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Was ist mit den Kindern?

DieSeherin
Zitat von Isely:
Nö, aber Schatz bei uns stimmt schon so lange was nicht, ich habe mich in jemand anderen verliebt.
Wie stehst du zu einer Trennung ? Können wir reden ?


nicht immer stimmt schon lange was nicht mehr, nicht immer kann man selber schon einsortieren, was man will, nicht immer ist eine frühzeitige beichte von ehrlichkeit geprägt...

und manchmal stehen die kinder* eben so sehr im mittelpunkt, dass nicht ratzfatz reiner tisch gemacht wird!

*um hier mal wieder zum thema zurückzukommen

10.06.2020 15:47 • x 3 #136


bifi07
Hallo Minumpel!
So wie ich das verstanden habe, hattet ihr euch schon länger auseinander gelebt und das auch kommuniziert, seid aber wegen den Kindern, ect. zusammengeblieben, richtig?
Zitat von Minumpel:
Ich wurde auch schon betrogen

Von deiner Ehefrau?

10.06.2020 16:03 • #137


A


Was ist mit den Kindern?

x 3


Minumpel
Zitat von bifi07:
Hallo Minumpel!
So wie ich das verstanden habe, hattet ihr euch schon länger auseinander gelebt und das auch kommuniziert, seid aber wegen den Kindern, ect. zusammengeblieben, richtig?


Genau, aber trotzdem ist es halt irgendwie ein Zusammenleben.

Zitat von bifi07:
Von deiner Ehefrau?


Nein, von einer Ex-Freundin. Ist lange her aber das vergisst man nicht.

10.06.2020 16:08 • #138


bifi07
Zitat von Minumpel:
Genau, aber trotzdem ist es halt irgendwie ein Zusammenleben.

Kann ich mir denken, aber kam da auch das Thema auf, dass man sich evtl. fremdverlieben könnte, weil es zusammen nicht mehr passt?

10.06.2020 16:10 • #139


Minumpel
@bifi07
Oberflächlich vielleicht. Aber offen darüber gesprochen haben wir nie. Ich glaube jetzt, dass der richtige Schnitt auch nur durch die räumliche Trennung geschieht. Alles andere ist son bisschen sich selbst zu belügen.

10.06.2020 16:14 • x 2 #140


C
@MissLilly gibt es noch die Fortsetzung deiner Geschichte? Es würde mich wirklich sehr interessieren.

11.06.2020 15:32 • #141


MissLilly
@Clementine44

Ja die gibt es auf jeden Fall noch ... bin schon dabei, allerdings hatte ich heute wenig Zeit

11.06.2020 19:51 • x 1 #142


C
Zitat von MissLilly:
@Clementine44

Ja die gibt es auf jeden Fall noch ... bin schon dabei, allerdings hatte ich heute wenig Zeit


Super!

11.06.2020 22:23 • #143


MissLilly
Und weiter geht es mit Teil 2 meiner Story und aus der Sicht meiner frühkindlichen Erfahrungen, für alle die es an dieser Stelle interessiert:-)
Ich gebe Teil 2 mal die Überschrift :
Trennung auf Raten um Zeit zu schinden...selbstverständlich alles und nur zum Wohle der Kinder

Ich bin also immer noch 6 Jahre alt, wir sind zurück in unserer 5 Zimmer ETW und der Kleinstadt in der wir seiner Zeit lebten. Zwischen meinen Eltern scheint alles wieder im Lot zu sein, bis uns 1 Jahr später ( ich war gerade erst wenige Wochen eingeschult worden) die nächste Hiobsbotschaft erreichte!
Kurze Anmerkung zum besseren Verständnis: Meine Eltern (beide Akademiker) sind, als ich 3 Monate alt war nach Deutschland ausgewandert. Zuerst mein Vater (samt seinen Eltern und 2 weiteren Geschwistern), dann zog meine Mutter (Einzelkind) mit uns nach. Wir lebten in einer Kleinstadt im Westen von Deutschland und mein Vater war der Hauptverdiener und gab zusätzlich für Schüler, Privatstunden an einer Musikschule. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt hauptberuflich Hausfrau, gab aber ebenfalls Privatstunden an der gleichen Musikschule wie mein Vater.

