Wachsende Wut auf den Ex

Hallo,

ich dachte ich könnte leichter damit abschließen, aber aktuell fällt es mir sehr schwer da ich im Nachgang eine unglaubliche Wut auf meinen Ex empfinde. Ich möchte mich an dieser Stelle gerne austauschen, einfach dass ich mich ein wenig besser fühle und vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der ähnliches wie ich erlebt hat.

- er (33, vermeidender Bindungsstil + Depression) und ich (w, 38 ängstlicher Bindungsstil) haben uns vor etwa zwei bis drei Jahren online in einer Gaming-Community kennengelernt; wir leben ein paar hundert Kilometer voneinander entfernt

- wir begannen als Freunde und wurden Ende 2023 engere Freunde

- aufgrund einer leichten depressiven Episode war er damals psychisch nicht gut drauf (er hat mir von Anfang an von seiner Depression erzählt, er hat sie nicht versteckt)

- aufgrund von viel Stress auf meiner Seite (einschließlich Panikattacken) begannen wir, uns gegenseitig zu unterstützen/aufzubauen und genossen die Anwesenheit des anderen

- wir kamen uns schnell näher (viel zu schnell wie ich inzwischen feststellen musste), weil er mich bald mit Zuneigung überschüttete (was ich viel zu sehr genoss, weil ich ängstlich gebunden bin und es liebte; ich dachte, ich hätte den Partner meines Lebens gefunden)

- er war von Anfang an hyper-romantisch und malte sich eine Zukunft aus, in der wir verheiratet sein würden (ich weiß nun, dass das eine massives rote Flagge war, aber ich war in der Honeymoon-Phase, rosarote Brille und so), und das nach nur 3-4 Wochen intensiver Gespräche auf Discord und WhatsApp (lange nächtliche Gespräche und S. inklusive)

- die Lovebombing/Honeymoon-Phase dauerte 3-4 Monate an, in denen er sehr engagiert und entschlossen war; er sagte mir, wie besonders ich für ihn sei, dass er so etwas noch nie gefühlt habe und dass ich seine „Seelenverwandte“ bin; es fühlte sich zu schön an, um wahr zu sein

- er besuchte mich nach 3 Monaten super intensiver Gespräche und stand eines Tages unangekündigt vor meiner Tür (ich verliebte mich noch mehr in ihn, weil diese Aktion wie in einer Liebesromanze aus einem Film war, von der jede Frau heimlich träumt; oh Mann . )

- nach diesem ersten Besuch wurde er zurückhaltender, aber ich achtete nicht darauf, weil ich so sehr in ihn verliebt war

- von diesem Tag an nahm seine Zuneigung zu mir langsam ab (seine warmen und liebevollen „Guten Morgen“- und „Gute Nacht“-Nachrichten, die er immer schickte, wurden weniger)

- die Monate vergingen, und je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, desto distanzierter wurde er

- er hat nie wieder Gespräche über ein Treffen im wirklichen Leben initiiert (ich war es dann, die ihn zweimal besucht hat, wobei auch ich diejenige war, die es initiiert hat) und er hat nie Gespräche über eine gemeinsame Zukunft initiiert (die er anfangs so romantisch dargestellt/fantasiert hat)

- das zweite Mal, als ich ihn besuchte, verbrachten wir eine Woche zusammen, was unser Urlaub war (es war eine schöne Zeit mit sehr viel Zuneigung und S.; ich fühlte mich ihm wirklich nahe und geliebt)

- nach unserem Urlaub ließ seine Zuneigung massiv nach und nur 3-4 Wochen nach unserem Urlaub brach er den Kontakt aus heiterem Himmel ab, nachdem er erklärte, dass es ihm psychisch schlecht gehe (er war direkt in eine weitere depressive Episode gerutscht)

- ich habe 3(!) Monate lang kein Wort von ihm gehört (wenn ich ihn nicht hier und da online gesehen hätte, dachte ich, dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen ist; meine Angst war riesengroß!)

- obwohl ich von seiner Depression wusste, beschloss ich, ihn nicht mit Nachrichten zu erdrücken und hielt es leicht, indem ich ihm alle 2-3 Wochen eine kleine Nachricht schickte (ich bin für dich da, denke an dich usw.)

