Wer Zeit hat liest es sich durch, wer nicht - ich versteh's.
Wir kennen und mittlerweile seit ungefähr 4 Jahren und ein knappes Jahr davon waren wir zusammen. Die Beziehung war anfangs alles andere als einfach, zumal es ein langer Weg bis dahin war. Immer kamen irgendwelche Dinge dazwischen. Er hatte noch seine Ex-Freundin im Kopf und ich sollte, seiner Meinung nach, nichts überstürzen. Trotzdem haben wir es irgendwie geschafft und führten eine wunderschöne Beziehung. Damals bin ich gerade 17 geworden und er 21. Das ist an dieser Stelle aber völlig irrelevant. Der Abend an dem wir tatsächlich zusammen gekommen sind, war wohl eine wahre Erlösung für mich. Nachdem wir uns am Telefon gestritten hatten, weil mich diese dämliche Frage ''ja, was ist denn jetzt?'' nur noch quälte, legte ich auf und er rief zurück, um mich von meiner Ungewissheit zu befreien: ''Annika, ich habe darüber nachgedacht und ich will mit dir zusammen sein. Ich will keine andere.''Das waren wohl genau die Wörter, die ich hören wollte und musste.
Ungefähr ein halbes Jahr lang führten wir eine wunderschöne Beziehung, die mir mehr als gut tat. Zum ersten Mal war ich nicht mehr diejenige, die mehr liebt - nach all meinen ''Jungen-Liebesgeschichten''. Diese Beziehung war für mich nahezu das Wichtigste bis ich allerdings merkte, dass zu einer seltsamen Person wurde. Ich erkannte mich nicht wieder. Ich scheute seine Nähe. Ich behandelte meinen kompletten Umreis wie Dreck. Ich hatte das Gefühl fehl am Platz zu sein. Ich verlor Gewicht. Wachte täglich mit einer unnatürlichen Benommenheit auf und bekam Aussagen wie: ''SO haben wir dich nicht kennengelernt'' an den Kopf geworfen. Komischerweise wurden die Zustände immer schlimmer und nicht nur unsere Beziehung, sondern auch der Sport, meine Freunde, der ganze alltägliche Kram wurde zu einer Last. Ich rannte von Arzt zu Arzt und dann bekam ich endlich eine Antwort: Morbus Basedow (Schilddrüsenüberfunktion). Ich verbrachte ganze 8 Tage im Krankenhaus und er besuchte mich jeden Tag.
Dass die Schilddrüse ihre Finger überall mit drin hatte, war für mich schon lange kein Geheimnis mehr. Aber dass sie selbst großen Einfluss auf meine damalige Beziehung hat, bringt mich noch heute zum Nachdenken. Denn diese Beziehung wird vor 1 ½ Jahren zu dem wohl größten Fokus meiner Krankheit. Meine Schilddrüse steuerte mich und egal wie sehr ich versuchte dagegen anzukämpfen, ich kam immer wieder dahin, wo ich anfangen hatte. Es war ein Teufelskreis, aus dem ich nicht mehr herauskam, egal wie stark mein Wille war. Er hielt das ganze jedoch aus. Er war der erste Mann der mich richtig verzweifelt und am Weinen sah. Ich habe jemanden kennengelernt, der so unglaublich tolerant, fürsorglich und liebevoll ist. Er war in dieser Zeit mehr als nur ein Partner. Er war derjenige, der mir half positiv zu denken und der mich sogar, als ich um 03:00 Uhr morgens verzweifelt im Krankenhaus lag, anrief und erst als ich einschlief auflegte. Er war - neben meiner Familie - meine größte Stütze und Hoffnung zu dieser Zeit. Schließlich war er irgendwo auch ein Teil meiner Familie.
