Also ich kann vielleicht auch etwas beitragen. Vor 10 Jahren war ich die Böse, die verlassen hat. Ich war nach der Trennung nicht wirklich widerlich oder herablassend, eigentlich war ich gar nichts, ausser eiskalt. Es war eine achtjährige Beziehung, die aber die letzten 3 Jahre davon nicht mehr so genannt werden durfte, eher eine schlechte WG. Mir ging es das letzte Jahr gar nicht mehr gut, ich habe viel Alk getrunken, nichts mehr gegessen und in diesem letzten Jahr über 50 (!) kg abgenommen. Da ich vorher recht dick war, war ich schon noch bei Kräften, aber von meinem damaligen Mann kam keinerlei Reaktion.
Von daher habe ich gedacht, ich tue uns beiden einen Gefallen und beende diese WG. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich auch einen anderen Mann kennengelernt hatte. (Aber NUR kennengelernt!) Ohne meinem Ex noch einmal die Chance zu geben, über alles zu reden, machte ich mich aus dem Staub und liess ihn allein zurück, um sich zu sammeln und langsam aber sicher auszuziehen. Sein Auszug dauerte leider 5 Wochen...in denen ich immer mal hier und mal dort übernachtet hatte. Täglich kaufte ich mir neue Klamotten, oder ließ mir heimlich von meiner Mutter welche aus der Wohnung bringen. Ich verhängte eine totale Kontaktsperre. Über etliche Wochen, auch nach seinem Auszug, hat er immer wieder Nähe gesucht, ist in Selbstmitleid versunken, mit Selbstmord gedroht, Alk. mit lebensbedrohlichen Enden und wenn ich wirklich einmal Kontakt haben MUSSTE, weil er noch Sachen holen musste, dann war ich die Eiskönigin. Kurz, knapp und wirklich eiskalt. Und ich muss sagen, dass dies wirklich eine Maske war. Hinter der Maske, (und tatsächlich auch wenn er weg war) bin ich zerbrochen an seinem Elend. Ich mein, niemandem kann es wirklich gefallen, einen Menschen, den man mal geliebt hat, so unmenschlich leiden zu sehen) Aber ich wusste für uns beide in dem Moment instinktiv, dass jegliches freundlicheres Verhalten vollkommen deplatziert gewesen wäre und sein Leiden nur verlängert hätte, weil ich ihm somit evtl. Hoffnung für einen Neuanfang gemacht hätte.
In dem Moment (und auch 10 Jahre später jetzt) halte ich noch immer an der Entscheidung fest. Die Beziehung hatte ins Nichts geführt. Es war nichts da, wofür es sich gelohnt hätte zu kämpfen.
Es wurde auch übelst seitens seiner Freunde über mich hergezogen nach der Trennung, von wegen, ich wäre ja mit mindestens 20 Männern fremdgegangen und hätte ihn jahrelang nur ausnutzen wollen. Das war mir egal. Ich habe es nie richtiggestellt. Ich dachte, es sei besser für ihn, wenn er mich hasste, als das er mir noch immer hinterhertrauern würde. Ich war damals der Meinung, ich würde ihm mit meiner eiskalten, abweisenden Art einen Gefallen erweisen.
Heute ist der Spiess umgedreht....und ich weiss es verdammt nochmal besser. Heute bin ich die Sitzengelassene, die, die einfach weggeworfen, ausgetauscht, verstoßen worden ist. Und ich weiss endlich, wie mein Ex damals gelitten haben muss... Es tut mir so unendlich leid für mein grausames Verhalten von damals! Mittlerweile weiss ich, dass klare, aber freundliche Worte viel mehr helfen würden, als diese verdammte, eiskalte Ablehnung. Aber ich sehe auch, dass man als Verlassene jetzt alles auf die Goldwaage legt, was der Verlasser so sagt und veranstaltet. Und man verzweifelt daran, wie ein Mensch, der einen Monat noch zuvor große Liebesschwüre aufschrieb du bist das Beste, was mir je passieren konnte und Ich werde dich immer lieben, komme was wolle! im nächsten Monat plötzlich alles von heut auf morgen beendet, vollkommen egoistisch und arrogant auftritt. Nie eine Chance für eine gemeinsame Diskussion, über das Geschehene zu reden...das alles zerfrisst und zermürbt so entsetzlich.
Deshalb mein Appell an alle, die irgendwann einmal ihren geliebten Partner verlassen wollen: Helft ihm/ihr, so gut ihr könnt. Eine anfängliche Kontaktsperre mag hilfreich sein, aber auf Dauer wollen die Verlassenen doch immer Antworten, Antworten, Antworten. Warum? Wieso? Was lief falsch? Woran kann ich für die Zukunft arbeiten? Wo war der Punkt, wo man dachte, es gibt keinen anderen Ausweg, als die Trennung?
Man trennt sich nach etlichen Jahren ja nicht von heute auf morgen...das ist ein langer Prozess. Und man muss dem Verlassenen auch die Chance geben, diesen Prozess nachzuvollziehen, um ihn dann alleine aufzuarbeiten. Und sowas braucht nun mal Zeit. Und ich finde auch, gemeinsame Zeit. Und sei es nur per Telefon oder Email.
16.04.2017 01:14 •
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