geben mir, im Gegensatz zu seinem sonstigen Verhalten, das Gefühl, nur eine von vielen zu sein. Ich wollte es nicht hören, er hat es mir regelrecht aufgezwungen. Mein Fehler war, mich damals dem nicht frühzeitig und mit aller Konsequenz zu entziehen. Ich fühle mich wie betrogen, denn auch wenn es in seiner teilweise weiten Vergangenheit war, hat er es in unserer gemeinsamen Jetztzeit thematisiert und in Bildern wiederauferstehen lassen. Nicht nur Geschichten von der Letzten vor mir, was vielleicht noch verständlich gewesen wäre, auch wenn es bereits vier Jahre her war, sondern von ALLEN, die jemals in seinem Leben ein Gastspiel gegeben haben. Ich überlege oft, ihn zu verlassen, damit dieses Kopfkino aufhört, weil er damit unsere Beziehung vergiftet hat, nachhaltig. Diese Personen hätten doch nichts bei uns zu suchen gehabt, er hat ihnen eine Bühne bereitet, andere ins das „Wir“ gelassen.
Was will ich nun von Euch? Keine Umfrage, wer das noch so sieht, dass das unnötiger Ballast für die aktuelle Beziehung ist, und wer nicht. Eher eine Idee, wie ich damit umgehen könnte. Ob ich „das Recht“ habe, mich davon belastet und verletzt zu fühlen. Vielleicht, ob jemand ähnliches empfunden hat. Ob es sein kann, dass es nicht zu verzeihende Verletzungen gibt, dass selbst wenn das verletzende Verhalten aufhört, man nicht damit einfach abschließen kann. Ob ich irre bin?
Danke für alle Antworten,
die Raupenfrau (keinen Schritt weiter als gestern)
PS: Falls irgendjemand den alten Thread von mir liest oder kennt... Nein, ich habe den Rest nicht vergessen. Ich sehe uns auch noch sehr mit Vorsicht, ob seine Besserungsversuche wirklich von Bestand sind. Dieses Thema aber quält mich eben sehr vordergründig, daher habe ich es mal als Ausschnitt dargestellt.
27.06.2016 22:02 •
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