@richtig
Wer sich auf einen verheirateten bzw. fest gebundenen Menschen einläßt, nimmt doch auch
selbst bewußt in Kauf, daß dessen Ehepartner betrogen wird. Also
kann es mit der Abscheu vor dem Betrug
an sich nicht
wirklich weit her sein. Entsprechend verlogen
wirkt es dann auch, wenn jemand sich
nachträglich so darüber empört, daß der Betrüger wieder in seine verlogene Welt eintauche, wie Du schreibst.
Und was die Affaire an sich betrifft:
Jedem erwachsenen Menschen dürfte klar sein, daß jemand, der bereits fest gebunden bzw. verheiratet
ist, akut gar keine
weitere Festbeziehung bieten
kann, selbst
wenn er das ernsthaft vorhätte.
Zudem ist der Begriff Liebe nicht klar patentiert, sondern frei definierbar. Eröffne mal einen Thread mit dem Thema Was ist Liebe, dann wirst Du sehen, wieviele verschiedene Antworten Du auf diese vermeintlich simple Frage erhältst, etwa in diesem uralten Beispiel hier:
liebe-was-ist-das-t1564.html Entsprechend
wenig ist darauf zu geben, wenn jemand schon nach wenigen Tagen oder Wochen davon faselt - zumal er zugleich in einer Festbeziehung steckt und keinerlei Anstalten macht, etwas daran zu ändern.
Nein, Affairen sind zunächst mal reine Spaßbeziehungen - es geht um Abwechslung vom Alltag, um Abenteuer, um Lust und auch um Leidenschaft, aber sicher
nicht um den gezielten Aufbau einer soliden neuen Festbeziehung - dazu ist zumindest der gebundene Teil qua eigener Lebenssituation doch
gar nicht in der (Lebens)Position. Für gewöhnlich werden die Schäferstündchen auch
beidseitig genossen.
Daher meine Frage:
Wofür konkret will man sich eigentlich rächen? Daß der andere einen im Bett befriedigt hat, aber darüber hinaus nichts von einem wollte? Daß er es wagt, tatsächlich seiner Hauptbeziehung den Vorzug vor einer Person zu geben, die
kein Problem damit hatte, sich bewußt auf einen verheirateten Mann einzulassen und
skrupellos genug ist, auf eine Scheidung seinerseits zu hoffen oder gar zu drängen?
Wer sich auf eine Affaire einläßt, der überschreitet nicht nur gegenüber deren Hauptbeziehung eine Grenze - sondern auch, was die eigene Wahrnehmung durch den Affairenpartner betrifft. Natürlich ist es paradox, daß dieser einem die Affaire erst aufschwatzt, um einen dann eben
deshalb fallen zu lassen,
weil man sich
darauf eingelasen hat. Aber wo steht eigentlich geschrieben, daß das Leben immer gerecht sein müsse?
Das soll ein Grund für Rache sein? Müßte man sich nicht vielmehr an die eigene Nase fassen und dem Schicksal danken, daß man jetzt zumindest auf die harte Tour gelernt hat, wo der Hammer hängt, was Partnerwahl und den gezielten Aufbau neuer Festbeziehungen betrifft, wer dafür in Frage kommt und wer von vornherein nicht?
Es mag Hauptbeziehungspartner(innen) geben, die wirklich null Ahnung vom Fremdgehen ihrer besseren Hälfte haben und für die so eine Aufklärungsaktion insofern ein Augenöffner in Sachen persönliche Zukunftsplanung ist, auch wenn sie eigentlich als Rache am Affairenführer gedacht war. Aber mein Eindruck ist, daß solche Geschichten auch aus diesem Blickwinkel dennoch irgendwie verzweifelt wirken - und ja: auch billig.
Dankbarkeit sollte man sich als Rächer der Nation insofern lieber nicht erwarten. Zudem ist es eine
unerbetene Information und je nachdem, wie cool die Reaktion der Hauptbeziehung ausfällt, kann aus der Rache eine zusätzliche Demütigung werden, wenn die einen nur müde anschaut, um dann gelassen festzustellen, daß es eine alte Eheeiche nicht wirklich stört, wenn sich im Lauf von 30, 40 oder mehr Jahren auch andere mal daran scheuern, im Gegenteil: Gewisse Pflichten hätten ihren Reiz längst verloren und werden daher gern in Affairen externalisiert, wohingegen das, worauf es mittlerweile ankomme - Familie und Finanzen - in festen Händen bleibe. Je nachdem, mit welcher
Selbstverständlichkeit die Hauptbeziehungspartner das so sehen, wird auch der Grad des gespielten - gemeinsamen -
Erstaunens darüber ausfallen, daß eine Affaire den Nerv hat, das
allen Ernstes in Frage zu stellen.
Eben hier haben beide Hauptbeziehungsführer es in der Hand, sich zusammenzurotten und die Affaire auf ihren Platz zu verweisen - und die Gesellschaft wird ihnen dazu laut applaudieren. Damit ist für die Affaire nur das letzte Pulver umsonst verschossen, sondern aus der als Ohrfeige für den Affairenführer gemeinten Racheaktion wird ein Tritt in die eigene Magengrube, der sich gewaschen hat. Will man sich das wirklich geben - nach all dem anderen Müll, den man bis dato womöglich bereits mitgemacht hat?
Schade, daß so vielen Betroffene es erst dann für nötig halten, solche Szenarios mal zuende zu denken, wenn es bereits 5 nach 12 ist. Die einzige Alternative ist, eine Affaire von sich aus zu beenden, die Kontaktsperre rigoros durchzuziehen und bei etwaigen Zufallsbegegnungen so zu tun, als sei es doch auch von der eigenen Seite her nur das gewesen, was Affairen nun mal sind: Ein Spaß. Und zwar einer, dessen Zenit nun überschritten zu werden drohte, weshalb man sich eben auch davon verabschiedet hat.
Natürlich führt das die ersten Wochen und Monate erst mal zu gehörigen Entzugserscheinungen, aber es ist der einzige Ausweg, bei dem man anschließend den eigenen Anblick im Spiegel wieder ertragen kann. Was der Affairenführer aus seiner Ehe macht oder auch nicht, geht einen selbst nichts an und kann einem auch jetzt ebenso egal sein, wie es das in dem Moment war, wo man sich auf ihn einließ seinerzeit. Es gibt nichts zu rächen, allerdings sehr viel Reparaturbedarf an der eigenen Befindlichkeit und ich finde, man sollte es sich selbst wert sein, dem klar Vorrang zu geben. Racheaktionen erfordern einen gewissen Aufwand und den ist meines Erachtens keine abgelegte Affaire wert.