Hallo allerseits,
das ist mein erster Beitrag, nachdem ich schon seit ca. 1,5 Monaten passiv mitelese. Bin seit etwas mehr als 2 Monaten plötzlich und mit ziemlichen Schuldvorwürfen nach ca. 8 Jahren Beziehung inkl. 2 Jahren Ehe verlassen worden.
Und da ihr Motobiker als Mann hier in diesem Thread auch schon mitmachen lasst, klinke ich mich da jetzt einfach mal mit ein.
Ich finde mich in vielem wieder, was hier im Forum so erläutert wird. Vielleicht ist es für Euch hilfreich, wenn ich ein wenig darüber erzähle, wie ich versuche, mit der Situation klarzukommen.
Zuerst hat auch mich der Strudel aus allen negativen Emotionen erfasst und nicht losgelassen. Ich denke, es gibt dabei dann eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie man damit umgeht: Verdrängen oder Akzeptieren/Loslassen.
Ich denke mal, dass viele Männer (als Antwort auf den Beitrag von Else, die 1.) aufgrund des Rollenverständnisses und der damit verbundenen anerzogenen Verhaltensweise, keine Gefühle und Emotionen zeigen zu dürfen, eher in den Verdrängungsmechanismus verfallen. Der kann vielfältig ausgeprägt sein; schnelle neue Beziehung, Alk., Dro., Versumpfen vorm Fernseher, etc. Das ganze hilft aber auch irgendwie nicht weiter. Bei mir war es so, dass mich zuerst irgendetwas abgehalten hat, in diese typischen Muster abzugleiten.
Die andere Alternative ist das Akzeptieren/Loslassen, und das fällt uns allen ja so schwer (sonst wären wir ja nicht hier).
Mir haben einige Zufälle zumindest etwas weitergeholfen. Zuerst wurde mir klar: man(n) muss darüber reden (oder hier schreiben)! Fällt einem als Mann ja schwer (s.o.), aber die ganze Situation unreflektiert in sich hineinzugrübeln ist auch nichts anderes, als zu verdrängen und das erhöht nur die Herzinfarktgefahr...
Ein weiterer Glücksfall, der sich aus dem Anvertrauen an verschiedene Leute ergeben hatte (man glaubt gar nicht, wie viele Menschen es um einen herum gibt, die auch zuhören können) bestand einfach darin, dass mir ein paar Bücher empfohlen wurden, die teilweise nur am Rande mit der Trennung zu tun hatten, sondern eher allgemeine Lebensratgeber sind. Hier im Forum wurden schon einige diese Bücher erwähnt, und ich will jetzt hier keine Werbung für die Verlage machen, sondern einfach nur schildern, wie diese mich zumindest aus dem ganz tiefen Tal gebracht haben. Also da wären die Werke von Eckart Tolle, Robert Betz, Osho, Doris Wolf usw. Diese Bücher haben den Charme, dass sie eher eine ideologiefreie Spiritualität liefen, in der sich wirklich jeder Mensch leicht wiederfinden kann. Und die Basis ist auch immer dieselbe, die auch der Kern vieler großer Weltreligionen (Buddhismus, Hinduismus, Christentum, etc...) darstellt: Wie vermeide ich das Leiden! Und das ist letztendlich unser gemeinsames Thema hier in diesem Forum. Schaut Euch auch z.B. mal die Beiträge von Alena-52 an, diese fussen auch auf dieser Basis und sind immer wieder sehr bereichernd:DANKE!
Das Lesen und Verinnerlichen dieser Literatur hatte und hat zumindest für mich folgende Vorteile:
1) Ablenkung; da die Grübelei zumindest dadurch etwas unterbrochen wird und man das Gefühl hat, etwas Konstruktives zu tun
2) Erkenntnisgewinn; man kann hier eine ganze Menge über den Leidensprozess lernen und erfahren, zusätzlich werden einem auch neue Lebenswege und Perpektiven aufgezeigt (die aktuelle Perspektive ist ja nun leider weg)
3) Verarbeitung; man erkennt die Fehler des anderen und vor allem seine eigenen und erfährt dadurch vielleicht die tieferen Gründe, die zur Trennung geführt haben. Zudem kann man lernen, seine Gefühle zu betrachten und man erfährt damit viel über sich selbst. Und das ist die Chance, die in der Trennung liegt. So schmerzhaft dieser Prozess ist, so heilsam kann er auch sein und ist mit Sicherheit hilfreich für zukünftige Partnerschaften (obwohl man sich das meistens noch gar nicht vorstellen kann).
