Guten Abend,
inzwischen vor Monaten habe ich einen Mann kennengelernt. Anfangs sah es nach typischem Kennenlernen aus, so wie man es kennt, man trifft sich und trifft sich öfter, wenn man merkt, dass es passt und hat auch Lust sich zu treffen. Kennengelernt haben wir uns über Freunde. Er hat sich anfangs auch immer nur im Freundeskreis treffen wollen. Es hat recht lange gedauert, bis er sich mit mir mal zu zweit getroffen hat und das auch immer nur alle zwei Wochen. Es wirkte für mich unverbindlich, absolut nicht so, als dass er für mich irgend etwas empfindet oder das ganze auf ein typisches Kennenlernen zusteuert.
Allerdings war immer er derjenige, der nach Treffen gefragt hat. Ich habe vieles zurück gestellt, er hingegen glaube ich weniger. Er trifft sich am Wochenende auch lieber mit Freunden als mit mir. Irgendwann war mir das dann zu undurchsichtig.
In einem stundenlangen Telefonat fragte ich ihn dann irgendwann einmal, was er eigentlich für mich empfinde oder wie er unser Verhältnis eigentlich sieht. Ich habe ihm im Zuge dessen auch gesagt, dass ich sehr viel mehr empfinde, als ich zeige, weil ich das Gefühl habe, ich bin lediglich ein Kumpel für ihn. Er sagte daraufhin, dass er mich nicht so sehe und lediglich zu wenig Zeit für eine Bindung hätte. Das habe ich bereits wahrgenommen. Ständig Ausreden, ständig auf Achse, ständig nicht da.
In diesem längeren Telefonat stellte sich für mich heraus, dass er für meinen Geschmack zuviele Ausreden sucht, um sich nicht zu oft mit mir zu treffen. Und es stellte sich heraus, was ich vermutete: Bindungsprobleme. Er sei durch seine letzten Beziehungen ständig eingeengt worden und brauche lange um wieder Vertrauen zu fassen. Wieso er mir das nicht vor Monaten schon sagte, war mir unklar, statt dessen immer Ausreden.
Ich habe ihm gesagt, dass ich mich mit ihm erst wieder treffen mag, wenn er sich entschieden hat, wohin das ganze führt bei uns. Für mich gibt es nur die Möglichkeit: Freundschaft (irgenwann) oder ernsthaftes Kennenlernen. Da bislang zwischen uns absolut nichts passiert ist, weniger als nichts könnte man sagen, ist also alles noch möglich.
Am nächsten Tag schrieb er mir, er möchte mich gern wieder sehen. Gesagt getan. Es war aber schon wieder ein herumgeeiere und ich fragte ihn, wie er sich entschieden hat, denn ich sagte ja, ich möchte mich nicht ständig treffen, wenn ich überhaupt nicht weiß, wie er es sehe. Ich habe gemerkt, dass er sich unfassbar schwer tut, mit dem Ausdruck dessen, was er fühlt. Hingegen umgekehrt weiß er bei mir bestens Bescheid. Aber er hat es sich nur angehört und mir wieder nicht gesagt, was er für mich empfindet. Ich habe ihm dann gesagt, es ist für mich nun eine Freundschaft, keine Antwort ist für mich auch eine Antwort.
Das ganze ist jetzt letzten September gewesen. Er schreibt mir von Beginn an extrem oft und fragt mich auch häufig, was er so macht. Er ist gefühlt nur unterwegs, mit Freunden, Familie, Arbeitskollegen. Ich habe schon manchmal gedacht, er ist verheiratet, aber ich weiß von Freunden, dass er das nicht ist und es da auch niemanden gibt.
Vor einigen Wochen bin ich hier mit einem Nachbarn ins Gespräch gekommen. Wir grüßten uns bisher immer nur, aber ein weiteres Gespräch ergab sich nicht.
Freundschaft hin oder her, natürlich habe ich nicht abgeschlossen mit dem Mann, der sich nicht entscheiden kann, was er will, aber ich will auch nicht weitere Monate warten, um mich hin und wieder mal zu treffen und mir anzuhören, dass jemand mich weder als Freundin noch als Kumpel noch als sonst was sieht und nicht so recht weiß, was er eben möchte.
Letzten Sonntag lud mich mein Nachbar spontan auf einen Kaffee ein. Ich nahm die Einladung an. Das Gespräch war sehr nett. Als wäre es abgesprochen gewesen, erhielt ich während ich da war eine Nachricht, was ich gerade mache von meinem entscheidungsunfähigen Bekannten. Ich überlegte kurz, was ich antworte und entschied mich dafür, ihm mitzuteilen, dass ich gerade eine Einladung auf einen Kaffee bei einem freundlichen Nachbarn wahrnehme. Daraufhin herrschte erstmal Funkstille und ich konnte förmlich fühlen, was er sich dachte. Im Übrigen war er den gesamten Sonntag mit Kumpels bei einem Fußballspiel zuschauen, bei dem er nicht mal eine Karte hatte, sondern spontan hin fuhr und vor Ort schaute, ob es noch was gäbe.
Wenig später schrieb er, dass er sowas von mir nicht erwartet habe, dass ich mehrgleisig fahre. Ich habe seither tatsächlich ein bisschen schlechtes Gewissen, denke mir aber, er hat keinerlei Recht auf irgendwas, wenn und solange er sich nicht entscheiden kann. Ob es so klug war, ihm die Wahrheit mitzuteilen, weiß ich natürlich auch nicht.
Ein wenig hin und her gerissen bin ich. Einerseits denke ich, ich jage hier einem Luftschloss nach, also einem Mann, der nie Zeit hat oder sich Zeit nehmen will und vielleicht würde sich das Gefühl, das ich für ihn habe, sehr schnell erledigen, wenn wir mehr Zeit verbringen würden und ich ihn nur so lange interessant finde, wie ich ihn nicht haben kann, ich weiß es nicht. Mein Nachbar zb ist da für mich, er ist verfügbar, also mit ihm kann ich einfach mal quatschen, etwas unternehmen, er ist häuslich, nicht permanent auf Achse und hat trotzdem Hobbys und etwas vor.
Wie seht ihr das?
14.10.2023 17:41 •
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