Zitat von shedia2: . Doch ich war immer noch sehr ambivalent in meinen Gefühlen und völlig verunsichert. Außerdem war ich inzwischen schwer depressiv und die Symptome konnten nur durch die erneute, scheinbare Zuwendung des AM ein wenig gelindert werden.
Das zog sich leider über Jahre. Immer auf und ab und immer wieder mit neuer Hoffnung und neuer Enttäuschung, schlimmsten Selbstvorwürfen bis hin zu Selbstekel. Ich war wie eine Süchtige, die einfach nicht vom Stoff loskam, obwohl der längst nur noch Horrortrips verursachte.
Das kenne ich gut, auch wenn es bei mir nur 14 Monate waren mit dem Affärenmann. Das alles lief komprimiert ab. Erst die wundervolle Wolke 7 und die feste innere Überzeugung, jetzt endlich (ich war Mitte 40 und er 3 Jahre jünger) gefunden zu haben. Er hatte mir gleich am Anfang von seiner Bindungsproblematik erzählt und so die Verantwortung, mich dennoch mit ihm einzulassen, an mich weitergereicht. Und der stellte ich mich auch, völlig blauäugig, denn mit mir würde es anders werden. Wir würden eine wundervolle Beziehung haben und meine noch bestehende, totlangweilige Ehe nur noch ein Schönheitsfehler.
Nach den ersten Monaten voller Romantik, Herzrasen, wahnsinniger Sehnsucht und Glorienschein kündigte sich die Wende an. Und die kam auf leisen Pfoten daher geschlichen, als ich es meinem Mann gesagt hatte, dass es da einen Anderen gäbe.
Er reagierte fast verständnisvoll, denn auch ihm war nicht entgangen, dass unsere Ehe nur noch ein Nebeneinanderher war und ich längst auf dem Absprung war. Ich glaube, er hatte ein paar Mal versucht mit mir zu reden, aber ich mauerte und er sprach gegen eine Mauer aus Beton ... und gab es auf. Und wunderte sich dann nicht mehr, als ich es gestand aus innerem Antrieb.
Denn mittlerweile hatte ich wieder mein Gewissen entdeckt, das mir sagte, Du solltest reinen Tisch machen und ihm das sagen, denn Du belügst ihn ja ständig. Das hat er nicht verdient.
Und so hatte ich dann eben zwei Beziehungen. Hier meinen Hafen, mein eigentliches Zuhause, in dem mein Mann keine Probleme machte, sondern wohl erkannt hatte, dass im Moment nur abwarten hilft. Und dort das Andere, das Belebende, das Spannende, das Neue, von dem ich eigentlich lebte.
Und als ich es meinem Mann gesagt hatte und dies dem AM mitgeteilt hatte, denn ich wollte ihm ja zeigen, wie ernst es mir war, läutete das ganz klar die Wende ein. Er reagierte irgendwie sehr lauwarm, gar nicht erfreut, eher abwartend und wenn ich es im Nachhinein betrachtete, wollte er das gar nicht.
Wo waren sie hin, die Liebesgeständnisse, die wundervollen Messages auf dem Handy und das so schnell? Ich tat es ab mit Gewöhnung, die ja in jeder Beziehung eintritt und schließlich hatten wir ja schon ein halbes Jahr hinter uns gebracht, was doch sicher ein gutes Zeichen war.
Ich redete es mir schön, ich bagatellisierte sein Verhalten, seinen merkwürdigen Rückzug und legte nicht etwa den Rückwärtsgang ein, sondern gab eher Vollgas und wurde zu der Frau, von der ich glaubte, dass er sie haben wollte.
Ich wertete mich ab, suchte die Schuld bei mir, ich müsste anders sein, irgendwie besser, dann ....
Dazwischen aber wieder die Momente der Übereinstimmung, der Nähe, die mir momentan wieder ein süßes Gefühl gaben, nach dem ich süchtig wurde. Ich war innerlich traurig und die Eifersucht auf sein autarkes Leben kam auf, hinzu Misstrauen. Konnte ich mich denn überhaupt auf ihn verlassen?