In einer Art Familienkonferenz wurde uns nun mitgeteilt, dass meine Mama für ein paar Monate zu meiner Oma (väterlicherseits , Opa war inzwischen verstorben) ziehen würde (Nord Deutschland) ,um dort einen Job anzutreten, der aufgrund der Finanzlage meiner Eltern wichtig sei. Sie erklärten uns, dass sie sich mit dem zusätzlichen Kauf einer weiteren ETW (damalige Nachbarwohnung von uns) etwas übernommen hatten und die Musikschule in der beide nebenbei Geld verdienten, in Kürze leider schließen würde. Der Plan war es nun, die zweite ETW so schnell wie möglich wieder zu verkaufen und bis das geschehen könnte, müsste nun auch Mama, für eine kurze Zeit mehr arbeiten gehen, um die Situation bis zum Verkauf verbessern zu können.
Wir Kinder waren davon natürlich überhaupt nicht begeistert, einfach weil wir in diesem Alter ja noch gar kein richtiges Zeitgefühl hatten. Die darauffolgenden Tage versuchten sie uns zu beschwichtigen und uns immer wieder zu versichern, dass Mama ja nicht auf ewig weg sei und wir sie schon in Kürze (wenn Ferien sind) wiedersehen würden. Ausserdem sagte unser Vater, dass wir ja auch am WE mal rauffahren könnten, um Mama zu besuchen.
Zwei Wochen später (mein Onkel war gerade mit Familie zu Besuch) standen wir vor seinem Auto und verabschiedeten meine Mutter Richtung Norden. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie viel wir geweint haben und uns am liebsten an meine Mutter angekettet hätten.
Dieser Tag war rückblickend betrachtet, das Ende meiner Kindheit und der viel zu frühe Eintritt in ein Erwachsenenleben, denn jetzt nahm die Krise allmählich seinen Lauf.
Wie gesagt war ich gerade erst eingeschult worden und das Chaos begann schon morgens nach dem Aufstehen, denn bereits da schon, schien mein Vater am Limit. Er gab sich wirklich alle Mühe mit uns (lernte sogar Zöpfe flechten), aber dennoch war es ein einziges Gehetze. Das kannten wir Kinder so natürlich nicht. Ebenso war er stets bemüht, sich um unsere Sorgen und Nöte zu kümmern und kuschelte (insbesondere mit mir) viel mit uns. Anfänglich klappte das trotzdem noch ganz gut, denn wir besuchten tatsächlich meine Mutter regelmäßig, was mir persönlich das Gefühl gab auf die Worte meiner Eltern vertrauen zu können.

