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Wie begegnet man dunklen Tagen?

E
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitbetroffene,



Der Worte sind genug gewechselt,
lasst uns endlich Taten sehen.
(J. W. v. Goehte)


Wenn wir eines Tages soweit sind, haben wir das geschafft, was zu schaffen uns aufgetragen wurde. Wir wurden unfreiwillig in einen neuen Lebensabschnitt geführt und sehen teilweise den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Soviele Beiträge erfüllt von Tränen und Schmerz, sowenig Mut und Hoffnung!

Wie hoch auch immer der Wellengang ist, es gibt immer noch einen großen Vorrat von Wellen, die wir noch nicht durchquert haben.
Welche See wir auch immer befahren, es gibt noch soviele Ozeane die wir nicht kennen.
Welche Gefühle wir auch immer haben, es gibt immer noch welche, die wir nicht empfunden haben.

Es gibt immer wieder Tage, wo es einfach nicht hell werden will. Die Wolken ziehen vor die Sonne und wollen einfach nicht weichen. Der Wind, der sie vertreiben könnte, ist eingeschlafen. Und nun fängt es auch noch an zu regnen. Blitze zucken und der Donner ist ohrenbetäubend. Es ist nichts mehr anderes zu hören.
Warum ist es manchmal einfach nicht möglich, die Ohren nicht nur für den Donner zu öffnen? Warum finden wir manchmal nicht das Dach, das den Regen abhält? Warum gelingt es uns mitunter nicht, den Zauber des Windes zu sprechen, der die Wolken in Bewegung setzt?

Fehlt es nur an der Fähigkeit zu hören, zu sehen oder zu wissen? Oder fehlt es an Kraft, Mut und Ausdauer?

Was ist es, daß uns mitunter die Fähigkeiten vergessen lässt, die da in uns ruhen?

Es mag Euch etwas merkwürdig erscheinen, daß ich dies so schreibe, aber mich hat etwas nachdenklich gemacht. Gestern war ein Tag, der normal begann und auch so verlief, zumindest in der Normalität, wie sie sich neu einzustellen beginnt. Dann ging die Kurve nach unten. Wenn es nur bei mir so gewesen wäre, hätte ich gesagt: Gut, Du hängst mal wieder durch und lässt dich gehen. Du bist dumm genug das zuzulassen.

Tage dieser Art sind nicht so häufig, wie ich mir noch vor Wochen für mich erahnte. Die Ahnung trog und dafür bin ich dankbar, denn im Großen und Ganzen bin ich eigentlich viel weiter, als je vermutet.

Doch ich habe eine weitere Feststellung gemacht. Ich konnte noch mit einigen Leuten sprechen oder schreiben. Ich war an diesem Sonntag kein Einzelfall!

Das bringt mich zu den obigen Überlegungen.

Für mich hasse ich diesen Zustand. Wäre es ordentliche Trauer, so könnte ich das akzeptieren und würde sagen, gut, das gehört dazu.
Wäre es ein Schmerz, den man bestimmen kann, würde ich noch sagen, okay, auch das gehört dazu, das vergeht.
Noch eine ganze Reihe von Gefühlen ist akzeptabel und annehmbar.

Aber was ich bei mir nicht hinnehmen will, ist dieser sinnlose Schmerz. Dieser Schmerz nach dem Motto, das mir gestern noch eine liebe Person geschrieben hat: Mich hat ja keiner lieb.

Sich dem hinzugeben ist Humbug!! Mich haben Leute lieb, daß weiß ich!!!
Ich bin dann auch richtig sauer auf mich selbst, das ich da nicht selber wieder rauskomme.

Meistens gelingt es mir, solchen Gefühlen etwas entgegen zu stellen, was schön und rein ist, so klar wie ein Bergsee oder ein Kristal. Vor reinen und edlen Dingen fliehen böse Gedanken und Gefühle in der Regel. Doch manchmal ist mein Sinn einfach zu vernebelt. Meine Mitte hat sich weiter von mir entfernt, als sie es eh schon tat, und ich finde den Focus nicht.

Jetzt kommt die Preisfrage: Wie geht man gegen soetwas an? Was für Mittel nutzt ihr, wenn dunkle Stunden kommen, die hartnäckig genug sind?

