Liebe/r Spiegel,
um dir noch eine etwas persönlichere Antwort aus meinem Erfahrungshaushalt beizusteuern, schreib ich mal ein wenig über meine Entwicklung mit dem Thema.
Als Kind in einer Konstellation von Bezugspersonen, die mir meine Geschwister oder andere Bekannte stets vorwurfsvoll als etwas Besseres vorhielten, um auf diese Art mein Verhalten ihnen gegenüber oder mein Ess- oder Lernverhalten zu beeinflussen, entwickelte ich verschiedene Glaubenssätze, wie beispielsweise das ich mich extrem anstrengen müsste, um gemocht zu werden, das ich nie gut genug sein kann, das ich dünn und schön und unterwürfig sein müsse, um geliebt zu werden usw. Leider wiedersprachen diese auferlegten Glaubenssätze meinem eigentlichen Charakter und meinem Grundbedürfnis nach bedeingungsloser Wertschätzung und führten dazu, dass ich immer wieder versagte. Meine ersten Beziehungen wurden ebenso von diesen Glaubenssätzen überschattet, allerdings waren meine damaligen Partner, die über meine Vorgeschichte gut Bescheid wussten, genauso verständnisvoll wie hilflos, wenn meine Eifersucht, z.B. auf eine dünne, attraktivere gute Freundin o.ä., das Mitreinander störte- die Partner wussten ja, wie hart ich daran arbeitete, dünn und attraktiv zu sein, wie hart und starr mein Selbsturteil ausfiel und jegliche Versuche, mich in der Entwicklung eines gesünderen Selbstwert zu unterstützen, scheiterten an meiner Fokussierung auf meine Defizite, die ich nicht in den Griff bekam.Meine Eifersucht damals stülpte meinen damaligen Partnern also meine Wertevorstellungen und eine Mitverantwortung für die Heilung meines brüchigen Selbstwertes über, was einerseits zu viel verlangt und andererseits belastend für die Beziehung war. Die Beziehungen gingen dann auch eher aus anderen Gründen auseinander, eigentlich erkannte ich hinter meiner ausgelebten Eifersucht auch die überwiegende Verlustangst als die Angst vor tatsächlichem Betrug, diese Verlustangst war aber schlimm und somit Anlass genug, um an mir zu arbeiten (z.B. mit diesem Selbsthilfebuch Eifersucht )und etwas mehr an Würde und Strategie zu gewinnen, somit brachte meine eigene Eifersucht kaum noch den Bedarf an offener Thematisierung bei folgeneden Partnerschaften mit, auch verbesserte sich mein Vermögen, mich aktiv, akzeptierend und wertschätzend mit solchen Menschen zu umgeben, die hatten oder konnten was ich bei mir vermisste bzw. worin ich weiterhin scheiterte.
Schließlich traf ich auf eine Person, die mich jedoch schon während unserer intensiven Kennenlernphase dazu brachte, eigene misstrauende und eifersüchtige Intuitionen zugunsten des Zusammenseins zu unterdrücken. Diese Person offenbarte mir, meines Empfindens nach unnötigerweise(!) im Gegenzug recht früh ihre ausgeprägte Eifersucht und hatte starke Probleme mit meiner Eigenständigkeit. Es kam zu direkten Unterstellungen, Aussagen wie denkst du ich bin dumm u.ä., ich war sehr oft in der Not mich zu rechtfertigen, versuchte den ungerechten Angriffen mit erklärender Rationalisierung und vermehrter zärtlicher Zuwendung zu begegnen. Im Zuge dieser Entwicklung wurde jedoch jegliche Chance geistiger Nähe verdorben, denn der eifersüchtige Partner stellte sich in seiner Eifersucht mehr und mehr als das vermeintlich unterlegene Opfer dar, dem auch die zunehmende körperliche Zuwendung und all das beschwichtigende Zureden nicht genug waren, wenn er sich dann grundlos eingeschnappt distanzierte, fühlte ich mich auch zunehmend hilflos und ungerechterweise bestraft. Doch Parallel und ganz Zurecht wuchs mein Misstrauen gegenüber dieser Person, auch mein Körper signalisierte mir deutlich, dass etwas nicht stimmt. Schließlich musste ich mich der Erkenntnis stellen, für diese Person tatsächlich nur eine von Vielen gewesen zu sein, da er zeitgleich mit mir Beziehungen zu mindestens einer weiteren Frau geführt hatte. Im Nachhinein war ich aufgrund meiner damaligen beruflichen Auslastung und sicher auch emotional für ihn vielleicht gar nicht als echte Partnerin verfügbar, da ich eben aufgrund meiner Zuneingung und Bedürftigkeit dieses Spiel recht lange mitgespielt habe, trotzdem war es im Endeffekt ein persöliches Drama, das meine Auffassung von Eifersucht nochmal stark verändert hat.
In Folge sehe ich Eifersucht nicht nur als Erscheinung eines geringen Selbstwert, sondern eben auch als einen verdrehenden Ausdruck des vielleicht unbewussten oder ungewolltem Bedürfnis des Eifersüchtigen selbst, aus der Beziehung auszubrechen. Ich denke ausgetragene, also austeilende Eifersucht kann dem Eifersüchtigen auch dazu dienen, dem Partner eine größere Verantwortung an der Schieflage des Miteinanders zuzusprechen und die eigene Verantwortung zu minimieren, ebenso wie sie ermöglicht sich von der Beziehung zu distanzieren und sich berechtigt zu fühlen, sich nach Aussen ( zu Anderen) hin zu orientieren, denn der Partner tut dies ja vermeintlich auch, sonst wäre die eigene Eifersucht ja unbegründet.
Es passiert(e) mir natürlich auch bei folgenden potentiellen Partnern, das ich eifersüchtig war, allerdings versuchte ich mir das nie direkt anmerken zu lassen und je nach Beziehungsbasis/-bestrebung es dann ohne Schuldzuweisung zu thematisieren, da ich Eifersucht auch für einen Hinweis darauf halte, wie die Wahrung des beidseitigen Wohlbefindens, der eigenen Grenzen oder das Maß an Exklusivität in einer Beziehung gemeinsam kommuniziert werden kann.
Eifersucht ist meiner Meinung nach also auch ein Gefühl, das den Eifersüchtigen dazu anhalten sollte, den eigenen Standpunkt in und den Ausblick der Beziehung zu hinterfragen, denn wer Eifersucht austeilend auslebt, gefährdet die Beziehung und lässt sich von seiner Unzufriedenheit in der Beziehung besiegen, statt sich für seine Zufriedenheit in der Beziehung wertschätzend einzusetzen.
LG
21.10.2017 12:30 •
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