Wie finde ich mich?

Mensch Grace,

Tut mir leid zu hören, daß mal wieder High Noon im Kopfkino ist. Was mir bei Dir immer und immer wieder auffällt, ist wie sehr du wertest. Vor allem Dich selbst natürlich. Nun ist es so, es gibt Menschen, die sind ein bissl talentierter darin, die eigenen Wertungen und Gedanken nicht immer gleich als absolut gegeben hinzunehmen, das Teepöttchen scheint mir da durchaus immer als Vorbild, dann gibt es eben auch andere Menschen, bei denen das Kopfkino halt wie eine Wunderkerze drauf los sprüht, sobald man nur ganz kurz an ein Feuerzeug gedacht hat, mich zum Beispiel.

Das Ding ist halt, aus dieser ganzen Nummer immer wieder rechtzeitig auszusteigen.
Schau mal, ob Dein Freund nunmehr geläutert ist oder nur vorübergehend, wird sich nicht dadurch ändern, daß Du schon wieder die 222. Version einer möglichen Situation im Kopf durchspielst.
Ob er es ernst meint, treu bleibt etc. kannst Du nicht kontrollieren. Es gibt keine Vorbereitung aufs Unglück, genausowenig wie Habachtstellungen irgend etwas bewirken, außer sich das eigene Leben zu vermiesen.

Versuch doch einfach mal, nicht auf diese Gedankengänge einzusteigen. Statt diese als Baustellen wahrzunehmen oder einen dahinterliegenden Sinn erkennen zu wollen, einfach sagen aha, diese Geschichte ist gerade in meinen Kopf und dann schauen, welche anderen Gedanken auch so in Deinem Kopf sind oder welche anderen Gefühle in Deinem Herzen.

Wahrnehmen und annehmen und dann NIX weiter. Nicht in gut oder schlecht einteilen, nicht in will ich haben, will ich nicht haben. Nicht soll ich das fühlen oder darf ich das denken, ist halt da und sonst? Was ist da sonst noch in mir.

Jeder einzelen Mensch hat zig Gedanken und Gefühle, die pro Tag so in einem aufsteigen. Die ändern sich auch jeden einzelnen Tag. Und wir können das Auftauchen dieser Gedanke und Gefühle, deutlich weniger beeinflussen, als wir immer denken. Was wir aber beeinflussen können, ist wie wir diese bewerten; wie sehr wir mit bestimmten Gedanken in Interaktion treten und mit anderen nicht.

Und nein, das ist kein einfaches Unterfangen, dafür braucht es viel Übung, vor allem wenn man eben nicht so talentiert wie das Pöttchen ist, aber es lohnt sich in jedem Fall.

Alles Gute für Dich.

Zitat von E-Claire:

das Teepöttchen scheint mir da durchaus immer als Vorbild

Zitat von E-Claire:

vor allem wenn man eben nicht so talentiert wie das Pöttchen ist,

Ich? hab Talent?
Danke, aber nun muss ich echt überlegen - wie das gemeint ist. Ich denke immer, ich stehe vor einer Wand

Zitat von Grace_99:

Ich ertappe mich dann aber, dass ich denke, okay, er weiß das es gerade sehr stressig ist, er wartet jetzt erstmal ab und trennt sich dann, wenn es wieder ruhiger ist und ich (Grace) wieder stressfreier unterwegs bin.

Du beschäftigst Dich mit dem Ende bevor es überhaupt angefangen hat. Das widerrum wirft die Frage auf, ob Du Dich denn auf eine geschichte überhaupt einlassen kannst? Lass doch mal Raum zum Entwickeln....

Zitat von mcteapot:

Ich? hab Talent?
Danke, aber nun muss ich echt überlegen - wie das gemeint ist. Ich denke immer, ich stehe vor einer Wand

Ich finde schon (sonst hätte ich das ja nicht geschrieben, ne). Zum einen hast Du einen bemerkenswerten Stolz, so richtig gesund und so. Wenn ich an diese Zimtschnecken-Luftnummer denke, piff vor die Tür gesetzt und immer brav den eigenen Selbstwert nicht untergraben.
Weiß nicht, ob ich das so hinbekommen hätte.

Zum anderen hast Du, wie jeder von uns, natürlich auch Einbrüche oder traurige Tage, aber Du lässt sie eher vorüberziehen, machst eher mal nen Schritt zurück und denkst Dir, ja is alles mies heute, aber bleibt ja nicht so.

Und genau diese Einstellung ist die Grundlage für ein Nichteinsteigen in das eigene Kopfkino.

Zitat von E-Claire:

sonst hätte ich das ja nicht geschrieben, ne

ja äh ähm, ich hab da immer so ein:
die kann ja nicht mich meinen
denkschema

Wie lieb von euch, dass ihr euch dazu äußert.

Ach @E-Claire Du bringst es so auf den Punkt.