Helft dem Nordlicht mal bei seinen Gedankengängen und gebt mal ein paar Vorschläge und ihr helft damit auch noch anderen.

Seid mir lieb gegrüßt.

Nordlicht

14.10.2002 21:44 • #1


L
Hallo Nordlicht,

Ja, es ist richtig, dass wir geliebt werden. Ja es ist auch richtig, dass wir solche Gefühle wie Trauer, Hass, Leid, Tränen, Tiefe, Verlorenheit, Ausweglosigkeit etc. verspüren.

Es ist allerdings KEIN SINNLOSER Schmerz.

Der Schmerz hat einen Sinn, der Schmerz hat seinen Grund. Wir wurden dazu geboren um zu lieben, wir wurden dazu geboren um zu fühlen, wir wurden dazu geboren um zu LEBEN.

Der Schmerz, den Du fühlst, ist für Dich, wie für viele andere auch, unerträglich. Er droht in Dir alles aufzufressen. Er droht Dir Dein Leben zu nehmen. Er droht Dir all Deine Freude am Leben zu rauben. Er droht Dir der Sinn für Dein Dasein zu zerstören.

Ja sicherlich wäre ein Leben ohne Leid, ohne Schmerzen, ohne Kummer schön! Sicherlich wäre viel Frieden auf dieser Welt und Menschen würden sich nur lieben. JA, es wäre schön.

Aber das Leben ist nicht so. Selbst Du hast, wie mir eine Leserin dieses Forums geschrieben hat (danke wilde_flocke ), unter Millionen von Spermien durchgesetzt und durchgekämpft um den Weg zu Deinem Leben zu bezwingen.

Selbst in unserer Natur ist nicht immer Sonnenschein, selbst da gibt es nicht immer warme Tage. Was ich Dir damit sagen will, ist ganz einfach.

Jeder von uns hat ein Leben. Jeder von uns lebt auf seine Art und Weise. Jeder von uns hat auch schon mal Schmerz gefühlt. Wir mussten schon in Kinderjahren Schmerzen ertragen, um vieles zu lernen (z.B. Fahrradfahren). Der Schmerz, jemanden zu verlieren, den man liebt ist sicherlich der schmerzvollste den einen im Leben begegnen wird. Aber sollten wir dann unsterblich sein?

Jeder von uns wird mal jemanden verlieren, den wir lieben. Jeder von uns wird das Gefühl sicherlich mehrmals im Leben erleben. Sei es ein Familienmitglied oder eine Person die man liebt. Sei es durch den Tod oder durch eine Trennung.

Wenn wir nicht auf diesen Schmerz vorbereitet sind, wie gehen wir dann damit um? Bleiben wir liegen? Sterben wir mit? Weil wir es einfach nicht verkraften, dass wir uns von jemandem trennen müssen, den wir lieben?

Wir leben von Erfahrungen, Erfahrungen, welche wir weitergeben. Erfahrungen die wir auch in diesem Forum austauschen. Jedes Leben ist einzigartig, jede Beziehung ist einzigartig, jeder Mensch ist einzigartig.

Was willst Du Deinen Kindern erzählen? Willst Du Ihnen erzählen, dass all die Schmerzen, die sie fühlen sinnlos sind? Willst Du Ihnen sagen, dass alles schon vorbeigeht ohne Ihnen zu erklären und Ihnen zu zeigen, wo der MÖGLICHE Weg ist, den sie beschreiten müssen?

Um das Leben zu leben und um das Leben irgendwo auch zu geniessen (ich weiss es klingt verrückt und mögen alle auf mich sauer sein, dass ich das geschrieben habe), müssen wir diesen Schmerz leben.

Es heisst doch immer so schön: Durch Dick und Dünn gehen oder geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.

Aber wie willst Du lieben, wenn Du nicht leiden kannst. Wie willst Du jemanden wahrhaftig und richtig lieben, wenn Du das Leid nicht mit ihm teilen kannst?

Den Weg den Du und auch viele dieses Forum gehen, müsst Ihr alleine gehen. Wir können Dich begleiten, Dich mit Worten, Gefühlen und Ratschlägen zur Seite stehen. Wir können Dir Mut zusprechen und für Dich da sein. Mit Dir weinen und mit Dir lachen.