- innerhalb dieser 3 Monate absoluten Null-Kontakts hatte er die Dreistigkeit und Respektlosigkeit, mich zweimal(!) auf WhatsApp zu blockieren, das war ein großes OOF! für mich, weil ich nicht verstehen konnte, wie mein Partner sich so verhalten konnte

- Mitte Dezember meldete er sich schließlich wieder bei mir, und es war, als ob ein Schalter umgelegt worden wäre; er war sehr distanziert, fast kalt, das war nicht die Person, mit der ich früher geredet habe, er entschuldigte sich nicht einmal dafür, dass er mich blockiert hatte, und es fühlte sich an, als ob ich mit einer entfremdeten Version von ihm reden würde, er war völlig verändert!

- er sagte mir, dass alles zu viel für ihn ist, zu viel Stress, dass er einen Nervenzusammenbruch wegen seiner Depression hatte, dass die Fernbeziehung zu viel für ihn ist, dass er sich wie eine Last für alle fühlt und dass er mich nicht in den Abgrund ziehen will

- von diesem Tag an war unsere Beziehung vorbei, die Art und Weise, wie er mich abserviert hat, war schmerzhaft und es gab absolut keine Reue von seiner Seite, keine Reue, wie ich mich während des Kontaktabbruchs gefühlt habe, die Blockierung . nichts, er hat sich wie eine leere Hülle verhalten

- ein paar Tage nach dem Rausschmiss redeten wir noch ganz normal und ungezwungen miteinander und ich dachte, dass wir vielleicht Freunde bleiben könnten (naiver, dummer Gedanke)

- gleichzeitig bemerkte ich, dass er intensive Gespräche mit einer anderen Frau aus der gleichen Gaming-Community begann, was mir von Anfang an irgendwie verdächtig vorkam

- nur 2-3 Wochen nach der Trennung bemerkte ich, dass er Postings auf Insta wie „Ich kann es kaum erwarten, dich zu treffen und endlich mit dir zu kuscheln“ oder „Ich will nur mit dir zusammen sein“ usw. likte (ab dem Zeitpunkt hatte ich ihn dann dort rausgeworfen und blockiert). Mir wurde ganz flau im Magen, weil mir das alles zu bekannt vorkam, es waren die gleichen Phrasen, die er mir mal geschickt hatte, das gleiche Blabla, dass er endlich eine Seelenverwandte gefunden hätte . ich wollte kotzen.

- er stürzt sich also direkt in die nächste Fernbeziehung mit einer anderen Frau (obwohl er die Art von Beziehung angeblich gar nicht will), erzählt ihr das Gleiche, was er mir einst vorsülzte, ist wieder hyper-romantisch und malt sich eine perfekte gemeinsame Zukunft aus

Was zur Hölle ist falsch mit ihm?! Ich fühle mich im Nachhinein verraten und weggeworfen wie Müll, nachdem ich so viel für ihn getan habe! Ich blieb bis spät für ihn wach, wenn er deprimiert war und sich einsam fühlte, sprach mit ihm, kümmerte mich um ihn und zeigte ihm nichts als Zuneigung und bedingungslose Liebe! Und doch hat er mir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Seitdem er mit ihr redet ghostet er mich und ganz ehrlich, soll er er doch. Er sollte sich auch besser nicht wagen zu versuchen bei mir wieder angekrochen zu kommen wenn diese offensichtliche Rebound-Beziehung in die Hose geht. Denn auch die wird scheitern. Es ist nur ein weiterer Kreislauf, der sich fortsetzt. Er will seine Probleme nicht sehen und zieht es vor, vor ihnen wegzulaufen. Das ist es, was er tut! Er ist immer nur am weglaufen! Therapie und Co. kommt für ihn nicht in den Sinn weil bringt ja nix. Mein Gott ich bin einfach nur schei*** wütend gerade je mehr ich darüber nachdenke!