Als ich wieder zu Hause ankam, fieng diese Beziehung an weh zu tun und eigentlich gab es dafür keinen expliziten Grund. Dass ich so etwas Wertvolles mit Füßen trete, dass ich meine ganze Hoffnung durch den Dreck ziehe. Ich lies ihn einfach nicht mehr an mich heran. Er sagte immer: ,,Wir schaffen das zusammen.'' Einmal schrieb er mir, nachdem ich mich bei ihm für mein Verhalten und meine Worte entschuldigt hatte und ich ihn fragte, ob er mich noch liebt, folgendes: ,,Natürlich will ich das Mädchen das ich liebe noch, aber ich dachte, dass es dich so nicht mehr gibt. Ich habe dich nur durch dein Aussehen neu kennengelernt, aber da ist doch mittlerweile so viel mehr. Ich will einfach nur so sehr, dass du nur Meine bist. Ich will, dass wir es wieder gut machen. Ich hatte einfach noch so viel mit dir vor und mir bleibt die Luft weg, bei der Vorstellung, dass mir nun nicht mal mehr die Chance dazu bleibt. Annika, ich will derjenige sein, der dich glücklich macht.'' Wenn ich mir diese Sätze heute durchlese, und das tue ich durchaus, dann merke ich wie sich ein Kloß in meiner Stimme bildet und irgendwo in meinen Gedanken, da wo einst Platz für die Zukunft mit ihm war, ist eine gedankliche Sperre. Es gibt Tage, an denen fühle ich mich völlig ausgelaugt, weil ich die Last von damals immer noch ertragen muss. Ich hatte bisher nicht die Gelegenheit mir alle meine Fehler zu verzeihen. Mir wird immer wieder bewusst, dass man mir die Chance gab, jemanden kennenzulernen, der mein Leben so positiv bereichert, mich bedingungslos geliebt und mir so viel Zuneigung gab. So, wie es ein anderer wohl nicht hätte geben können. Das, was ich für diesen Menschen empfinde kann man nicht in Wörtern ausdrücken. Man kann diese Gefühle und dieses Verlangen nicht buchstäblich ausdrücken. Ich kann gar nicht beschreiben was in mir vorgeht, nachdem ich mir so viele Dinge eingestehe. Es tut mir so unendlich leid, obwohl es keine akzeptable Entschuldigung gibt. Ich kann mir nicht auf einmal das Recht nehmen, so, zu reden. Ich verstehe, dass jegliche Karte verspielt und jegliches Licht erloschen ist und ich fühle mich dreckig, weil ich einfach nur so egoistisch und impertinent war. Ich bin für jede Sekunde mit diesem Menschen dankbar, mehr als das. Ich schätze jeden Moment, den ich mit diesem wundervollen Mann verbringen durfte und nach all dem, was in der Vergangenheit passiert ist, bin ich wirklich kein Mensch von Reue. Jetzt ist jedoch der Moment da, an dem es nicht mehr weiter geht - jedenfalls nicht so. Diese Bindung zwischen uns hat mich beatmet, als ich keine Luft mehr bekommen habe. Diese Beziehung hat mir beide Hände entgegengestreckt, als ich loslassen wollte. Ich kapiere nicht, wie ich so etwas Einzigartiges aufgeben konnte. Ich wollte das nicht, aber ich konnte nicht mehr mit ihm zusammen sein, ich hab das alles nicht mehr ertragen. Ich hab mich nicht mehr ertragen. Ich habe Dinge getan, die wahrscheinlich nicht zu verstehen sind, egal wie sehr ich mich für sie rechtfertige. Ich wollte mich von allem befreien, einen klaren Kopf bekommen, um nach mir selber zu suchen. Ich wollte ihn nicht mehr verletzten, das hatte er nicht verdient. Ich wollte, dass er versucht das zu verstehen. Ich habe sehr lange darüber nachgedacht. Ich wusste nicht was richtig und was falsch war. - Was ist richtig und was falsch? Ich zog den Stecker vom Telefon, um seine Anrufe zu ignorieren. Ich erzählte ihm Lügen, damit ich Gründe hatte, mich nicht zu melden. Das alles ist eine hochgradige Unverschämtheit und ich könnte mich für diese Taten heute zehnmal ohrfeigen. Das hatte er nicht verdient. Er nicht. Er glaubte immer noch an uns und ich... ich, war so dreist. Ich habe ihn niemals betrogen, aber ich habe ihn weh getan, indem ich ihn immer und immer wieder abwies. Irgendwann konnte ich das nicht mehr, ich beendete diese Beziehung und auch nachdem er alles versuchte, es ging nicht mehr. Mein Verhalten ging nicht mehr. Ich wusste, dass er sich nicht melden würde, was auch völlig legitim war. Ich kann nicht genau sagen, was seine letzten Worte waren. Ich konnte diese Beziehung nicht mehr führen. Ich wusste nicht wie ich damit umgehen soll, wenn er mich um 02:00 Uhr morgens besuchte, weil ich nicht ans Telefon ging und auf seine Nachrichten nicht reagierte. Ich fühtle mich schlecht, als ich in seine Augen sah und wusste wie sehr es ihn verletzt. Ich wollte eigentlich gar nicht reden. Seine ganzen Versuche und seine ganze Kraft, die er in unsere Beziehung steckte, ließ ich links neben mir liegen. Ich weiß nicht wie er es schaffte, immer wieder Verständnis für mein bescheuertes Verhalten aufzubringen und sich noch bei mir zu entschuldigen. Er hat keinen Grund sich für irgendetwas zu entschuldigen.
