Zitat: Aber trotzdem muss ich vorher mich für oder gegen eine Beziehung entscheiden. Ich kann ja nicht jahrelang warten...
Was sollte ich dann machen, wenn es immer noch Fragezeichen gibt? Mich nicht mehr drauf einlassen?
Einige Dinge können sicher erst angegangen werden, wenn man sich in der Beziehung wieder sicher fühlt.
Das ist denke ich ein Faktor, der viele von uns umtreibt. Die leise tickende Uhr, die einem ständig zuflüstert, man könne die problematische Situation sauber und konsequent hinter sich lassen, indem man das Projekt Beziehung mit einem anderen Menschen von vorne startet. Das Gefühl, bei Misserfolg des Rettungsversuches der bestehenden Beziehung viel Zeit verschwendet zu haben. Die Entscheidungsfreiheit, wie lange man sich für die Aufarbeitung eines solchen Erlebnisses Zeit nimmt, ist meiner Ansicht nach aber leider in den meisten Fällen gar nicht wirklich vorhanden. Das liegt nicht in unserer Macht. Man entscheidet bloß, ob man die restliche Aufarbeitung weiterhin mit dem alten Partner, alleine oder mit neuem Partner fortsetzt oder eben verdrängt.
Ich hab vor kurzem das Buch Warum hast du mir das angetan? von Hans Jellouschek gelesen. Der etwas reißerisch klingende Titel schreckt zunächst ab, aber sonst wirklich sehr zu empfehlen. Darin wird sehr verständlich erklärt, weshalb dieses weglaufen vor der völligen Aufarbeitung im Zweifelsfall nur zur Wiederholung in der neuen Beziehung führt und man sich insofern durch die Flucht aus der alten, nun vielleicht endlich kommunikativ offeneren Beziehung selbst die Chance nimmt, offene Themen endlich abzuhaken.
Trotzdem verstehe ich gut was du meinst. Ich frage mich auch oft genug ob ich in ein paar Jahren wieder an dem Punkt bin, mit gutem Gewissen z.B. ein Kind mit ihr in die Welt setzen zu können. Oder ob ich dann leider, Jahre später, doch einsehen muss, dass es dazu nie wieder reichen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich aber der Ansicht, dass ich mir dieses Gefühl nur selbst wieder verschaffen kann, indem ich meine Vertrauensprobleme aufarbeite und meine beiden Füße so fest in den Boden zementiere, dass mich nichts je wieder so umhauen kann. Mit dem Schritt in eine neue Beziehung würde ich mir die Lösung dieser Probleme irgendwie nur vorgaukeln. Ich könnte mir einreden, dass das jetzt ein anderer Mensch ist, der sowas nicht macht. Leider wüsste ich aber nicht was mich stattdessen erwartet.
@ Dummda: Hans Jellouschek schreibt auch viel über ungelöste Elternbindungen bzw. nachgeholte Ablösevorgänge. Gehen die Themen deines Mannes in diese Richtung?
Musst natürlich nicht antworten wenn du nicht magst.
Bei meiner Freundin war es definitiv so. Die therapeutische Unterstützung hat uns sehr dabei geholfen diese Dinge zu erkennen. Sie hat ein extrem klammerndes Elternhaus, von welchem sie bislang nicht wirklich (weder emotional noch geographisch) losgekommen ist und unter dessen ständiger Einmischung und emotionaler Erpressung sie sehr leidet. Als ich dann in den Monaten vor ihrer Affäre ein persönliches Tief hatte und unsicher bzw. infolgedessen auch noch Klammernd wurde, war es zu viel. Da hat sich bei ihr eben dieses überwältigende Platzangst-Gefühl ausgebildet, welches letztendlich zu ihrem Ausbruch führte. Und da man sich von seinen Eltern nicht trennen bzw. sie nicht betrügen kann, musste ich leider dran glauben. Nicht vollzogene Ablöseprozesse mit in die eigene Partnerschaft zu verschleppen scheint ein verbreitetes Problem und Motiv für derartige Situationen zu sein.
Sie hat diese Problematik für sich selbst erkannt und angenommen und arbeitet nun daran. Mir hilft das sehr, weil dieses Thema als Ursache für eine Wiederholung damit ausscheidet. Und weil ich, wie du Dummda, erleichtert festgestellt habe, dass ich nicht Schuld an diesem Problem war bzw. der Ausbruch deswegen auch nur sehr begrenzt etwas mit mir oder unserer Beziehung zu tun hatte. Für die individuellen Themen unserer Partner sind wir nicht verantwortlich.