Aber den Weg geht jeder Mensch alleine und jeder Weg ist einzigartig. Manche Wege würden ähnlich sein, doch jeder ist in sich einzigartig.

Ja es ist schmerzhaft! Aber es formt Dich zu dem was Du bist: EIN MENSCH! Ein Mensch der lieben und fühlen kann. Ein Mensch der einzigartig ist. Ein Mensch der Freud und Leid kennt. Ein Mensch der wunderbar ist!

Hinter diesem Weg erwartet Dich ein neues Leben. DEIN LEBEN. Ein Leben was DU gestalten kannst. Ein Leben was Dir viele Erfahrungen bringt, sowohl gute als auch schlechte.

Du wirst intensiver lieben können, weil Du dann weisst, was es heisst ZU LEIDEN und zu lieben.

Hinter der Dunkelheit wartet das Licht. Hinter dem Regen kommt der Sonnenschein.

Erinnere Dich an die schönen Zeiten mit der Person die Du geliebt hast, damit Du es nie vergessen wirst. Vergiss aber auch nie die schlechten Zeiten, damit Du weisst, wie Du damit umzugehen hast.

Steige wie ein Phönix aus der Asche.

Die schlechten Zeiten werden Narben in Deinem Leben hinterlassen, aber vergiss niemals, dass diese Narben Dich auch daran erinnern, wie SCHÖN es einmal war.

Vergiss nie, dass Du ohne Verlust eines liebenden Menschen vielleicht nie einen anderen Lieben Menschen kennengelernt hast.

Vergiss nie, dass ohne diese Trennung, Du niemals diese netten Menschen, diese Engel in diesem Forum kennengelernt hättest.

Vergiss nie, dass Du ein wunderbarer und einzigartiger Mensch ist, der lieben und auch leiden kann.

Vielleicht werden einige Menschen von meinem Beitrag geschockt sein, aber ich weiss nicht wie ich es sonst in Worte beschreiben soll.

Heute bin ich froh drüber, vieles in meinem Leben durchgemacht zu haben, weil ich sonst nie Freunde kennengelernt habe, welche ich wirklich als Freunde bezeichnen kann.

Ich hätte Euch Engel in diesem Forum nie kennengelernt und wäre auch heute nie in der Lage gewesen mein Leid und meine Freude zu teilen.

Der Schmerz wird niemals sinnlos sein, überlegt doch mal, ist das nicht richtig, was ich da schreibe?

Liebes Grüßchen
lotusbluemchen

14.10.2002 22:55 • #2


A


Wie begegnet man dunklen Tagen?

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E
Liebes Lotusbluemchen

du hast vollkommen Recht. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nur durch diesen Schmerz der Trennung viele schöne Dinge getan habe, die ich sonst nicht getan hätte.
Ich habe (nach 23 Jahren zusammenleben mit meinem Mann) gelernt alleine zu leben und mittlerweile genieße ich es. Auch wenn ich irgendwann gerne wieder einen Partner hätte. Das Leben ist dann einfach viel schöner.
Das ich Freunde dort gefunden habe, wo ich es wohl nie vermutet hätte. Ich habe engeren Kontakt zu meinen Arbeitskolleginnen als zuvor, was ich mir früher nie hätte vorstellen können.
Ich hätte nie, wie zu Anfang der Trennung vor neun Monaten,
versucht Mailfreundschaften aufzubauen. Hatte mich vorher gar nicht interessiert. Von drei Mailfreundschaften blieb eine übrig.

Ich wäre auch nie auf dieses Forum gestoßen, wo ich so viele nette Menschen kennengelernt habe. Menschen, die trotz ihres eigenen Leids, anderen helfen und ihnen in ihrem Kummer und Schmerz beistehen.
Auch aus diesem Forum hab ich mit einer Leidensgenossin (sie hat schon länger hier nicht mehr geschrieben) eine Mailfreundschaft begonnen.

Und ich habe hier einen wundervollen, ganz besonderen Mann kennengelernt, der mich aus meinen Tiefs herausgeholt hat, der mich wieder lebendig werden lies, der mir gezeigt hat, dass ich wieder fühlen kann und nicht nur dahinvegetiere, der mir Kraft und Stärke gegeben hat. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Und obwohl ich mich in ihn verliebte und leider nichts aus uns wird, bin ich glücklich ihn zum Freund zu haben. Und ich hoffe, das auch ich ihm eine gute Freundin sein kann und sein werde.

