Guten Morgen liebe Mitleidenden,
gestern Abend vor 5 Wochen hat mein Mann mir eröffnet, dass er sich trennt.
Seither steht meine Welt Kopf und ich weiß nicht wie es weitergehen soll, aber ihr kennt das ja,
deswegen seid ihr ja auch hier. Da wir in einem gemeinsamen Haus wohnen, sehen wir uns aktuell
noch dazu häufig, wobei wir auch miteinander reden und bisher eine gute Basis haben.
Aber ich verzweifle trotzdem täglich weil ich ihn einfach nicht verstehen kann, daher schildere ich
euch mal unsere Situation und vielleicht habt ihr ja einen Denkanstoß für mich, der mir hilft das
alles besser zu verarbeiten.
Also wir waren 9,5 Jahre zusammen, davon 4,5 verheiratet. Wir hatten einen sehr schweren Start.
Er war 4-5 Tage die Woche als Projektleiter in einer anderen Stadt, ich habe 2 Monate nach Beziehungsstart
erfahren, dass mein Arbeitgeber insolvent ist und musste mir was Neues suchen. Damals war für uns beide klar,
das wird was Festes, also habe ich in seiner Nähe gesucht (vorher hatten wir 70 km zwischen uns).
Da er unter der Woche nicht da war, bin ich dann bei ihm eingezogen, nach gerade mal 6 Monaten, war
aber trotzdem wie eine WE Beziehung, nur war es für mich nicht gut. Ich saß in einer Wohnung die nicht
meine war und fühlte mich dort nicht wohl und lebte nur für die Wochenenden. An denen kam er total geschlaucht
heim und hatte dann noch eine Freundin da sitzen die ihn endlich für sich haben wollte und ihm jeden
Sonntagabend eine Szene gemacht hat, weil er am nächsten Tag seiner Arbeit nachgehen würde.
Ja ich war damals sehr unreif und unsicher und habe daher viel falsch und kaputt gemacht.
Hinzu kommt, ich habe im Elternhaus gelernt "du wirst nur geliebt, wenn du eine Gegenleistung bringst" und
dummerweise habe ich das bisher in all meine Beziehungen (mein Mann war auch erst die zweite ernsthafte)
übertragen. Sprich ich habe nach gerade mal 6 Monaten Fernbeziehung (wahrscheinlich auch schon in den 6
Monaten) viele große Gesten gemacht um ihm meine Liebe zu zeigen. So das klassische vorbereitete Candle
Light Dinner, mit ausgestreuten Blütenblättern und Kerzen überall, kleine Zettel mit Liebessprüchen drauf, etc.
Ich habe aber nie verstanden warum darauf nur verhaltene, teils sogar abweisende Reaktionen erfolgten.
Und wann immer wir damals Freunde von ihm oder seine Familie trafen bekamen sie genau das, was ich so
verzweifelt versuchte mir zu erarbeiten. Liebe, Freundlichkeit, Entspanntheit, wohingegen bei uns die Situation
oft angespannt und verkrampft war. Jetzt wo wir endlich mal reden, er endlich mal sagt was denn überhaupt los
ist hat er dann mal damit rausgerückt, dass er der Meinung war ich ziehe eine Show ab und deswegen
misstrauisch und zurückgezogen war.
Wann immer ich ihm das in all den Jahren vorgehalten habe, "die tun nichts für dich und bekommen alles, ich tue
alles für dich und bekomme nichts" bekam ich so Sprüche wie "du bist doch der wichtigste Mensch für mich",
"Wäre ich noch bei dir wenn es so wäre?" etc. und JETZT wo es ZU SPÄT ist, macht er endlich die Klappe auf
und sagt was wirklich los war? Boah ich wäre so gern wütend aber noch bin ich nur traurig und verzweifelt.
Zumal sich in den Jahren zwischen uns auch ein sehr ungesundes Miteinander entwickelt hatte. Er war oft kühl,
abweisend, zurückgezogen, hat mich nicht an sich herangelassen und ich habe immer mehr versucht es ihm
Recht zu machen. Habe gekocht, geputzt, mich verändert wo immer er an mir kritisiert hat und doch nie bekommen
was ich so gerne gehabt hätte. Ich habe ihn auch gefragt warum er dann nicht im ersten Jahr Schluss gemacht hat,
seine Antwort? Er hatte Angst ich würde mir dann was antun. Ich muss dazu sagen, es gab EINE Situation wo ich
einen kleinen Zusammenbruch hatte und gesagt habe ich möchte so nicht weiterleben, aber da habe ich ihm auch
gesagt nicht im Sinne von ich bringe mich um, sondern mehr im Sinne von mein Leben ist gerade so anstrengend,
dass macht keinen Spaß.
Gemacht hat er aber nichts! Obwohl er angeblich Angst hatte ich könnte Dummheiten machen, nur immer mehr
seine Mauern hochgezogen. Und so haben wir uns über die Jahre arrangiert. Es gab viele Situationen wo ich dann
gemein zu seinen Freunden war und er mir hinterher gesagt hat da hätte er sich für mich geschämt. Ich habe mich
angegriffen gefühlt, mich verteidigt und schon hatten wir Streit und irgendwann hat er aufgehört was zu sagen.
Ich wusste aber immer selbst, dass mein Verhalten überhaupt nicht ok ist und habe mir dann irgendwann
professionelle Hilfe gesucht. Habe aber damals gesagt und auch immer gefühlt, dass ich einfach zu sehr klammere
und gerne ein wenig loslassen möchte, denn ich habe ihm wirklich bei allem was er gern gemacht hat reingeredet
und das sehe ich auch ein, dass das nicht ok war und genau deswegen habe ich es ja damals gestoppt.
