Hallo zusammen,
danke für Eure Antworten.
Deirphos - Ich habe ihn lieb. Kenne ihn schon sehr lange und er ist ein feiner Kerl. Nur habe ich unterschätzt, was es auf längere Sicht bedeutet, eine Beziehung mit einem Depressiven zu führen. Gleichzeitig habe ich seine Motivation, etwas an seiner Verfassung zu ändern, überschätzt.
Anfangs war die Depression durch das Strohfeuer der Verliebtheit maskiert, was ihm einen gewissen Schwung verliehen hat. Fand sein Energielevel schon da gewöhnungsbedürftig, aber konnte es akzeptieren und habe gehofft, er würde auf Dauer auch ein Stückweit aus seiner Depression herausfinden, wenn er nicht mehr so einsam ist.
Weit gefehlt. Er ist in eine totale Antriebslosigkeit zurück gefallen.
Bei Euch ist das emotionale Dreieck etwas anders aufgestellt. Deine Freundin verlässt ihren Partner wegen Dir. Bei aller Eifersucht - Du bist in der Situation, dass sie wegen Dir was aufgeben will. Sogar was, woran sie selber noch hängt. Seine Situation ist schlimmer. Ich hätte nie meinen Mann für ihn aufgegeben. Mein Freund hat mit mir einen Scherbenhaufen aufgesammelt und all seine Liebe da reingesteckt, mich zu trösten und mir Halt zu geben. Und ich danke es ihm, indem ich trotzdem den emotionalen Absprung nicht schaffe.
Anne55 - Du hast natürlich Recht, dass Liebe bei soviel Angst und Schuld nicht gedeihen kann.
Und ja, vermutlich kann und sollte mir ein Therapeut dabei helfen.
Leider ist in meiner Region alles dicht. Habe mich schon umgesehen.
Es werden nicht mal mehr Leute auf Wartelisten aufgenommen.
Und ich habe das Gefühl, dass dieses Thema jetzt aber auch keinen jahrelangen Aufschub duldet bis vielleicht irgendwann die Lage bei den Therapeuten sich entspannt.
Deshalb versuche ich ja, vielleicht hier ein bißchen Unterstützung zu finden. Ein Teil meines Problems sind eventuell Denkfehler. Ich habe immer das Fähnchen Selbstverantwortung hoch gehalten. Von wegen - ich müsste unter allen Umständen und egal mit wem ich mich umgebe doch in der Lage sein, meine eigene Kraft zu leben. Klar - schlagende, gemeine Menschen ausgenommen. Aber er ist weder das eine oder noch das andere. Er ist ein Grund auf friedlicher und liebevoller Mensch und alles, was ich ihm vorzuwerfen habe, ist seine krankheitsbedingte Antriebslosigkeit.
Und jetzt eben die bittere Feststellung - Ich schaffe es nicht, mich ausreichend abzugrenzen, sondern habe begonnen die Depression quasi zu spiegeln ... Meinen eigenen Schwung komplett verloren. Verliere mich zunehmend in Ängsten und Schuld. Und auch dafür mache ich mir selber Vorwürfe. Es ist schräg. Es ist wie aus einem Lehrbuch für Depressionen.
Habe mich damit ja im Hinblick auf seine Depression sehr auseinander gesetzt. Hätte nur nicht gedacht, dass ich mich infiziere. Habe mich für stärker gehalten. Zumal wir getrennt leben und ich ihn ja auch nicht tagtäglich sehe. Vielleicht irre ich mich ja auch und es ist keine Infektion, sondern was, was in mir liegt. Aber ohne Trennung werde ich das nicht rausfinden.
Was nur sage ich ihm, warum ich mich trennen will ? Wie sage ich es ihm ? Ganz bestimmt verdient er was Besseres als dass ich mich wortlos auf dem Absatz umdrehe und was unsinniges von Gefühle sind weg sage. Ganz bestimmt verdient er Ehrlichkeit. Aber es darf auch nix drin sein, was seine ohnehin heftigen Gefühle von persönlicher Unzulänglichkeit unnötig noch weiter pusht.
Ihm zu sagen, dass seine Depression mich ansteckt, heisst ja gefühlt doch, ihm den Schuh für meine aufkommende, eigene Depression zuzuschieben .... Ach Mann. Sehe ich das falsch ?
Wenn ich an seine Tränen bei einem Trennungsgespräch denke - und die werden kommen - muss ich jetzt schon weinen. Wie stehe ich sowas nur durch ? Wie kann ich mich dafür aufbauen ?
Sorry - ist furchtbar lang geworden. Wäre lieb, wenn mir trotzdem jemand antwortet.