Lange Rede kurzer Sinn: Aus 1 Jahr ohne meine Mutter, wurden es 3 weitere Jahre. Da mein Vater aber dennoch viel arbeiten musste (teilweise bis tief in die Nacht) mutierten wir innerhalb kürzester Zeit nicht nur zu Schlüsselkindern, sondern fast schon zu Selbstversorgern.
Einziger Lichtblick war es für mich, wenn meine Großeltern (mütterlicherseits) teilweise für Monate am Stück, aus dem fernen Ausland anreisten, um meinen Vater und uns zu unterstützen.
In den Zeiten in denen meine Großeltern nicht da waren, baute mein mein Vater nervlich und körperlich immer mehr ab. Die wenige Zeit die nun auch er noch für uns übrig hatte, lag er völlig übermüdet auf der Couch und vertröstete uns, was zur Folge hatte, das wir irgendwann aufhörten nach Freizeitausflügen zu fragen oder darum zu bitten mit uns zu spielen.
Mein Bruder (nach wie vor verhaftet im Todstellreflex) hockte entweder ständig vor dem Fernseher oder hörte in seinem Zimmer mit Kopfhörern Musik, während ich damit beschäftigt war die 140qm Bude zu putzen und Körbe weise Wäsche zu bügeln. Ich hatte mir das von meiner Mutter abgeschaut, denn die bügelte sogar die Unterhosen und Socken, was ich natürlich auch tat. Irgendwann war ich so schnell und gut darin, dass ich an einem Bügelwettbewerb hätte teilnehmen können. Ich weiß noch genau wie stolz ich meinen Vater zu seinem Kleiderschrank führte, um ihm zu zeigen wie viele Hemden ich geschafft hatte faltenfrei zu bügeln (er brauchte berufsbedingt mindestens 2-3 am Tag).
Es soll nun nicht der Eindruck entstehen, dass ich das nur erzähle um mich selbst zu beweihräuchern, sondern ich will damit eher auf die unterschwellige Denkweise und Gefühlsebene eines Kindes in solchen Situationen hinweisen!
Wenn man immer wieder den pauschalen Satz liest:,, Kinder sind sehr feinfühlig, dann bedeutete das in meinem Fall, dass ich das alles nur tat, weil ich ernsthaft glaubte: Wenn ICH mithelfe den armen Papa zu entlasten, dann wird er sicherlich wieder besser gelaunt sein und mehr Zeit für uns haben und wenn Mama das hört, wird sie bestimmt ganz glücklich und stolz auf mich sein, dass ich sie so gut vertreten habe.

Was glaubt ihr passiert mit einem Kind, wenn sich seine Hoffnung trotz aller Mühen nicht erfüllt?
In meinem Fall förderte es meine Resilienz und überdurchschnittlich hohe Frustrationstoleranz....

Fortsetzung folgt...

12.06.2020 08:39 • x 8 #144


C
Es ist schon ein Wahnsinn, was dir da zugemutet wurde! Toll, dass du so sachlich und gar nicht verbittert darüber schreiben kannst!

12.06.2020 10:16 • #145


MissLilly
@Clementine44

ich danke dir...und naja was soll ich ehrlich sagen ausser :,, Ich geb mein bestes in dieser Hinsicht

12.06.2020 10:59 • #146


Plentysweet
@MissLilly
Danke dass Du uns Deine Geschichte hier so vertrauensvoll schenkst . Ich sehe die Szenen regelrecht vor mir, Du kannst das auch so anschaulich beschreiben! Es gibt Parallelen zu meiner Geschichte und zu der meiner Cousine, die auch einen fremdgehenden, nicht präsenten, immer auswärts weilenden und noch brutalen Vater mit Machoallüren hatte .

Du bist aufgrund der Umstände früh in eine Erwachsenenrolle gedrängt worden und hast die Aufgaben einer Mutter und Hausfrau übernommen. Man hat Dir einen Großteil Deiner Kindheit geraubt und das ist schlimm. Da gibts nichts dran zu rütteln.
Ich denke der beste Weg da seelisch unbeschadet durch zu kommen, ist seinen Eltern irgendwie zu vergeben. Sie und sich von der Schuld innerlich zu erlösen, das Gewesene in Frieden los zu lassen. Sonst ist die Gefahr gross, in Hass und Verbitterung stecken zu bleiben. Auch wenn es schwer ist. Schaffst/kannst Du das? Oder gehst Du da einen anderen Weg?
Du sagst Du bist dadurch resilienter und frustrationsfähiger geworden. Das ist ein Pluspunkt für Dein Leben. Ich vermute auch, daß Du sensibler bist, Spannungen und Mißstände im Zwischenmenschlichen früh erkennst?! Ich könnte es mir vorstellen...