All diese wunderbaren Dinge wären nie passiert, wenn ich dieses Leid, diesen Kummer nicht erlebt hätte. Sicher, jetzt könnte man einwenden, ich hätte viel lieber auf diese Dinge verzichtet, wenn ich diesen tiefen Schmerz nicht erleben müßte. Aber, das Leben ist nun mal so. Es besteht aus Kummer, Schmerz und Leid, so dass wir daraus lernen und wissen, was Glück ist. Wir können uns verzweifelt zur Wehr setzen und unseren Schmerz dadurch nur verstärken, oder wir können diesen Verlust akzeptieren und den Schmerz dadurch verringern. Wobei ich nicht meine, dass dieses sofort geschehen kann und muß. Alles braucht seine Zeit. Auch das Akzeptieren eines Verlustes, egal ob durch Trennung oder Tod.

Auf jeden Fall weiß ich jetzt, das mein Leben weitergeht und nicht zu Ende ist. Und das ist auch Euer aller verdienst hier im Forum. Auch wenn ich nicht immer schreibe, aber ich lese viel und habe oft hier Kraft getankt. Und deshalb danke ich euch allen.
Möglich, das ich noch einige Rückfälle haben werde, denn schließlich gibt es noch einige Jahres-und Familientage, die es zu überwinden gilt, aber ich bin zuversichtlich, daß ich auch das noch schaffen werde. Und wenn nicht, ich weiß ja, ich bin ja hier gut aufgehoben.

Und Nordlicht,

ich habe wieder Mut und Hoffnung. Ich bin wieder der Käpitän meines Schiffes und ich werde es durch die unbekannten Gewässer führen, egal wie hoch die Wellen auch sind. Und auch wenn ich mal wieder Schiffbruch erleide, untergehen werde ich nicht. Vielleicht muß ich dann wieder eine Zeitlang schwimmen, aber irgendwann kommt wieder Land in Sicht.

Oder um es mit den Worten der Wolfsfrau in mir zu sagen, hinter jedem Baum im Wald kann eine Gefahr lauern, oder aber vielleicht auch eine Fee oder ein Zauberer. Also, seid wachsam, aber nicht mißtrauisch.

Alles liebe eure
Wolfsfrau




15.10.2002 03:26 • #3


E
Liebe Lotusblume, Liebe Wolfsfrau,

vielen Dank für Eure Zeilen. In ihnen ist viel Wahrheit.

Wogegen in meinen Worten wohl nicht die notwendige Klarheit lag.

Im allgeimeinen und den meisten Tagen bin ich mir meiner Stärken wohl bewußt. Und auch das dieses Forum hier ein Ort ist, an dem ich schon viele zauberhafte Wesen kennengelernt habe, kann ich nur ganz dick unterstreichen.

Ebenso ist mir klar, daß ich bestimmte Schmerzen der Trennung ertragen muß, um als der Mensch da herauszugehen, der ich mir zu werden vorgenommen habe. Das bin ich, wenn auch nicht gern, bereit zu tragen.

Aber mir ging es um diese eine Art von Schmerz, die weniger mit der Trennung zusammenhängt. Oder vielleicht doch von der Trennung herrührt, dem man sich aber ganz ergeben muß, ob man nun will oder nicht.
Dieses Gefühl, daß da so garnichts mit richtiger Einsamkeit oder Trauer über den erlittenen Verlust zu tun hat und das einen so runterzieht.
Ja, die echten Schmerzen und tiefen Empfindungen der Trennung ertrage ich, weil ich weiß es gehört dazu! Sie müssen sein, um wie ihr auch sagt, zu wissen, was das wahre Glück bedeutet.
Nur dieser Pseudoschmerz, der ist es, der nicht sein muß, den ich bekämpfen will, weil er mir dann mindestens wieder einen Tag raubt, an dem ich leben könnte!

Diesen Pseudoschmerz will ich einfach nicht akzeptieren und suche nach Wegen, ihm zu entkommen. Meiner Meinung nach kann die Hingabe an diesen Schmerz nämlich dahin führen, daß man sich einen schönen See von Selbstmitleid anlegt, der sich immer mehr füllt und in dem es sich so herrlich baden lässt - wenn man dafür eine Ader hat.