Der Liebeskummer, unter dem wir alle leiden, ist die Lücke, die durch die Trennung in unserem Verstand bzw. unser Ego gerissen wurde. Das Ego ist aber eher ein durch Erziehung und Gesellschaft geformtes Konstrukt, damit wir uns in dieser gut durch Anpassung zurechtfinden. Leider ist es in unserer westlichen Gesellschaft so, dass wir alle in den seltensten Fällen eine bedingungslose Liebe erfahren durften. Meistens erfolgte die Zuwendung durch Eltern, Verwandte, Freunde, Kollegen, d.h. die gesamte Gesellschaft nur als Antwort auf ein angepasstes Verhalten (z.B. nur wer etwas leistet, ist etwas wert). Da wir aber nicht immer erfolgreich ind (vor allem nicht im Kleinkindalter) wurden wir auch nicht immer bedingungslos geliebt, und das ist der Keim, der das Ego in uns aus reinem Selbstschutz entstehen lies und bis heute meistens unbewusst in uns wirkt.
Geht nun, wie bei uns allen im Forum, gehörig etwas schief, wird das Ego verletzt und es wehrt sich mit einem Cocktail aus allen möglichen negativen Emotionen/Gefühlen, die einfach nur wehtun: Schmerz, Einsamkeit, Verzeiflung, Schuld, Selbstvorwürfe , Wut , Groll, Hass, usw...
Damit es das Ego aber einfach hat, verbindet und projeziert es diese ganzen Gefühle auf den Partner, der von uns gegangen ist oder auf wieder auf unser Innerstes selbst (Schuldvorwürfe). Dabei waren die Gefühle die ganze Zeit in uns, werden aber jetzt an die Oberfläche gespült und das mit ihrer gesamten Macht!
Die Frage ist: wollen wir es dem Ego so einfach machen? Denn das Ego macht uns das ja auch nicht so einfach, immerhin müssen wir selbst ja mit dem ganzen Gefühlschaos zurechtkommen und empfinden diesen schlimmen Leidensschmerz immer und immer wieder!
Deshalb empfiehlt es sich, diese ganzen Gefühle erst einmal quasi von aussen zu betrachten, was diese bewirken und in einem verursachen und woher kommen diese Emotionen eigentlich? Das ist ein hartes Stück Arbeit, aber es lohnt sich (zumindest ist es wenigstens wieder etwas Konstruktives).
Denn mit jeder Betrachtung und dem Annehmen dieser Gefühle wird das Ego automatisch etwas kleiner, aber unserer wahrer innerer Selbstwert dadruch umso größer, da wir nicht mehr so stark unserem Ego ausgelifert sind.
Denn, z.B. wenn wir leiden, wo befindet sich der Expartner dann überhaupt? Meistens ist er ja gar nicht da, sondern geistert nur im Vertand rum, also im Ego. Jetzt hängt es dann eigentlich nur von uns ab, wieviel Raum wir dem Partner in unserem Verstand geben, und das liegt wirklich in unserer eigenen Kontrolle, hierrüber hat der Expartner keinen Einfluss mehr, genauso, wie wir über ihn auch keinen Einfluss mehr haben.
Mir hat diese Sichtweise jedenfalls beim Loslösungsprozess schon etwas weitergeholfen, aber es ist noch ein längerer Weg aus dem Tal hinaus. Zumindest kann diese Erkenntnis dazu beitragen, uns wieder zu vollständigen und damit zu eigenständigen Persönlichkeiten zu machen, die zum Glücklichsein nicht unbedingt einen Partner brauchen.
So paradox es nun klingen mag, bin ich jetzt der Auffassung, erst wenn wir diesen Zustand erreicht haben, uns selbst genügen und mit uns selbst zutiefst im Reinen und zufrieden sind, also eigentlich keinen Partner mehr für unser Lebensglück brauchen, haben wir es dann geschafft!
Denn erst dann können wir wieder, diesmal rein aus gebender, selbstloser Liebe eine erfüllende Beziehung auf Augenhöhe eingehen.
Wenn wir diesen Lernprozess jedoch nicht durchmachen, würden wir in der nächsten Beziehung wieder nur nach Erfüllung suchen (da wir uns ja nicht vollständig fühlen) und wieder unbewusst nach einer ego-motivierten falschen und vor allem benötigten Liebe hinterherlaufen. Wie Robert Betz schon treffend sagte: solche gegenseitigen brauchenden und nicht beiderseits selbstlos gebenden Liebesbeziehungen sind eigentlich Liebesmissbrauch.
Ich hoffe, Euch kann dieser Beitrag auch ein wenig weiterhelfen und zumindest Trost spenden, das es vielleicht einen weiteren hoffnungsvollen und besseren Weg aus dem Kummer gibt.
Fühlt Euch alle ganz doll gedrückt!