Guten Morgen, ich habe mich wieder angemeldet, um mich der kurz zu melden.
Mir hatte der Austausch damals im Forum extrem geholfen. Die Hilfe, die man hier bekommt kann niemand ersetzen. ich benötigte das Verständnis und die Solidarität von Menschen, die das gleiche erlebt hatten.
2016 hatten sich einige Menschen mit unterschiedlicher Betroffenheit hier getroffen, die sehr diskussionsfreudig waren. Das ging mitunter hoch her. Auch diese Diskussionen waren sehr hilfreich, wenn auch extrem anstrengend. Gerade unterschiedliche Sichtweisen sind sehr informativ, wenn man sich fragt, warum sie einen triggern. Wunden werden sichtbar, deren man sich zuvor nicht bewusst war. Wunden die nichts mit der Affäre zu tun haben. Ich habe in der Zeit weit mehr gelernt, als nur die Affäre meines Mannes zu überwinden.
Genau darum geht es aber. Eine Affäre passiert nicht einfach so. Auch wenn manche das Gefühl hatten, in eine Affäre reingerutscht zu sein (was mein Mann nie behauptet hat). So gab es auch da Gründe für die Affäre. Ich habe mich immer dagegen gewehrt, die Ursache in der Paarbeziehung zu suchen, nach dem Motto, es gab eine Krise oder die Frau hat sich nicht um den Mann gekümmert usw. Diese Ansicht vertrete ich heute noch. Zunächst rechtfertigt keine Krise (sofern es die überhaupt gab) eine Affäre, den Betrug, diesen unglaublichen Schmerz. Da gibt es andere Lösungswege. Die Gründe für eine Affäre liegen viel tiefer und wirken sich auf die Paarbeziehung aus. Genau da muss man hinschauen.
Ich rechne es meinem Mann sehr hoch an, dass er meinen Schmerz ausgehalten hat. Klar kann man nun sagen, er hat ihn auch selbst verursacht. Dennoch ist es so, dass eben dies nicht jeder macht und nicht jeder kann. Ich weiß nicht, ob ich die Stärke dazu gehabt hätte.
Ich habe damals schon die Ansicht vertreten, dass er sich verzeihen muss. Ich wollte, dass er sich mit dem Geschehen und den Auswirkungen auseinandersetzt. Sich selbst zu verzeihen ist viel härter, als sich auf der vermeintlichen Vergebung durch den anderen auszuruhen. Das bringt gar nichts. Irgendwann muss Schluss sein. Ich kann meinem Mann das nicht ewig aufs Butterbrot schmieren und sein Schuldgefühl ständig anfachen. Ich will keinen Partner haben, mit dem ich nicht auf Augenhöhe bin.
Mein Mann und ich sind in unsere Abgründe eingestiegen. Das ist ein harter Weg und dauert. Die Affäre selbst war für mich irgendwann abgeschlossen. Ich kann mit ihm darüber reden und es triggert mich nicht mehr. Vielmehr können wir nun darauf schauen, was ihn dazu gebracht hat. Fängt man diese Diskussion an, dann dreht man die gesamte Beziehung und das eigene Leben auf links. Warum hat man sich verloren? Welche Bedürfnisse blieben unerfüllt? usw.
Irgendwann muss man als Betrogener diese Dichotomie Opfer-Täter, Betrogener-Betrüger, Gut - Böse, verlassen und anfangen den anderen zu verstehe. Verständnis bedeutet nicht, dass man das Handeln des anderen rechtfertigt. Es bedeutet nur, dass man die Motive, die Dynamik versteht. Den Weg sollte man schon um seiner selbst gehen. Sofern man mit dem anderen zusammenbleiben möchte, führt auch kein Weg daran vorbei. Die Affäre bzw. deren Aufdeckung stellt eine Zäsur im Leben dar. Aber deshalb ist das Leben zuvor nicht weg oder irrelevant. Man muss auch dahin schauen, ungeachtet der Affäre, sonst ist man schnell wieder an dem Punkt, der zur Affäre geführt hat. Nur, weil der andere aus seiner Not heraus die falsche Konsequenz gezogen hat, also die Affäre hatte, bedeutet dies nicht, dass seine zuvor erlebte Not irrelevant war und ist.
Sofern mein Mann hier im Forum schreibt, hat er jedes Recht dazu. Er hatte damals meinen Wunsch respektiert, das Forum nicht zu suchen. Nun bin ich seit langem nicht mehr aktiv und dann finde ich es vollkommen okay, wenn er hier schreibt. Es gibt für ihn - und damit auch für mich - offensichtlich noch etwas zu klären. Was es genau ist, ergibt sich meist nicht auf den ersten Blick. Eben so ist das auch mit einer Affäre, die Gründe liegen tiefer. Der Austausch im Forum kann helfen, diese spürbar und sichtbar zu machen. Daher finde ich es gut, wenn er hier schreibt.