Ich weiß nicht, ob mir jemand einen Rat geben kann, denn selbst ausgebildete Psychologen sehen meine verzwickte Situation als recht kompliziert an.
Zur Vorgeschichte möchte ich kurz erwähnen, dass ich 39 Jahre alt und verheiratet bin. Ich habe keine Kinder und arbeite im öffentlichen Dienst.
Seit ca. 5 Jahren habe ich ein Verhältnis mit meinem Arbeitskollegen (46), der ebenfalls in einer festen Beziehung lebt.
Der Start unserer Beziehung beruhte meinerseits auf Missverständnissen, ich hatte den Eindruck, dass es rein s.ueller Natur sein sollte, da er jeglichen außerberuflichen Kontakt strikt ablehnte und sich zeitweise mir gegenüber emotional distanziert verhielt.
Während des ersten Jahres strebte ich mehr Nähe zu ihm an, da ich mir mehr unter dieser Beziehung erhoffte, was durch ihn permanent geblockt wurde. Darunter litt auch der S., der sehr selten und ausschließlich am Arbeitsplatz stattfand. Ich war mir seiner Gefühle und Zuneigung nicht sicher und ging eine lockere Affäre auf rein s.ueller Grundlage ein. Diese (Dritt-)Beziehung hielt ungefähr ein Jahr an.
Mein Kollege begann, als er zunächst nur meine Untreue ihm gegenüber vermutete, mir zu drohen, bluffte damit, mich bloßzustellen und die, bis dahin noch laufende, 3.Beziehung öffentlich zu machen und damit meinen Ruf und meine Ehe zu zerstören. Ich ließ mich einschüchtern, beantwortete seine Fragen ehrlich ohne auszuweichen und beendete die 3.Beziehung einige Zeit später. Es folgten aus Wut weitere Drohungen bis zu zwei Briefen mit doppeldeutigem Inhalt an meine Anschrift, adressiert an meinen Mann.
Mit der Gewissheit, dass mein Kollege durch mich betrogen wurde, entzog er mir jegliches Vertrauen im zwischenmenschlichen Bereich. Wir stritten oftmals, er demütigte mich verbal aus seiner Verletzung heraus. Ich schwieg viele Male stundenlang, weil ich nicht wusste, was ich auf seine berechtigten Angriffe entgegnen sollte.
Die Gefühle wechselten zwischen Hass und Liebe. Jedoch wollte keiner von uns diese Beziehung beenden, weil wir arbeitstechnisch ein perfektes Team darstellen und es auf diesem Gebiet absolut keine Probleme gibt.
Ich habe, nachdem ich die tiefe Zuneigung ihm gegenüber wieder zuließ, mich ernsthaft darum bemüht, sein Vertrauen wiederzuerlangen. Dies ist mir bis heute nicht gelungen. Für ihn bricht jedesmal eine Welt zusammen, wenn ich etwas mit meinem Mann unternehme oder die Familien besuche. Vorletztes Jahr eskalierte es zu meinem Geburtstag, als ich einfach nur zum Essen ausgegangen bin. Dann ein Konzertbesuch zum Geburtstag meines Mannes, der Auslöser für einen kurzfristigen Auszug meines Kollegen aus seiner Wohnung gewesen sein soll. Über dieses Geschehen habe ich keinerlei Detailwissen, da er mir bis heute Fragen dazu nicht beantwortete. Er kehrte 2 Wochen später, wenn ich seinen Aussagen Glauben schenken kann, zu seiner Freundin in deren Wohnung zurück. Nicht ohne den Vorwurf, dass er lange genug auf mich gewartet hätte, wobei er gerade zu diesem Zeitpunkt jeglichen persönlichen Kontakt außerhalb des Jobs auch bei zig Nachfragen meinerseits ablehnte und sich noch mehr von mir distanzierte.
