Hallo zusammen,
ich bin seit längerer Zeit stiller Mitleser und wende mich heute an Euch, in der Hoffnung, mir ein paar Ratschläge zu geben, wie ich meiner Tochter ihren Trennungsschmerz erleichtern kann.
Etwas ausholen muss ich dennoch:
Vor ca. 3 Jahren habe ich mich von meinem Mann getrennt (mittlerweile geschieden). Ein Grund (von vielen) dazu u.a. war, dass er die Erkrankung meiner Tochter (Magersucht) nicht ernst genommen hat bzw. nicht wahr haben wollte und dies auf eine leider ebenfalls existierende Schilddrüsenerkrankung (Hashimoto) zurückgeführt hatte. Meine Tochter, damals 19 Jahre alt, war derart verzweifelt, dass sie sich selbst eine Therapeutin gesucht hatte. Sie hatte zu der Zeit eine Beziehung, die dann Weihnachten 2020, zeitgleich zu ihrem Auzug von zuhause endete. Ihr damaliges Tief besserte sich jedoch schlagartig, als sie einen ehemaligen Mitschüler zufällig wiedertraf und sich Hals über Kopf verliebt hatte. So glücklich hatte ich sie noch nie gesehen und der junge Mann war auch durchaus sympatisch, jedenfalls hatten wir gleich einen guten Draht zueinander und er beichtete mit an einem Abend sogar seine Jugendsünden (dummer Jungenstreich, wobei ein Sachschaden an einem Auto entstand), was ich als Vertrauensbeweis empfand. Er zahlt den Schaden seitdem monatlich ab.
Beruflich harmonierten beide leider nicht ganz so gut. Meine Tochter befindet sich in einem dualen Studium bei einer großen Mobilfunkgesellschaft und wird dort später vermutlich eine ziemlich große Karriere machen. Dies ist ihr Ziel und dafür investiert sie auch einiges, auch wenn ich sie bitte, auch mal etwas kürzer zu treten.
Der Freund meiner Tochter hat zwar das Abitur, aber um einen Studienplatz bemühte er sich nicht wirklich. Er jobbte (und macht dies auch weiterhin) bei einem Discounter als stellvertretender Filialleiter in Teilzeit.
Ich hatte immer den Eindruck, dass er zum einen sich beruflich (noch) nicht festlegen wollte, was ja auch durchaus ok ist, andereseits kristallisierte sich heraus, dass er die doch recht häufige Freizeit sehr genießt und diese überwiegend mit seinen Freunden (u.a. zum Zocken) verbringt. Auch ok, jedoch kam es immer häufiger vor, dass meine Tochter sich an seinen Dienstplänen orientierte und ihre eigene deutlich knappere Freizeit nach ihm ausrichtete. Er wiederum hielt sich oft nicht an Absprachen und sagte ir spontan ab, weil er lieber Zeit mit den Freunden verbringen wollte (O-Ton: er wolle spontan entscheiden können, wie er seine Freizeit verbringt).
Man muss dazu sagen, dass er seit seiner Kindheit unter seinem narzistisch geprägten Stiefvater zu leiden hatte, von dem sich seine Mutter, bei der er bis vor kurzem noch gewohnt hatte, erst ebenfalls vor kurzem getrennt hatte. Er ist nicht konfliktfähig und weicht Streitgesprächen aus. Zudem legte er ihr (sowohl meiner Tochter als auch seiner Mutter) gegenüber ein zunehmend respektloseres Verhalten an den Tag (Ihre Aussage).
Meine Tochter hat dies zunehmend belastet, dass er nicht verlässlich ist und sie hatte sich mir auch schon im Frühjahr diesbezüglich anvertraut.
Wie dem aus sei, nach einem zweiwöchigen Urlaub, in der sie wieder Hoffnung schöpfte, kam es vor zwei Tagen wieder einmal zum Streit und sie sind nun getrennt.
Tochter ist nun am Boden zerstört und wohnt nun auf eigenen Wunsch ein paar Tage bei mir und meinem Lebensgefährten.
Lange Vorgeschichte, viele Fragen.
Ich habe ein bisschen Angst davor, dass sie wieder in ihre alten Essgewohnheiten verfällt und die Magersucht wieder schlimmer aufflammt.
Bisher gibt es noch keine Anzeichen dafür, jedenfalls hat sie leidlich gut gegessen gestern Abend. Sie hat ihr Essverhalten trotz mittlerweile beendeter Therapie nach wie vor unter absoluter Kontrolle und nichts wird konsumiert, ohne dass sie genau überlegt, ob sie dies jetzt wirklich braucht/möchte oder nicht.
Ich habe bisher viel mit ihr geredet und ich hatte den Eindruck, dass es ihr ganz gut tat. Leider bin ich ausgerechnet jetzt extrem beruflich eingebunden (diesen Text habe ich um 4.00 Uhr heute morgen begonnen und immer ein Stückchen mehr geschrieben) und kann mir nicht freinehmen.
Habt Ihr irgendwelche Tipps, wie ich ihr den Schmerz etwas nehmen könnte und ja, ich weiß, dass dies ein Prozess ist,der (leider) durchlaufen werden muss.
Sie ist dabei sehr vernünftig und sagst selbst, dass sie so einfach nicht mit ihm weitermachen kann. Gesprächen weicht er aus, eine Paartherapie lehnt er ab. Trotzdem weiß ich, was sie durchmacht und ich leide so stark mit ihr.
Sie mag zudem erstmal nicht mehr nach Hause, weil sie diese Wohnung mit ihm gedanklich verbindet (fast solange wie sie dort wohnt, war sie mit ihm zusammen).
Vielleicht habt Ihr noch ein paar Ideen, wie sie leichter da durch kommt?
Danke schonmal
04.07.2022 08:06 •
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