12.06.2020 11:25 • x 2 #147


MissLilly
Zitat von Plentysweet:
Ich vermute auch, daß Du sensibler bist, Spannungen und Mißstände im Zwischenmenschlichen früh erkennst?! Ich könnte es mir vorstellen...


Damit triffst du den Nagel so ziemlich auf den Kopf...Freunde und sogar Menschen die ich erst sein kurzem kenne sagen manchmal oft mir :,, sag mal bist du Hellseherin oder was? oder auch gerne:,, MissLilly und ihr Röntgenblick
Selbst Kunden die zu mir kommen (ich bin selbständig) erzählen mir spätestens schon bei unserem 2ten Termin von ihren Sorgen und Befindlichkeiten und nicht selten ihre ganze Lebensgeschichte.
Ich bin in der Tat ein sehr sensibler Mensch und von hoher Intensität geprägter Mensch, dessen Antennen permanent auf scharf gestellt sind. Wie sich im Laufe meiner Geschichte noch herausstellen wird, hat sich das für mein weiteres Leben (auch als Erwachsene) zu einer Art Fluch und Segen zugleich entwickelt....

12.06.2020 11:44 • x 2 #148


MissLilly
Es folgt nun Teil 1 von Kapitel 3 meiner Geschichte, sofern noch keiner eingeschlafen ist oder nicht schon längst den Faden verloren hat Ist gar nicht so einfach seine Memoiren niederzuschreiben, wie gerade merke:-)

Titel: Das Wechselmodell oder auch jetzt wird alles besser..versprochen

Ich bin mittlerweile 10 Jahre alt und in Klasse 4 der Grundschule angekommen. Meine schulischen Leistungen haben stark nachgelassen! Meine Hausaufgaben (insbesondere in meinem Hass-Fach Mathe) kann ich immer weniger allein bewältigen und machen mir schwer zu schaffen. Mein Vater versucht mir dabei zu helfen, hat aber immer weniger Geduld mit mir und rastet immer öfters aus, wenn ich etwas nicht auf Anhieb verstehe. Ich fange an mich dumm und vollkommen unfähig zu fühlen. Zusätzlich habe ich eine Klassenkameradin die mir ständig in den Pausen auflauert, um mich vor anderen Kindern grundlos zu beschimpfen oder mir gerne auch mal meine Pausenbrote klaut, um sie vor meinen Augen anzuspucken. Als das nicht mehr reicht, fängt sie sogar an mir auch nach der Schule aufzulauern, um mich zu treten oder vor versammelter Mannschaft büschelweise Haare rauszureißen. Wenn ich im Unterricht sitze bin ich meist nur körperlich anwesend und hoffe von der Lehrerin nicht drangenommen zu werden. Sobald die Pausenglocke läutet, fange ich an zu schwitzen und verbringe meine Pausen nur noch dicht bei der jeweiligen Pausenaufsicht des Schulhofes.
Ich suche das Gespräch zu meinen Vater, in der Hoffnung, dass er mir bei all dem irgendwie helfen kann. Darauf folgte zwar ein Termin mit meiner Lehrerin, aber das Mobbing wurde dadurch nur noch schlimmer!
Der resignierende Ratschlag meines Vaters hierzu:,, Geh dem Mädchen einfach aus dem Weg!
Witzig, dachte ich, als ob ich das nicht schon permanent tun würde. Meine Angst vor der Schule steigerte sich in der darauffolgenden Zeit ins Unermessliche, sodass ich anfing chronische Bauchschmerzen zu entwickeln, sobald der Wecker morgens klingelte. Ich fing an Krankheiten vorzutäuschen, nur um nicht in die Schule zu müssen. Ein paar mal klappte das auch, aber dann setzte mein Vater dem, kommentarlos einen Riegel vor.
Zudem kämpfte ich Nachts mit schrecklichen Albträumen in denen meine Mutter, vor meinen Augen, entweder erschossen wurde oder sie mich einfach nicht erkannte, wenn ich sie rief oder auf sie zugehen wollte.
Solche Tage waren besonders schlimm für mich und ich fühlte mich zunehmend hilflos und mit meinen Problemen allein gelassen. Höhepunkt meiner psychischen und körperlichen Verfassung, war dann der Tag meines 11 Geburtstags.
Im Vorwege hatte mein Vater ein paar Einladungskarten organisiert, auf die ich die Namen der Kinder schreiben sollte die ich gerne einladen wollen würde. Mein Vater muss wohl bemerkt haben, wie unmotiviert ich dreinschaute, weshalb er versuchte mich aufzumuntern in dem er in den tollsten Bildern davon sprach, das es ein ganz toller Tag werden würde.
Kurzzeitig verspürte ich so etwas wie einen hoffnungsvollen Aufschwung, weil ich meinen Vater schon lange nicht mehr so begeistert und energiegeladen gesehen hatte. Unter keinen Umständen wollte ich seine gute Stimmung nun durch meine schlechte Laune gefährden, weshalb ich mir alle Mühe gab, meinen Vater augenscheinlich ein Stück seiner Freude zurückzugeben.

