Zitat von silos: Meine Frage ist,
wie lang war denn euer Liebeskummer bis jetzt so? Hattet ihr auch monatelang/jahrelang zu kämpfen und es wurde trotzdem dann irgendwann besser?
Welche Strategien habt ihr alle so angewandt um da raus zu kommen?
Oh je, Liebeskummer kann sehr hartnäckiig sein. Ich war das letzte Mal vor gut 10 Jahren damit befasst und es hat wirklich lange gedauert. Die Beziehung war schwierig, aber ich hielt eisern daran fest. Solange, bis er sich trennte. Dann kamen die Phasen, die symptomatisch für den Liebeskummer sind, Erst das heulende Elend, dann die Wut auf ihn und auf mich, die dann sukzessive einer Akzeptanz Platz machte. Aber ich hibng immer noch an ihm, meine Gedanken waren immer noch häufig bei ihm und richtig schlimm wurde es dann ein halbes Jahr später, als ich aus einer seiner verschwurbelten Mails erkannte, das er nun schon eine Nextie hat. Da rauschte mein Blutdruck wieder in ungeahnte Höhen, aber es war sonnenklar, aus seinem Geschreibsel zu erkennen, dass es war wie es war.
Damals wurde der Kummer nochmals befeuert, aber es klang doch schneller ab als gedacht. Dennoch, meine Wut flammte immer wieder auf und ich wünschte ihm alles Schlechte inklusive einem schweren Unfall mit Rollstuhl hinterher oder sein baldiges Ableben. Beide Dinge traten natürlich nicht ein. Ich hatte ihn nach der Trennung privat nicht mehr getroffen, wir schrieben aber noch auf freundschaftlicher Basis, was die Ablösung nur verlängerte und womit ich ein emotionales Eigentor geschossen hatte. Dienstlich begegnete ich von Zeit zu Zeit, das erste Mal aber nach gut 2 Jahren. Eigentlich dachte ich mir, ich wäre gut darüber hinweg gekommen, aber als ich ihn dann zufällig in einem Vortrag sah, ging es mir wieder durch Mark und Bein. Innerhalb kurzer Zeit schoss mein Blutdruck wieder in die Höhe, ich spürte Schwitzhändchen, Herzklopfen und Magendrücken und wäre am liebsten geflüchtet, aber das wäre zu auffällig gewesen und hätte ihm nur gezeigt, dass ich nicht mal halb so cool war wie ich tat.
Dann beschäftigte er mich wieder, der schriftliche Kontakt war eingestellt worden, als sich das mit Nextie mir erschloss, aber ihn leibhaftig zu sehen, brachte mich das erste Mal sehr aus dem Gleichgewicht.
Es dauert, es gibt Rückschläge, es gibt auch keine Abkürzungen, aber es gibt doch ein Mittel und das heißt die Stärkung des Selbstwerts. Gleich nach der Trennung fiel ich in einen blinden Aktionismus, ging oft ins Kino, ins Theater, traf mich mit Freundinnen um mich abzulenken, aber auch um mir selbst das Signal zu geben, ich lasse mich nicht nur hängen. Das kam dann etwas später, ich kam dem nicht aus.
Aber irgendwann regte sich was in mir, so was wie Trotz. Ich würde darüber hinweg kommen und ich war wertvoll, auch wenn der Eine mich nicht mehr wollte. Eine Trennung geht oft mit einem Tiefschlag des Selbstwerts einher und das schmerzt eben auch ungemein. Ständig die Gedanken, ich war es nicht wert, dass er blieb, ich war es nicht wert, unsere Probleme anzugehen, ich wurde weggeworfen.
Das sind selbstschädigende Gedanken, die sich festsetzen können und dann ihr Werk tun und die besonders bei Menschen auftreten, deren Selbstwert ohnehin sehr labil ist. Dazu gehörte ich und ich fing dann an, dagegen zu arbeiten. Ich begann mich zu loben, ich lernte, dass ich mich selbst schätzen durfte und dass es nicht nur erlaubt, sondern bitter notwendig war, mich anzunehmen mit allen Ecken und Kanten. Aber ich hatte auch viele positive Eigenschaften und die stellte ich in den Vordergrund. Das nennt man Gedankenhygiene. Anstatt in negativen Gedankenschleifen fest zu sitzen und sich darum zu drehen, konzentrierte ich mich auf die positiven Dinge bei mir.
Es tat sich beruflich auch etwas auf, völlig unerwartet, was mich forderte, aber mir auch zeigte, dass ich es auch konnte und nicht nur alle Anderen, aber ich doch nicht.
Ich schätze, Du neigst auch dazu, Dich in negativen Gedankenspiralen zu drehen, die Dir einreden, dass Du nie mehr glücklich werden wirst und sie niemals vergessen wirst.
