Hallo liebe Leute,
ich wollte alle ermutigen, die was mit jemandem haben/hatten, der in einer monogamen Beziehung lebt, mit der Wahrheit gegenüber der Freundin/dem Freund/der Ehefrau/dem Ehemann rauszurücken.
Ich hab das ein Jahr nach unserer Trennung gemacht, weil ich zwangsweise weiterhin mit beiden an einem Ort Zeit verbringen musste, und mich diese manchmal abrupt ausradierte Vergangenheit, diese Verlogenheit und dieser Zwang für mich in ihrer Gegenwart freundliche Distanz zu spielen, so aufgeregt hat. Ich hab für mich ausgepackt, aber auch für seine Freundin, und letztendlich glaube ich auch dass es ihm guttut (in meinem Sinne gut: das was ich für einen guten Gemütszustand halte, nicht er, weil ich glaube dass was richtig schief läuft bei ihm). Ich hab ihm zuvor gesagt was droht und ihn ermutigt selbst diesen Schritt zu gehen. Er hatte seine Interpretation seiner Verschwiegenheit: sie kommt damit nicht klar, es wäre nicht gut für sie und ich hatte meine: dass vor allem er nicht damit klar kam, mal ehrlich Bilanz zu ziehen in seiner Beziehng, dass er sich so an seine Unehrlichkeit gewöhnt hat, dass er sich gar nicht mehr vorstellen konnte, wie eine Beziehung auf einer ehrlichen Basis funktioniert, wenn auch mit Verwundungen. Ich gehe davon aus, dass er ihre Fragen nicht hören wollte, so wie er meine oft nicht hören wollte.
Ich denke, dass wichtigste an so einem Geständnis ist, den/die andere Person als Leidensgenossin zu verstehen, sehr ehrlich zu ihr zu sein und als Leitmotiv zu wählen: Ich gebe dieser Person die Chance sich für oder gegen eine ehrliche Beziehung zu entscheiden, mit der Menge an Infos die sie haben will. wobei ich das vielleicht nicht starr aus.erzieren würde, wenn ich merke die Fragen gehen in eine ganz merkwürdige Richtung (War bei mir nicht der Fall. Ich hab auf eine Email einen Einzeiler zurückbekommen, dass sie nicht weiter mit mir darüber reden will). Jedenfalls nicht mehr Infos als sie will, also die erste Kontaktaufnahme eher Basic halten, weil es ja auch darum geht, soweit das möglich ist, ihre Selbstbestimmung und ihre respektvolle Behandlung in dieser Geschichte wieder herzustellen. Dewegen denke ich es ist auch wichtig ihr die Sicherheiten geben, die sie in ihrer Beziehung tatsächlich hat und hatte, um so was wie neuen Vertrauensaufbau zu erleichtern, wenn sie das möchte.
Wenn ich jedenfalls Leuten von meinem Schritt erzähle, sind die völlig von den Socken, dass ich sowas gewagt habe. Teils negativ (Du fiese Petze, Du hättest sie da nicht mit reinziehen dürfen) teils positiv, in jedem Fall was wo man sich voll ins Feuer begibt, von allen Seiten. Alle Leute bringen da ihre eigenen Projektionen, ihre Ängste, ihre Wut, ihre Komplexe mit ein, jede_r hat was dazu zu sagen, was ich nicht einfach zu verarbeiten finde. Ich hab den Eindruck gewonnen, dass viele Leute davon ausgehen, dass wenn man sowas mal angefangen hat, man sich gleichzeitig ein Schweigen für immer mit einkauft, dass alles andere ein rachsüchtiger Verrat wäre oder eine unzulässige Einmischung in eine andere Beziehung.
Aber ich habe in diesem Forum noch kein einziges Mal gelesen: Ich hätte es lieber nicht gewusst und gehe davon aus dass Menschen wissen wollen, wenn sie hintergangen werden. Aber immerhin scheinen sich die Leute hier sehr viel intensiver mit den Folgen von mangelnder Ehrlichkeit, Vertrauensbrüchen, der Dynamik solcher Konstellationen auseinanderzusetzen, als das sonst der Fall ist. Mich würde sehr interessieren was ihr dazu denkt.
