Ich denke, die TE steckt hier in einem ähnlichen Dilemma, wie ich damals und wie so viele Frauen, die in emotionale oder echte Affären rutschen. Anders als Männer gehen die meisten Frauen Affären ein, weil sie sich verliebt haben. Mag sein, dass ich hier etwas pauschalisiere, aber mir scheint es so, dass das der grundlegende Unterschied zwischen Affärenmännern und Frauen ist. Männer gehen Affären ein, um S. zu bekommen oder Ego-Push oder beides. Und wenn es schlecht für sie läuft, verlieben sie sich während der Affäre. Dann sind sie aber meistens noch rational genug, die Sache rechtzeitig zu beenden. Frauen gehen Affären ein, weil sie bereits verliebt sind. Die rutschen dann immer tiefer in ihre Emotionalität, je länger die Affäre dauert und leiden extrem, wenn diese warum auch immer endet.
Warum aber verlieben sich vergebene Frauen fremd? Weil sie zu Hause nicht mehr das bekommen, was sie brauchen. Also eben nicht nur reinen S. sondern emotionale Zuwendung. Sich begehrt fühlen, Komplimente, tiefe Gespräche eben einfach als Frau gesehen werden. Die meisten Göttergatten, meiner eingeschlossen, vergessen leider mit der Zeit, dass die Frau an ihrer Seite eben nicht nur die Mutter ihrer Kinder, Haushälterin, Köchin, Krankenschwester und Putzfrau ist, sondern ein denkendes, fühlendes Wesen mit Bedürfnissen. Somit liegen eben diese Bedürfnisse teilweise jahrelang brach und es entsteht ein Vakuum, in das jeder beliebige Mann mit ein bisschen Charme und ein paar netten Worten vordringen kann. Der weiß dann möglicherweise gar nicht, wie ihm geschieht, wittert seine Chance auf prickelnde ero. und Bestätigung seiner Männlichkeit und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Wird die Geschichte dann beendet, steht Frau wie ein begossener Pudel vor dem Scherbenhaufen. Der Traum vom Prinzen, der endlich ihre weibliche Seele wachgeküsst hat, fällt in sich zusammen, wie ein Soufflee, das man zu früh aus dem Ofen nimmt. Und sie muss entweder zurück in ihre scheinbar lieblose aber eben Sicherheit bietende Ehe oder sie nimmt all ihren Mut zusammen und geht den steinigen Weg ins Singel Leben. Immer in der Hoffnung, dass da draußen noch der echte Prinz wartet, der ihr endlich das gibt, was der AM zu versprechen schien aber leider nicht halten konnte (oder wollte).
Dieser Weg birgt aber ein gewisses Risiko, denn leider sind die Prinzen da draußen relativ selten. Vor allem, wenn Frau die 50 überschritten hat. Dann nämlich steht sie in Konkurrenz mit jeder menge jüngeren, attraktiveren Frauen, von denen eben leider jene Prinzen heimlich träumen. Die Chance, dass der Traum vom Finden der einen wahren Liebe erfüllt wird, ist also eher gering. Was also tun?
Ich entschied mich damals, in meiner Ehe zu bleiben. Ich war über 50, hatte einen schlecht bezahlten Job und die Perspektive auf ein Leben mit harter Arbeit und einer winzigen Wohnung statt Haus und Garten. Ich gebe zu, dass das meine Entscheidung stark beeinflusst hat. Noch dazu waren meine Kinder zwar schon flügge aber noch zu Hause und ich wollte sie nicht völlig verlieren. Ich war nie eine besonders starke Persönlichkeit. Ein mögliches Leben als Singelfrau machte mir riesige Angst, zumal meine ersten Gehversuche in der Ausweichwohnung gerade krachend gescheitert waren. Der AM als emotionale Stütze war weggebrochen und ich fühlte mich erschöpft und kraftlos. Wie gut, dass da mein Mann mich zurück holte. Der wollte nichts lieber, als unsere Ehe weiter führen. Genau so, wie sie vor meiner Affäre gewesen war. Damit fühlte er sich nämlich ziemlich wohl. Ich war sein Rund-Um-Sorglospaket. Sein Mama-Ersatz, seine Köchin, seine Krankenschwester, Haushälterin und Putzfrau.
Vorrübergehend strengte er sich sogar an, brachte ab und zu Blumen mit oder schlug Tanzkurse oder Theaterbesuche vor. Aber was soll ich euch sagen. Das ganze ist jetzt 10 Jahre her. Inzwischen ist der Alltag zurück, der Status Quo wieder hergestellt. Nur dass ich inzwischen gelernt habe, die Dinge realistisch zu sehen. Die 60 ist nicht mehr weit weg. Mir wird kein Traumprinz mehr begegnen und wahrscheinlich auch kein AM. Zu Hause ist es warm und kuschelig und mein Mann braucht mich inzwischen auch aus gesundheitlichen Gründen mehr denn je. Wir haben fast unser gesamtes Erwachsenenleben miteinander verbracht. Wir haben unsere Kinder groß gezogen und können stolz sein, auf das was aus ihnen geworden ist. Wir haben Höhen und Tiefen erlebt, uns gestritten, uns versöhnt, aneinander gezweifelt und uns wieder gefunden. Er ist trotz allem das Beste, was mir im Leben passieren konnte.
Ja, wir sind einander die bequemste Lösung. Aber verdammt nochmal, nach all dem, was wir durch haben, haben wir ein bisschen Bequemlichkeit verdient. Die Jagd nach dem großen Glück hat sich nicht gelohnt. Sie hat uns ausgelaugt und krank gemacht. Und jetzt ist sie Gott sei Dank endgültig vorbei. Vielleicht geht es ja im Leben auch gar nicht um das große Glück. Vielleicht geht es ja um viel banalere Dinge, wie Zufriedenheit, Sicherheit und Frieden mit sich selbst und anderen. Ich werde es nicht mehr heraus finden. Der TE und euch wünsche ich bei der Suche viel Glück. Ihr werdet es brauchen.
30.10.2023 08:37 •
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