Fazit: Echter Schmerz und echtes Gefühl ist in Ordnung, um nicht gut zu sagen. Sich gehen lassen ist eigentlich am besten mit einem deutschen Wort zu beschreiben, welches zu benutzen ich zu viel Anstand habe... )

Vielleicht konnte ich noch etwas klarer machen, worauf ich hinaus wollte.

Ich danke Euch beiden nochmals und wünsche Euch noch einen recht erfüllten Tag.

Nordlicht

15.10.2002 04:56 • #4


E
Liebes Nordlicht...lieber werdender merlin ;o))

nur ein ganz kurzes wort...

Ein lichtlein laesst immer licht ins dunkle lass es zu ...viel mut und kraft dafuer ...

15.10.2002 09:14 • #5


B
Hallo Ihr Lieben,

ich erlebe den Trennungsschmerz gerade haut nah bei mir selber. Es ist schwer den eigenen und richtigen Weg zu finden. Es ist ein Kampf mit einen selber. Den härstesten Gegener den man haben kann. Sie kämpfen gegen Groll, Vorwürfe, Gleichgültigkeit, Schuldgefühle, Unsicherheit, Hoffnungslosigkeit, Eifersucht und Neid. Immer wenn ich denke ich erreiche das Schiff ist es im nächsten Moment wieder weg. Aber ich weiß irgendwann werde ich das Schiff erreichen und neue Welten erkunden.

BAD-CAT

15.10.2002 13:10 • #6


E
Hi Nordlicht.

Ich bin auf dieses Forum nur durch Zufall gestossen, da ich eigentlich etwas zum Thema Eifersucht gesucht habe. Aber davon vielleicht später...

Das Thema Wie begenet man dunklen Tagen hat mich interessiert, weil ich auch immer wieder in ein tiefes Loch falle, aus dem (so zeigt die Erfahrung) ich mich nur selbst wieder herausholen kann. Ich glaube, ich weiss, was Du mit PseudoSchmerz meinst. Dieses Gefühl völlig hilflos zu sein, keinen Antrieb zu haben, allein auf der Welt zu sein, der ungeliebteste Mensch auf Erden zu sein. Ohne Hoffnung auf Rettung, ohne Möglichkeit sich selbst zu helfen.

Ich denke, dass die eigentliche Ursache all dieser depressiven Stimmungen und Gefühle zum größten Teil in mangeldem Selbewusstsein begründet ist!

Das ist ziemlich hart, da man sich das erst einmal eingstehen und akzeptieren muss. Dabei reicht es nicht zu sagen: OK, ich habe zu wenig Selbstbewusstsein!. Man muss diese Eigenschaft wirklich als einen Teil seiner Persönlichkeit annehmen. Das heisst nicht, dass man das gut finden muss. Ganz im Gegenteil. Das Ziel ist ja durch Steigerung des Selbstbewusstseins die schlechten Gefühle zu überwinden.

Ich denke, dass Schmerz und Leiden (wie im Forum schon diskutiert) sicher zum Leben dazugehören. ABER: Wenn das Leiden kein Ende nehmen will oder man ein schlechtes Gefühl nicht wieder los wird, dann ist irgendetwas nicht richtig. Auch Menschen mit grossem Selbstbewusstsein leiden unter Entäuschungen, nur sie lassen sich nicht davon unterkriegen und nach einer Weile ist das Leiden zu Ende.

Es wurde hier schon viel geschrieben über schlechte Gefühle, die man loswerden möchte. Viele beschreiben ihren Schmerz und hoffen auf Verständnis. Es ist auch wirklich ein schönes Gefühl Leidensgenoss(inn)en zu finden und sich auszutauschen. Einige hier ergeben sich (wie Du auch schon von Dir geschrieben hast) in ihr Selbstmitleid und wollen im Forum noch einmal auf den Arm genommen werden. Das hat alles seine Berechtigung. Alleine dadurch, dass man sich jemandem mitteilen kann (wahre Fruende sind rah). Aber man darf nicht verkennen: Lösen kann jeder sein Problem nur selbst.

Was ich ein wenig vermisse in diesem Forum (vielleicht habe ich auch noch nicht genug hier gelesen) sind Vorschläge wie man mit seinen Gefühlen umgehen soll. Erfahrungsberichte, was einem konkret wieder Hoffnung und Mut gibt.