Geburtstag...Juhu...Die ersten Kinder klingeln an der Tür, während ich in letzter Sekunde noch schnell den Putzeimer wegräume. Die Wohnung ist mit ein paar Luftballons, die mein Vater in der Nacht zuvor aufgeblasen hatte, mäßig (um nicht zu sagen lieblos) dekoriert. Die Torte (eine stinknormale Erwachsenen-Schokoladenvariante vom ortsansässigen Konditor) hatte mein Vater ebenfalls noch in letzter Minute angeschleppt und auf den Tisch gestellt und drückte mir dabei eine Packung Kerzen in die Hand. Im Anschluss daran zog er, sein ebenso komisch verpacktes Geschenk für mich, samt einer Geburtstagskarte die meine Mutter für mich geschrieben hatte aus der Tasche und umarmte und küsste mich. Dabei erzählte er mir, dass er jetzt leiderwieder zur Arbeit fahren müsste, weiljemand krank geworden sei, er aber zwischendurch anrufen würde und wir, sobald er wieder zu Hause ist, gemeinsam noch einmal richtig feiern würden.
Bevor ich überhaupt etwas dazu sagen konnte, war er auch schon aus der Tür und meine Geburtstagsgäste standen auch schon im Wohnzimmer.
Ich weiß nicht mehr wie lange genau meine Geburtstagsparty ging. Was ich trauriger weise allerdings noch bestens in Erinnerung habe ist, wie (die Party war im vollen Gange...die Kinder spielten und tobten in der Wohnung umher) ich hingegen zusammengekauert unter unserem Wohnzimmertisch saß und mir tränenüberströmt ein Bild von meiner Mama anschaute, während ich mir parallel dazu immer wieder ihre Geburtstagskarte durchlies! Ganz so als würde sie gar nicht mehr unter uns weihen.
Als die ersten Kinder mich leise weinend unter dem Tisch entdeckten, trat eine bedrückende Stille bei allen ein, bis eine Freundin auf mich zukahm und anfing mich zu fragen was los sei.
Ich kann kaum in Worte fassen wie mich in diesem Augenblick gefühlt habe.
Auf der einen Seite war ich tief traurig und hätte mich am liebsten dem Nächstbesten in die Arme geworfen und auf der anderen Seite, wäre ich vor lauter Peinlichkeit und Scham für meinen (aus meiner Sicht) erbärmlichen Zustand gegenüber meinen Gästen, am liebsten glatt im Erdboden versunken.
Und da war sie wieder, die berühmte unterschwellige Frage, die man sich unbewusst stellt, wenn man merkt, dass man ganz allein auf sich gestellt ist: Flucht, Angriff oder Todstellreflex?
Mal wieder entschied ich mich für den Angriff in Form von Beschwichtigungen. Ich wischte mir mit einem verlegenen Lächeln die Tränen aus dem Gesicht und erklärkte kurz, das es nur wegen meiner Mama sei, weil sie leider nur heute nicht dabei sein kann. Schließlich wusste ja fast keine Sau, dass meine Eltern eine Fernbeziehung führten! Ich weiß noch wie erleichert ich war, als endlich alle gegangen waren und ich nicht mehr das fröhliche Geburtstagskind bzw. den Entertainer spielen musste.
Übrigens hatte mein Vater Wort gehalten und mich, kurz nach dem meine Gäste gegangen waren, tatsächlich angerufen. Allerdings nur um uns darüber zu informieren, dass es heute leider doch sehr spät werden würde bis er wieder nach Hause kommt, wir also bitte nicht so lange aufbleiben sollten und ihm das selbstverständlich alles furchtbar leid tun würde!
Ich verspürte irgendwie keine Kraft mehr mich darüber aufzuregen und sagte nur noch, dass es ok sei.
Schlafen konnte ich an diesem Tag dennoch nicht und so bemerkte ich, dass mein Vater noch nie so lange weg war, wie an diesem Tag bzw. dieser Nacht.

