Wäre Polyamory in unserer Gesellschaft akzeptiert, gäbe es viele dieser Probleme vermutlich nicht. Dann müsste Geliebte nicht geheim gehalten werden. Ehepartner nicht duldsam Frust und Eifersucht verbergen. Und Ehebrecher kein schlechtes Gewissen haben. Es könnten alle Seiten frei sein. Aber so, sind alle nur gefangen, und alle drei glauben, nicht weggehen zu können.
Geliebte sollten sich mal eins überlegen: Sie entscheiden sich weder ganz für dich, noch für den bestehenden Partner. Vielleicht seid ihr es ja beide nicht, und am Ende werdet ihr für den Menschen verlassen, der den Aufwand wirklich wert ist? Ich meine das nicht als Angriff, es wären nur meine Überlegungen, wäre ich an eurer Stelle.
Zu den jeweiligen Affärenpartnern möchte ich sagen, dass diese Unehrlichkeit für mich wirklich eine Charakterschwäche ist. Abgesehen davor, dass solche Heimlichkeiten für alle Beteiligten irgendwie was Demütigendes haben, und ich mir solch schwelende Situationen unerträglich vorstelle, frage ich mich, wie man drauf ist, Tag für Tag damit aufzustehen und damit zu leben. Ich weiß nicht, ob ich mit einem Affäre lebenden Menschen, der seinem angeblich unwissenden Partner täglich in die Augen schauen kann, überhaupt zusammensein wollte. Das braucht schon ein Maß Abgebrühtheit, finde ich.
Wären alle Beteiligten aber der Polyamory aufgeschlossen, könnte der Ehebrecher offen sagen, dass es da noch einen anderen geliebten Menschen gibt. Der Betrogene könnte sich überlegen, ob und wie er damit leben will. Die/der Geliebte müsste nicht versteckt werden, aber auch für sich die Entscheidung treffen, ob er/sie damit leben kann, dass die Liebe geteilt wird.
Für mich kann ich mir das nur sehr schwer vorstellen. Weil ich die Einzige sein will. Ich selbst stand mal vor der Entscheidung: Bleibe ich wissentlich 2. Wahl und dulde künftig auch andere amourösen Abenteuer, oder werde ich weiterhin auf den ersten Platz am Stockerl bestehen? Denn ich denke, dass es nur darum geht: Will ich damit leben, wie es ist? Dann muss ich mir überlegen, wie ich damit leben _kann_. Und das tun die meisten nicht. Sie halten an dem fest, _wie_ sie leben wollen, auch wenn es dem Realitätscheck nicht standhält.
Kann ich einen Menschen lieben, auch wenn er seine Liebe auf mehrere Menschen gleichwertig aufteilt? Kann ich mich dieser Liebe, die er/sie mir entgegen bringt, mit Freude öffen, wissend, dass unsere Momente besonders sind, und diese genießen, wenn ich weiß, dass er/sie auch mit jemand anderem schöne Momente hat, eben auf deren gemeinsame, besondere Weise? Bin ich sogar offen dafür, auch meine Liebe aufzuteilen?
Auch wenn das theoretisch gut klingt, stelle ich es mir schwierig für. Für mich.
Schlussendlich aber: Verändern kann sich alles, zu jeder Zeit.
04.12.2012 17:33 •
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