Hallo zusammen,
mich beschäftigt dieses Thema schon seit längerer Zeit und stoße mit meinen Gedanken immer wieder an meine Grenzen, die mir nicht die Klarheit bringen, die ich erwarte zu bekommen.
Vielleicht stelle ich mir nicht die richtigen Fragen, vielleicht denke ich zu eingeschränkt, deswegen erhoffe ich mir hier neue Denkanstöße, die mir vielleicht diese Klarheit und vor allem ein besseres Verständnis über mich selbst bringen können.
Ich befinde mich seit 4 Jahren in einer Beziehung, die nach wenigen Monaten schon etwas ungesund wurde. Natürlich gab es weitaus mehr Vorfälle als die folgenden. Damit das Ganze aber noch lesbar und beantwortbar bleibt, halte ich mich an kurze Beispiele, die einen Einblick in die Beziehung geben sollen. (Tut mir Leid, dass es trotzdem so lange geworden ist!)
Mit Eifersucht und Unterstellungen ging es los, er hat mir nicht geglaubt, wenn ich gesagt habe, dass ich die Nummer nicht kenne, die mich eben angerufen hat, sondern mit "jaja natürlich weißt du das" reagiert.
Ich hatte lockere Freundschaften mit dem anderen Geschlecht, aus seiner Sicht gibt es keine Freundschaft zwischen Mann und Frau. Damals hatte ich noch meine Einstellung, dass viel Kontakt zwischen Mann und Frau nichts zu bedeuten hat und man trotzdem nur seinen Partner lieben und treu sein kann. (Hat sich aber leider geändert, siehe unten)
Dann kamen emotionale Erpressungen: wenn du xy nicht machst, bin ich weg. Hat dann auch die Bestätigung seiner Mutter geholt und mir gesagt, dass ich wohl nicht wüsste wie man eine Beziehung führt, dass man xy auch tun könne für die Person, die man liebt, damit er sich besser fühlt.
Dann hat er mit zweierlei Maß gemessen: hatte ich ein Bedürfnis: "ne, wenn du Vertrauensprobleme hast komm damit klar", "ich muss mich doch nicht rechtfertigen".
Er hat also sehr hohe Erwartungen, dass ich mich so verhalte, wie er es gerne hätte, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, welche auch Opfer gefordert haben, sodass ich meine eigenen Bedürfnisse bzw. mein Handeln für ihn angepasst habe. Er im Gegenzug war oftmals nicht bereit, das selbe für mich zu tun (bei weit geringeren Opfern bzw. weniger hohen Erwartungen, es war meiner Ansicht nach sehr unverhältnismäßig).
"Das ist was anderes" etc. hieß es dann oder ich müsste mal an meinem Selbstwertgefühl arbeiten. (nicht nett und ruhig angesprochen sondern garstig)
(Anmerkung zwischendurch: ich hoffe ich muss nicht alles detailliert ausführen, um verstehen zu können was ungesund daran war. Denn an manchen Beispielen wirkt es vielleicht so, als müsste ich eine ungesunde Vorlage vorgelegt haben, dem war aber nicht so (natürlich aus meiner Sicht, da ich aber viele Gespräche mit Freunden und Familie geführt habe, gehe ich davon aus, dass das auch nicht wirklich "falsch" oder grenzüberschreitend war, wie ich gehandelt habe und falls doch würde ich das erwähnen)).
Wenn ich schon mit anderen Männern GEREDET habe, hätte ich mit ihnen geflirtet, ihnen Hoffnungen gemacht. Hat sich bei mir so eingebrannt, dass ich mittlerweile grundsätzlich ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich mit anderen Männern spreche (z.B. bei ehemaligen Kollegen, fremder Mann der nach dem Weg fragt usw.)
Und dann kamen Grenzüberschreitungen dazu: Drohungen, Beleidigungen.
Er selbst hat öfters mal gelogen und mir selbst aber Lügen unterstellt, wobei ich nie gelogen habe, weil Ehrlichkeit für mich sehr wichtig ist (und das weiß er). Er hat mich kontrolliert und mir aber bei den kleinsten "Möglichkeiten" unterstellt, dass ich ihn kontrollieren würde (was nicht so war). Er hat Dinge behauptet, die nie stattgefunden haben, sodass ich vorerst an meinem Verstand gezweifelt habe, bis ich z.B. durch Belege gemerkt habe, dass ich im Recht war. (z.B. von wann bis wann der Handwerker bei mir war)
Im Streit selbst hört er sich meine Meinung oft nicht richtig an, spielt sie runter oder verdreht die Augen, wenn ich etwas sage und wendet sich einfach nur ab und blockt ab und hat mich auch gerne mal mehrere Stunden oder auch Tage ignoriert. Irgendwann kommt er auf mich zu, als wäre nie etwas vorgefallen und redet auch nicht über den Streit, keine Entschuldigung. Wenn ich mich entschuldigen möchte nimmt er das manchmal gar nicht ernst.
Geredet wurde viel über diese Probleme, anfangs habe ich das immer ruhig angesprochen. Wir haben auch wirklich lange Gespräche geführt, wo er z.T. auch Einsicht gezeigt hat. Die Muster haben sich allerdings fortgesetzt, weshalb ich mir zu diesen Zeitpunkten schon unterbewusst gedacht habe, dass ich das nicht ewig machen kann. Ich muss dazu sagen, dass ich anfangs zwar erst Vertrauen aufbauen musste, es allerdings für mich behalten habe, wenn ich z.B. für kurze Zeit Eifersucht empfunden habe, wenn er auf einer Party von seiner Mitbewohnerin war und habe ihn nicht für mein Gefühl verantwortlich gemacht, sondern habe an mir gearbeitet, sodass ich mir selbst z.B. gesagt habe, dass er nicht mit mir zusammen wäre, wenn er nicht mich toll finden würde usw. Ich habe das also mit mir ausgemacht. Also nur als Zusatz, falls jemand denkt, dass ich ihn zu Lügen usw. getrieben haben muss. Ich war ehrlich zu ihm mit meinen Gefühlen, wenn wir einmal darüber gesprochen haben, aber nie auf die Art, dass ich ihn dafür verantwortlich mache und anmeckere. Aber natürlich: irgendwann konnte ich ihm auch nicht mehr ruhig entgegen kommen, nach all den beschriebenen Dingen und habe mich selbst verloren, indem ich selbst ein Misstrauen entwickelte und auch mal lauter wurde.