Fortsetzung folgt...

12.06.2020 15:35 • x 4 #149


MissLilly
Hier Teil 2 von: Das Wechselmodell oder auch jetzt wird alles besser..versprochen

In meinem vorherigen Beitrag hatte ich ja berichtet, dass meine schulischen Leistungen damals immer mehr nachgelassen hatten. Vergessen zu erwähnen hatte ich aber (weil das später noch wichtig sein wird), dass dadurch meine Versetzung auf ein Gymnasium gefährdet war, weil ich in Mathe die Note 4 hatte. Seiner Zeit war es nämlich so, dass man keine Gymnasialempfehlung erhielt, wenn man in einem Hauptfach nicht mindestens eine 3 hatte. Für meine akademischen Eltern die immer sehr viel Wert auf Bildung legten (zumindest verbal), war das (insbesondere für meinen Vater) natürlich eine absolute Katastrophe! Also wurde kurzer Hand über meinen Kopf entschieden, dass ich die Klasse wiederhole.
Ich schämte mich anfänglich zu tiefst, weil ich für mein Empfinden nun der Sitzenbleiber war und obendrein auch noch ein weiteres Jahr auf dieser (in meinen Augen) schrecklichen Schule verbringen musste.
Der einzig tröstende Ausblick an dieser Stelle war, dass ich nun nicht mehr auf das Mädchen treffen würde , welches mich so lange drangsaliert hatte. Im Laufe der Zeit hatte ich auch wieder mehr Spaß an der Schule, weil ich durch die Wiederholung jetzt deutlich bessere Noten schrieb. Selbst in Mathe räumte ich eine 2 nach der anderen ab und bekam am Ende des Schuljahres endlich die gewünschte Empfehlung für das Gymnasium. Trotzdem hatte ich, was meine schulischen Leistungen anbetraf, nicht wirklich das Gefühl von echter Sicherheit aufgrund von Wissen. Versteht ihr was ich meine? D.h, ich freute mich zwar über meine guten Noten im Hier und Jetzt und auch auf das Gymnasium, aber dennoch blieb immer ein flaues Gefühl in der Magengegend zurück, weil ich Angst hatte, das Niveau nicht auch dauerhaft halten zu können.

