Das hier wird länger, doch weil die Frage aufkam, möchte ich noch mal zusammenfassen, was mich an meinem jetzigen Punkt ankommen ließ.
Es ist wirklich schwer, das konkret zu beschreiben. Ich suche schon die ganze Zeit nach Tipps, die ich hier weitergeben kann, aber eigentlich finde ich keine konkreten, weil es eine schleichende Entwicklung war.
Es gibt viele Dinge, die mir geholfen haben, aber es gibt bestimmt auch ein paar Voraussetzungen, die ich mitgebracht habe.
Eine dieser Voraussetzungen ist das Vertrauen in mich selbst. Ich rede nicht von Selbstbewusstsein oder Selbstwertgefühl, davon habe ich nicht immer so viel, aber vom Glauben an sich selbst und dass man vielleicht mehr kann, als man annimmt.
In manchen Momenten war ich wirklich extrem verzweifelt, sodass ich nicht mehr ein noch aus wusste. Ich war so kaputt, dass ich richtig Angst davor bekam, nicht mehr weitermachen zu können, weil ich keine Kraft hatte und nicht wusste, wie alles weitergehen soll. Alles war einfach nur extrem anstrengend!
Aber zwischen diesen Momenten hatte ich immer den Glauben daran, dass irgendwann alles wieder seine Ordnung finden wird und ich das schaffen kann. Ich wusste nicht wie und auch nicht wann, aber ich habe fest daran geglaubt, _dass_ ich es schaffen kann, weil ich bereits aus vergangenen Erfahrungen gelernt hatte, dass ich mich irgendwie durchboxe. Egal wie schlimm etwas ist, ich mache weiter und irgendwann wird es auch wieder besser sein. So war es schon oft, warum sollte es diesmal anders sein?
Das hat mich nicht aufgeben lassen, auch wenn ich streckenweise einfach nur funktioniert habe und extrem teilnahmslos war, was die Außenwelt betrifft.
Neben der Verzweiflung gab es einen Punkt, an dem ich das Gefühl hatte, meinen Job aufs Spiel zu setzen. Ich war oft krank oder habe mich krank gefühlt, kam manchmal gar nicht erst aus dem Bett und habe vieles schleifen lassen. Alles tat weh, alles außer meiner Traurigkeit wurde egal.
Irgendwann häuften sich die Fehlzeiten, sodass ich selbst merkte: Sch..., wenn du so weitermachst, hast du bald nichts mehr außer einem Haufen Ärger! Ist es das wert? Lohnt es sich wirklich, dass ich mich verkrieche, um ihm und unserer Zeit uneingeschränkt hinterherzuweinen, sodass ich am Ende ohne alles dastehe?
Meine Antwort lautete nein. Also habe ich mich an offizieller Stelle erklärt und entschuldigt und das Versprechen abgelegt, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt und ich fortan wieder voll da bin. (Das hätte ich nicht tun müssen, aber ich wollte es, so unangenehm mir das auch war.)
Da ich so ein Versprechen nicht brechen möchte, war ich fortan gezwungen mich zusammenzureißen und das habe ich getan.
Glücklicherweise hat mir das sehr geholfen, weil ich dadurch nicht nur einen regelmäßigen Tagesablauf hatte (Verkriechen und Isolation/Abschottung sind Gift für die Gedanken, so sehr man sich auch danach sehnt), sondern mich mehr mit meinen Kollegen beschäftigt habe. Unser Kontakt ist in den letzten Wochen viel besser geworden, weil ich offener auf sie zugehe. Dadurch macht die Arbeit mehr Spaß und ich fühle mich dort wieder wohl. Ich übernehme mehr Dienste und es macht mich stolz, dass ich mein Versprechen halten konnte.
Zudem bin ich tagsüber gut beschäftigt, habe aber abends noch genug Zeit, mir Gedanken zu machen.
Allein dieses Aufraffen hat mir gezeigt, dass ich es kann und dass da irgendwo noch Kräfte in mir sind, von denen ich vorher nichts ahnte.
Und ich habe dadurch noch etwas erkannt: Als ich mich so eigeigelt habe und nur an ihn und uns dachte, habe ich nichts von der Welt mitbekommen. Ich habe mich ständig im Kreis gedreht und war verschlossen, von morgens bis abends traurig und wütend und verletzt.