Es zerreißt mir mein Herz zu wissen, dass ich es wortwörtlich durchtrieben habe. Ich konnte seine Liebe nicht mehr erwidern. Der Liebeskummer schmerzt, was kann ich tun? Eigentlich habe ich nicht aufgehört ihn zu lieben. All diese Wände, die ich aufbaute, haben ihn immer wieder abgewiesen.
Er hat damals an mich geglaubt, er hat zu mir gestanden, er war bereit die Sache zusammen mit mir durchzustehen. Ich war nicht bereit, ich habe nicht an mich geglaubt, ich verlor mich immer wieder in diesem schei. Teufelskreis. Ich habe seine Fürsorglichkeit und Liebe für viel zu selbstverständlich genommen. Liebe ist nichts Selbstverständliches, aber Liebe ist etwas, das jeder Mensch verdient. Liebe muss jeder für sich selber definieren, jeder muss selber herausfinden, welche Bedeutung Liebe hat. Meine Bedeutung von Liebe hat er mir gezeigt. Er hat mir bewiesen, dass Liebe einem Menschen den nötigen Halt gibt und dass man für Liebe bereit sein muss und dass Liebe wachsen muss. Ich habe dieser Liebe keine Chance geben können, aber ich weiß, dass diese Liebe, auch noch heute, eine sehr wertvolle Bedeutung hat und eine wichtige Erinnerung in meinem Leben bleibt.
Seit 1 ½ Jahren suche ich, in anderen Männern, nach ihm. Ich ziehe Vergleiche und stelle fest, das wirklich niemand seinen Platz in meinem Leben einnehmen kann. Selbst wenn mir keiner meine Reue abnimmt und kein bisschen Verständnis für mein damaliges Handeln aufbringt, kann ich sagen, dass mir diese Beziehung auch heute noch so unendlich viel bedeutet. Ich will das mir irgendwer glaubt, dass es mir mehr als leid tut, dass ich alles dafür geben würde, um mein Verhalten zu rechtfertigen. Ich schwöre, würde mir irgendwas, irgendwer auf dieser Welt die Gelegenheit geben ihn noch einmal lieben zu dürfen, ich würde es richtig machen. Ich würde ihn richtig lieben. Ich vermisse seine Nähe und seinen Humor. Ich kann mich nicht von ihm lösen. Wenn jemandem etwas fehlt, dann tut das weh.
Zur Zeit wird es immer unerträglicher an ihn zu denken. Er besetzt meine Tage, meine Gedanken und meine Gefühle. Ich will wissen wie es ihm geht. Was er macht und ob er an mich denkt. ,,Aljona, wie kannst du zulassen, dass sich etwas zwischen uns stellt?'' Es hat sich etwas zwischen uns gestellt, ich habe es zugelassen. Ich habe viel zu viele leere Versprechungen gemacht. Ich habe aber auch gelernt. Trotzdem ist mein Wunschdenken so groß, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich mich befinde. Ich verstehe nicht was damals in meinem Kopf vorging. Nichts ist so plausibel, nichts ist so eindeutig und nichts ist ausreichend, um alles zu entschuldigen, aber – und da bin ich mir sicher – er vor allem hat mehr als eine Entschuldigung und eine Erklärung verdient, die ich heute mehr als aussprechen kann.
Das große Problem bei dieser Geschichte ist, dass ich mich für mein damaliges Handeln schämen, entschuldigen und hassen kann. Aber ich kann mich nicht zerreißen. Ich kann vielleicht auch gar nicht beschreiben, wie sehr es mir leid tut und dass ich es, um wirklich alles in der Welt, rückgängig machen würde. Irgendwo fühlt es sich so an, als würde man mir etwas festes um die Kehle wickeln und versuchen, mir die Luft zu nehmen.
In manchen Momenten bin ich fest davon überzeugt, dass es keine Fehler im Leben gibt. Dass das alles nur wichtige Erfahrungen sind, die ich machen muss, um besser zu verstehen. Dann erinnere ich mich an unsere Zeit. An all das, was ich damals gemacht und gesagt hab. Das alles sind mehr als nur Erfahrungen, es sind Fehler. Jeder macht doch Fehler oder nicht?