Ich dachte in dieser Zeit, in diesen Wochen, die hochstressig waren, nur an mich, an ihn und die miese Beziehung, die mir längst nicht mehr das Wohlbefinden vom Anfang gab. Aber ich lebte von den Bröseln, die er mir zuteilte und die ich hochstilisierte zu etwas Besonderem, weil ich schon sehr genügsam geworden war.
Es war wie eine Sucht, an die Wende zu glauben, daran, dass er meinen Wert doch erkennen würde, eines Tages ... Ich war zu einer Marionette geworden die vielleicht selbstständig tat, aber es nicht war. Denn er bestimmte über meine Stimmung, mein Wohlbefinden. War er kühl und distanziert, litt ich und war er wieder mal liebevoll, blühte ich auf.
Ich hatte eine selbstständige Lebensführung weitgehend aufgegeben und hatte sogar oft Angst vor dem nächsten Treffen, das mir die nächste Klatsche geben konnte.
Aber dennoch, diese Verbindung zu lösen, erschien mir unmöglich. Alles, nur keine Trennung! Nur das nicht aufgeben, nicht in den Sand setzen, denn es hing für mich zu viel dran. Aber doch immer wieder die erwartete Enttäuschung, die Tränen daheim, das sinnlose Gedankenkino in den frühen Morgenstunden .... ja die spürbare Panik wenn ich befürchtete, dass er mir entgleiten könnte.
Ich hatte mich aufgegeben. Ich hatte meine Lebensfreude verloren, ich hatte mein selbstbestimmtes Leben aufgegeben, ich lebte nur noch für die Affäre, die mir immer mehr zusetzte. Ich war ausgelaugt, fühlte mich wie der Hindernisläufer, der angetrieben wird vom AM. Los, lauf noch eine Runde, nicht schlapp machen, das Ziel ist noch lange nicht erreicht. Hürden umgelaufen, egal, den Sturz abfangen und weiter, immer weiter. Sturz in den Wassergraben? Hab Dich nicht so, steh auf und lauf weiter. ...
Ich war handlungsunfähig geworden und hatte jegliche Selbstsicherheit eingebüßt. Die hatte er mir genommen, weil ich es zuließ. Ich belog mich weiter, stöberte sogar in seiner Mailbox und wurde fündig. Nein, er hatte mich nicht betrogen, aber auf dem Kongress eine Kollegin (wieder) getroffen, mit der er sich offenbar länger unterhalten hatte und die ihm gleich eine E-Card aus Borkum geschickt hatte. Und er? Sprang natürlich drauf an, ja , es sei toll gewesen, sich zu sehen und er hatte auch gleich einen Termin für ein zeitnahes Treffen parat. Denn er sei nächste Woche in München, dienstlch und da könnte er es gut einrichten. Sie sagte ab, weil es erst ihr Rückreisetag war, aber schickte hocherfreut himmelblaue Grüße ... ich dachte mir, warum nicht gleich rosarote, Du blöde Kuh!
Und so visierte man unverbindlich Ostern an und mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Seine Frage nach dem nächsten Treffen mit dem Hinweis, Ostern ist wahrscheinlich nicht so günstig wegen Familie und so ....
Ich war irgendwie gleich skeptisch gewesen, weil er das nächste Treffen gleich eintüten wolllte unter Umgehung von Ostern. Und das und so beinhaltete immer eine Unwahrheit, was ich mitlerweile schon lange wusste.
Ja, ich kannte ihn mittlerweile gut, diesen AM. Seine Ablenkungsmanöver, seine bindungsvermeidenden Tendenzen, seine Verhaltensweisen, die mir immer wieder sagten : Du bist nur Zaungast, Verfügungsmasse, was ich immer wieder wegschob.
