Wie man wegkommt? Mit Rationalität und Reflexion seiner selbst. Und nicht den Gefühlen nachgeben. Annehmen, dass es nunmal gerade weh tut, dass es noch lange weh tun wird und man es trotzdem nicht ändern wird, weil man weiß, dass es so besser für einen ist. Kontakt unterbinden, blockieren. Darauf vertrauen, dass man loskommen wird, aber eben nur, wenn man nicht rückfällig wird. Es darf weh tun, es muss weh tun und es braucht seine Zeit. Das ist ganz normal und okay.
Man muss sich mal ehrlich fragen: ''Liebe ich ihn noch?''
Ich habe diese Frage, als ich sie mir 6 Monate mach der Trennung endlich gestellt habe, für mich sehr überraschend mit ''nein'' beantwortet. Nein, ich vermisse diesen Menschen nicht. Nein, ich liebe ihn auch nicht mehr wie damals. Er hat mir ein zu hässliches, menschenverachtendes Gesicht von sich gezeigt, das ich nicht lieben kann und außerdem habe ich mich schon total entfremdet. Ich könnte nicht mehr zurück und weitermachen wie es damals war. Dazu ist zu viel passiert, dazu hat er mich zu respektlos behandelt.
Was liebe ich also, woran hänge ich noch, was fehlt mir, was angeblich nur er mir geben kann?
Sicherheit. Emotionale, materielle.
Und da habe ich gemerkt, dass das ein viel größeres Thema ist als nur er. Dass es dabei null um ihn geht, sondern nur um mich. Schemata aus der Kindheit. Ich suche mir Sicherheit über andere, weil ich nie gelernt habe, mir meiner Selbst sicher zu sein. Durch Misshandlung in der Kindheit wurden mir meine Emotionen und mein Selbstwert immer negiert und abgesprochen, weshalb ich heute auch weiterhin keinen habe und mir immer wieder Partner und Freunde suche, die mir Sicherheit in irgendeiner Form bieten.
Das zu wissen und zu sehen hilft, nicht immer wieder das zu tun, was man fühlt (also zu ihm zurück gehen), weil man rationalisieren kann. Man weiß, dass man zu dem Mann zurück will, weil man sich schmerzhaft der inneren Leere bewusst ist. Weil man sich verloren und einsam und unsicher fühlt und glaubt, dass der Narzisst mit seinem scheinbaren Selbstwert einem genau dieses innere Loch stopfen kann.
Kann er aber nicht. Und man selbst kann ihm seines auch nicht stopfen.
Die gute Nachricht ist, dass je mehr man sich an seine Rationalität hält, desto mehr zahlt sich diese aus. Es tut weh und man stellt sich ihn dauernd mit seiner Neuen vor oder stellt sich vor, dass er einen nicht mehr liebt, blablabla. Man martert sich selbst.
Bis man irgendwann die Schnauze voll hat, unwillkürlich innehält und sich fragt: ''aber wo bin ich in der Gleichung? Was will ich denn eigentlich?'' und: ''Ist dieser Typ nicht eigentlich vollkommen egal und irrelevant für MEIN Leben?''
Der Selbstwert wird besser, wenn man sich selber Raum gibt, statt immer nur den anderen.
Und man ist immer weniger vom Narzissten abhängig, je stärker der Selbstwert wird.
Und wie verbessert man den? Rückkehr zu sich selbst, Solidarisieren mit sich selbst. Sich schon in kleinsten Dingen im Alltag fragen: ''wie fühle ICH? Was möchte ICH?''
Verantwortung für die EIGENEN Emotionen übernehmen, statt für die der anderen, sich nicht mehr hinter anderen anstellen und sich dauernd sagen: ''bin ja nur ich, ich kann zurückstecken, weil ich ja eh nichts kann und bestimmt auch nichts schaffe''.
Sondern sich fragen: ''Was brauche ICH gerade? Worauf habe ICH Lust, was ist für MICH ein Problem und was nicht?''
Einfach mal ungeschminkt in Schlodderklamotten rausgehen und nen Kack drauf geben, ob jemand das jetzt gut findet oder nicht. Oder sich im Gegenteil total overdressen, weil man grad mal Bock zu hat. Anderen mal abzusagen, wenn man ihnen warum auch immer keinen Gefallen tun kann gerade. Sie direkt konfrontieren, wenn sie einem Unrecht tun. Mal den Nachmittag frei machen, weil man es gerade braucht, Arbeit mal liegen lassen, jeden Tag mindestens eine Sache machen, die einem selbst richtig gut tut. Sich den Kuchen, den ausgiebigen Sport, die heiße Dusche, die Freizeit mal gönnen und sich nicht knechten und geißeln wollen, weil man anderen etwas beweisen will. Nachsichtig und liebevoll mit sich selber sein. Und zwar mindestens so sehr, wie man sonst auch immer nachsichtig und liebevoll mit anderen umgeht.
Sich fragen: ''Was will ich in meinem Leben? Will ich Beruf X überhaupt, Frisur Y oder Lebensentwurf Z?''
Sich und die eigenen Bedürfnisse nicht immer unter die der anderen stellen. Sondern anerkennen, dass man mindestens genauso viel wert ist wie alle anderen auch, und dass man das Recht hat, jemandem mal nein zu sagen oder mal ungemütlich zu werden oder mal nicht irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen. Anderen nicht helfen wollen, gesund zu werden. Du kannst einen Narzissten nicht heilen. Auch einen Borderliner oder Depressiven oder Dependenten nicht. Und es ist auch nicht deine Aufgabe. Nur jedermanns eigene.
Sich klar werden, dass man FÜR SICH SELBER lebt, und dass man es im eigenen Leben keinem recht machen muss. Verantwortung FÜR SICH SELBER übernehmen, statt für andere.
Nach dem Motto: ''Ich bin nicht mehr das geschlagene Kind, dass nur darauf schauen muss, wie sein Vater drauf ist und das deshalb lernt, nur auf die Emotionen anderer Acht zu geben, weil es sonst bestraft wird.''
Man ist jetzt erwachsen und man darf fühlen und handeln wie ein Erwachsener. Man darf andere enttäuschen und wütend machen und die dürfen auch enttäuscht und wütend sein, aber deshalb ist man trotzdem nicht wertlos.
Ein bisschen mehr Egoismus.
Klar ist das am Anfang ungewohnt und man denkt: ''wie soll das mir helfen?''
Je mehr man es macht, desto mehr gefällt es einem. Man merkt, man macht Dinge wieder mit Freude und unangenehme Dinge mit mehr Leichtigkeit, man hat mehr Energie und man fängt an, sich selber genug zu sein.
Ja, dann hat er eben eine andere? Dann liebt er dich eben nicht mehr. Und? Der Frau geht's auch nicht besser als dir. Wenn sie wüsste, in wessen Fänge sie geraten ist, würde sie rennen. Lieben kann er sowieso andere nicht ernsthaft. Nur sich selbst, denn er ist Narzisst. Und selbst das tut er nichtmal wirklich.
Ja, dann muss man wohl jetzt mal alleine klarkommen und sich selber Sicherheit geben. Ist das so schlimm? Man will doch nicht abhängig sein von jemand anderem.
Und ja, vielleicht ist es einem peinlich, dass man auf so jemanden reingefallen ist. Aber daran kann man ja nun nichts mehr ändern. Man kann nur daraus lernen, nachsichtig und liebevoll mit sich selbst sein und auf keinen Fall zurück in diese Situation gehen.
11.11.2017 21:36 •
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