Hallo,
ich bin sehr froh, dieses Forum gefunden zu haben und hoffe, ich kann euch meine Geschichte hier lassen. Gleichzeitig hoffe ich auch, dass ihr mir eure Gedanken, Kritik, Tipps und Ratschläge gebt. Dann mal los, es wird bestimmt länger.
Ich hatte für meine Verhältnisse eine relativ lange Zeit als Single gelebt und mir mit Mitte 20 mein Wunsch-Leben aufgebaut. Mir war es immer wichtig, selbständig und unabhängig zu leben, vor allem finanziell. Somit hatte ich einen gut bezahlten Job auf den ich sehr stolz war inkl. Firmenwagen, eine kleine, aber feine Wohnung, großen Freundeskreis und sonst passte es in meinem Leben auch alles. Ein Mann fehlte, aber dieses mal sollte es auch zu 100 % der Richtige sein. Am besten der, den ich später heiraten würde. Noch eine Enttäuschung konnte ich nicht gebrauchen und deswegen lies ich mir lieber extra viel Zeit.
Und immer dann, wenn man nicht damit rechnet. Da stand er plötzlich und unverhofft. Es war für mich keine Liebe auf den 1. Blick, aber beim 1. Date hat er mich sowas von überzeugt und wir machten schnell Nägel mit Köpfen. Überhaupt ist er der Typ, der sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt. Noch dazu charmant, extrovertiert, sehr selbstbewusst und er wirkte auf mich extrem anziehend und bewundernswert. Wir kamen schnell zusammen und er holte mir jeden Tag aufs neue die Sterne vom Himmel. Hier ein extravagantes Abendessen, da ein romantischer Kurztrip nach Paris. Er las mir jeden Wunsch von den Augen ab und ich konnte ganz lange nicht fassen, dass ICH so einen Mann wirklich verdient habe. Es erschien mir wie ein Traum, aber warum sollte ich nach langer Pech-Strähne nicht auch mal Glück haben?
Ich habe eigentlich ein sehr gutes Bauchgefühl/ eine gute Intuition, nur leider höre ich viel zu selten darauf. Mir kam es irgendwann inszeniert vor. Die Worte zu gut und überlegt gewählt und ich hatte das Gefühl, er berechnet etwas; wenn auch nicht mit böser Absicht.
Nach sehr kurzer Beziehung, es waren vielleicht 3,4 Wochen, fragte er mich, ob ich bereit wäre, mit ihm eine Familie zu gründen. Vorab muss ich dazu sagen, dass er zu dem Zeitpunkt Mitte 30 war, eine gut laufende Firma mit entsprechendem Einkommen und ein großes Haus hatte. Zu seinem perfekten Glück fehlte nur noch eine Familie und er sah scheinbar in mir eine geeignete 'Kandidatin', um seinen Plan zu verwirklichen.
Ich musste nach dieser Frage erstmal heftig schlucken. Ich hatte zwar selber Kinderwunsch, aber eigentlich wollte ich vorab noch einige andere Wünsche in meinem Leben verwirklichen. Zum Beispiel einen Festvertrag bei meinem damaligen Arbeitgeber. Die Arbeit dort hat mir viel bedeutet und ich habe mich sehr wohl gefühlt, war allerdings leider nur befristet angestellt. Ich versuchte, ihm durch die Blume mitzuteilen, dass ich damit gerne noch warten möchte und hatte dabei tierisch Angst, dass er mich verlässt. Die Frage kam dennoch mehrmals wöchentlich auf. Es schien, als konnte er einfach nicht abwarten, seinen Plan zu verwirklichen. Das passt aber auch zu ihm: Er duldet keinen Stillstand.
Wie es das Schicksal wollte, wurde ich (zumindest von mir) ungeplant trotz Spirale schwanger. Nach 6 Wochen Beziehung! Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Ich wusste nicht, ob ich das Kind behalten möchte, ob ich eine gute Mutter sein könnte, stellte die Beziehung in Frage. Ich hatte einfach richtig große Panik vor dieser Herausforderung. Auf der anderen Seite hätte ich eine Abtreibung in meiner guten Ausgangsposition (Alter, Arbeit, ein euphorischer und engagierter Vater. ) niemals mit mir vereinbaren können und somit war klar, dass wir dieses Kind bekommen. Leider ging es mir während der Schwangerschaft nicht ganz so gut, ich fand ihn und viele seiner Eigenschaften plötzlich nervig und ich zweifelte oft an meiner Entscheidung. Es dauerte lange, bis ich wieder positive Gefühle entwickeln konnte.