Warum konnte ich nicht gehen, nicht erkennen, dass es selbstschädigend war, was ich tat? D.h ich wusste es durchaus, aber ich konnte mich nicht lösen. Heute weiß ich es: frühkindliche Muster, die ich nachlebte. Nur nicht aufgeben, dann kommt eines Tages die stabile Liebe, die ich so vermisste. Ein Kind geht nicht, es kann nicht gehen, es muss manches aushalten und bleiben und genauso lebte ich es als Erwachsene nach. Es konnte noch so schlecht laufen, ich ging nicht. Denn es konnte ja irgendwann immer noch anders kommen und dann wäre ich glücklich - endlich.
Es zog sich noch eine Zeitlang hin, aber es war schon längst der Wurm drin, der alles auffraß. Und dann das Ende, als ich glaubte, wir wären nun über den Berg, wir hätten jetzt so viel durchgestanden. Mit dieser Borkum-Dame wurde es nichts, weil ich von hinten kommend dazwischen gefunkt hatte. Ich hatte ihn bei seinem wunden Punkt getroffen ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass ich seine Mailbox angeschaut hatte, als er beim Bäcker war. Und ich erreichte ihn und das verursachte vermutlich doch so etwas wie ein schlechtes Gewissen mir gegenüber.
Es war unrühmlich, unentspannt, verlogen was beide taten. Von wegen, wir würden es besser machen und reden wenn uns etwas beschäftigte! Ha, nur noch Lug und Trug und Hintenrum von beiden Seiten. Täuschungsmanöver, Unehrlichkeit und das alles aus Verlustangst.
Dann servierte er mich ab. Es reichte ihm mit mir und irgendwo verstand ich ihn sogar. Wofür diese Farce weiter führen? Manches Mal war ich froh, dass ich noch mein Zuhause hatte, meinen Mann, der sichere Hafen.
Im Grund genommen wäre die Trennung die logische Konsequenz gewesen, aber es kam anders. Aber es brauchte alles viel Zeit und Geduld.
Ich redete nicht groß daheim darüber, wäre noch schöner gewesen, meinen Mann als Kummerkasten zu missbrauchen. Nein, da musste ich allein durch und die Tränen weinte ich wenn er schon schlief. Denn die Lücke war riesig und ich hatte ja nichts mehr, weil mein Lebensinhalt ersatzlos weg war.
Ich brauchte einige Monate aber es wurde besser und trotz Rückschlägen gewöhnte ich mich daran, dass es den AM nicht mehr gab. War er so wichtig gewesen, so unentbehrlich? Und so wunderbar und einzgiartig wie ich ihn sah? Nein, er war selbst beschädigt, schwach in seinem Ego, schwankend in seinem Befinden, geschlagen seit seiner Kindheit durch die fehlende Liebe seines Vaters. Bei mir war es die Mutter ....
So was verbindet, zwei verletzte Seelen die zueinander fanden und sich aneinander heilen wollten. Geht nicht, denn ein anderer Mensch kann die inneren Blessuren nicht heilen, auch wenn die Seele das momentan glauben möchte. Man muss es selbst machen, selbst tun.
So nach zwei Jahren - ich hatte lange nicht mehr an ihn gedacht und wieder in mein Leben gefunden - machte es eines Tages Klick, denn er war mir wieder eingefallen. Irritiert fragte ich mich, warum ich nun an ihn dachte. War ich immer noch traurig? Nein, das war es nicht. Vermisste ich ihn doch noch? Nein, auch das war es nicht.
Wollte ich wieder mal Kontakt aufnehmen? Nein, ich spürte kein Bedürfnis dazu. Was war es dann?
Und auf einmal lichtete sich ein Nebel und ich sah mich und uns auf einer Bühne und ich war Zuschauerin und schaute ein trauriges Zweipersonenstück an von zwei, die alles gegen die Wand gefahren hatten und sich selbst verraten hatten. Ich mich mehr als er.
Was hatte ich gewollt? Einen Retter, der mein Leben in Ordnung brachte und es lebenwert machte. Einen Ritter, der in mien Leben galoppierte und klein Aschenputtel auf sein Schloss holt, damit es sich endlich akzeptiert und geliebt fühlte.
