Ich bin am Ende muss ich loslassen? Wenn ja, wie?
Hallo liebes Forum!
Ich lese schon eine ganze Weile hier mit und ziehe viel Kraft aus den Beiträgen, die hier viele schreiben.
Der Grund, warum ich mich jetzt auch angemeldet habe, ist, dass ich auch ganz gut mal eine Einschätzung von Aussenstehenden, die nicht Freunde und Familie sind, gebrauchen könnte.
Vielleicht hilft es mir aber auch einfach schon, mir den ganzen Schmerz von der Seele zu schreiben.
Es wird vermutlich lang- ich versuche aber, mich kurz zu halten. (Tut mir leid, falls es nicht so gelingt und danke schonmal für's Durchlesen!)
Mein Exfreund (29) und ich (27) haben uns vor etwa 6 Wochen getrennt.
Unsere Beziehung war kompliziert, aber doch etwas sehr Besonderes und Inniges.
Er kommt von einem anderen Kontinent und ist nach Deutschland gekommen, um hier seinen Master zu machen und sich hier ein Leben aufzubauen. Da er die Sprache noch nicht konnte, lebten wir unsere Beziehung auf Englisch, was wir aber beide nie als Problem empfunden haben.
Wir ließen uns lange Zeit, um uns kennenzulernen und verbrachten viel Zeit damit, über das Leben und unsere Einstellung dazu zu philosophieren.
Nach und nach wurde es immer intensiver zwischen uns und wir entschlossen uns, die Beziehung offiziell zu machen.
Da er zu der Zeit noch nicht mit seinem Studium angefangen hatte, verbrachten wir viel Zeit zusammen und waren wirklich super glücklich und verliebt. Er kam immer mit zu meinen Freunden und ich zu seinen.
Allerdings merkte ich irgendwann, dass er oft nachdenklich war und immer wieder Tage hatte, an denen er auf einmal kaum redete und irgendwie komisch war. Wenn ich das ansprach, sagte er immer, es sei alles in Ordnung.
Das ging eine Weile so, bis er mir irgendwann gestand, dass er Probleme mit Ängsten hat. Das hat er wohl seit er vor drei Jahren Krebs hatte. In Beziehungen sei es schlimmer, weil er Verlustängste habe und eine Verantwortung trage. Ich solle mir aber keine Gedanken machen und er hätte das im Griff.
Natürlich war ich von da an vorsichtiger und habe (was im Nachhinein vielleicht dumm war) versucht, mich mehr um ihn zu kümmern. Mehr Zeit mit ihm verbracht, bin mit ihm zum Arzt gefahren (weil er was an der Hüfte hatte), habe ihn immer begleitet und auch den Kontakt zu männlichen Freunden weitestgehend eingeschränkt. Das hatte er zwar nicht von mir verlangt, aber ich wusste, dass er eifersüchtig war und dass diese Anxiety sehr gefördert hatte.
Er hat auch furchtbar viel für unsere Beziehung getan. Bücher gelesen über Beziehungen die multikulturell sind (er kommt aus Südamerika) und mir ständig Überrschungen mitgebracht.
Unsere Gespräche waren mal albern und lustig, mal sehr tiefgründig und schön und wir konnten auch miteinander weinen.
Irgendwie hatte es sich in den letzten Wochen aber verändert. Die Liebe war noch da und auch zu spüren, aber irgendwie wirkte er gereizter, bzw. mehr auf sich bedacht und weniger verständisvoll als vorher. Wir fingen an uns zu streiten, was vorher nie der Fall war. Eigentlich fast immer, weil er in Gedanken gefangen schien und ich ihn bat, mir zu sagen, was los ist und er einfach nicht sprach. Das ging tagelang so, bis er manchmal dann erst am Ende des Wochenendes mit der Sprache rausgerückt ist, was ihn gestört hatte.
Ich wurde dadurch dann immer ungeduldiger und pochte immer mehr darauf, dass er mir sagen soll, was los war (ja, das war ein Fehler. Das sehe ich mittlerweile auch.) und im Gegenzug zog er sich immer weiter in sich zurück.
