Liebe Community, ich lese schon einige Zeit als Gast mit und habe heute beschlossen, mich anzumelden. Ich bin w, 40 und single.
Als ich 22 war, war ich hoffnungslos verknallt in einen 9 Jahre älteren Mann, den ich vom Verein her kannte. Allerdings war ich damals noch total naiv, rannte ihm hinterher und versuchte, ihn durch S. an mich zu binden. Wie dumm ich war! Natürlich hat das nicht funktioniert. Für ihn war ich - so betrachte ich es rückblickend - eine Bettgeschichte und ich ließ ihn damals in dem Glauben, es sei bei mir genauso, weil ich immer zu feige war, ihm zu sagen, was ich fühle. Das zog sich über ein Jahr. Aufgehört hat das erst, als ich in der Zeitung las, er würde heiraten. Es stellte sich heraus, dass er im Sommer eine Frau geschwängert hatte (das wusste ich damals nicht, er hatte nie was von ihr erzählt) dann hatte er im Herbst nochmal was mit mir und Anfang des neuen Jahres hat er sie dann geheiratet. Ab diesem Zeitpunkt hatten wir dann auch keinen Kontakt mehr.
Mein Leben lief weiter, meine Beziehungen wurden reifer und ernster und jetzt - fast 20 Jahre später - bin ich eigentlich gut bei mir selbst angekommen. Eine Taktik wie damals käme heute für mich nicht mehr in Frage.
Im Juni diesen Jahres dann, schrieb er mich völlig überraschend über Facebook an und teilte mir mit, seine Frau habe ihn vor ein paar Tagen verlassen. Mein erster Gedanke war: Aha?! Und jetzt meldest du dich wieder bei mir, bin ich jetzt wieder gut genug? Ich antwortete ihm recht neutral, aber freundlich distanziert. Durch den jahrelangen Abstand war ich ihm zum Glück nicht mehr verfallen, von daher ging das recht gut. Es vergingen einige Tage und er schrieb und schrieb - wir unterhielten uns über Gott und die Welt und er erzählte mir über damals, dass es anfangs mit der anderen Frau keine Liebe war, aber aufgrund der Schwangerschaft hätte er zu ihr gestanden mit allen Konsequenzen. Sie - ist in meinem Alter - sei jetzt aus der Beziehung ausgebrochen aufgrund Midlife Crisis und habe ihn verlassen. Das scheint wohl auch zu stimmen, denn er hatte mir im Laufe unserer Gespräche auch einen Screenshot von einem FB-Post von ihr geschickt, in dem sie quasi die gemeinsamen Freunde informiert hat, dass sie kein Paar mehr seien, dass aber nichts Böses vorgefallen wäre, bevor Gerüchte auftauchen, sie hätte ihn verlassen aufgrund des Alltags. Der Sohn ist inzwischen fast volljährig.
Wir hatten uns dann auf seinen Wunsch hin mal getroffen auf ein Getränk, und da das recht nett war, haben wir uns seit Juni alle paar Wochen mal getroffen und diverse Dinge unternommen (Freizeitpark, Konzerte). Diese Dinge waren dann länger im Voraus geplant. Aber: Es ist nichts zwischen uns gelaufen, kein Kuss, kein gar nix. Trotzdem merkte ich, dass ich mich in seiner Gegenwart sehr wohl fühle. Es ist seither kein Tag vergangen, an dem wir keinen Kontakt hatten (meist WA), die Initiative dazu geht zu 80 % von ihm aus. Er schreibt sehr liebevoll, nicht anzüglich, kein love bombing. Ich habe ihn zwischenzeitlich von einer völlig neuen Seite kennengelernt, die mir früher verborgen blieb (tiefgründige Gespräche z. B.) und beginne, wieder Gefühle für ihn zu entwickeln - nur natürlich nicht mehr mit dem Hintergrund von damals. Trotzdem bleibt mein Verstand wach und ich frage mich. wo führt es hin? Es geht irgendwie nicht vorwärts. Vielleicht bin ich auch zu ungeduldig?
Er spricht mit mir über Dinge, die ihn triggern, seit seine Frau weg ist. Aktuell z. B. seine Weihnachtsdeko - er ist dann traurig, weil es ihn an das heile Familienleben erinnert, fängt sich dann aber recht schnell wieder und schreibt wieder normal.
In meinem Hirn rattern Fragen wie: Seine Frau ist weg und hinterlässt bestimmt eine große Lücke nach 18 Jahren Ehe. kann er überhaupt in mich verliebt sein oder klammert er sich jetzt nur an mich, um die Lücke zu füllen? Bin ich das Trostpflaster, das ihm Sicherheit gibt - wenn auch meist nur durch Schreiben in WA? Andererseits: Eine schnelle S. Geschichte ist es nicht. Meistens schreibt er mir, wenn er irgendwo ist - was bedeutet, dass er ja dann in dem Moment irgendwie mich im Kopf haben muss. Zwischen unseren Treffen sind immer mehrere Wochen Pause. Wir wohnen aber nur 12 km auseinander. Ich habe mal die Initiative ergriffen, spontan abends essen zu gehen, das wollte er dann aber nicht und hat auch keinen Gegenvorschlag unternommen. Das macht mich dann wieder unsicher, dass ihm die Schreiberei vielleicht genügt und alles andere momentan für ihn zu viel wäre. Nur wenn ich mich jetzt auf meine Emotionen einlasse. ich möchte ja keine Brieffreundschaft.
Während mein erster Gedanke übrigens Ach, jetzt kommst Du bei mir an war, meinte eine Freundin, sie sieht das anders. Sie meinte, wenn ich nach all der langen Zeit immer noch die jenige sei, an die er zuerst denkt, wenn seine Frau ihn verlässt, dann muss da schon mehr dahinter stecken. Normalerweise hätten nach 17 Jahren weitaus andere Frauen nach mir seinen Weg gekreuzt, an die er sich jetzt hätte wenden können, vor allem wenn das damals nur eine unbedeutende Bettgeschichte gewesen wäre. Für schnellen S. gibt es ja jetzt aber gar keine Anzeichen.
Bin ich einfach nur zu ungeduldig? Sollte ich ihm mehr Zeit geben, abwarten was passiert und bis dahin einfach mein Leben leben? Es tat auf alle Fälle gut, die Gedanken mal von der Seele zu schreiben.
27.11.2019 18:06 •
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