Ich weiß, dass ich von ihm nie eine Entschuldigung oder ähnliches bekommen werde. Alles, was ich tun kann, ist, den Schaden zu reparieren, den er mir emotional und mental zugefügt hat. Vom „Verliebtsein“ zum „Ghosting“ in 10 Monaten. Wow . einfach nur wow. Nie wieder möchte ich etwas mit einer solch instabilen Person zu tun haben, die nichts dagegen tut. Anfangs dachte ich noch, dass man eventuell Freunde werden kann, aber pfffft. Dumme Luftschlossmalerei von meiner Seite. Schluss mit dem Geschwafel. Danke, für's Lesen. Rant over.

Ihr habt euch kaum gesehen und die Honeymoon/Kennenlernenphase war eigentlich digital? Das klingt ja auf beiden Seiten nach sehr viel Illusion, die natürlich sowieso immer beim verlieben da ist aber zumindest an den Kanten doch durch reale Begegnung geschärft wird. Ich würde sagen, er hat die „Kanten“ mit dem Abgleich geschärft, danach war er ja auch anders und du bist durch deine Verlustangst drin kleben geblieben. Kann das sein?
Vielleicht solltest du weniger auf ihn schauen, sondern tatsächlich auf das Konstrukt, dem du da aufgesessen bist. Wie kann es sein, dass eine 38 jährige Frau (grade nur angenommen, nicht geschaut ob du weiblich bist) sich auf so etwas irreales einlässt? Das ist ja quasi selbst wie ein PC Spiel, so abstrakt. Ich lese „zweimal gesehen“ aus dem Text heraus. Warum ist es dir nicht nach seinem Rückzug zu blöd geworden? Warum hältst du fest? Wie sieht dein reales Leben aus? Lernst du real Menschen kennen oder bist auch in einer onlinewelt versunken weil du draussen in der Gesellschaft keine guten Erfahrungen sammelst?

Zitat von Snipes:

Er liebt dich nicht, ganz klar bist du maximal ein Backup für schlechte Zeiten. Warum machst du so etwas mit? Drei Monate sich nicht zu melden ist doch eine ganz klare Aussage und bedeutet, dass du ihm egal bist, Depression hin oder her.

Warum ich sowas mit mir habe machen lassen, muss es eher heißen. Heute würde man mit mir so nicht mehr umspringen. Zu dem damaligen Zeitpunkt war ich leider noch zu sehr in ihn verliebt und habe zu viel Verständnis gezeigt. Inzwischen weiß ich, dass es falsch war. Jetzt überwiegt einfach nur die Wut. Ich werde ihm in Zukunft auch definitiv kein Backup sein wenn es ihm wieder schlechter geht weil seine aktuelle Flamme ihm dann auch nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Jetzt hat er seine Ablenkung bei ihr, alles so schön und toll, blah blah. Soll er sich wieder Luftschlösser ausmalen und sich mit ihr in eine neue Fantasiewelt begeben. Denn nichts anderes ist es: Fantasie! Dass geht online ja auch so herrlich einfach.

Zitat von Aldia249:

Ich verurteile prinzipiell keine Menschen, die psychische Probleme haben, aber ich finde es immer dann schwierig, wenn man mit dem eigenen Problem so...

Ich habe bei psychischen Erkrankungen auch absolutes Verständnis und verurteile niemanden dafür, aber die Art und Weise wie er sich trotz allem verhalten hat, ist unter aller Kanone. Das kann keine Krankheit der Welt entschuldigen. In meinen Augen ist er auch absolut beziehungsunfähig und zudem auch noch wahnsinnig unreflektiert in Bezug auf das eigene Verhalten. Alle anderen sind Schuld an seinem Elend, nur er nicht.

Zitat von Tauberich:

Ihr habt euch kaum gesehen und die Honeymoon/Kennenlernenphase war eigentlich digital? Das klingt ja auf beiden Seiten nach sehr viel Illusion, die natürlich sowieso immer beim verlieben da ist aber zumindest an den Kanten doch durch reale Begegnung geschärft wird. Ich würde sagen, er hat die „Kanten“ mit dem Abgleich geschärft, danach war er ja auch anders und du bist durch deine Verlustangst drin kleben geblieben. Kann das sein?