Ich kritisierte, dass er damit unsere gemeinsame Zeit immer mit Spannung unterlegen würde und er doch einfach direkt sagen kann, wenn er etwas hat. Er begründete dann immer, dass das in seiner Kultur einfach nicht so wäre.
Naja, ich denke, wir hätten beide etwas mehr aufeinander zugehen müssen. Das Ganze zog sich über 3-4 Wochen so und irgendwann kam es dann zu einem Streit, indem er auf einmal total böse zu mir war und ich die Welt nicht mehr verstand. Ich sagte dann im Gefecht wenn dir alles so gegen den Strich geht, dann mach doch Schluss!. Dumm. Das tat er dann auch. Er kam zu mir, weinte viel und sagte, er würde mich über alles lieben, aber er könnte das nicht mehr. Ich sagte nichts. Ich war sprachlos und weinte nur.
Als er gegangen war, schrieb er mir, wir könnten die Tage ja nochmal reden. Am nächsten Morgen telefonierten wir nochmal, da war er dann eiskalt. Wirklich eiskalt. Die Entscheidung wäre getroffen.
Ich fragte immer wieder, was der Grund wäre, warum er das alles nicht mehr will. Da sagte er, dass er sich diese Anxiety neben seinem Studium (was zwei Tage vorher begonnen hatte) nicht leisten kann. Danach aufgelegt und er hat mich auf den sozialen Medien gelöscht.
Eine Woche später schrieb ich ihm, dass mir die Beziehung unendlich viel bedeutet hat und ich mich freuen würde, wenn er irgendwann bereit wäre, ein friedliches Abschlussgespräch zu führen.
Er schrieb darauf, dass er das gerne möchte, aber noch ein bisschen Zeit braucht. Ich schrieb nur, dass er sich alle Zeit nehmen soll, die er braucht.
Ein paar Tage später schrieb er mir. Nannte mich beim Kosenamen und sagte, er würde ständig an mich denken und wir könnten gerne weiter in Kontakt bleiben, ob ich mich in einer Woche treffen wollen würde. Abends fügte er mich auch auf den sozialen Medien wieder hinzu.
Wir trafen uns dann und redeten über vieles. Beide weinten und er fragte irgendwann, ob wir es nochmal versuchen könnten. Ich war natürlich überglücklich und wir hatten einen wunderschönen Tag zusammen.
Die nächsten zwei Tage schrieb er mir ununterbrochen, wie sehr er mich liebt und vermisst hatte und wie froh er ist, mich wiederzuhaben. Zwei Stunden nach der letzten Nachricht dann plötzlich per Whatsapp Ich kann das doch nicht. Meine Anxiety ist zurück und damit auch schlechte Erinnerungen. Wumm. Ich dachte echt, ich werde ohnmächtig. Auf ein Telefonat lies er sich dann zwar nochmal ein, war aber direkt wieder eiskalt. Er sagte, er wolle keine Türen verschließen, er liebt mich auch immernoch, aber er wäre nicht bereit und ich solle mir keine Hoffnung machen.
Ich schrieb ihm dann nur noch, dass ich ihn liebe und ich zu meinem Wort stehe. Dass er sich Zeit nehmen soll, dass ich mein Herz für ihn nicht verschließe. Er bedankte sich dafür. Danach schrieben wir nicht mehr.
(Oh mann. es tut mir so leid, dass es so lang wird. aber alleine das schreiben fühlt sich schon erleichternd an!)
Eine Woche später schrieb er mir dann wieder plötzlich. Er würde jeden Tag an mich denken, ob wir uns nächste Woche treffen wollen. Ich sagte zu und wir schrieben die ganze Woche über bei Whatsapp.
Das Treffen war dann wieder wunderschön, er umarmte mich viel und suchte meine Nähe. Küsste mich aber nie auf den Mund.
Abends gestand er mir dann, dass er jetzt einen Therapieplatz sucht, weil seine Anxiety mittlerweile so schlimm wäre, dass er es nicht mehr aushält und er wäre momentan nicht er selbst.
