Hallo Ulli48,
wow, da habe ich aber einen Nerv getroffen, was? Du bist mir mit so viel Wut begegnet, ohne die Hintergründe zu kennen, dass ich das erstmal die Luft anhalten musste. Inzwischen habe ich das Gefühl, dass es sich um Projektion handelt, Du bist so sehr verletzt, stellst mich mit Deiner Ex auf eine Stufe und verurteilst mich, weil Du denkst, dass ich genauso gehandelt habe.
Meine Geschichte ist nicht Deine Geschichte.
Ich versuche mal zu erzählen, wie es bei mir lief, ok?
Der Grund, warum mir meine Beziehung nicht gut tat, war der, dass ich immer mehr das Gefühl bekam, ausgenutzt zu werden - emotional und finanziell. Mein damaliger Partner verließ sich darauf, dass ich ihn Monat für Monat mit Geld (und nicht wenig!) unterstützte, lieh sich Geld für Mieten, Autoreparaturen etc von mir und zahlte keinen Cent zurück. Er hatte kein Einkommen, arbeitete nur hin und wieder schwarz und am Schlimmsten: Er tat nichts, um daran etwas zu ändern. Es ging ihm ja gut bei mir. Er war versorgt. Und Ausschlafen ist schöner als früh aufzustehen, das sagte er immer wieder.
Ich sprach das Problem mehrfach an und von da an distanzierte er sich von mir. Für mich eine Bestätigung, dass es ihm nicht in erster Linie um mich ging, sondern, dass er das bequeme Leben genoss. Er tat nichts, um seine Situation zu verändern, sämtliche Hilfsangebote von meiner Seite wurden abgebügelt.
Dennoch fiel es mir schwer, diese Beziehung zu beenden, ich habe lange mit mir gerungen und wollte immer wieder hoffen, dass es doch noch einen Sinn hat. Aber es tat am Ende nur noch weh, ich war enttäuscht und er nahm meine Gedanken dennoch gefangen.
Tja, im Nachhinein stellte sich dann auch noch heraus, dass er sich (nachdem ich weniger großzügig war) bereits eine neue Versorgerin gesucht hatte - noch zu unseren Beziehungszeiten.
Das war dann für mich der Punkt, an dem ich es beenden konnte, auch wenn es noch weh tat!
Soviel zu der Geschichte.
Dass mein Ex-Mann mich betrogen hat, hat komplett andere Gründe.
Im Nachhinein musste ich erkennen, dass er mich zwar sehr mochte, und das Leben mit mir und uns als Familie sehr genossen hat, aber er hat mich nie so geliebt, wie ich ihn und wie ich es mir gewünscht habe.
Er hat selber nie ein richtiges Familienleben kennengelernt und heute ist mir klar, dass er bei mir ein Stück Kindheit nachgeholt hat. Er lernte bei mir Geborgenheit, Zuverlässigkeit, liebevollen Umgang im Alltag, schöne Feste etc. kennen - alles Neuland für ihn. Dafür war er auch sehr dankbar und dachte vielleicht, dass dies ein ausreichendes Fundament für eine Ehe ist.
Und ich liebte ihn so sehr, dass ich einfach glauben WOLLTE, dass er mich genauso liebt, es mir nur nicht so zeigen kann, wie ich es mir wünschte.
Ich habe auf so vieles verzichtet, ihm zuliebe, mir hat vieles gefehlt, aber mir war klar, dass es das Perfekte nicht gibt und ich ja im Grunde glücklich bin mit ihm.
Tja und dann lernte er seine große Liebe kennen, die ich eben nie war.
Ich kannte ihn so gut, dass ich es herausfand, weil er so anders war.
Es war sehr schwer für mich, ihn gehen zu lassen, denn meine Liebe zu ihm war ja ungebrochen.
Aber ich wollte nicht, dass er nur aus Vernunftsgründen bei mir bleibt und sein Leben lang der anderen Frau hinterhertrauert.
Heute, 4,5 Jahre später, kann ich sagen, dass auch ich vieles vermisst habe in unserer Ehe. Ich wollte es nur nicht wahr haben.
Ich habe mich und meine Bedürfnisse immer hintenan gestellt.
Kleine Beispiele:
Meine Musik habe ich nicht mehr gehört, sondern mich rund um die Uhr von Jazz beschallen lassen, obwohl ich diese Musik überhaupt nicht mag!
Mein größter Wunsch seit Kindertagen war es, ein Klavier zu haben - wir haben uns alles mögliche gekauft, er war technisch stehts bestens ausgestattet - ein Klavier stand nie zur Debatte, obwohl er von diesem Traum wusste.
Als er ausgezogen war, stellte ich mir immer wieder diese eine Frage:
Warum habe ich eigentlich kein Klavier?
Wenn mein Partner diesen Wunsch hat, seit 25 Jahren davon träumt, warum tue ich nichts dafür, ihm diesen Herzenswunsch zu erfüllen, wenn es finanziell durchaus möglich gewesen wäre?
Tja, ein Klavier habe ich noch immer nicht *lach*, aber ich genieße es umso mehr, endlich wieder MEINE Musik hören zu können.
Ich hatte mich in der Ehe selber aus den Augen verloren und bin froh, dass ich mich wiedergefunden habe, auch wenn das ein langer Weg war, der auch viele Tränen mit sich brachte.
So, das war ein kleiner Exkurs in meine Vergangenheit.
@ blondi: Lieben Dank für Deine Antwort! Du scheinst zu verstehen, was ich meinte.
@Liebesfragen: Danke für Deine einfühlsamen Worte, über die ich gerne nachdenke. Besonders der Spruch Deine guten Seiten respektiere ich,Deine Fehler liebe ich gefällt mir sehr!
So, nun beende ich diesen Roman erstmal.
Liebe Grüße,
Dabinich