@paulaner na klar, ich kann es versuchen.
Was ich damit sagen möchte ist Folgendes:
Wir müssen nicht vom gleichen Geschlecht sein, oder selbst betrogen haben, um seine Perspektive in den Fokus zu rücken.
Wenn soetwas passiert in einer Partnerschaft, ein massiver, emotionaler Bruch, Vertrauensbruch, Lügen, Affäre... Dann rückt sich der Fokus natürlich gebündelt auf den Partner, der akut verletzt worden ist. Das ist ja auch richtig so und verständlich. Inzwischen, ist Pampelmuse jedoch nicht mehr in der Akutphase, sondern dabei, gemeinsam mit ihrem Mann die Partnerschaft zu erhalten und wieder zueinander zu finden. Dazu ist es sehr wichtig, auch den Focus, der bisher auf mich und meine Schmerzen gerichtet war, wieder zu verschieben. Wenn ich verstehen möchte, warum mein Mann es zugelassen hat, sich emotional derart tief einzulassen, muss ich aufhören um mich, meine Verletzungen und meine Kränkung zu kreisen. Sondern ich muss damit beginnen, meinen Mann in den Focus zu setzen, nur dann habe ich überhaupt die Chance, die bisherigen Mechanismen zu erkennen und etwas zu verändern.
Man kann nicht erwarten, daß der Partner etwas wieder gut macht. Aber ich selbst, kann eine ganze Menge wieder gut machen, wenn ich es schaffe, die bisherige Partnerschaft aus seiner Perspektive zu erspüren.
Vielleicht ein Beispiel:
Ein Paar diskutiert miteinander. Mit der Zeit wird die Frau immer lauter und emotionaler. Er wirft ein, warum sie sich so aufregt und laut wird. Sie explodiert daraufhin und schreit ihn an, daß sie allen Grund hat sich aufzuregen, weil er sie nie ernst nimmt und ständig unterbricht. Er antwortet, daß sei auch nicht verwunderlich, denn das könne man auch nicht ernst nehmen, sich derart unsachlich zu geben. Nun verliert sie völlig die Beherrschung und schreit wüst herum. Es fallen Sätze wie ich hasse Dich oder Du widerst mich an oder hätte ich Dich bloß nicht kennen gelernt.. Du mickriges Würstchen, Du Versager... Du hast mich nicht verdient... was habe ich nur an Dir gefunden.... Und was auch immer einem einfallen mag, die Liste ist endlos.
Andere spucken an, werfen den Ehering in den Müll, zerstören persönliche Andenken oder gehen tiefer kein Wunder, daß Deine Mutter x..
Wieder andere schweigen demonstrativ, entziehen Liebe und Wertschätzung, schlafen nicht mehr mit ihrem Partner, oder ohrfeigen gar.
Destruktives Verhalten hat viele Gesichter.
Entscheidend, ist in diesem Moment nur, wer von beiden zu destruktiven, verbalen Attacken neigt und häufig auch davon Gebrauch macht. Dieser Partner, macht dann nämlich in der Regel genau das, was er jetzt in der akuten Situation tut, er zerrt den Focus auf sich, sein Recht sich zu wehren und rechtfertigt sich vor sich selbst mit einem aufbrausenden Charakter und dem empfundenen Unrecht.
Zumeist, lenkt der nicht destruktive Part ein, beschwichtigt oder verlässt die Situation, oder entschuldigt sich gar, er habe es nicht so gemeint. Er nimmt sie in den Arm und das Leben läuft weiter.
An dieser Stelle, nimmt das Unglück seinen Lauf, denn damit gestattet er dem destruktiven Partner, übergriffig zu agieren und nimmt die Verletzung hin, ohne eine Grenze zu setzen, ohne zu verlangen, daß der destruktive Part überhaupt versucht, zu begreifen, wie tief derartige Attacken gehen.
Es ist also wahrscheinlich, daß von diesem Moment an, dieses Muster vom destruktiven Partner immer wieder eingesetzt werden wird, das passiert unbewusst und ohne böse Absicht.
Das war ein ganz abstraktes Beispiel und damit ist nicht Pampelmuse gemeint.
Jetzt aber zu ihr:
Sie hat ein paar Dinge erzählt, die ich sehr destruktiv empfunden habe. Von sich selbst sagt sie, daß sie zu destruktivem Verhalten neigt, wie nun ganz genau und in welcher Weise, spielt auch keine Rolle. Nur die Auswirkungen, sind oftmals fatal, gerade wenn es über viele Jahre hinweg dazu gekommen ist.