Ich möchte ein kleinen Beitrag leisten, der vielleicht Dir oder jemand anderem ein wenig hilft .

Es fängt damit an, dass man sich entscheiden muss. Man kann weder neu anfangen noch weitermachen wie vorher, wenn man sich nicht dafür entscheidet.

Weiter bin ich der Meinung (wie oben schon erläutert), dass das Grundübel von dauerhaft schlechten Gefühlen mangeldes Selbstbewusstsein ist. Um dieser Sache zu begegnen fängt man am besten mit einer Bestandsaufnahme an. Ich habe mir alle Eigenschaften die ich an mir mag und alle die ich nicht mag aufgeschrieben. Am Anfang haben die schlechten Eigenschaften deutlich überwogen. Bei einigen es mir sogar schwer gefallen sie aufzuschreiben (Herzklopfen).

Ich habe immer wieder versucht meine Entscheidungen, wenn ich sie einmal getroffen habe und es keine neuen Erkenntnisse gab, nicht wieder anzuzweifeln. Kommen solche Gedanken, habe ich mich um Ablenkung bemüht. Und sei es, dass ich in Gedanken Maiskörner an einem Kolben zähle.

Das nächste ist sich selbst positiv gegenüberzustehen und nicht jede Handlung und jedes Gespräch kritisch zu hinterfragen. Wenn mir irgendetwas gelingt oder ich lob oder auch nur ein Lächeln bekomme, dann versuche ich das bewusst mir und meiner Persönlichkeit als Erfolg zuzuschreiben.

Noch eine Sache die Wichtig ist: Man muss sich darüber im Klaren werden welche Ziele man hat. Das viel schwerer getan als gesagt. Allein die Definition was ein Ziel ist ist nicht einfach und hängt von jedem selbst ab. Ein Ziel kann sein sich ein Marmeladenbrot zu schmieren oder auch Chef von Microsoft zu werden.

Um gleich die unerträgliche Situation des Getrenntseins etwas positives abzugewinnen kann man sich die Frage stellen: Was alles ohne einen festen Partner möglich ist. Welche Dinge ich tun kann ohne auf einen Partner Rücksicht nehemen oder auch nur fragen zu müssen.

Am Anfang ist das alles schwer. Und mir fallen alle diese Dinge immer noch nicht leicht. Aber ich merke, dass es besser wird. Die Zeiträume in denen ich ein richtig gutes Gefühl habe werden immer länger. So schlecht kann mein Weg dann nicht sein.

Ich hoffe Du (oder irgendjemand anderes) kannst ein wenig mit meinem Beitrag anfangen. Würde mich über Anmerkungen oder Kritik freuen.

Ganz liebe Grüsse W

17.10.2002 13:20 • x 1 #7


E
liebes nordlicht, lieber w,

das gefühl keiner hat mich lieb, dieser nervende aufreibende pseudo-schmerz, ist uns wohl allen gemein ...

ich war montag abend beim blutspenden (bin ich sonst immer mit meinem mann gemeinsam hingegangen). habe mich zusammengerissen, lag irgendwann auf der bahre und wurde erwartungsgemäß angepickst. leider traf die ärztin eine kleine vernarbung der vene, so dass das anzapfen ziemlich schmerzhaft war, mir liefen tatsächlich die tränen .... die ärztin fragte mich dann, ob es besser sei .. stattdessen konnte ich gar nicht mehr aufhören zu weinen (ich habe nicht laut geschluchzt, das hatte ich noch im griff!) ... derart gerührt war ich, dass sie sich so lieb um mich kümmerte ..... ich war klein mit hut, hätte trost für den kleinen picksschmerz gebraucht (!); hätte mich am liebsten mit laufender rotznase an einem herben männercordjacketärmel getröstet .... was fand ich mich dämlich - später im auto ... aber meine tränen liefen immer noch.

dabei:
- lebe ich in meiner heimatstadt und bin daher nicht einsam
- habe ich gut gepflegte freundschaften, die mir auch im trennungsschmerz zur seite stehen
- habe ich ein gutes selbstwertgefühl
- bin ich unternehmungslustig (sport, sauna, kino, lesen, klönabende mit freunden, pistenabende mit freundin .... die übliche palette!)