Zwischenzeitlich hatte sich auch unser Frust über die lange Abwesenheit meiner Mutter angestaut, denn mittlerweile besuchten wir sie nur noch in den größeren Schulferien. Und selbst dann war meine Mutter praktisch fast nur bei der Arbeit und somit auch nur spät am Abend da. Wir fragten meinen Vater nun schon fast täglich, wann dieser Zustand endlich aufhören würde und beschwerten uns entsprechend regelmäßig bei ihm darüber. Die nächtlichen Problemgespräche zwischen meinen Eltern via Telefon häuften sich und wir hörten meinen Vater, nahezu in Dauerschleife immer wieder zu meiner Mutter sagen:,, Das geht so nicht mehr. Ich schaffe das nicht mehr. Die Kinder brauchen ihre Mutter. Ich kann dich nicht ersetzen!
Ich kürze an dieser Stelle mal ab, denn offenbar hatten sich meine Eltern nun ein neues Lösungskonzept ausgedacht und das sah nun wie folgt aus:

Wir (also die Kinder) ziehen nach dem Schuljahr zu Mama in die Großstadt und vorerst ins kleine Reihenhaus von Oma. Papa bleibt an Ort und Stelle bis er beide ETW verkauft hat, wechselt beruflich dann ebenfalls in unserem neunen Wohnort, wir kaufen ein Haus und alles wird wieder gut!
Mein Bruder und ich freuten uns wahnsinnig über diese guten Neuigkeiten, bis wir realisierten, dass wir dadurch ja alle unsere bisherigen Freunde verlieren würden und wir befürchteten selbstverständlich nie wieder Neue zu finden! Kindliches Denken eben Zum Abschied flossen dicke Tränen und ich konnte mich kaum von meiner damaligen besten Freundin lösen. Auch bei meinem sonst so stillen Bruder brachen am Tag des Umzugs alle Dämme, auch weil wir nicht sofort alles was uns wichtig war, mitnehmen konnten und wir Angst hatten, dass Papa in unserer Abwesenheit irgendetwas davon einfach wegschmeißen würde. Sicherheitshalber hatte ich für meinen Bruder und mich daher ein Liste erstellt, was Papa auf keinen Fall vergessen darf in die Umzugskartons zu packen.