Ich fragte, ob das bedeutet, dass er immernoch keine Beziehung möchte. Und er entgegnete, dass er momentan einfach nicht könnte.
Ich wurde dann etwas wütend und sagte, dass er mich nicht einfach ranziehen und wegdrücken kann, wie es ihm passt. Er wüsste doch wie es um meine Gefühle steht und er würde mir dauernd wieder Hoffnung machen.
Er entschuldigte sich aufrichtig und hat auch wieder viel geweint und gesagt, dass er hofft, dass es ihm irgendwann wieder gut gehen würde, aber er wäre im Moment nicht er selbst und könnte mir auch nichts bieten.
Ich hab immer wieder meine Unterstützung angeboten, aber er meinte, er muss das alleine machen.
Zum Abschied hat er mich noch viel umarmt und dann auch mehrmals geküsst.
Am nächsten Morgen schrieb er mir, dass er sich besser fühlt, jetzt wo ich weiß, was wirklich mit ihm los ist.
Ich bat ein paar Stunden später nochmal um ein Telefonat, bei dem ich fragte, ob er denkt, dass Zeit uns noch eine Chance geben könnte, weil ich etwas bräuchte, was mir in diesem Schmerz einen Sinn gibt, weiter festzuhalten.
Da schaltete er wieder auf kalt. Ich würde ihn unter Druck setzen, er könnte es mir nunmal nicht sagen und er könnte auch die viele Kritik, die ich an ihm ausgeübt hätte nicht vergessen (weil ich in der Beziehung immer wieder gesagt hab, dass er kommunizieren muss, wenn ihn was stört). Er könnte das alles nicht vergessen und er bräuchte jetzt Zeit und Abstand und müsse sich auf sich selbst fokussieren.
Also er war wiedermal ganz plötzlich wie ein völlig anderer Mensch. Und auf einmal war es nicht mehr die Anxiety sondern ich.
Nach ein paar Tagen schrieb ich ihm, dass es mir leid tut, dass er sich bedrängt gefühlt hat, dass es für mich bloß auch nicht leicht ist und dass ich seinen Wunsch nach Zeit respektiere.
Dass ich mich im Moment nicht gewertschätzt fühle und das Gefühl habe, die Regeln in diesem Spiel nicht zu kennen und alles falsch zu machen. Dass ich mich jetzt auch auf mich fokussieren muss, um mit allem klarzukommen und dass er sich melden kann, wenn er Klarheit über uns hat und auch, wenn er Hilfe braucht.
Er schrieb dann eine lange Nachricht zurück. Es täte ihm leid, dass ich so fühle und auch seine widersprüchlichen Signale. Er könne sich im Moment nur auf sich selbst konzentrieren, weil diese Anxiety niemand sonst von ihm wegnehmen kann.
Er wüsste meine Unterstützung zu schätzen und würde für immer dankbar dafür sein. Ich hätte nicht alles falsch gemacht, aber es ginge ihm im Moment wirklich nicht gut und er müsste erstmal an sich selbst arbeiten.
Wenn es ihm irgendwann gut genug gehen würde, um es nochmal zu versuchen, würde er sich bei mir melden und er wäre glücklich, wenn ich dann auch noch wollen würde. Er würde mich lieben und mir nur das Beste wünschen.
Seitdem war es das. Gestern haben wir kurz Ostergrüße ausgetauscht und er hat mir erzählt, dass er diese Woche einen Termin bei einem Therapeuten hat und dass seine Eltern sich jetzt scheiden lassen.
Ein freundliches Gespräch, aber nicht sonderlich vertraut.
Joa. jetzt hab ich ewig lang geschrieben. Das tut mir furchtbar leid, aber ich fühle mich tatsächlich etwas befreit.
Habt ihr vielleicht Ratschläge für mich?
Es geht mir wirklich, wirklich schlecht. Ich liebe und vermisse ihn sehr und fühle mich einfach irgendwie weggeschmissen und als wäre ich nur eine Belastung.
Ich weiß einfach nicht, wie ich das verabreiten soll, weil ich immernoch irgendwie hoffe, dass er zurückkommt.
Danke für's Durchquälen!