Doch, wirst Du, aber dazu müsstest Du auch Deinen Selbsterhaltungstrieb aktivieren und dagegen anzugehen.
Ist sie es wert, dass dieser Verlust Dein Leben nachhaltig beeinflusst? Wohl kaum. Ist sie es wert, sie immer noch als das non plus ultra anzusehen, obwohl sie längst ein neues Glück gefunden hat? Nein!
Bist Du es Dir wert, dazu beizutragen mit dieser Love Story endlich abzuschließen? Nein, Du bist es Dir nicht wert. Du bleibst in den gewohnten Gedanken- und Gefühlsmustern kleben und bist es Dir nicht wert, nach vorne zu schauen und was Neues in Dein Leben zu bringen und damit meine ich keine neue Beziehung. Das hat Zeit bis später, aber versuche, Dein Leben etwas aufzumöbeln, Deinen Interessen nachzugehen und Dich über die Dinge, die Du hast, zu freuen. Vielleicht über Freundschaften oder Events, die mal eine Abwechslung bedeuten. Vielleicht entdecktst Du auch neue Interessen, die bisher nur brach lagen.
Versuche neue Inhalte in Dein Leben zu bringen, werde aktiv und vertreibe die Jammergedanken. Warum ? Weil Du es Dir wert bist, darum oder weil Du es Dir wert sein solltest.
Das kann man regelrecht üben und beweist sich selbst damit, dass man diesen Menschen auch loslassen kann. Sie hat sich anders entschieden, sie hat einen neuen Weg eingeschlagen und hat Dich in Deinem Elend sitzen lassen. Aber musst Du dort ewig verharren und Dir Deine Lebensfreude völlig vermiesen? Nein, es ist Deine Entscheidung, ob Du sie endlich ziehen lässt und die idiotischen Hoffnungen auf ein Revival aufgibst oder ob Du lieber weiterhin dort verharrst.
Im Gegensatz zu Dir ist sie nach vorne gegangen, hat eine Entscheidung für ein glücklicheres Leben als mit Dir getroffen und es geht ihr vermutlich gut, auch wenn keiner eine Trennung völlig leichtfertig bewältigt. Aber Du hast es nicht getan,, pflegst Deine Wunden, kratzt sie immer wieder auf, sodass sie nicht heilen können und klebst nach über einem Jahr immer noch in der Vergangenheit fest.
Setz Dir ein Ziel. Nächstes Jahr um diese Zeit habe ich es geschafft und mit ihr abgeschlossen, denn das Loslassen bedeutet auch eine Entscheidung für sich selbst und für sein Wohlergehen.
Was Du jetzt daraus machst, ist Deine Entscheidung, Deine Verantwortung. Wenn der Kummer nach einem Jahr immer noch präsent ist, dann dauert er halt länger, aber nach 2 Jahren sollte dann auch mal Schluss damit sein. Denn wer gibt Dir denn was dafür und was bringt es Dir selbst? Nichts, außer dass Du weiterhin in Selbstmitleid und Passivität hängen bleibst.
Also schau auf Dich und entscheide Dich für Dich selbst und Dein Leben. Es kommt keiner, der Dir da raus hilft, es ist Deine Sache, die Dir keiner abnehmen kann. Und so toll wie Du sie findest, ist sie auch wieder nicht. Aber Du könntest mal anzufangen zu üben, dass Du Dich selbst toll findest. Das wäre mal ein Schritt in eine andere Richtung, es sei denn, Du willst innerlich damit gar nicht abschließen. Dann mach so weiter und quäle Dich ein weiteres Jahr und noch eines und noch eines.
Lebenszeit ist kostbar und man sollte sie nützen, zumindest zeitweise. Dein Vorsatz für das Neue Jahr könnte lauten: ich lasse sie gehen, denn sie hat in meinem Leben nichts mehr verloren. Sie ist weit weg und das ist auch gut so. Es ist in Ordnung, denn es war an der Zeit , dass diese Beziehung ihr Ende fand.
Ich bin es mir wert, einen Vorsatz umzusetzen und mir jeden Tag eine kleine Insel meines persönlichen Wohlbefindens zu schaffen. Das kann eine gute Tasse Cappucchino in Deinem Lieblingscafé sein oder ein Abend mit Freunden oder ein Besuch bei Omi oder sonstwas.
Gehe auch unter Menschen und suche neue Kontakte, wenn sie sich ergeben. Das Leben kann auch schön sein, auch trotz eines Verlustes, wenn man es sich zumindest ab und zu schön macht. Lenke Deinen Blick auf das Positive, was Dir zuteil wurde und nicht auf die Vergangenheit. Es hatte seine Gründe, dass die Beziehung endete, man muss sie nur sehen (wollen).