Vor 3 Monaten haben sich meine Freundin und ich nach 5 Jahren getrennt, sie ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Das war erstaunlicherweise in den ersten Wochen für mich absolut kein Schlag, sondern ich erging mich darin, jedem zu beteuern, wie gut es mir jetzt geht. Ich habe es sogar geglaubt, dass es mir so besser geht.
Irgendwann kam dann - ohne besonderen Anlass - ein Tag, an dem alles anders war. Seit diesem Tag quäle ich mich durch die Weltgeschichte und leide in einer Form, wie ich sie niemals für möglich gehalten hätte.
Grund der Trennung war der, daß sie Kinder wollte und ich eigentlich keine, dies aber nicht offen ausgesprochen habe. Durch die nicht offene Aussprache habe ich mich immer weiter gesperrt und von ihr entfernt, so daß sie sich schließlich einfach nur alleingelassen fühlte. Allein in einer Beziehung in der Form, als wenn gar keine Beziehung da wäre.
Realisiert habe ich das ganze erst am oben genannten Tag, bis dahin war alles in Butter - oder ich habe es mir eingeredet. Jetzt streiten sich in meinem Kopf zwei Gedanken, der Verstand sagt Es war richtig, sie gehen zu lassen. Du hättest ihr eine Lebensvorstellung (Kinder) nicht erfüllen können. Das Gefühl sagt Es war eine Fehlentscheidung. Diese Frau war und ist die bedeutenste Person in Deinem Leben.
Jetzt liege ich abends im Bett und höre bis spät in die Nacht zu, wie sich Verstand und Gefühl streiten. Die Diskussion ist eigentlich immer wieder dieselbe und ich habe das Gefühl, daß ich die Gedanken nicht mehr aus dem Kopf bekomme und selbiger bald platzt vor lauter Gedanken.
Ich habe dann versucht, eine s.uelle Beziehung zu einer anderen Frau aufzubauen (warum, weiss ich nicht). Das ist fürchterlich schiefgelaufen und hat mich eigentlich noch viel viel weiter runtergezogen. Meine Ex in einer anderen Frau zu sehen, das war hart. Das war insofern hart, als ich es bisher im Beruf - ich bin Firmeninhaber - eigentlich gewohnt war, rein strukturiert und nach dem Verstand zu denken. Diese Vorgehensweise löste alle Probleme bisher.
Nunmehr ist eine Situation, die sich nicht lösen lässt. Nicht nur das, sie wird vielschichtiger und nimmt in ihrer Brisanz nicht ab. Gespräche mit Freunden haben nichts gebracht, ich hatte das Gefühl, sie verstehen mich absolut nicht. Vielleicht haben sie es auch selber nicht erlebt. Mit dem Frust daraus umzugehen hieß für mich, Distanz zu meinen Freunden aufzubauen. Dies war der Anfang einer Spirale, die immer schneller lief und zum Schluss drehte ich mich mit rasanter Geschwindigkeit um mich selbst.
Wenn ich morgens in den Spiegel sehe habe ich das Gefühl, ich sehe einen Film, bei dem der Hauptdarsteller merkwürdigerweise genauso heißt wie ich.
Wenn ich daran denke, daß meine Ex einen anderen Mann hat, ist das körperlicher Schmerz für mich, der mir die Sinne raubt.
Ich habe allen Mut gefasst und mit ihr darüber geredet. Sie fühlt exakt genauso wie ich, es gibt keine Unterschiede im emotionalen Zustand. Trotzdem ist es ein Problem, obwohl die Lösung eigentlich klar liegt. Sie meint, es liegt an meinem mangelnden Vertrauen zu ihr, daß ich bestimmte Grenzen (z.B. Familienplanung) nicht überschreite. Was mich dabei besonders entsetzt hat, ist die sachliche Darstellung dieser Aussage von ihr. Keine Emotionen, eine Feststellung. Wer bin ich? Ich habe das Gefühl, 30 Jahre lang mit einer Person zusammengelebt zu haben, die ich nicht kenne - obwohl diese Person ich bin.
Ich habe niemanden, der Ansprechpartner für mich ist. Sie ist der einzige Mensch auf der Welt, den ich kenne, und der Ansprechpartner ist. Aber Problem und Ansprechpartner zusammen? Das kann nicht funktionieren. Oder doch?
Wie weit ist das Gehirn eines Menschen in der Lage, die Aktivität wir belügen uns selbst und gaukeln uns was vor durchzuhalten. Monate? Jahre? Ewig? Ich weiss es nicht.
Mittlerweile ist es so, daß ich nicht nur meine Entscheidungen in Frage stelle. Ich stelle meine Entscheidungsfähigkeit in Frage und damit mich als Mensch. Bitter. Unverständlich. Was soll ich jetzt machen? Depressiv werden. Selbstmitleid. Nein, auf keinen Fall. Ich möchte raus aus diesem Strudel - aber wie? Geht das überhaupt. Wozu ist dieser Strudel nutze? Aus Erfahrungen lernt man fürs Leben heißt es. Heißt das auch, daß dieser Lernprozeß in Grundsatzfragen zum Leben besteht? Warum habe ich diese Fragen nach 30 Jahren auf dem Erdball? Habe ich sie früher nicht gekannt, nicht gestellt, nicht beantwortet?
Vielleicht gibt es jemanden in der Nähe, der ähnlich fühlt oder mich versteht. Ich weiss jetzt, was Alleinsein bedeutet. Man kann sogar mit sich selber allein sein ...
23.01.2004 12:40 •
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