Danach wurde es besser, so dass wir im Jahr 2016 ein Baugrundstück fanden und geheiratet haben. Und dann
kam mein zweiter großer Fehler, ich wollte nicht bauen und habe das vorher gesagt und habe gesagt wenn er
bauen will muss er sich alleine kümmern und das habe ich durchgezogen .
Wobei ich dazu noch folgendes sagen muss: 1. Ich hatte bei Baubeginn schon einen neuen
Job in der Nähe unseres zukünftigen Zuhauses und somit 1,5 Std Fahrtstrecke, also 3 Std pro Tag die für mich
schon mal weg waren.
Und 2. wir hatten einen Generalunternehmer, wir mussten nichts koordinieren oder so, nur mit diesem über
Ausführungsdetails sprechen. Da mein Mann ein Pedant ist (er hat 6 Wochen lang die Vor- und Nachteile
verschiedener Klinkersteine studiert) war das für ihn dann trotzdem sehr belastend. Vor allem wenn ich dann
nach 5 Minuten gesagt habe "ich will den Klinker" ist er oft total ausgerastet und hat sich und seine Arbeit nicht
wertgeschätzt gefühlt.
Ich kann ja verstehen, dass er sich da nicht gewürdigt gefühlt hat, aber ich habe dafür in Sachen Einrichtung, also
wo soll was stehen, wie soll die Küche aussehen, was machen wir mit dem Garten etc. habe ich halt alles
gemacht. Da hat er
sich nicht eingebracht. Überhaupt haben wir überall nebeneinander jeder in seinem Bereich gemacht. Mich hat
das nie gestört, ihn aber wohl schon, er wollte mehr gemeinsam machen, aber da das meist zu Streit geführt hat
haben wir das gelassen.
Achso ein ganz grundlegendes Thema war Kinder. Er wollte, ich nicht. Von Anfang an. Ich wollte aber vor allem
deshalb nicht, weil ich schon wusste, er würde das Kind mehr lieben als mich. Und da ich keinen Kinderwunsch
habe ist mir nie bewusst gewesen, dass das normal ist und ich das Kind ja auch mehr / anders lieben würde als
ihn. Aber er hat mir zwischendrin auch häufig gesagt "ohne Kind hat mein Leben keinen Sinn" "Wenn du kein
Kind willst sollten wir überlegen ob das mit uns Sinn macht" etc. Er hat mir immer das Gefühl gegeben, das Kind
ist wichtiger, die Frau ist ersetzbar. Und das war glaube ich das wo ich mich nicht drauf einlassen wollte.
Aber im Laufe der Jahre habe ich meine Einstellung dazu geändert und wollte das Wunder Mutter zu werden
erfahren und so haben wir seit Dezember 2019 probiert eine Familie zu werden. Im Sommer 2020 war ich kurzzeitig
schwanger und schon da war seine Reaktion so verhalten und so doof, dass ich nicht wusste was los ist und wie ich
damit umgehen soll. Im Oktober 2020 bin ich zu meinem alten Arbeitgeber zurück mit 4 Tagen / Woche Homeoffice
und da gab es noch mal Krach wegen der Familienplanung (ich wollte erst nach Antritt der neuen Stelle weitermachen).
Damals stand ich vor der Frage "will ich das alles überhaupt noch?" will ich nicht lieber wieder in meinen alten Job
in dem ich so gut war, vielleicht sogar in Büronähe ziehen und mir keine Gedanken über Mutterschutz und Windelinhalt
machen? Ich habe also ein paar Wochen ganz ernsthaft dieses Gedankenspiel gemacht, zumal meine Gefühle damals
irgendwo in der Eiszeit waren und bin final zu dem Schluss gekommen. Job ist Job, ein Kind bzw. eine Familie kann
dir so viel mehr geben, er wäre ein wundervoller Vater und wenn er sich nicht ändert dann muss ich ihn halt so nehmen
wie er ist. Und mit dieser Erkenntnis hat sich für mich alles geändert. Meine Gefühle kamen zurück, ich habe mehr zu
mir gefunden, ich wurde entspannter und war zufrieden. Umso schlimmer jetzt vor diese beschissene Entscheidung
von ihm gestellt zu werden. Und das Schlimmste für mich ist, wann immer wir in den Jahren an dem "so geht es nicht
weiter" Punkt waren, habe ich mich geändert. Weniger gemeckert, mehr Rücksicht genommen, was auch immer, ich
habe mich entwickelt und zwar zum Positiven, ich war ja selbst nicht glücklich mit der Zicke die ich häufig war. Aber
von ihm kam NIE etwas. Und was sagt er dazu? "Das stimmt, ich wollte nicht noch mehr von mir aufgeben, das war
es mir nicht wert! Und ich wollte es schon mal gar nicht machen, weil es von mir erwartet wurde" (und das bezeichnet
er jetzt ERNSTHAFT als wir haben es so oft versucht, es passt einfach nicht)
Und das ist das was mich so fertigmacht, es war es ihm nicht wert? Wir waren es ihm nicht wert um uns zu kämpfen?
Lieber schmeißt er fast 10 Jahre, eine Ehe und ein Haus weg? Auch jetzt will er nicht kämpfen (z.Bsp. Paartherapie)
er will einfach sein Ding durchziehen und das tut soooo weh und ich weiß nicht wie ich damit klarkommen soll.
Danke für alle die bis hierher gelesen haben und schon mal Danke für alle eure Gedanken zu dem Thema, ich
drehe mich momentan nur im Kreis.
Viele Grüße
Superdropsi
23.07.2021 08:29 •
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