@Zugaste
Jetzt muss ich mich doch auch einmal nach langer Zeit wieder mal äußern.
Auch mir kam es manchmal etwas schnell vor, wie @Dummda2 über einiges drübergaloppiert ist und habe es genauso wie Du auf die doch recht kurze Zeit der Entgleisung ihres Mannes zurück geführt. Ob das tatsächlich der Grund ist, vermag nur sie selbst zu beurteilen, ist aber durchaus naheliegend.
So, nun streue ich mal etwas von meiner Geschichte in die Runde, die etwas abweichend von Dummdas und Kurschadens ist:
Die Affäre meines Mannes lief immerhin rund 3 Jahre, wenn auch in vorderster Linie 6uell motiviert. Sie trafen sich nur ca. 6 bis 8 mal im Jahr für ein bis zwei Stunden tagsüber im Hotel. Daheim lief alles im Großen und Ganzen wie gewohnt.
Wir hatten existentiell jahrelang zu kämpfen gehabt und eine sehr schwere langwierige Krankheit eines unserer Kinder (damals 8 Jahre alt) überstehen müssen.
Über diesen ganzen Umständen haben wir unsere Paarbeziehung völlig aus den Augen verloren. Er bekam von mir nicht die Bestätigung die er brauchte und nach einigen Ehejahren ist bekanntlich das eingefahrene eheliche Intimleben auch nicht mehr so ganz prickelnd. Mein Mann befand sich zudem voll in der berühmten Midlifecrisis und war in erster Linie mit sich selbst völlig unzufrieden. Eine wirkliche Kommunikation zwischen uns, über den Alltag hinaus, fand nicht mehr statt.
Da kam eine nette jüngere Frau, die ihn absolut toll fand und nichts von dem was er machte hinterfragte, gerade recht. Das hat sein Ego gepuscht und er konnte dort der sein, der er gerne sein wollte. Für sie gab es nur den erfolgreichen Unternehmer mit eigener Firma, schönem Auto und guten Umgangsformen. Von den Finanzierungsproblemen, den Personalproblemen, den Schwierigkeiten mit Kunden und Ämtern usw. hatte sie keinen blassen Schimmer, davon erzählte er ihr nichts. Die wenigen Stunden mit ihr war er immer gut gelaunt und ausgeschlafen .
Da sie sich ja nur im Hotel trafen und sonst kein Kontakt bestand, hatte sie auch gar keine Möglichkeit da tiefere Einblicke zu erhalten. Wollte sie wohl auch gar nicht, sie war ebenfalls verheiratet mit Kindern und wollte angeblich nur ein bisschen Spaß nebenher. So etwas wie ein Wellnessprogramm eben.
Als das aufflog, war ich alles andere als amused. Ich spielte schon auch mit dem Gedanken einer Trennung und habe alles dafür Notwendige eingeleitet. Er war vollkommen entsetzt in der Realität angekommen und kämpfte um eine zweite Chance.
Nach reiflicher Überlegung unter Einbezug meines Bauchgefühls räumte ich ihm diese Chance ein. Das ist mittlerweile über 5 Jahre her und ich habe dies bisher wirklich nicht bereut.
Sicher gab es hin und wieder die Überlegung, ob eine komplette Neuausrichtung, sprich Trennung, nicht die bessere Option wäre bzw. gewesen wäre. Aber dies kam für mich nicht in Betracht. Nicht bevor er seine zweite Chance vermasselt.
Natürlich ist danach nichts mehr wie früher, wir sind ja auch nicht mehr die gleichen Menschen wie früher. Aber es ist ehrlich betrachtet nicht schlechter wie früher, eher eigentlich besser. Wir haben jeweils am anderen andere Facetten der Persönlichkeit wahrgenommen und gelernt diese anzunehmen. Und zu jedem anderen neuen Partner hätten wir uns und unsere unaufgearbeiteten Probleme ja mitgenommen und damit nicht wirklich etwas Entscheidendes verändert.
Es war keine Fortsetzung der Ehe, sondern ein kompletter Neuanfang der Paarbeziehung. Ich hatte immer Respekt vor seiner Person und seinen Leistungen, habe es ihm aber nicht so gezeigt wie er es gebraucht hätte. Er dagegen hatte kurzzeitig den Respekt mir gegenüber verloren und das ist das, was ihm heute manchmal noch große Schuldgefühle verursacht.
Insgesamt war die Zeit der Aufarbeitung für uns beide gleichermaßen hart. Wir haben aber beide erkannt, dass die gegenseitige Zuneigung und Liebe füreinander viel größer war und ist, als von uns selbst angenommen. Mittlerweile haben wir eine tiefe Verständnisebene erreicht und absolutes Vertrauen in die Liebe des anderen erlangt. Dies ist zwar nicht mehr so rosarot und zuckrig wie anfangs einer Beziehung, dafür aber umso unerschütterlicher und in sich bestätigt.
Wenn wir dies gegenseitig nicht so wahrnehmen würden, dann wäre die Affäre sicherlich, wenn vielleicht auch erst 2 Jahre nach Aufdeckung, Anlass für eine Trennung gewesen, denn verzeihen kann man dies, vergessen aber nicht. So wie jede andere tiefgreifende Erfahrung im Leben.
So ist er aber immer noch da (er war ja überhaupt nie weg) und ich bin ebenfalls nicht gegangen. Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht. Im heute gehen wir aber davon aus, dass wir uns gegenseitig ins hohe Alter begleiten. Wer, wenn nicht der jeweils andere, soll uns sonst schon so wie wir sind aushalten können ?
Es hängt also nicht nur von der Dauer der Affäre und dem erfolgten Geständnis ab, ob man das Wegstecken kann oder nicht. Es hat vielmehr etwas mit der beiderseitigen Bereitschaft zum Verarbeiten zu tun und nicht zuletzt vom Wiedererlangen der gemeinsamen Kommunikation.
Ich wünsche Euch allen, die Ihr noch mich Euch und/oder Euren Partnern hadert ein gutes Gelingen. Reitet nicht auf Teufel komm raus ein totes Pferd! Hört auf, wenn Euer Bauchgefühl sagt, dass Euer Partner nicht mitzieht! Aber bleibt zielstrebig auf dem Weg, auch wenn dieser manchmal steinig ist, solange es sich für Euch richtig anfühlt. Ganz egal was andere für Ansichten haben , sagen oder schreiben.
01.06.2017 18:06 •
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