Da stehen wir nun im Obergeschoss von Omas kleinem Reihenhaus. 1,5 Zimmer mit Mini-Bad und Mini-Küche, verteilt auf 28qm Wohnfläche. Aber egal, ist ja nicht für lange und Hauptsache Mama ist da!
Anfänglich noch hochmotiviert und voller Vorfreude, das sich nun bald alles zum Guten wenden würde, mussten wir schon innerhalb weniger Monate feststellen, das sich an unserer bisherigen Situation (also der von uns Kindern) mal rein gar nichts gerändert hatte. Im Grunde genommen hatten meine Eltern nichts weiter getan als die Rollen unserer Betreuung zu tauschen, wobei man von Betreuung nicht wirklich sprechen konnte. Denn meine Mutter hatte mittlerweile noch einen weiteren Job zu ihm Hauptjob angenommen (schließlich sollte ja jetzt ein neues Haus her), weshalb wir sie bei Tageslicht, praktisch fast gar nicht mehr zu Gesicht bekamen. Zwar kochte meine Mutter für uns Nachts (zu anderen Uhrzeiten war sie ja nicht zu Hause) ständig vor und schmierte uns am Morgen auch die Schulbrote, aber in allen anderen Bereichen waren wieder einst zu Schlüsselkindern mutiert, die zusehen mussten wie sie alles andere selbst regeln.
Auch wurden die Abstände in denen mein Vater uns besuchte immer größer bzw. insgesamt seltener.
Eine weitere und große Herausforderung denn Unterstützung, war meine Oma für uns, die ja ebenfalls mit im Haus wohnte. Was die sich alles mit uns Kindern und unserer Mutter leistete, führt an dieser Stelle einfach zu weit, weshalb ich es kurz mache und nur zusammenfassend sagen kann, dass das Leben mit ihr und unter einem Dach zur Hölle wurde (Gott soll sie trotzdem selig haben).
Zudem fanden mein Bruder und ich auf der neuen Schule keinen echten Anschluß in Form von Freundschaften, was uns zusätzlich zu schaffen machte. Und so gammelten wir regelrecht Tag ein und Tag aus fast nur noch vor dem Fernseher ab. Wenn es hochkommt hatte meine Mutter lediglich 1x in der Woche einen freien Tag, den sie meist mit einkaufen (sie hatte keinen Führerschein), putzen, kochen und waschen verbrachte oder ständig irgendwelche Papiere wälzte und danach Überweisungen zur Bank schleppte. Die ganze Farce hielt nun mittlerweile seit 2 Jahren an und auch meine Mutter baute optisch und psychisch immer mehr ab. Wieder häuften sich die Telefongespräche zwischen meinen Eltern, in denen meine Mutter meinem Vater, permanent heulend ihr Leid, insbesondere über Oma klagte. Nur bei Oma selbst, da schaffte sie es kein einziges Mal sich ihr gegenüber zu behaupten und ihr mal so richtig die Meinung zu geigen. Meine Mutter ist ein überdurchschnittlich harmoniebedürftiger Mensch, der sich selbst zwar sehr stark an moralischen Werte orientiert, hingegen aber große Schwierigkeiten damit hat, Anderen ihre persönlichen Grenzen aufzuzeigen. Nur selten habe ich es erlebt, dass meine Mutter mal wirklich böse oder laut wurde. Auf Stress oder Verletzungen reagiert meine Mutter bis heute ausschließlich mit Tränen, Beschwichtigungen oder Rechtfertigungen für sich und andere.
Das zeigte sich insbesondere bei Problemen die wir in der Schule hatten bzw. unseren dort abfallenden Leistungen, die erneut zugenommen hatten. Unsere Hausaufgaben wurden weniger auf den richtigen Inhalt geprüft (dafür war einfach keine Zeit), sondern wurden vielmehr daran gemessen, wie ordentlich wir diese zu Papier gebracht hatten. Waren mehr als 2-3 Sätze nicht schön geschrieben, wurde gleich die gesamte Seite rausgerissen und wir durften alles noch einmal neu schreiben.
Ergebnis : Mein Bruder und ich könnten auch heute noch an einem Schön-schreib-wettbewerb teilnehmen.
Kamen wir hingegen mit einer schlechten Note nach Hause, tätschelte meine Mutter uns stets aufmunternd das Händchen.
Standardsatz:,, Sei nicht traurig, bei der nächsten Arbeit klappt das bestimmt besser. Fragt sich nur wie das besser klappen soll, wenn man absolut keinen Durchblick hat und auch keine Anleitung oder Vorschläge der Verbesserung dazu erhält. Mein Vater hingegen hatte zwar selbst auch keine hilfreichen Ideen hierfür zur Hand, wurde es aber nicht müde meiner Mutter, die Schuld für unsere schulischen Leistungen zu geben. Als dann auch noch meine Versetzung in Klasse 8 des Gymnasiums nunmehr auch offiziell einen gefährdeten Zustand erreicht hatte, forderte meine Mutter MICH auf, der Klassenlehrerin zu sagen, dass sie in der Oberstufe nach einer Nachhilfe für mich suchen sollte.
Kurz um: Eine Nachhilfe (billig war die nicht) wurde zwar gefunden, half aber nichts, weil ich schon längst den Anschluß
(natürlich mal wieder in meinem heiß geliebten Fach Mathe) verloren hatte.
Fazit: Nach den Sommerferien hieß es also, ab auf die Realschule. Ich werde nie vergessen wie enttäuscht mich mein Vater ansah und dabei einen selbstleidigen Seufzer machte, als er mein Abschlusszeugnis des Gymnasiums in den Händen hielt. Daneben meine Mutter mit hoch rotem Gesicht und ihren berühmten Dauerparolen von alles wird wieder gut.

Nix wurde gut, zumindest nicht zwischen meinen Eltern....

Fortsetzung folgt

13.06.2020 09:20 • x 3 #150


A


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