Es gibt da einen Song, Worte die bleiben. Ein sehr guter Text und sehr wahr. Wir sind zu sehr mit uns und unseren Rechten, unseren Schmerzen befasst, mit Floskeln ach ja, im Streit sagt man viel oder Du weißt ganz genau, daß ich das nicht so gemeint habe, also warum machst Du deshalb ein Fass auf und allerhand mehr Ausreden.
Was ich also angeregt habe ist, daß @Pampelmuse einmal innerlich die Seiten tauscht. Alle Jahre mal versucht, mit seinen Augen zu sehen, mit seinen Ohren zu hören und mit seinem Herzen zu fühlen. All die Dinge, die sie gesagt und getan hat, mögen sie noch so berechtigt gewesen sein aus ihrer Sicht. Wenn sie jetzt alles mal umdreht, sich vorstellt, all das hätte er gesagt und getan. Dann kann man zum Schluß sehr oft genau nachvollziehen, wie es in dem anderen aussieht und warum die Beziehung an diesem Punkt angekommen ist. Auch bekommt man ein recht gutes Gefühl dafür, was man selbst brauchen würde, um wieder zurück zu finden, in die offene Emotion.
Ich habe persönlich den Eindruck gewonnen, daß Dein Mann emotional gemauert hat. Er reagiert auffällig nicht, bei sehr verletzenden Aktionen und Sätze wie es geht noch nicht und ich kann so nicht einfach weitermachen, ich will, daß es wieder so wird... sie würde das nicht von mir fordern... sagen da ganz viel aus.
Ich rate daher dazu zu erkennen, daß er nicht durch weitere Verletzungen, mittels auslebens der nun bestehenden Kränkung und zelebrierens des stillen Vorwurfs und der Enttäuschung wieder zurück finden wird, sondern nur dann, wenn ich alles was ich tat, alles was ich nicht tat, alles was ich sagte und nicht sagte, nun ausspreche. Ich spreche aus, daß ich das bereue, daß mir nicht klar war, wie verletzt er gewesen sein muss, weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen bin und mit meinem eigenen Schmerz. Ich spreche aus, daß er nicht verdient hat, verletzt zu werden, daß ich nicht das Recht dazu hatte und zeige, daß ich bereit bin, meinen Anteil zu übernehmen, daß mir klar ist, daß destruktives Verhalten in einer Liebesbeziehung ebenso Vertrauensmissbrauch ist, genauso Verrat an der Liebe, ebenso tiefe Verletzungen verursacht. Ich spreche aus, was er mir bedeutet, warum ich ihn liebe und daß ich verstehen kann, daß er mir nicht mehr glauben konnte, daß ich ihn sehe, ihn höre, ihn fühle und bitte ihn um Verzeihung.
Darum meine Frage @Pampelmuse , warum Du erwartest, daß er Dich um Verzeihung bittet. Er fühlt Dich nämlich offensichtlich noch immer ganz genau und hat Dir mit dem Satz ich kann mir selbst nichtmal verzeihen unbewusst gesagt, was in ihm vorgeht.
Fang Du an, mit Dir - dann wirst Du sehr schnell erkennen, was diese Affäre war, er suchte nach Befreiung und Erlösung, nicht nach Liebe. Er hat ein Ventil gebraucht, hat sich fallen lassen und sich damit versucht zu heilen. Im Prinzip ist das nichts anderes, als destruktives Verhalten innerhalb der Partnerschaft. Er kam mit seiner Not nicht mehr allein zurecht und hat sich das Recht heraus genommen, dem nachzugeben.
Ob ihm das nun bewusst ist, kann man nicht beurteilen, aber ob er überhaupt noch bereit ist, sich erneut zu öffnen, liegt tatsächlich allein an Dir. Auch wenn ich nur zu genau weiß, wie sehr das wehtut.
Frage also nicht, was hat sie, was Du nicht hast. Frage, was tust Du, was sie nicht tut. Was sagst Du, was sie nicht sagt. Was fühlt er durch Dich, was er durch sie nicht fühlt. Was gibst Du nicht, was sie aber gibt. Was glaubt er ihr, was er Dir nicht mehr glaubt. Wieviel ER bleibt neben Dir und wieviel neben ihr?
Ich vermag nicht zu beurteilen, wie viel Du da zu Tage fördern kannst, aber es ist der einzige Weg, wenn Du die Balance wieder herstellen willst - fang an ihn wieder zu sehen, zu hören und zu fühlen, so wie Du es früher getan hast.
Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute,
Simply
26.02.2020 17:19 •
x 8 #460