und trotzdem kommt dieses überflüssige gefühl immer wieder .....

entgegen deiner (w) annahme hat das bei mir nichts mit dem selbstwertgefühl zu tun. glaube ich zumindest. ich mag mich nämlich ganz gerne, auf kritikfähige art und weise. ich scheine eher daran zu knabbern, dass jemand anderes mich nicht mehr soo mag, dass er nicht tag und nacht mit mir zusammen sein möchte. auch die aussage was kann man alles ohne partner machen trifft auch mich leider nicht zu: ich habe den partner stets als bereicherung, nie als einschränkung aufgefasst. klar, kompromisse gehören dazu (mein ex interessierte sich für blues, das universum, extrem-individualsportarten ... dann hab' ich mir halt auch stevie ray vaugh reingezogen und mir mal eine supernova erklären lassen; sollte mein nächster kaulquappen züchten, werde ich ihm gerne einmachgläschen mit etiketten für seine aufzucht beschriften!).

worüber ich allerdings nachdenke, ist die sache mit der entscheidung: wann merkt man, dass man die richtungsweisende hauptentscheidung getroffen hat? man trifft in der post-trennungsphase laufend entscheidungen mit dem ziel, es möge einem wieder besser gehen und um sich vor dauerverletzungen schützen. ich habe also das gefühl, laufend wesentliche entscheidungen zu treffen, aber sie nach einer zeit wieder über den haufen zu werfen. weil es mir mein blutendes herz so vorgibt.

ratschläge gegen das jammernde elend habe ich leider nicht ... halte es zur zeit mit scarlett o'hara: morgen ist auch noch ein tag.

liebe grüße an alle,
c-c-l

17.10.2002 17:00 • #8


E
Liebes Nordlicht,

schon lange kam kein Beitrag mehr von mir, weil ich nur noch gelesen habe, heute laß ich deinen Beitrag und ich denke mir, ich sollte dir ein paar Zeilen dazu schreiben.

Erst einmal muss ich C-C-L recht geben, dass dieser Schmerz und die Trauer nichts mit mangelndem Selbstwertgefühl zu tun haben. Es gibt eben Ereigniss im Leben auf die kann man nicht wirklich vorbereitet sein, eben auch nicht auf eine Trennung mit all dem Schmerz, Trauer und dem Leid. Natürlich kann man das im Kopf Mio. Male theoretisch durchgehen.....in der Realität sieht es immer anders aus und fühlt sich auch anders an, als man es vermutet hätte.

Denke du solltest dich nicht gegen diesen undefinierbaren Schmerz wehren, es bringt nichts, denn gegen alles was du dich gedanklich zur wehr setzt nimmt noch mehr Platz in deinem Kopf ein.....also versuche das alles nicht zu arg zu hinterfragen, lass es einfach zu, auch wenn es dir noch so viel Energie raubt, es gehört dazu.

Dann die Sache mit dem Focus, du denkst du bist nicht mehr focusiert auf dich, denke gerade jetzt bist du mehr focusiert auf dich als du glaubst, denn das verlangt das Leid der Trennung, weil ein riesengrosser Umbruch in deinem Leben stattfindet. Du musst deine Wunden pflegen, damit sie heilen können, dazu gehört, dass du dich mit dir beschäftigst, dich mit all den Dingen auseinandersetzt, die passiert sind. Bei mir ist es so, dass zu diesem Schmerz der Trennung auch alte Wunden wieder aufgerissen werden und plötzlich kommen Dinge wieder hoch, die ich schon längst vergessen glaubte. Aber das ist wichtig!

Also liebes Nordlicht, denke nicht soviel darüber nach welcher Schmerz und welche Trauer richtig sind, es ist alles richtig und wichtig, was mit dir passiert, verschwende keine Energie an dieses Hinterfragen....lasse es einfach zu. Denke so eine Trennung/Abschied von einem Menschen, den man noch liebt und der diese Tatsache so für sich nicht mehr sieht ist eines der grössten Krisen, die ein Mensch durchleben kann und muss.

Aufbauparolen kann ich dir leider keine geben, da ich selbst noch schwer zu tun habe mit all dem Leid und auch mich macht es oft kraftlos.

Sei umarmt
Sabs

17.10.2002 19:58 • #9


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