Liebe wind,
ich möchte Dir gern ein paar Zeilen schreiben. Irgendwie hat mich Dein Thema berührt. Ich habe selbst erst einmal die Erfahrung gemacht, wie Eifersucht eine Beziehung zerstören kann. Das war meine allererste Beziehung. Da war ich noch ganz jung. Irgendwann hatte ich von den dauernden Anschuldigungen und Verdächtigungen ohne jeden Anlass die Nase voll. Sicher gar kein Vergleich zu dem, was Du in den 23 Jahren alles durchgemacht hast! Ansonsten kenne ich mich mit dem Thema Eifersucht nicht sonderlich gut aus.
Aber alles, was Du schreibst, erinnert mich sehr daran, was andere Sucht-Formen mit Beziehungen/den Betroffenen und Partnern machen (da kenne ich mich sehr gut aus). Vielleicht ist Eifersucht wirklich auch eine Form von Sucht. Ich erkenne so viel bei Dir wieder:
Die Sucht zerstört nicht nur die Menschen, die krank sind, sondern auf Dauer auch die Menschen, die mit den Betroffenen leben. Dein Körper gibt Dir ja ganz klare Signale. Du bist schon psychosomatisch erkrankt und eine klarere Bildsprache könnte Dein Körper gar nicht sprechen (Asthma als Zeichen, dass Die die Luft zum Atmen abgedrückt wird/jede Entfaltungsmöglichkeit durch die Eifersucht des Partners genommen wird). Das kommt auch sehr oft bei Angehörigen von süchtigen Menschen vor, dass sie im Laufe der Partnerschaft psychosomatisch krank werden (sei es, dass sie Magengeschwüre, Kreislaufbeschwerden oder was auch immer bekommen). Sucht zerstört nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Menschen, die mit ihnen leben auf Dauer.
Ich habe aus dem, was Du schreibst, den Eindruck, dass Dein Partner mit Eurer Beziehung zockt. Er scheint noch gar nicht an dem Punkt zu sein, wirklich etwas gegen sein Problem tun zu wollen. Er wollte Dich nur ruhigstellen und sobald er gemerkt hat, dass er wieder auf der sicheren Seite ist macht er weiter wie bisher. Vielleicht hat er den Ernst der Lage auch noch nicht wirklich begriffen.
Über süchtige Menschen kann ich Dir nur sagen, dass die Schmerzgrenze, der Ar., den jemand braucht, um etwas gegen sein Suchtproblem zu unternehmen, individuell leider sehr unterschiedlich ist. Bei manchen reicht es, wenn der Partner droht, sich zu trennen. Manche rüttelt eine Trennung auf Zeit wach - wenn die Frau z.B. vorübergehend auszieht und sagt: Ich komme erst zurück, wenn du wirklich etwas tust. Und dafür will ich Fakten und Resultate sehen! Manch einer wacht erst auf, wenn die Beziehung schon den Bach runter ist. Wo bei Deinem Mann die Schmerzgrenze ist, das kannst Du leider nicht beeinflussen.
Das einzige, was Du tun kannst, ist gut für Dich zu sorgen; Deine eigenen Grenzen für Dich selbst klarzukriegen und sie dann genauso geradlinig nach außen zu vertreten; klarzumachen, was Du bereit bist mitzutragen und wo Deine Grenze ist/was Du künftig nicht mehr bereit bist mitzumachen. Aber das funktioniert nur, wenn Du das dann auch durchziehst. Drohungen ohne Konsequenzen verfestigen nur das Problem. Dein Partner hat 23 Jahre lang erlebt, dass Du das alles mitträgst. Vielleicht verlässt er sich auch weiter drauf - denn Du wirst ihn sicher nicht das erste Mal drastisch konfrontieren.
Und sorge für Dich! Wo sind Deine Kraftquellen? Was macht Dir Spaß? Wo kannst Du auftanken? Lass Dir von Deinem Partner nicht die Luft zum Atmen nehmen! Dann wird er noch massiver mit seiner Eifersucht konfrontiert sein, wenn Du mehr eigene Wege gehst. Aber das ist SEIN Problem ... und nur sekundär Deins. Wenn er dann sein Problem in Form von Vorwürfen auf Dir ablädt, zieh Deine Grenze und zieh die Konsequenzen. Dann ist er gezwungen, wirklich etwas zu tun. Meines Erachtens hat Eifersucht ganz viel mit einem mangenden Selbstwertgefühl zu tun (jedenfalls in so drastischer Form). Wer sich seines Wertes bewusst ist hat es gar nicht nötig, so eifersüchtig zu sein. Aber das ist meine Meinung.
Das ist das, was ich Dir aus anderen Sucht-Beziehungen heraus raten kann.
Ich kann es sehr gut nachvollziehen, dass Du inzwischen jemand anderen kennen gelernt hast, dem Du Dich anvertraust. So ging es mir damals auch. Aus der Not heraus, mit irgendjemand über all das sprechen zu müssen, was da an Anschuldigungen und Verdächtigungen gelaufen ist, ist es dann tatsächlich passiert, dass ich jemand anderem über diese Gespräche nähergekommen bin. Das war aber vor diesen Eifersuchtsdramen gar nicht da. Ich habe fast den Eindruck, als würden sich die Menschen, die so sehr eifersüchtig sind, mit ihrer Eifersucht quasi irgendwann die Realität, die sie so sehr befürchten, selber schaffen. Wären sie nicht so eifersüchtig, wäre das nie passiert.
Und ich kann auch Deine langsame Ablösung nachvollziehen. So habe ich das auch schon mal erlebt. Als dann die Trennung wirklich da war, war es gar nicht mehr so schmerzlich, weil es ein langer Prozess war und ich im Vorfeld schon so viele Tränen geweint hatte über die Aussichtslosigkeit der Beziehung, dass die Trennung nur noch der letzte Schritt war.
Ich weiß nicht, ob meine Worte Dir irgendwie helfen. Was Du schreibst klingt so, als wäre er einfach am Zug. Und die Entscheidung, ob er wirklich etwas ändern will, kannst Du ihm leider nicht abnehmen. Du kannst nur gut auf Dich aufpassen. Ich würde Dir auch raten, Dir selbst Unterstützung und Entlastung z.B. durch Beratung oder Therapie zu holen, wenn Du das Gefühl hast, Unterstützung gebrauchen zu können. Du allein wirst Eure Beziehung auch durch Therapie nicht retten können. Aber es könnte eine Kraftquelle für Dich sein.
Liebe Grüße
Jazz
22.09.2004 17:50 •
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