Hey @Pablo1968 ,
da ich persönlich gerufen wurde, lass ich dir auch mal deinen Senf da.
Ein klein wenig Erfahrung hab ich schon, weil, als ich mich fremdverliebte auch nicht klar war, ob sich das würde leben lassen, und ich das lange im Herzen getragen habe, bevor ich meinem Mann davon erzählt habe.
Und ja, so eine neue Liebe lässt sich nicht so einfach zur Seite schieben...
Also, ich habe instiktiv versucht, die Dramatik rauszunehmen. Du bist gerade komplett im Romeo-und-Julia-Drama-Modus. Damit fütterst du die Gefühle enorm, gibst ihnen zerstörerische Kraft, lässt sie eher wachsen, gibst ihnen enorme Bedeutung.
Zwei Gedanken haben mir geholfen, realtiv gelassen durch diese Zeit zu kommen:
1. Weder die große, noch meine kleine Welt werden untergehen, wenn sich diese Liebe nicht wird leben lassen.
Das war mein Mantra. Wenn man es sich mal ganz unromantisch anschaut: Verliebt sein ist eine messbare Hormonkaskade, die nach einer Weile auch wieder abebbt. Durch diese Zeit muss man halt durch. Und statt sich selber zu geißeln, das ganz furchtbar zu finden, in Schuldgefühlen zu vergehen... Kann man das ganze auch genießen, sich freuen, dass man so einen tollen Menschen kennen gelernt hat, ihn eine Weile aus der Ferne anschmachten, wie einen krassen Popstar oder Schauspieler oder sowas... Daraus, verliebt zu sein, selbst wenn die Gefühle erwiedert werden, muss ja beileibe nicht immer irgendetwas folgen.
Schon gar nicht muss man S. haben, zusammenziehen, heiraten, Hund anschaffen. Vielleicht gibt es ja auch eine andere Möglichkeit, diese Liebe zu leben, ohne das, was du mit deiner Frau hast, zu gefährden. Eine besondere, tiefe Freundschaft vielleicht? Dafür wäre es allerdings notwendig, dass alle Beteiligten bescheid wissen.
2. Das Dilemma vor dem du jetzt stehst, ist nicht dein persönliches, oder nicht mal ein besonder einzigartiges.
Dir fällt jetzt auf die Füße, wie wir in unserer Gesellschaft romantische Liebe handhaben. Die Möglichkeit, sich in jemanden zweiten zu verlieben existiert nach der Standarderzählung einfach nicht, folglich wird es, wenn es dann passiert, zu einem Privatprolem der Betroffenen, ganz zu schweigen davon, dass wir konstruktive Wege hätten, damit umzugehen.
Also: Du stehst vor einem Problem, vor dem täglich tausende Leute stehen. Jetzt ist die Frage, wie du es lösen kannst.
Also, was sind die Optionen:
1. Affaire leben
2. dir die Sache aus dem Kopf schlagen
3. deiner Frau erzählen, und schauen, was daraus erwächst
zu 1. Affaire leben: gar keine gute Idee, ehrt dich sehr, dass das für dich überhaupt nicht in Frage kommt. Vielleicht solltest du noch wirklich schauen, dass ihr nicht in schwachen Momenten alleine seid. Lies dir auch gerne hier nochmal den einen oder anderen Affairenfaden durch, um deinen Enschluss zu stärken.
zu 2. Versuchst du doch schon geraume Zeit. Nochmal: Es liegt in der Natur unserer Gefühle, und ganz besonders so archaischer Gefühle wie Verliebtheit, dass sich wachsen und drängender werden, wenn sie heimlich und schambehaftet sind und man dagegen ankämpft. Sorry, keine Option, wenn du mich fragst. Alle 10-20 Jahre begegnet einem sowas erfahrungsgemäß
bleibt irgendwie nur 3. Auch hier: wenn du es für dich erst mal nicht schaffst, das Drama rauszunehmen, wirst du dieses ganze Drama über deine Frau auskippen. Momentanes Mindset: Hier ist etwas TOTAL KRASSES, BEDROHLICHES passiert, aufgrund meiner Gefühle zerstöre ich ALLES und VERLETZE dich ZUTIEFST! Wenn du so zu deiner Frau gehst, ist tatsächlich ein sehr, sehr ungutes Gespräch vorprogrammiert. Versuche (und hier kommt der Therapeut ins Spiel) dir eher eine Einstellung zu erarbeiten: Du, mir ist etwas blödes passiert, mit dem ich gerade alleine nicht klar komme. Können wir zusammen schauen, wie wir damit umgehen? Ich wäre überhaupt nicht überrascht, wenn die Antwort wäre: Ja, du findest xy toll, gel? Genauso würde ich nicht von der großen, schiksalhaften Liebe, die man sich nicht aus dem Herzen reißen kann reden, sondern eben von: Ich finde xy etwas zu toll Wo es geht Drama rausnehmen. Am besten erst mal für dich.
Also, Ausblick: Natürlich ist das ein kritischer Punkt für deine Ehe. Natürlich kann es sein, dass dadurch Dinge hochkommen, die zeigen, dass es für euch beide doch nicht weitergehen kann. Aber wenn eure Ehe so stark und liebevoll ist, wie du schilderst, und ihr beide bereit seid, da wirklich hinzuschauen, dann wird das schon.
Aus meinem Nähkästchen:
Ich selber lebe Poly, das ist nicht mehr sooooo exotisch. Kommt aber für euch vermutlich nicht in Frage.
Mein Vater hatte eine Jugendfreundin, mit der er bestimmt einmal die Woche telefoniert hat, und alle wichtigen Dinge als erstes besprochen hat. Beide Ehepartner wussten das genau, beide Familien waren eng befreundet. Ich denke, das wäre so eine besondere Freundschaft, wie sie mir vorschweben würde
Der Ehemann von einem anderen Mädchen meines Freundes kann auch nicht damit umgehen, dass die beiden etwas S. haben. Also treffen sie sich regelmäßig, quatschen, kuscheln ein bisschen, tanzen... Scheint für alle ok zu sein.
Du siehst, es muss nicht immer schwarz oder weiß, entweder oder sein.
Ich wünsche dir gute Entscheidungen!
20.08.2024 09:04 •
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