Ich wollte, dass er all das für mich tat, was ich selbst nicht für mich tun konnte. Mir Liebe schenken, dass ich endlcih glauben konnte liebenswert zu sein. Mir treu sein, damit ich die inneren Ängste verlor. Mir den Glauben an mich selbst geben, wo ich doch nie an mich selbst geglaubt hatte.
Ich schämte mich - vor mir selbst und vor dem AM, den ich auch nur benützt hatte. Wie er mich auch, aber wer war nun besser? Ich? Meine weiße Weste wurde grau, ja fast schwarz. Was hatte ich nur getan ? Meine Ehe verraten, meinen Mann ins Abseits gestellt, das vermeitnlche Glück woanders gesucht und mich dabei selbst verloren! War ich einen Deut besser? Nein, leider nicht. War er der Drecksack, als den ich ihn angesehen hatte? Nein, er war zwar ein Drecksack, egoistisch, rücksichtslos, unempathisch, aber auch geschlagen, frustriert und war mit sich selbst uneins und er fand auch nicht heraus. Bildete sich zwar Wunder was auf seine Eigenständigkeit, seine Freiheit ein und war doch ein Gefangener seiner selbst. Wie ich auch.
Ab da wurde es besser mit unserer Ehe. Ich weiß nun, dass ich selbst etwas für mich tun muss und dass die Wiese woanders nicht grüner ist. Ich darf mich schätzen, ich darf mich loben, ich darf zu mir stehen, auch wenn ich einiges vergeigt habe -aus Unwissenheit, aus Unerfahrenheit und mangelnder Selbsterkenntnis.
ich darf mich mögen und das ermöglicht mir nun ganz anders, auch meinen Mann trotz all seiner Schwächen anders einzuordnen. Als einen charakterfesten Mann, der mir einiges voraus hat und der klug und tolerant war und wohl eher als ich begriffen hatte, dass ich die Zeit brauchte um diese Affäre zu einem Ende zu bringen und dann allmählich wieder zu mir selbst zu finden.
Was für ein wundervolles Gefühl, angekommen zu sein und das Leben wieder zu schätzen. Alles gibt es nicht, nirgends und es gibt auch nicht den Traumprinzen, der die Bedürfnisse des anderen einfach so erkennt und dann alles gibt. Der Traumprinz hat ja mit sich selbst zu tun und kann nicht noch ein anderes Leben nebenbei richten.Genauso wenig wie ich die Traumprinzessin bin. Willkommen in der Realität, die besser ist als gedacht.
Ab und an sehe ich ihn, den AM, aber immer nur dienstlich. Wir gehen uns aus dem Weg und grüßen uns nur, wenn es nicht anders geht und wir uns über den Weg laufen. Keine weiteren Worte, kein Smalltalk, nichts. Ich verstehe heute nicht mehr, was ich damals an ihm fand. Er wirkt auf mich reizlos und fade und ich nehme bei ihm das wahr was mir damals schon auffiel: Gedämpftsein, mangelndes Innenleben, Lauheit, Leere.
Wie er mich sieht, weiß ich nicht. Aber ich bin mir sicher, dass er mich nicht mag und ich ihn eher nerve, wenn er mich wahrnimmt. Wir wissen zu viel voneiander, wir kennen die schlechten Seiten das Anderen zu gut, das schreit nicht nach einem unverkrampften Kontakt. Und worüber sollte ich mit ihm reden? Für belangloses Geplänkel brauche ich den doch nicht, da gibt es andere Kollegen, mit denen man auch mal Spaß haben kann. Aber doch nicht mit dieser Trantüte, die sich selbst nicht mochte. Ein Mensch, der nie richtig lachte, der nie richtig frei wirkte. Was wollte ich denn mit dem?
Ich wollte nur sagen, ich kenne dieses suchtartgige Festhalten und Klammern an etwas, von dem man längst weiß, dass es nicht gut tut.
Und ja, es gibt eine Ehe 2.0, die sich viel besser anfühlt als der erste Versuch. Erst wenn man Gefahr läuft, etwas zu verlieren, kann man es richtig einordnen und mit etwas Glück und gutem Willen auch festhalten. Aber nur wenn beide es wirklich wollen und etwas dafür tun.