hier eine Fundsache:
Bleiben oder gehen ? Die bittere Erkenntnis…
Wann hat es angefangen? Als er auf einer Party über einen wirklich bescheuerten Chauvi-Witz lachte? Als er sie anschrie, weil sie in sein Auto krümelte? Oder war es, als sie sich das erste Mal gewünscht hat, sie könne die Nacht allein verbringen? Plötzlich jedenfalls zogen sich Haarrisse durch ihre Liebe, die sie für unzerstörbar gehalten hatte. Ihre Zweifel verschwanden nicht, sie nahmen zu. Sie freute sich kaum mehr, nach Hause zu kommen. Sie hatte keine Lust mehr – weder ihm etwas zu erzählen noch mit ihm zu schlafen. Wenn er sie küsste, spürte sie die Berührung seiner Lippen, mehr nicht. Die Trägheit umfing sie wie ein Schraubstock. Ich verlasse ihn, dachte sie mehr als ein Mal. Und dann wieder: Ich liebe ihn doch noch, irgendwie.
Vom ersten Argwohn bis zu der bitteren Erkenntnis, dass man sich selbst etwas vormacht und dass der Mann, den man für die Liebe seines Lebens hielt, jetzt bestenfalls als Fußwärmer taugt, vergehen oft Monate, sogar Jahre. Je länger man mit jemandem zusammen ist, umso schwerer fällt es, den Schlussstrich zu ziehen. Man hat sich so sehr aneinander gewöhnt. In guten Momenten blüht die Erinnerung an früher auf und die Hoffnung, dass alles wieder so sein wird. Was würden die anderen sagen, wenn es aus wäre? Die Familie mag den Freund ja so gern und die Kollegin findet ihn so smart. Plötzlich scheint allein schon die Idee, nie wieder zusammen mit ihm in den Urlaub zu fahren (das Einzige, was immer Spaß gemacht hat), absolut unerträglich
Im Beruf sind Frauen meist erfolgreich und tough. Doch in Beziehungen tauchen längst überwunden geglaubte Strukturen wieder auf. Dann verwandeln sich Frauen in kleine Mädchen, die vor allem auf Harmonie aus sind“, meint der Psychotherapeut Mathias Jung. Eine Trennung macht Angst. Angst, mit der man nie gerechnet hätte. Davor, Geborgenheit und gemeinsame Freunde zu verlieren. Einsam zu sein, niemanden mehr zu finden, der einen liebt. Angst auch, jetzt vielleicht den größten Fehler seines Lebens zu begehen. Lieber das bekannte Unglück als das unbekannte Glück. Lieber Pralinés mampfen, rauchen wie ein Fabrikschlot, gereizt, frustriert und wütend sein und unter Migräne-Attacken leiden wie schon Jahre nicht mehr. Oder?
Diese Frage kann ziemlich lange in einem Kopf rumoren und so lähmen, dass man sich insgeheim wünscht, es möge etwas Drastisches passieren. Etwas, das von der Entscheidung befreit. Manche Frauen provozieren den entscheidenden Streit oder betrügen ihren Partner so offensichtlich, dass er es merken muss – alles nur aus einem Grund: endlich zum Ende zu kommen.
In dieser Phase der Unentschiedenheit ist eines am wichtigsten: Geduld. So schwer es auch fällt. Die amerikanischen Autoren Lynette Triere und Richard Peacock raten, in dieser Situation aus der täglichen Routine auszubrechen, sei es auch nur, täglich eine Viertelstunde früher aufzustehen, um ein bisschen Zeit für sich zu haben, oder etwas zu beginnen, was einen schon immer interessiert hat. „Alles, was das Denken und Handeln verändert, ist gut.“
Auch reden hilft. Mit Freundinnen, trennungserfahrenen Menschen oder einem Therapeuten. Schließlich hat man wichtige Dinge zu klären: Was will man von einer Beziehung? Wie viel bekommt man im Moment davon? Lohnt es sich, noch mehr Zeit, Mühe, Selbstachtung und Energie in eine Sache zu investieren, die längst nicht mehr glücklich macht? Triere und Peacock: „Die Frage ist nicht, ob Sie ihn noch lieben. Sondern eher, ob Sie ihn so sehr lieben, dass Sie jeden weiteren Tag mit ihm verbringen wollen.“
Man wirft ja nicht einfach hin. Man hat gekämpft, wieder und wieder, gefordert, was einem fehlt. Mehr Aufmerksamkeit, mehr Nähe, besseren S.. Doch kämpfen kann man nicht ewig. Falls man angekündigt hat zu gehen, wenn sich nichts ändert, sollte man es dann auch tun.
Plötzlich weiß man es. Jetzt bloß nicht mehr zögern, gezweifelt hat man lange genug. „Schieben Sie Ihre Entscheidung nicht auf, bis Sie sich mit Ihrem Partner auf die Gründe zur Beendigung Ihrer Beziehung geeinigt haben, oder darauf, ob sie überhaupt beendet werden soll“, sagt die amerikanische Psychologin Harriet Braiker. „Sie werden sich nicht einigen.“ Und das neue Leben will schließlich vorbereitet werden. Je länger man zusammen war, umso gründlicher. Vielleicht braucht man einen Anwalt, eine neue Wohnung oder zumindest einen Ort, wohin man gehen kann, wenn man geht. Vielleicht bittet man Freundinnen, dass sie sich bereithalten als emotionales Notfallkomitee. Und dann los.
„Eine Trennung sollte wie ein chirurgischer Schnitt sein“
Das jedenfalls rät der Psychotherapeut Jung. „Einmal kräftig Blut fließen lassen und alle Gefühle zulassen.“ Sicher, es wird schmerzen. Ungefähr so sehr, als würde man einen Teil seines Körpers verlieren. Aber es wird nur der Schmerz sein, den jede Trennung mit sich bringt, und nicht bedeuten, dass dieser Mann doch der Richtige gewesen wäre. Am Ende wird es sich lohnen. Nur zehn Prozent der Frauen, die Ihren Partner verlassen haben, bereuen nach einem Jahr ihren Schritt, sagt Jung. Warum auch. Irgendwo da draußen wartet schließlich der Mann, der besser zu einem passt.
(Quelle: amica)
07.01.2004 15:12 •
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