Er wollte die Sache natürlich weiterhin 'perfekt' durchziehen und somit folgte ein romanischer Heiratsantrag nach 5 Monaten, ein aufwändiger Hausumbau, die standesamtliche Trauung, mein Umzug zu ihm (30 km aus meiner Heimat weg) und letztendlich natürlich die Geburt unseres Kindes.
Im Nachhinein mit Abstand betrachtet war er zu diesem Zeitpunkt in seinem Leben auf einen fast schon wahnhaften Höhenflug. Alles lief perfekt: Die Firma wuchs, das Konto auch, dann endlich seine eigene Familie in greifbarer Nähe und immer noch weitere, vielversprechende Projekte im Hinterkopf. Ich habe bis jetzt noch nie einen Menschen mit derart viel Tatendrang und Energie getroffen.
Bitte versteht mich nicht falsch. Mir ist bewusst, dass ich zu jedem Zeitpunkt zu allem hätte 'Nein' sagen können. Ich habe mich von seiner Energie mitreißen lassen und für mich war klar, dass ich in meinem Leben vermutlich keinen besseren Mann für mich finden werde. Hinzu kam, dass wir, für mein Empfinden, unglaublich gut harmonierten und bis dato nie Konflikte hatten.
Auch wenn es alles unglaublich schnell ging, habe ich -jetzt kommt es- die Entscheidungen mit meinem Verstand getroffen. Leider nicht mit meinem Herzen.
Mit der Geburt unseres Kindes änderte sich mein Leben um 180 Grad. Zum einen löste unser Sohn meinen 'Rang' in seinem Leben ab. Ich bekam nur noch einen Bruchteil der Aufmerksamkeit, wobei es vermutlich normal ist. Ich empfand es nur als sehr hart, da er mich ja zuvor noch auf Händen getragen hatte. Unser Sohn entpuppte sich schnell als sehr energisches und charakterstarkes Baby. Er galt als Schreibaby und brachte mich nicht nur einmal an den Rand der Verzweiflung. Ich konnte irgendwann nicht anders, als mich mit ihm zu Hause 'einzusperren'. da er überall nur geweint hat und es mich extrem stresste. Im Kinderwagen, Auto, wenn er irgendwo lag. Noch dazu Dauerstillen. Ich lebte monatelang wie in Trance. Heute weiß ich, dass ich eine Wochenbettdepression entwickelt habe. Durch das fehlende Sozialleben und Umfeld, was ich durch den Umzug dran gegeben habe, wurde es natürlich nicht besser. Meine 'Erlösung' war immer nur er, wenn er von der Arbeit kam. Erst dann konnte ich etwas essen, auf Toilette, den Haushalt machen. Ich zählte die Minuten bis 18 Uhr und wenn er später kam, bin ich zu Hause fast verzweifelt. Auch sein Feierabend stellte sich komplett aufs Kind ein. Auch er gab Alles! Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass es eine unglaubliche Belastung für unsere noch so junge Partnerschaft war.Aber wir hielten zusammen, machten uns gegenseitig Mut. Es war trotzdem schön zwischen uns.
Für mich war es nur eine krasse Ernüchterung, da ich mir das Leben mit Baby nie so schlimm vorgestellt habe und mir dazu an allem die Schuld gab. Schwiegermonster tat ihr Übriges.
Mein Leben bestand irgendwann nur noch daraus, in Ratgebern zu lesen, zu fragen, mich beraten zu lassen, was ich denn falsch machen, warum unser Sohn so ist, was wir ändern müssen. Irgendwann hatte ich Alles durch: Ärzte, Therapeuten, Erziehungsberater und war kein Stück schlauer als vorher. Es gab Phasen, da war es besser, dann wieder schlimmer. Irgendwann kamen wir klar, dann wieder nicht. ein Auf und Ab! Ich merkte allerdings, dass ich irgendwann mal Abstand und Ruhe brauchte. Somit begann ich, in seiner Firma zu arbeiten, Nur ein bisschen, damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt.
Ich wurde zufriedener, es kam mehr Ruhe rein, irgendwie fügte sich alles. Wir sprachen über ein weiteres Kind. Ich sagte ihm, dass ich durchaus nur mit einem Kind leben könnte. Er wiederum wollte ein weiteres Kind, besser jetzt als morgen. Ich dachte nach und wollte unsere Familie 'komplett' machen. Mir erschien auch ein kleiner Altersunterschied als sinnvoll und somit machte sich Kind Nr. 2 auf den Weg. Die Schwangerschaft verlief traumhaft und unser 2. Kind ist unglaublich unkompliziert. Endlich wusste ich, dass ich beim 1.Kind nichts falsch gemacht habe. Ich bekam wieder etwas Selbstvertrauen zurück.