All das, was ich damals nicht gehört habe, seine ganzen Worte: ,,Aljona, weißt du eigentlich wie weit ich dich in meine Zukunft eingeplant habe?'' sind jetzt so deutlich und es macht mich wütend, dass ich es vor 1 ½ Jahren nicht wahrgenommen habe. Seine Sätze sind heute so klar und sie bringen mich durch den Tag. Ich kann mich an jede Konversation erinnern und ich schätze jede einzelne mehr als alles andere. Ich denke, dass es irgendwo die wertvollsten Worte sind, die mir jemand gesagt hat. Sie haben so einen hohen Wert. Ich weiß nicht, ob es absurd klingt oder ob es vorstellbar ist, aber diese Sätze sind mittlerweile wie ein Echo in meinen Gedanken. Immer wieder höre ich seine Worte. Immer wieder merke ich, dass ich diese Worte brauche, um durch den Tag zu kommen. Bis jetzt hab ich noch nicht herausgefunden was schlimmer ist: die Tatsache, dass ich unsere Beziehung mehr als kaputt gemacht hab oder dass man mir nicht mehr die Chance geben wird, zu beweisen, dass ich es besser machen würde als damals.
Ich fühle und empfinde einfach unendlich viel für ihn. Ich weiß nicht, wer mir das abnimmt, aber ich will, dass man mir glaubt. Dieses Fragezeichen, das ich mir selber auf den Sinn gesetzt habe, wird von Tag zu Tag größer und dieses schei. Warum wird langsam zu einer unangenehmen Last. Ich frage mich, wie in alles in der Welt, konnte ich von so jemanden mehr nehmen als geben? Warum habe ich einen Menschen, der einzigartiger gar nicht sein kann, so mies behandelt? Was meine Krankheit betrifft, hab ich aufgehört nach dem Warum zu fragen. Es ist einfach so.
Vor einiger Zeit wurde mir meine Schilddrüse entfernt und plötzlich sind mir einige Dinge klar geworden. Ich will wieder glücklich sein! Ich habe mich mit ihm getroffen und mit ihm geredet, er hat gesagt, dass er nicht mehr der Selber ist und dass sein Leben in den 2 Jahren weitergegangen ist. Er hat gesagt, dass es ihn traurig macht, zu hören wie schlecht es mir geht und dass er nie gedacht hat, dass es mal SO zwischen uns wird. Momentan macht er in London sein Auslandssemester und ist seit ungefähr einem Monat in einer neuen Beziehung. Er hat mich einmal geküsst und wir hatten ganz ''normal'' Kontakt, das war's aber auch. Es tut mir weh ihn zu sehen und obwohl ich ihm immer wieder was zu sagen haben werde, will ich nicht reden, weil es einfach nur weh tut. Ich möchte, dass er glücklich ist, aber ich kann das alles nicht mehr ertragen. Er sagt, ich bin ihm nicht egal und dass es ihm leid tut, aber das will ich nicht hören. Ich weiß, dass es vernünftig wäre damit abzuschließen, aber ich kann nicht. Ich liege nachts wach und heule mir die Augen raus. Seit fast 2 Jahren entferne ich mich von Männern. Ich fühle mich so verdammt leer und hilflos. Dass dieses Organ nicht mehr in meinem Körper ist, bedeutet nicht, dass ich geheilt bin. Es bedeutet aber, dass ich wieder selbst entscheiden kann, welche Wege ich gehe und welche Entscheidungen ich treffe. Natürlich gebe ich meiner Schilddrüse mit die Schuld, dass diese Beziehung zerbrochen ist, aber das allein rechtfertigt mein Verhalten noch lange nicht.Heute kann ich von Außen sehen, wie grausam und unfair ich damals war und dieser Blickwinkel zeigt mir ein Bild, das ich früher nicht gesehen habe. Umso schlimmer ist meine jetzige Situation. Er fehlt mir, aber ich kann seine Gefühle nicht erzwingen. Damals hätte er alles für mich getan, das hat er mir neulich gesagt. Ich weiß nicht mehr was mit mir los ist, aber ich weiß, dass ich da nicht mehr mit umgehen kann. Ich ertrag das nicht mehr.
Manchmal sitze ich einfach nur da und bin froh, dass ich endlich einen Grund hab zu weinen. Wie tief kann man einen Menschen verletzen? Gibt es für uns wirklich keine Chance mehr? Ich hab doch niemanden umgebracht! Ich verbringe meine Wochen nur noch mit Arbeit und Heulen. Wie ein kleines Baby liege ich da und heule mir die Augen aus. Ich kann das so nicht mehr. Er fehlt mir so sehr...
Was soll ich gegen den Liebeskummer tun?
03.08.2011 23:50 •
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