Liebe Kuki!
Deine Bedenken bzgl. der Laenge Deines Berichtes sind voellig unbegruendet (lass
ihn bloss so, wie er ist! Es ist nicht noetig, Herrn K. nochmal zu
bemuehen ).
Ich
finde es gut, dass Du so ausfuehrlich geschrieben hast, denn Du hast in der
Tat ziemlich viel zu erzaehlen. Waere er kuerzer, dann waere es viel
schwieriger,
sich in Deine Situation hineinzuversetzen, soweit man das als Aussenstehender
ueberhaupt kann.
Ich kann mich Susa nur anschliessen und Dich fuer Deine Tapferkeit bewundern, mit
der Du Dein Leben bisher gemeistert hast.
Nach unserem Chat und nachdem ich Deinen Forumsbeitrag gelesen habe, verfestigt sich bei mir
immer mehr der Eindruck, dass Du eine sehr starke Frau bist bzw. geworden bist durch die
Bewaeltigung all der schlimmen Ereignisse. Dass es Dich schmerzt, wenn er zu Ihr geht, dass Du nicht weisst,
ob Du ihm noch einmal verzeihen koenntest - das ist voellig natuerlich. Aber Du musst Dir bewusst machen, dass
Du im Moment in einer viel staerkeren Position bist als Dein Mann oder seine Geliebte. Wenn sie Dich voellig grundlos beschimpft,
Deinem Mann mit Selbstmord droht, dann ist das v.a. ein Zeichen fuer Angst und Unterlegenheit. Wenn Du Dir das klar machst, faellt es Dir
bestimmt auch leichter, ihren unverschaemten Anfeindungen zu begegnen und sie einfach an dir abprallen zu lassen.
Aber auch Dein Mann befindet sich in einer schwaecheren Position als Du: Er hat es immer noch nicht geschafft, seine Fehler einzusehen,
und er ist es, der von seiner Geliebten erpresst wird.
Unabhaengig davon, ob ihr wieder zusammenkommt, oder ob ihr getrennt weiterlebt, liegt Dir immer noch viel an ihm. Und auch im Intersse
Deines Sohnes moechtest Du sicherlich auch, dass sich die Situation Deines Mannes nicht verschlimmert.
Da er allein gar nicht aus seiner verfahrenen Situation herauskommt, waere es am besten, wenn er mit anderen Menschen ueber seine
Probleme sprechen und sie nicht nur verdraengen wuerde. Vielleicht kann es so funktionieren, wie Susa vorschlaegt, dass Du einfach
versuchst, ihm zuzuhoeren, ihn zu bestaerken, ohne ihn zu bedraengen.
Eventuell kannst Du ihn mit der Zeit auch dazu bringen, mit einer neutralen Person - etwa mit einem guten Freund oder auch mit einem
Psychologen - zu sprechen. Auch wenn er Vorbehalte gegenueber Psychologen hat, die Tatsache, dass er damals der Eheberatung zugestimmt
hat, zeigt, dass dieser Versuch vielleicht nicht ganz hoffnungslos ist. Natuerlich musst Du sehr behutsam vorgehen, es bringt sicherlich
nichts, wenn Du sagst: Du musst zum Psychologen oder Red doch endlich mit Deinem Freund XY ueber Deine Probleme.
Ihm muss klar werden, dass Du ihn nicht bedraengst, dass es Dir zunaechst einmal nicht darum geht, ihn gewaltsam von seiner Geliebten
loszueisen und an Dich zu binden. Versuch ihm zu vermitteln, dass Du den Eindruck hast, dass er Probleme hat, die er nicht alleine
bewaeltigen kann, und dass Dich das traurig macht. Wenn man zu Hause jemanden sitzen hat, der mit Selbstmord droht, dann hat man denke
ich unabhaengig von der eigenen psychischen Staerke oder Schwaeche ein riesiges Problem, welches die Zuhilfenahme psychologischer
Beratung rechtfertigt.
Ich weiss nun nicht, wie leicht es Dir faellt, so etwas allein in Gespraechen ruberzubringen, und ob Dein Mann ueberhaupt richtig
darauf eingehen wuerde. Es mag zwar seltsam anmuten, wenn man
mit jemandem, den man so oft fuer mehrere Stunden sieht, per Brief kommuniziert. Andererseits hat ein Brief (den Du ihm nach einem seiner
Besuche geben koenntest) den Vorteil, dass Du Dir vorher genau ueberlegen kannst, was Du schreibst - in einem Gespraech hingegen kann es
leicht passieren, dass man auf Aeusserungen des Gespraechspartners zu emotional und damit falsch reagiert. Aber auch fuer
einen solchen Brief gilt: Bedraeng Dein Mann nicht, versuche in einem moeglichst ruhigem Ton zu schreiben.
Es ist zwar schwierig fuer Dich, all das, was ich bisher geschrieben habe, von Deinem eventuellen Wunsch nach einer neuen Beziehung mit
ihm abzukoppeln. Aber tatsaechlich habe ich bisher hauptsaechlich Vorschlaege gemacht, wie Du Deinem Mann helfen kannst, sich selbst zu
helfen, aber
nicht, wie Du Dir selbst helfen kannst.
Auf jeden Fall solltest Du versuchen, darueber nachzudenken, was Du wirklich willst, ob Du es Dir vorstellen kannst, wieder mit ihm
zusammenzuleben. Allein aus dem Nachdenken kannst Du zwar keine sichere Antwort darueber erwarten, ob Du wirklich wieder Vertrauen zu
ihm fassen kannst, ihm wirklich verzeihen kannst - sicher bist Du nur, wenn ihr es ausprobiert und alles klappt - aber Du kannst
zumindest herausfinden, ob Du
grundsaetzlich die Bereitschaft verspuerst, es noch einmal zu versuchen und ihm zu verzeihen.
Vielleicht hilft es Dir auch,wenn Du mit einer Deiner Freundinnen redest, nachdem Du nachgedacht hast. Dein Umfeld scheint mir dafuer
relativ gut geeignet zu sein, nicht zuletzt deshalb, weil Deine Freundinnen es schaffen, sich Deinem Mann gegenueber neutral zu verhalten,
wenn er euch besucht.
Aber selbst wenn Du beim Nachdenken eher zu dem Schluss kommst, Vielleicht moechte ich es noch einmal versuchen : es haengt glaube ich
nicht allein von Dir und Deinen Gefuehlen ab, ob Du das wirklich willst. Sondern es haengt ganz stark auch von ihm ab: ob er es schafft, seine
Probleme in den Griff zu bekommen. Ob er es schafft (mit wessen Hilfe auch immer), einerseits seine momentane Situation zu analysieren, sich von
den Erpressungsversuchen seiner Geliebten zu emanzipieren, andererseits ueber all das, was er in der Vergangenheit verdraengt hat,
nachzudenken und seine eigenen Fehler zu erkennen. Wenn ihm dies (u.a. auf Deine Denkanstoesse hin) gelaenge, wuerde sich
sicherlich auch Dein Verhaeltnis zu ihm aendern, Du wuerdest ein Stueck mehr Sicherheit spueren, vielleicht wuerde es ihn fuer Dich liebenswerter(ein bloedes Wort; aber mir faellt kein anderes dafuer ein) machen.
Ich wuensche Dir alles Gute,
Stefan.