Aber mit dem 2. Kind änderte sich wieder vieles zwischen uns. Er zog aus dem Ehebett aus, um nachts für unseren Sohn da sein zu können, da er immer noch mehrmals wach wurde und uns brauchte und gleichzeitig wurde er nicht zusätzlich durch unsere Tochter geweckt.
Es war die Idee meines Mannes, nach dem Motto: 'So bekommen wir alle am meisten Schlaf!' Auch wenn ich es schade fand, wusste ich, dass die Lösung vernünftig ist und nahm sein Angebot dankend an.
Mit dem getrennten Schlafzimmer nahmen wir uns das letzte bisschen Nähe und die Option, irgendwie innig miteinander zu werden. Nicht, dass wir je ein reges S. hatten. Es gab immer Gründe, warum es gerade nicht ging. Schwangerschaft, zu müde von der Arbeit, die Kinder störten. Zuletzt hatten wir 20 Monate keinen S.!
Und es fehlte mir so sehr. Ich hatte Träume mit anderen Männern, Gedankenspiele. Gespräche führten ins Leere. Er hatte viele Ausreden. Seine letzte Beziehung endete auch mit 2 Jahre keinen S.. Ich versuchte, die Bedingungen zu schaffen, dass er sich drauf einlassen konnte, aber es war vergebene Liebesmühe.
Unser ganzes Leben war so unglaublich eingeschlafen. Er kam schon gestresst und erschöpft von der Arbeit, abends um 18 Uhr. Zu Hause die müden und quengeligen Kinder, die unsere Aufmerksamkeit komplett für sich beanspruchten. Jeder ging seinen Weg mit 'seinem' Kind, schlief ein, bevor es überhaupt so etwas wie Paarzeit hätte geben können.
2019 spitzte sich alles zu. Seine Firma lief von Monat zu Monat schlechter. Er war unglaublich gestresst, verzweifelt. Bei mir das Ganze, nur anders: Mir fiel die Decke wieder auf den Kopf, ich hatte das Hausfrauen-Leben satt, sehnte mich nach meinem alten Beruf, mir fehlte Wertschätzung, die Kinder saugten mir so viel Energie und am Ende lag ich doch alleine im Bett und fragte mich, ob dass jetzt mein Leben ist? Ich resignierte innerlich und obwohl ich so viel Sehnsucht nach mehr Leben hatte, hatte ich keine Kraft mehr für mehr als das Nötigste zu Hause. So klagten wir uns jeden Abend unser Leid, es war irgendwann schon eine Art Wettbewerb, wem es schlechter ging. Mir ging es nach seiner Meinung nach so gut, weil ich keinen Stress zu Hause habe, ein lockeres Leben mit den Kindern. Könne im Garten liegen (nein, konnte ich nicht mit 2 kleinen Kindern), Freundinnen zum Frühstück treffen, hier shoppen, da mal ein bisschen Haushalt. Wie sich manche Menschen das Leben als Mutter und Hausfrau eben so vorstellen. Dass ich nichts davon tat und kreuz-unglücklich war, hat er nie verstanden.
Es kamen Vorwürfe, wie dass ich den Pool im Garten nicht nutzen würde, mit den Kindern zu wenig draußen wäre, sie wären un-ausgelastet. Warum ich nicht mit Person XYZ befreundet wäre, ich nicht auf seine Mutter hören würde, es zu Hause unordentlich wäre. Egal, dass nur am Rande.
Also eine Firma lief schlecht. Er wurde unruhiger, schlief kaum noch, arbeitete bis spät in die Nacht. Sozialleben wie Hobbies und Freunde treffen ließen nach. Er war aber nach wie vor für die Kinder da, nur für mich weiterhin nicht. Meine Hilfe schlug er stets aus mit der Begründung, ich könne ihm nicht helfen oder es müsse nur dies und jenes eintreffen, dann würde es wieder laufen. Jedes Mal das Gleiche. Ich hörte mir sein Leid an und versuchte ihn mit Worten aufzubauen, aber gebracht hat es nie etwas. Letztendlich hat es nur die Stimmung noch weiter in den Keller gezogen.
Irgendwann waren wir sooo weit voneinander entfernt, Mitte 2019, dass ich es nicht mehr ertragen konnte und ihm sagte, dass ich mit dem Gedanke spiele, mich zu trennen. Ich fragte ihn, ob er überhaupt ein Problem damit hätte, wenn ich etwas mit einem anderen Mann hätte. Seine Antwort: 'Ich glaube schon. ' Puh, ich vermute, damit habe ich etwas losgetreten. . Part 2 folgt.
20.02.2020 21:13 •
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