Liebe Kiraa,
ich mache gerade selber eine sehr schwere Zeit durch und kann so in etwa die schreckliche Atmosphäre zu Hause nachvollziehen, die du hast aushalten müssen. Ich wollte dir daher ein paar Gedanken mitteilen, die deine Nachricht in mir ausgelöst hat.
Zitat von Kiraa:Aber vor 6 Tagen hat kamm er zu mir ins Bett und schlief mit mir, und danach kam er mir sehr abwähsent vor.. Ich dachte mir Oh bitte nicht, als ich ihn ansprach was denn jetzt sein sollte, sagte er mir locker es war ein Fehler.. Mir Wurde der Boden von denn Füßen gezogen.. Und dann kommt es noch, er sagte da ich ich sowieso nicht auf ihm hören würde, ist er schon lange auf der Suche nach einer anstänigen Ehefrau..
Dass dein Mann nach seinem Verhalten in den Tagen davor einfach so mit dir schläft und dir dann auch noch ins Gesicht sagt, dass er nach einer anständigen Ehefrau sucht, sagt schon sehr viel aus. Du solltest aber auch versuchen, dich nicht in der Opferrolle zu sehen: Du hast auch zugelassen, dass er mit dir schläft, obwohl er sich davor derart gegen dich benommen hatte. Ich glaube, daraus lesen zu können, dass in dem Augenblick deine Angst vorm Alleine-Sein größer war als dein Selbstwertgefühl. Das bitte nicht als Vorwurf verstehen. Es ist ein Problem, das auch ich habe: Man fürchtet sich so sehr vor dem Alleinsein, dass man sehr viel mit sich machen lässt, solange es die Verbindung nicht gefährdet.
Allerdings hat dir dein Ehemann hier ganz klar mitgeteilt, dass er schon eine Wahl getroffen und sogar schon auf der Suche ist. Mit jemandem zu schlafen und innerlich schon diese Wahl getroffen zu haben, ist für mich nur noch Instrumentalisierung: Er hat dich gerade gebraucht, um sich auf die Schnelle zu befriedigen...etwas, wofür eine Ehefrau eben nicht da ist. Es sollte doch Liebe und echte, vom Herzen kommende Zärtlichkeit mit dem Liebesakt zwischen Eheleuten verbunden sein.
Zitat von Kiraa:Dann bin ich explodiert, und habe seine Sachen gepackt, doch er sagt mir er wird sich nicht rausschmeißen lassen, so viel Stolz hat er noch.. Wir werden so weiter leben, er kommt rein spielt 5 min mit denn Kindern geht duschen, und dann erst bis zum nächsten Tag..
So ich war dann 3 Tage lang mit denn Kindern nicht daheim, extra! Heute wartete er Zuhause auf uns, um mit denn Kindern zu sein,da wurde ich aggressiv, und habe ihm gesagt das ich mir das nicht mehr gefallen lasse...
Hier klingt es, als würde dein Selbstwertgefühl doch allmählich wachsen. Etwas in dir spürt, dass es nicht angeht, sich so behandeln zu lassen. Etwas in dir weiß, dass es nicht weitergeht, unter solchen Umständen zu leben. In meinem persönlichen Fall verlief das ähnlich. Ich war am Ende Trennungsauslöser (nehme eine Auszeit räumlich) und weiß nicht mal, ob die Ehe wirklich vorbei ist. Ich weiß nur, dass sich etwas unbedingt ändern muss, weil es Probleme gibt, die das Leben zu Hause jeglichen Geborgenheitsgefühls berauben. Daran geht man mit der Zeit ja zugrunde. Draußen ist ja sonst die Hektik, aber zu Hause wünscht man sich Schutz, Ruhe und Abstand von der Welt da draußen. Wenn diese nicht bestehen, dann verkümmert man mit der Zeit.
