Ich bin hilflos gegenüber meiner jetzigen Situation, darum tue ich jetzt das, was ich sonst nicht tun würde und melde mich hier einfach mal zu Wort, weil mich ohnehin den ganzen Tag nichts anderes beschäftigt und hier offensichtlich einige Leidensgenossen zu finden sind. Vielleicht bin ich ja hier richtig.
Darum erzähle ich nun einfach meine Geschichte, einfach so, nur um es loszuwerden, und weil mir das Lesen der anderen Geschichten in diesem Forum auch schon ein bißchen gezeigt hat, daß man wohl nicht ganz allein damit steht.
Meine Freundin (nun Ex, ich mag es kaum sagen, ich hab sie wirklich als einen Teil von mir gesehen, der einem nun gewaltsam herausgerissen wird) und ich, wir sind beide um die dreissig (OK, plus minus ein paar Jahren). Als vor zwei Monaten der für mich völlig überraschende große Knall kam, der mich nun zum Verlassenen gemacht hat, waren wir fast drei Jahre zusammen. Beide hatten wir lange herumstudiert und viel Angst gehabt und gezweifelt, ob aus uns noch mal (beruflich) was wird, aber schließlich schien es zum Schluß alles doch noch gut zu klappen, es wurde eigentlich alles immer besser. Wir hatten beschlossen und damit begonnen, nun eine gemeinsame Wohnung zu suchen, für uns beide nach langen WG- bzw. Single-Erfahrungen das erste Mal, daß wir das ausprobieren wollten. Die Initiative dazu ist von ihr ausgegangen, was das folgende für mich noch viel unverständlicher macht.
Dann wollten wir gerade zusammen in den Urlaub fahren, und sie sagte mir mehrmals, wie sehr sie sich darauf freut – überhaupt gab es keinerlei Anzeichen dafür, daß hier etwas nicht stimmte. Plötzlich dann, eines Abends, ich habe mit nichts Bösem gerechnet, sitzt sie bei mir, sieht leichenblaß und todtraurig aus und sagt mir nach mehrmaligem Nachfragen, sie wisse nicht mehr, ob sie mich noch liebe. Das war nur der Anfang vom Ende, und ich habe mir alles weniger schlimm ausgemalt, als es nachher kam. Was dann kam, ging im Zeitraffer so: Ich hatte mich nach ein, zwei Wochen langsam, aber sicher an den Gedanken gewöhnt, daß ich ihr nun etwas Zeit geben sollte, über uns nachzudenken. Klar, jeder zweifelt mal, und wenn es mir ernst ist, dann muß ich diesem Zweifel Raum geben.
Der nächste kleine Rückschlag war dann, daß sie schließlich allein in den Urlaub fahren wollte, und da wurde ich bereits von einigen hinterhältigen Gedanken geplagt (was da wohl passieren könnte...). Nachdem sie mir aber versichert hatte, daß sie keineswegs vorhat, sich jemand anderen zu suchen, war ich etwas beruhigter. Schließlich habe ich sie dann in ihrem Urlaub angerufen, und es war ein schönes Telefonat, in dem wir uns gegenseitig gesagt haben, daß wir unsere Beziehung nicht beenden wollten. Auf ihre Rückkehr hatte ich mich fast schon gefreut, denn vielleicht, dachte ich mir, hätte sie ja etwas Zeit zum nachdenken gehabt und hätte mir, der ich immer noch vollständig ratlos vor dieser Situation stand, nun ein bißchen was zu erzählen.
Aber dann kam einen Tag nach ihrer Rückkehr eine lapidare Email (!) von ihr: Ich habe einen anderen kennengelernt und es ist passiert. Wörtlich, genau so. Mir ist in dem Moment die Luft weggeblieben.
Erst recht blieb mir dann die Luft weg, als ich sie eine Woche später auf ihrem Handy anrief – ich wollte ursprünglich irgendwas wegen ihrer Hinterlassenschaften in meiner Wohnung klären (sie war meist bei mir und es blieb so dieses und jenes liegen, das mir nur die traurigsten Erinnerungen gebracht hat) – und plötzlich durch ihrem Tonfall vollkommen klar war, daß sie gerade in diesem Moment mit jemand anderem zusammen ist. Ich habe sie dann um eine Aussprache gebeten, weil ich nun überhaupt nichts mehr wußte – hatte sie neben ihrer Urlaubsaffäre schon wieder hier zu Hause jemand anderen? Tja, diese Aussprache hat ein paar Tage später stattgefunden und hat zutage gebracht, daß ihre Urlaubsliebe sie hier überraschend besucht hat, und ich hatte sie tatsächlich gewissermaßen telefonisch ertappt.
Die Geschichte an sich ist, wenn ich das nun so lese, alltäglich, lapidar und nicht besonders spektakulär - und trotzdem bleibt mir noch immer die Luft weg vor Trauer, Eifersucht, Liebe, Wut. Kann nachts nicht schlafen, tagsüber nicht arbeiten. Man fällt ins Bodenlose. Ich war mir einfach so sicher, daß dies die Frau ist, mit der ich sehr lange zusammen sein würde, und diese Gewißheit hatte ich mir sehr mühsam zusammengekratzt, nach allen Enttäuschungen, die es in früheren Beziehungen gegeben hat. Aber dies war, glaube ich, die größte Enttäuschung von allen. Ich weiß nicht wohin damit und kann mich nicht von ihr lösen. Ich würde mir so sehr wünschen, sie einfach verfluchen zu können, aber nicht einmal das gelingt. Was bleibt, ist die traurige Erinnerung an die Wärme und Nähe eines Menschen, der für mich einmalig war und mir sehr fehlen wird.
23.10.2001 21:01 •
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