Während der gesamten Zeit blieb mir nicht verborgen, dass er immer öfters kleine Verletzungen hatte. Zunächst schrieb er diese seinen Hobby-Basteleien zu, als ich jedoch an den Fingerknöcheln der Hände Schwielen und leichte Hautrisse (boxertypisch) bemerkte, wurde ich stutzig. Ich beobachtete es eine Weile, sprach ihn hierauf an. Er reagierte wütend. Kurze Zeit später erschien er mit einem gebrochenen Zeh am Arbeitsplatz, es war definitiv kein Unfall. Er schleppte sich mit dieser nicht unerheblichen Verletzung durch den Berufsalltag und fuhr mir sogar 2 Wochen später allein in das gewählte Urlaubsland hinterher, nur aus Sorge.
Es folgten weitere ernsthafte Selbstverletzungen, sogar in meinem Beisein. Er schlug mit der Faust gegen Beton, er rammte sich eine Nadel mehrfach durch die Kleidung in den Oberschenkel, er bohrte mit einem Kugelschreiber unter den Verband seiner Handgelenksschnittwunde. In jüngster Zeit vermehren sich Wahnvorstellungen, er redet sich Dinge ein, die nicht wahr sind, die jeglicher Realität entbehren und lebt ständig in der Angst, ich könnte ihn allein lassen, selbst Kurzbesuche bei meinen Familienmitgliedern sind ungern gesehen. Er leidet seit Jahren unter extremen Schlafstörungen und versuchte in letzter Zeit mehrfach, sich das Leben zu nehmen.
Ich sprach ihn auf Borderline, worüber ich unzählige Artikel gelesen habe, offen an und fragte ihn, ob er einer Therapie zustimmen würde. Wird er nicht, weder ambulant noch stationär. Er gibt mir die Schuld daran und will es ohne fremde Hilfe allein schaffen.
Für mich ist es unerträglich, ihn so leiden zu sehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in jeder Situation die Ansätze erkenne und rechtzeitig richtig handle. Bisher konnte ich ihn davon abhalten.
Ich habe mit ihm offen über meine Angst geredet, es im Ruhigen versucht. Seine Stimmungen schwanken extrem, er ist von einer Sekunde auf die andere ein vollkommen anderer Mensch, den ich nicht kenne, vor dem ich sogar Angst bekomme. Ich habe in solchen Extremsituationen sogar aus Panik gedroht, es seiner Freundin oder unseren Vorgesetzten zu sagen, wenn er nicht damit aufhört. Daraufhin findet er immer wieder ein Druckmittel gegen mich, dass ich es letztendlich nicht tue. Vielleicht weil er Angst hat, dass man uns nach Bekanntwerden seines Problems (logischerweise) trennt, dass er versetzt wird oder gar nicht mehr in meine Nähe kommt. Die Folgen kämen ebenso bei Aufdecken der Beziehung in Frage. Seit Jahren isoliert er mich absichtlich von meinem beruflichen Umfeld, indem er eifersüchtig jedes Gespräch mit Kollegen beäugt und mir hinterher unter 4 Augen eine Szene macht. Um jedem Ärger aus dem Weg zu gehen, hüte ich während der Arbeitszeit das Büro und lasse mich nicht auf Plaudereien ein. Werde ich durch Fremde angesprochen und reagiere hier zu freundlich, werde ich massiv durch ihn beschimpft und beleidigt.
Ich weiß, alles basiert auf einer extremen Verlustangst. Aber ich weiß nicht, ob ich noch lange die Kraft, allein die Verantwortung und das Wissen um sein psychisches Problem zu tragen, habe.
Ich würde für ihn alles aufgeben, weil ich ihn liebe. Aber wohin führt das Ganze, ist es überhaupt Liebe? Borderlinern sagt man nach, sie seien nicht beziehungsfähig. Sie wollen nicht verlassen werden. Er hat zwei Frauen: eine im Privatleben, eine im Job. Ich weiß, ich bin nur die Geliebte, habe mich auch mit diesem Status abgefunden. So, wie er es immer wollte. Diskret, unauffällig, jederzeit abrufbar. Ich stelle keine Ansprüche, ich warte passiv ab. Ist es vielleicht auch dieser Status Quo, der ihn rasend macht?
Was kann ich tun? Wie soll ich mich verhalten?
22.01.2013 09:27 •
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