Seit ich mich jedoch ein wenig für anderes öffne, sehe ich auch wieder Chancen. Meine Welt ist jetzt nicht rosarot und wie gesagt denke ich immer noch ab und zu an uns und die Enttäuschung sitzt immer noch tief, aber ich weiß jetzt auch das Kleine wieder mehr zu schätzen, weil ich das Große nicht erwarten kann.
Mein Blickwinkel hat sich verändert.
Werde ich jemals wieder eine so schöne Partnerschaft haben? Keine Ahnung! Warum sollte ich mich jetzt zusätzlich mit diesem Gedanken quälen, wenn ich gar nicht wissen kann, was irgendwann sein wird und wem ich im Leben noch begegne? Ich habe die eine Beziehung gerade frisch hinter mir, also ist jetzt definitiv nicht die Zeit, um mir bereits über eine neue Gedanken zu machen!
Wie lerne ich bloß schnell neue Leute kennen? Muss ich das denn sofort? Ist es nicht vielleicht gut, wenn ich erstmal auf mich selbst schaue, die Wunden heilen lasse und mein Leben ordne? Ist es nicht erstmal schön, dass ich täglich auf der Arbeit Menschen begegne, mich kurz mit ihnen unterhalte und die Begegnungen so nehme, wie sie kommen? Ist es nicht sogar sinnvoll, das Alleinsein wieder zu lernen, um mit mir selbst ins Reine zu kommen und Dinge auszuprobieren, die mir Spaß machen könnten?
Anbei: Obwohl ich nicht suche, sondern einfach nur offen bin und die Dinge laufen lasse, bekomme ich trotzdem Einladungen zu Unternehmungen. Nicht viele und auch nicht jedes Wochenende, aber mal schlägt eine lockere Bekannte etwas vor, mal eine Kollegin, mal die Familie und jeder dieser seltenen Vorschläge macht mich glücklich, weil sie mir zeigen, dass da jemand an mich denkt und mich in seine Planung einbezieht.
Was mir außerdem sehr geholfen hat:
- eine spontane Reise
- Musik und die Suche nach persönlichen Neuentdeckungen
- der Kontaktabbruch, obwohl er mir wochenlang sehr zu schaffen machte
- Romane über Trennungen
- Geschenke an mich selbst (Blumen, Auszeiten, Klamotten, ein leckeres Essen...)
- Bewegung, obwohl ich mich träge fühlte
- dass ich mir auch die schlechten Aspekte der Beziehung in Erinnerung rief
- die Frage, ob ich in der Beziehung wirklich so glücklich war, wie ich danach glaubte und die ehrliche Antwort darauf
- Tagebuch schreiben und mich hier darüber austauschen, aber auch einfach mal abschalten und gar nicht über das Thema reden
- andere (fremde) Menschen einfach mal anlächeln und schauen, was passiert (nahezu alle lächelten zurück!)
- mir zu sagen: Es ist jetzt so. Du kannst weiterhin weinen und jammern oder du tust irgendwas, was dir gut tut. Während ersteres dich zu nichts führt außer lähmender Traurigkeit, bietet dir letzteres die Möglichkeit, wieder Freude zu empfinden und sei es nur für den Moment.
- einzusehen, dass er nicht zurückkommt und ich mein Leben (erstmal) alleine auf die Reihe kriegen muss
- in diesem Alleine auch etwas Positives sehen, indem ich tun und lassen kann, was und wann ich es möchte
- zu verstehen, dass kein Zustand unendlich ist - weder die Freude, noch die Trauer - und doch wird beides immer wiederkommen, so wie es bisher in meinem Leben immer wieder kam. Ich muss keine Angst haben. Es wird nicht immer so schlimm bleiben, wenn ich versuche etwas zu verändern, denn Veränderung ist nicht nur schmerzhaft, sondern immer auch eine Chance.
Und diese Chance nutze ich. Zuerst aus der Not heraus und jetzt weil ich es möchte und Gefallen daran finde, dass noch so vieles vor mir liegt, von dem ich noch nichts weiß. Es möchte nur entdeckt werden.
18.08.2012 20:32 •
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