Ich habe sogar ziemlich genau das Gleiche erlebt wie Du
Trennung nach 16 Jahren Ehe (allerdings ohne Betrug, ich habe die Ehe beendet), dann nur wenige Monate später Hals über Kopf in eine Affäre reingeschliddert, mit dem üblichen Auf und Ab, Gefühlsanwandlungen etc. Ich habe dann während der Affäre, weil ich nicht in der Lage war, diese zu beenden, angefangen, mich mit den Mechanismen dahinter auseinanderzusetzen. Viel gelesen, mit vielen Menschen gesprochen, mich selbst reflektiert. Und dann konnte ich langsam loslassen.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich keine Beziehung wollte. Weder mit ihm noch mit sonst wem, ich will einfach keine. Aber trotzdem haben die typischen Mechanismen einer Affäre natürlich mit dem Ego und dem Stolz einer gerade frisch getrennten Frau, deren Selbstwert sowieso noch nicht wieder beieinander ist, ganz wunderbar gespielt.
Als mir das klar wurde, dass das sicher nicht die große Liebe war (hast Du Deinen AM mal wirklich ganz nüchtern und objektiv betrachtet? Also all seine Eigenschaften (!), seine Interessen, seine Art, zu leben ... ist das wirklich der Mann, mit dem Du Dir eine Beziehung vorstellen kannst?), sondern eine Sucht, eine Abhängigkeit, erzeugt durch Einsamkeitsgefühle - die ja nach so einer Trennung erstmal normal sind - und nur eine Ablenkung von meinen wirklichen Problemen, von mir selbst, war ... da ging es dann plötzlich ganz leicht, loszulassen.
Für mich war die Affäre einfach nur eine Verdrängung. Denn es war doch so viel angenehmer, mich mit meinem Affärenpartner auseinanderzusetzen (der arme Mann, was ist da bloß los in seiner Beziehung? Wie kann ich ihm helfen? Was hat er denn jetzt mit dieser Nachricht gemeint? Liebt er mich vielleicht doch ein bisschen? ... na, man kennt diese Gedankengänge ja alle um die Löcher in meinem Leben damit zu stopfen, als mich mit eben genau dem auseinanderzusetzen, was in der Situation nötig gewesen wäre. Mit mir selbst.
Du bist ja schon weit, Du siehst ja schon, dass Du damit Deinem Selbstwert nichts Gutes tust - im Gegenteil. Du lebst gegen Deine eigenen Werte, Du verbiegst Dich. Und das ist nicht gesund. Und lass Dir eins sagen - wenn Du ihn vor eine Entscheidung stellst und darauf hoffst, dass er sich für Dich entscheidet, um Deinen Selbstwert wieder zu erhöhen - vergiss es. Das funktioniert so nicht. Du kannst Deinen SELBSTwert nur selbst wieder stärken. Unter anderem dadurch, dass DU Dich aus der Affäre löst, und zwar nicht, weil er Dich zurückweist, sondern weil DU Dich bewusst so entscheidest. In dem Moment, in dem Du im Kopf den Schalter umgelegt und die Entscheidung bewusst und sicher gefällt hast, wird Dein Selbstwert um zehn Punkte nach oben schnellen. Weil es immer besser ist, überhaupt eine Entscheidung zu treffen, egal, welche, als zu hadern. Nichts schwächt einen mehr, als sich nicht entscheiden zu können, das ist grausam.
Ich hab es mit meinem Ex-AM so gelöst - wir hatten häufige Trennungsversuche, aber er kam immer wieder angekrochen, natürlich, wie das eben so ist, und ich hab mich immer wieder belabern lassen ... erst habe ich eine sechswöchige Kontaktsperre verhängt. Ich wollte sichergehen, dass er mich in dieser Zeit nicht wieder triggert mit irgendwelchen Nachrichten, so wie sonst immer, und ich doch wieder rückfällig werde. Ich habe die sechs Wochen genutzt, um mich selbst zu reflektieren, um mir klarzumachen, was da eigentlich los war mit mir, mit uns. Und um mich von ihm zu lösen, was mir auch gelang, denn sechs Wochen reichen aus, um eine oberflächliche Verliebtheit loszuwerden, und auch, um Entzugserscheinungen nach einer vorhergehenden Sucht in einem kalten Entzug zu bekämpfen.
Und am Ende der sechs Wochen konnte ich ihm deutlich sagen, dass die Affäre für mich vorbei ist und er sich gern irgendwann, wenn er mal eines Tages tatsächlich frei sein sollte, melden darf, und dann könnten wir schauen, falls ich dann auch noch frei bin, ob wir uns noch irgendwas zu geben haben oder nicht.
Und dass er nun mal anfangen sollte, denn er hatte die sechs Wochen nicht dafür genutzt, über sich selbst nachzudenken und über seine wahren Beweggründe, warum er überhaupt eine Affäre gesucht hat und vor was genau er da eigentlich weggelaufen ist. Und sich um seine Beziehung kümmern, die wieder auf die Reihe zu bekommen, denn das schafft man sicherlich nicht mit Hilfe einer Affäre.
Das hat er dann auch so akzeptiert, nun herrscht Funkstille, und das ist gut so, und ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Denn alles andere wäre für mich gar keine Option gewesen.
07.09.2016 23:20 •
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