Es erschrickt mich, dass ich wieder an einem Punkt (gedanklich) stehe, den ich seit gefühlten 1000 Jahren kenne. Immer und immer wieder und mit jedem Verlust in meinem Leben wird es schlimmer. Ich kann mir nur selbst die Garantie geben, gut auf mich aufzupassen, damit mir kein Mensch mehr das Fell über die Ohren zieht. Eine Garantie im Leben gibt es für gar nichts, weiß ich ja alles, aber das ich wieder so doof fühlen muss....

Das wird ne Baustelle bis ans Ende meiner Tage bleiben

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich es kann, wieder jemanden so dicht an mein Herz zu lassen. Mit Freunden etc. geht das so gut, aber wenn mir Menschen wirklich nah kommen, kack ich ab.

Raum zum entfalten - fällt mir schwer, da immer diese Angst da ist, wieder verletzt zu werden etc. pp.

Ist ein wirklich schweres Thema.

Zitat von Grace_99:

da immer diese Angst da ist, wieder verletzt zu werden

damit leben zu können, es zu zulassen, das es passieren kann - ja, das kann man. Was kann den im schlimmste fall passieren? und was passiert, wenn der Fall nicht so schlimm wird?
Du nimmst dir das Recht heraus, immer vom Schlimmsten aus zugehen

Zitat von mcteapot:

Was kann den im schlimmste fall passieren? und was passiert, wenn der Fall nicht so schlimm wird?

Rational ist das richtig...

Zitat von Grace_99:

Es erschrickt mich, dass ich wieder an einem Punkt (gedanklich) stehe, den ich seit gefühlten 1000 Jahren kenne. Immer und immer wieder und mit jedem Verlust in meinem Leben wird es schlimmer. Ich kann mir nur selbst die Garantie geben, gut auf mich aufzupassen, damit mir kein Mensch mehr das Fell über die Ohren zieht. Eine Garantie im Leben gibt es für gar nichts, weiß ich ja alles, aber das ich wieder so doof fühlen muss....

Das wird ne Baustelle bis ans Ende meiner Tage bleiben

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich es kann, wieder jemanden so dicht an mein Herz zu lassen. Mit Freunden etc. geht das so gut, aber wenn mir Menschen wirklich nah kommen, kack ich ab.

Fett steht für Gefühle; Unterstreichungen für Bewertungen.

Statt dazusitzen und ganz neugierig zu sagen, ach schau mal, da ist ja Angst.
Gehst Du sofort in die Bewertung: Angst = schlechtes Gefühl = will ich nicht haben = muß ich ganz unbedingt was gegen unternehmen?

Warum? Angst ist ein ganz normales Gefühl im großen Kanon der verschiedenen Gefühle, die wir Menschen empfinden. Es gibt die Freude, die Trauer, die Liebe, die Hoffnung und vieles mehr.

Angst gehört dazu und angst geht nicht davon weg, daß wir dem, was uns Angst macht aus dem Weg gehen, das verkleinert nur immer weiter unseren Handlungsraum und füttert gleichzeitig die Angst und davon wird die erst richtig groß.
Angst kommt und geht, brauchst Dich überhaupt nicht drum zu kümmern. Sie kommt von allein! sie geht von allein! Laß Dich einfach nicht so sehr von ihr beeindrucken.

Verstehst Du?

Zitat von E-Claire:

Angst gehört dazu und angst geht nicht davon weg, daß wir dem, was uns Angst macht aus dem Weg gehen, das verkleinert nur immer weiter unseren Handlungsraum und füttert gleichzeitig die Angst und davon wird die erst richtig groß.

Jawohl ja....

Ach Mensch @E-Claire Kann man dich buchen? Du legst einem das so super da.

Genau sowas rate / sage ich meinen Kindern, Freunden, nur bei mir selbst... Argh..

@mcteapot Seltsamerweise geh ich immer vom schlimmsten aus, weil ich dann denke, lieber damit rechnen als blind ins Verderben zu gehen.

Zitat von Grace_99:

lieber damit rechnen als blind ins Verderben zu gehen.

Warum das? Das hindert doch daran sich einzulassen und Raum zu geben....

Zitat von AlexH:

Warum das? Das hindert doch daran sich einzulassen und Raum zu geben....

Ach, dann müsste ich jetzt meine ganze Ü40 Lebenseschichte erzählen.

Hab einfach zu viel erlebt, was man nicht erleben sollte / besonders nicht als Kind. Ist in der Therapie aufgearbeitet worden, aber offensichtlich bleibt ein Stachel ein Leben lang.

Zitat von Grace_99:

Ach, dann müsste ich jetzt meine ganze Ü40 Lebenseschichte erzählen.

So wollte ich es nicht verstanden wissen...sorry

Zitat von AlexH:

So wollte ich es nicht verstanden wissen...sorry

Alles gut. Resultiert halt aus vielen Jahren, dass kann man nicht mit einem Satz erklären.

Ich erlebe mich so, dass ich immer Schritte zurück mache und nicht vorwärts gehe, wenn mir Menschen emotional ans Herz wachsen.