Zum Einen kam das Misstrauen (denke ich) aufgrund der fehlenden tiefen Geborgenheit, dass ich mich sicher fühlen kann, dass ich nicht auf Eierschalen laufe. Und zum anderen aufgrund der Lügen und Kontrollen. Ich konnte meine Hand nicht mehr für ihn ins Feuer legen, das Misstrauen war mal weniger, mal mehr da.
Also haben wir uns für ein paar Wochen getrennt, während dieser Wochen hat er sich sehr um mich bemüht und sich (die meiste Zeit) so verhalten wie ich es mir gewünscht hatte: wir konnten über Probleme reden. Und zwar ruhig und respektvoll. Sobald ich aber wieder einer Beziehung eingewilligt habe, kamen alte Muster wieder hoch, bezogen auf den Umgang mit Streit. Denn einen Grund, dass die anderen Muster wie Eifersucht usw. aufkamen, gab es eigentlich keinen. Ich wohne alleine, habe seit kurzer Zeit meinen Nebenjob nicht mehr, studiere im Home Office und habe auch sonst keinen Kontakt zu anderen Männern.
Mein Misstrauen besteht allerdings immer noch. Und trotz seinem eigenen Wunsch, mir das zu nehmen, ändert sich kaum etwas.
Nun mal dazu, wie ich mir eine gesunde Beziehung vorstelle: erstmal muss natürlich die Basis stimmen, das bedeutet Vertrauen, Ehrlichkeit, Wertschätzung und Respekt müssen vorhanden sein. Ist eines dieser Werte brüchig oder taucht ein anderes Problem auf, z.B. dass das Vertrauen z.B. durch Lügen des einen Partners leidet, sollten beide im Stande sein darüber zu reden. Dass man zusammen die Gründe herausfindet, Bedürfnisse, die nicht erfüllt werden, und gemeinsam eine Lösung finden zu können wenn und dann an sich arbeitet, damit das Problem behoben wird. Ich weiß ja nicht, ob meine Vorstellung da einfach zu naiv ist?.
Gerade ist es aber, wie gesagt, so, dass ich die alten Verletzungen noch nicht ganz vergessen kann, WEIL sie immer noch mit den aktuellen Verhaltensweisen zusammenhängen. Außerdem hat seine Einstellung auf mich abgefärbt, indem ich mich dabei ertappe, wie ich mich frage, ob das Pärchen auf der Parkbank eine Beziehung mit Affären und Lügen führt. Total bescheuert eigentlich, solche Gedanken hatte ich früher nicht. Da bin ich nicht direkt davon ausgegangen, dass jeder lügt und betrügt. (Mein Freund hat mich meines Wissens nie betrogen, aber in so einer Art belogen sodass es an Betrügen grenzt).
Was außerdem etwas negativ ist, ist dass wir in einem Punkt nicht dieselben Werte vertreten. Bisher wollte ich ihn darin nicht bearbeiten, weil ich der Meinung bin, dass man seinen Partner so lieben sollte wie er ist und nicht verändern sollte. Aufgrund mancher Aussagen seinerseits in letzter Zeit könnte ich mir aber vorstellen, dass er sich da doch noch ändern könnte.
Mein Freund selbst wünscht sich in einer Partnerschaft, dass seine Freundin nicht so schnell zweifelt, wenn es schwierig wird (was völlig nachvollziehbar ist, den selben Wunsch habe ich auch).
Genau das kann ich ihm seit einiger Zeit aber nicht geben, weil zu viele Verletzungen zu oft vorfallen. Da ist eine ungesunde Dynamik in unserer Beziehung. Ich denke, wenn diese Verhaltensmuster, die mich zweifeln lassen, nicht wären, könnte ich mich vielleicht fallen lassen, sodass ich ihm die Sicherheit geben kann und er wiederum mir.
Trotz dem oben beschriebenen möchte ich nicht loslassen, weil wir auf anderen Ebenen meiner Meinung nach perfekt harmonieren und zusammen passen. Und diese Ebenen möchte ich nicht aufgeben.
Andererseits: Wenn ich an uns denke, spüre ich eine Art distanzierendes Gefühl, das aussagt, dass zu viele Verletzungen vorgefallen sind und IMMER NOCH vorfallen, um die alten endgültig beiseite schieben zu können.
Warum sind mir diese guten Ebenen, die schönen innigen Momente so viel wichtiger als all die Verletzungen und das Leid, sodass ich mich nicht lösen kann?
Die Anziehung ist immer noch so stark, ich liebe ihn immer noch sehr und sehe ihn und mich in einer gemeinsamen Zukunft und denke, dass es das ist, was mich erfüllt und das, was ich mir gewünscht habe. Aber gleichzeitig taucht auch diese Stimme auf.
Ihr könnt mir gerne auch für mich unangenehme Fragen stellen, solange respektvolle Beiträge kommen, ich möchte mich nur endlich selbst verstehen. Warum halte ich so sehr an jemandem fest, der sich mir gegenüber so gemein verhalten hat?
15.08.2021 21:38 •
#1