Im Nachhinein betrachtet ist es mir fast schon megapeinlich wie ich mich dahingehend verhalten habe. Dass ich nicht direkt aufmerksam geworden bin weil es so wahnsinnig schnell ging. Es ist vielleicht dem geschuldet gewesen, dass ich längere Zeit Single war und ja, meine Verlustangst hat mich definitiv darin kleben lassen. Ich weiß immerhin um meine Baustellen und bin aktiv daran diese zu beheben bzw. mich zu verbessern. Ich habe die letzten Monate sehr viel reflektiert und weiß nun sehr genau was ich definitiv nicht mehr möchte. Manchmal müssen solche Ereignisse anscheinend passieren, damit man wachgerüttelt wird. Heute würde mir sowas definitiv nicht mehr passieren, denn es war wirklich nur ein fiktives Konstrukt.

Zitat von Tauberich:

Warum ist es dir nicht nach seinem Rückzug zu blöd geworden? Warum hältst du fest? Wie sieht dein reales Leben aus? Lernst du Menschen kennen oder bist auch in einer onlinewelt versunken weil du draussen in der Gesellschaft keine guten Erfahrungen sammelst?

Ich hatte zu dem Zeitpunkt naiverweise angenommen, dass es nochmal anders wirst. Aber na ja, ich wurde eines besseren belehrt. Im echten Leben habe ich zum Glück meine Familie und meine Freunde, mit denen ich mich darüber austauschen kann. Ich lebe nicht zurückgezogen, wenn du dass damit ausdrücken wolltest.

Zitat von Chaoticism:

Im Nachhinein betrachtet ist es mir fast schon megapeinlich wie ich mich dahingehend verhalten habe. Dass ich nicht direkt aufmerksam geworden bin ...

Muss dir nicht peinlich sein, ich hatte das auch, wenn auch auf einer anderen, (nicht digitalen) Ebene. Man verpasst den Absprung aus Angst.
Es hat mit der Intelligenz auch nichts zu tun. Man ist gefangen in seinen Mustern. Aber du erkennst die Muster und das ist wichtig!
Du reflektierst das Ganze und hast Leute, mit denen du sprechen kannst Du kommst da raus und wirst dich auch wieder echten Leuten zuwenden und eine echte Beziehung führen.
Du hast aus diesem Schmerz gelernt.
Versuch weiter deine Themen zu bearbeiten, wenn es angezeigt ist, auch mit professioneller Hilfe.
Er bleibt unreflektiert und wird weiter digitaler und doch sehr realer Herzensbrecher bleiben.

Zitat von Aldia249:

Genau das Bei mir ähnlich. Bekommt seine eigene Psyche nicht auf die Kette und ich leide. Es ist nicht fair.

Ach Mensch dass klingt wirklich nicht schön. Ich drück dich an dieser Stelle mal ganz fest. Man kann nur hoffen, dass sie irgendwann erkennen dass die professionelle Hilfe brauchen, denn alleine kommen sie aus diesem Hamsterrad nicht raus. Aber die Entscheidung müssen sie alleine treffen. Da kann ihnen niemand bei helfen. Bei meinem Ex wird es auf Dauer ein sehr einsames und unglückliches Leben wenn er so weiter macht. Aber dass darf mich nicht weiter berühren. Ich habe mein bestes getan.

Zitat von Tauberich:

Muss dir nicht peinlich sein, ich hatte das auch, wenn auch auf einer anderen, (nicht digitalen) Ebene. Man verpasst den Absprung aus Angst.
Es hat mit der Intelligenz auch nichts zu tun. Man ist gefangen in seinen Mustern. Aber du erkennst die Muster und das ist wichtig!
Du reflektierst das Ganze und hast Leute, mit denen du sprechen kannst Du kommst da raus und wirst dich auch wieder echten Leuten zuwenden und eine echte Beziehung führen.
Du hast aus diesem Schmerz gelernt.
Versuch weiter deine Themen zu bearbeiten, wenn es angezeigt ist, auch mit professioneller Hilfe.
Er bleibt unreflektiert und wird weiter digitaler und doch sehr realer Herzensbrecher bleiben.

Im Gegensatz zu mir hat er keine Familie, mit der er reden kann weil er den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat. Aber dass nur am Rande weil es darf mich nicht weiter berühren. Ich muss nach mir selbst schauen und vorangehen.