Zitat von Kiraa:Warum sitze ich jetzt hier und schreibe an einem Forum? Warum habe ich Angst vor dem alleine sein.. Warum bin ich nicht so stark wie andere. Ich werde ihn niemals aufhalten, einfach um meine würde und stolz wieder züruck zu bekomme. Aber warum denke ich die ganze Welt bricht zusammen, Was sagt ihr? Ist das normal?
Wenn man so stark abhängig ist und so viel Angst vorm Alleinsein hat, dann ist das durchaus normal, liebe Kiraa. Und mach dir auch bitte keine Vorwürfe, dass du diese Ängste hast. Unglaublich viele Menschen haben diese Angst, weil sie sich selbst leider nicht lieben. Sie hoffen, die fehlende Selbstliebe mit der Beziehung zu ergänzen, was aber leider nicht hinhaut. Wenn jemand sich selbst genug liebt, dann kann er auch viel geben: Eine Liebesbeziehung zwischen zwei sich selbst liebenden Menschen verleiht Kraft und Flügel, weil beide so eine Art Quelle mit all ihrer überflüssigen Liebe bilden. Das Ende einer Beziehung ist dann trotzdem traurig aber es löst nicht so tiefgreifende, existenzrelevante Ängste aus denn mit genügender Selbstliebe steht man immer fest auf zwei Beinen, ganz gleich was kommen mag.
Und apropro normal: Was ist denn normal? Du bist eben du. Es gibt da keinen Orientierungsmaßstab für eine solche Situation. Es sieht womöglich so aus, als wären alle anderen stärker, aber das sind sie überhaupt nicht. Sie haben genauso viel Angst wie du. Es ist ein großer Bruch mit Routine und Bekanntem. Und das Schlimme ist: Man neigt ja eher dazu, das Schädliche und Ungesunde anzunehmen und fortzuführen, weil es wenigstens bekannt ist! Man weiß ja dann mindestens, woran man ist, auch wenn das ebenfalls wehtut und Stress bedeutet! Alk. haben irgendwann das gleiche Problem: Sie erkennen, dass sie mit der Sucht nicht mehr leben können und gleichzeitig, dass sie sich ohne die Sucht kein Leben vorstellen können. Das ist die perfekte Definition einer Krise und es ist wichtig für dich, dass du das Danach in sehr kleinen überschaubaren Schritten angehst.
Es klingt für mich, als hättest du mit der Aufforderung an deinen Ehemann, dass er gehen soll, die richtige Entscheidung getoffen, Kiraa. Vor allem, weil dein Mann schon sagt, dass er nach einer anderen sucht. Daran kannst du auch gar nichts ändern. Es ist sein Wille. Du kannst jetzt nur noch gucken, wie es DIR und deinen Kindern geht. DU hast hier oberste Priorität, denn ohne dich geht ja nichts, wenn dein Mann schonmal nicht da ist. Nur dann, wenn du stark bist, können die Kinder versorgt werden. Gib dir selbst so viel Liebe und innere Geborgenheit, wie irgend nur möglich. Und vergiss bitte nicht: In solchen Situationen macht man NIE etwas falsch. Eine Beziehung ist genauso komplex und einzigartig wie die Menschen in ihr, also gibt es da kein RICHTIG und FALSCH. Es gibt nur EUCH.
Es ist schwer, einen Mittelgrund zu finden, auf dem die eigenen Gefühle ausreichend beherrscht werden und man sich trotzdem keine Vorwürfe für sie macht. Aber genau dahin sollte man am besten jetzt kommen. Du wirst alles Mögliche fühlen und durchleben: Hauptsache du gerätst nicht in die totale Panik und verurteilst dich nicht für deine Gefühle. Du bist höchstens für sie verantwortlich wenn sie schonmal da sind. Nimm sie an so wie sie kommen und hinterfrage sie auch, wenn du das möchtest. Aber keine Vorwürfe.
Ich denke an dich heute Abend und wünsche dir in den nächsten Tagen sehr viel Kraft und so viel innere Entspannung wie es geht!