Zu den unerquicklichen Interpretationen meiner Person:
1. die Rachsucht: Ich hab über diesen Vorwurf natürlich viel nachgedacht: Ich denke dass Rachsucht emotionale Ursachen hat, die man auch in zielorientierte, gute Handlungen umsetzen kann. In jedem Fall ist es sinnvoll die emotionale Ursache dafür anzuerkennen: der Wunsch den Peiniger zu konfrontieren, an dieser Welt in anderer Form teilzuhaben als Mitwirkende in einer lebenslangen Lüge zu sein und von jemanden der sich auf egoistische Weise eine Machtposition gegenüber zwei Menschen verschafft hat, sie emotional ausgebeutet hat, Verantwortungsübernahme einzufordern.
2. der Verrat: In der Tat ist es so, dass man damit einen (verlogenen) Nähezustand aufgibt: die Illusion, dass sich ein gemeinsames Interesse in dieser Frage über Verhandlung herstellen lässt. Aber diese Einvernehmlichkeit gab es ja sowieso nie, sondern immer nur die Entscheidungen der geliebten Person einen gegen den eigenen Willen zu verstecken. Wenn man auspackt, wird plötzlich sehr klar: es gibt einen handfesten Gegensatz der subjektiv empfundenen Interessen von mir und diesem Menschen. Ich halte meine für legitimer und sinnvoller um auf dieser Welt verwirklicht zu werden und gehe über seinen Willen hinweg. Ich denke das widerspricht sich nicht damit jemanden zu lieben, sondern ist Zeichen einer notwendigen Unabhängigkeit und wenn die geliebte Person kein egozentrischer Mensch ist versteht sie das irgendwann. Das ist für Leute die noch drin stecken natürlich unvergleichlich viel schwieriger. Es ist in einer Liebe sicher ein ziemlich heftiges und tragisches Ereignis.
3. unzulässige Einmischung, die andere Person mit reinziehen: Ich vermute dass für alle Menschen die eine Affäre aus der wissenden Beziehungseindringlings-Perspektive haben glasklar ist, dass diese zwei Beziehungen miteinander interagieren, dass ein Ereignis in der einen Beziehung immer einen Rattenschwanz in der anderen nach sich zieht, weil die Person mittendrin sich in mehr oder weniger verdrängten Schuldgefühlen verheddert und impulsiv danach handelt, plötzliche Distanzen setzt, die sie nur schlecht oder nicht erklären kann, mal in die eine Richtung mal in die andere. Ich denke dass alle Beteiligten die Chance haben sollten, zu verstehen was da vor sich geht, und auch dass die zwei Außenpersonen die Chance haben sollten sich miteinander darüber auszutauschen und diese kaputte Nicht-Beziehung, die nur aus einer über jemand drittes vermittelten Konkurrenz besteht, zu einer existenten Beziehung zu machen, in der es auch Respekt und ein gegenseitiges Wohlwollen füreinander gibt.
Falls jemand sich meine eigene Geschichte, die ich hier mal gepostet habe aus aktuellem Anlass anschaut: Er hat mir am Anfang gesagt, dass es einen Deal gibt, dass sie einverstanden sei, wenn sie nichts davon erfährt und es nur Spaß sei. Erstens halte ich das in einem Fall, wo wir alle drei immer wieder einen Raum teilen, einen mir gegenüber sittenwidrigen Deal, den ich auch im Nachhinein aufkündigen kann und zweitens bin ich mir ziemlich sicher, dass er sich das hingebogen hat, dass der Deal nach einem Jahrzehnt nicht mehr galt und dass er auf gar keinem Fall auf unsere Situation anwendbar war. Er ist damit teilweise rausgerückt und es ist jetzt auch ein so riesengroßes Drama, dass ichs mir anders nicht erklären kann. Leider werde ich womöglich nie mit Sicherheit wissen, ob mein Schritt in ihrem Interesse war, weil sie ja nicht mit mir darüber reden will. Generell denke ich man kann unter den meisten Umständen auspacken, und macht damit nichts kaputt, was nicht schon kaputt war. Egal ob es noch läuft, ob man noch Hoffnungen in die Affäre hat, ob man verlassen wurde, ob man selbst verlassen hat und wie lange das her ist. Ich hab das Gefühl, wenn ich das früher klar gehabt hätte, wäre das damals, als ich noch drin hing und das Gefühl hatte nicht mehr handlungsfähig zu sein, vielleicht ein Ausweg für mich gewesen.
07.11.2016 21:22 •
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