Hallo zusammen ,
ich lese schon ein paar Wochen hier mit, wollte mich aber eigentlich gar nicht anmelden geschweige denn hier mitschreiben.
Diejenigen von Euch die sich tatsächlich bis zum Ende dieses Beitrags durchwühlen werden vielleicht verstehen warum.
Aber ich ersticke zur Zeit fast an allem und muss irgendwo hin damit.
Im Detail zu schildern wie ich an den Punkt kam wo ich jetzt bin würde den Rahmen sprengen, ich versuche am besten irgendwie das wichtigste zusammen zu fassen. Dennoch wirds nicht kurz werden, sorry dafür.
Ich bin Mitte 40, mein Mann ist im gleichen Alter. Wir sind seit 25 Jahren zusammen, 15 davon verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder im Teenageralter.
Und er hat sich vor fünf Wochen von mir getrennt, nachdem er rausgefunden hat das ich per Messenger sehr intensiven Kontakt zu einem anderen Mann habe (hatte).
Unsere ersten 18 gemeinsamen Jahre waren ganz normal, weitgehend unspektakulär und im großen und ganzen glücklich.
Natürlich gab es so einige Streitpunkte und Diskussionen in all den Jahren und wir kamen auch nicht verletzungsfrei durch diese lange gemeinsame Zeit.
Aber auch wenn jeder von uns den andern manchmal gerne ein bissel anders gehabt hätte als er war, unterm Strich wussten wir doch immer was wir aneinander haben. Und die Liebe war groß genug um uns, egal was passierte, nicht zu verlieren.
Ich bin Herzmensch, ein kleiner Träumer. Ich mache mir zwar super viele Gedanken um alles und es mir dadurch in meinem Kopf sehr schwer, im Alltag aber vielleicht oft etwas zu einfach.
Ich bin eher chaotisch, nicht sehr zielstrebig, dafür sehr zäh im Aushalten emotionaler Belastung und leider schlecht darin etwas das mir Bauchschmerzen bereitet anzupacken und durchzuziehen.
Und ich stelle Gefühl immer über den Verstand.
Mein Mann dagegen ist eher kopfgesteuert, ehrgeizig, geht seinen Weg und ist sehr verantwortungsbewusst, auch und vor allem in finanziellen Dingen. Seine Unabhängigkeit ist ihm enorm wichtig und er lässt andere nicht sehr gerne in sich hineinschauen.
Dadurch vermittelt er leider oft den Eindruck von Gleichgültigkeit und das Gefühl niemanden wirklich zu brauchen und ist schwer einzuschätzen, sogar für mich, nach so vielen Jahren.
Unsere Rollen waren immer klar verteilt.
Er machte Karriere, sowohl beruflich als auch in seinem Hobby und war sehr oft weg, auch an den Wochenenden. Er verdiente das Geld für die Familie und regelte auch alle größeren finanziellen Sachen alleine.
Ein gemeinsames Konto hatten wir nie, ich bekam monatlich eine Summe Haushalts/Taschengeld von ihm auf mein Konto überwiesen und hatte mit den festen monatlichen Augaben nichts am Hut, nichtmal einen Überblick darüber.
Ich war ab Geburt unseres ersten Kindes Hausfrau und Vollzeitmama und quasi alleine verantwortlich für alles rund um Familie, Kinder, Haus und Hund.
Ab und zu nahm ich nebenbei einen Minijob an, musste aber immer alles um meinen Mann und seine Termine herum organisieren.
Diese Aufteilung war im großen und ganzen für uns beide okay, auch wenn ich mir manchmal gewünscht hätte das er sich etwas mehr in die Familie einbringt. Und er sicher auch nichts gegen etwas mehr finanzielle Entlastung von meiner Seite gehabt hätte.
Vor sieben Jahren begann unsere Krise, wir entfernten uns im Lauf des Jahres 2005 immer mehr voneinander.
Er veränderte sich, zunächst nicht greifbar für mich. War noch mehr unterwegs, war irgendwie anders.
Und ich entdeckte den Computer als perfekte Unterhaltung für mich wenn ich alleine war.
Irgendwann begann ich ein Onlinespiel zu spielen womit ich nach und nach immer mehr Zeit verbrachte. Zuerst nur wenn er nicht da war, irgendwann dann auch während.
Und wir zogen uns immer mehr voneinander zurück, jeder auf seine Weise und jeder mit dem Gedanken und der Rechtfertigung ich reagiere ja nur auf das was der andere tut bzw unterlässt.
Ich lernte schließlich in diesem Spiel einen Mann kennen der mir per schreiben immer vertrauter wurde.
Mein Mann und waren zu dieser Zeit emotional sehr weit voneinander entfernt, ich kam nicht mehr an ihn heran, versuchte es auch irgendwann gar nicht mehr und verschanzte mich stattdessen hinter meinem Computer.
Ich hatte bis dahin nie online geflirtet, war zunächst irritiert, ließ mich aber im lockeren Umfeld von Spiel und Chat dann doch darauf ein.
Wir schrieben einige Zeit sehr viel und auch irgendwann sehr intim, lernten uns aber nie real kennen. Und beendeten das ganze nach einigen Wochen wieder.
Und es fehlte mir. Gar nicht mal so sehr dieser bestimmte Mann, eher das Gefühl der Aufmerksamkeit das er mir vermittelt hatte.
Und das ebnete den Weg für Mann Nummer Zwei.
Es war, so blöd es klingt, die Fortsetzung der Mann Nummer Eins Sache, fast sogar ein bißchen erzwungener von mir weil ich dieses Gefühl einfach wieder haben wollte.
Irgendwann dann, nach wochenlangem schreiben mit Mann Zwei fasste ich den Entschluss mich tatsächlich mit ihm zu treffen.
Es schien mir die logische Konsequenz zu sein.
Wir verbrachten zwei Tage miteinander. Das ich mir was vorgemacht hatte war mir vom ersten Moment an klar, warum ich dennoch blieb kann ich bis heute nicht genau sagen. Vermutlich weil ich nicht wahrhaben wollte das ich mich so sehr geirrt hatte, so dermaßen naiv und bescheuert gewesen war.
Und weil ich mich diesem Menschen nach allem was wir geschrieben hatten irgendwie verpflichtet fühlte und mir der Mut fehlte ehrlich zu sein.
Ich bin nicht gut im Lügen und schon gar nicht im Betrügen und mein Mann merkte schnell das etwas nicht stimmte.
Ich hatte gehofft und auch angenommen er würde aus Gleichgültigkeit gar nicht genauer nachfragen, das war allerdings ein Irrtum. Es kam zur großen Aussprache bei der ich alles beichtete.
Seine erste Reaktion war Trennung, wir beschlossen dann aber im Laufe des Gespräches es irgendwie doch gemeinsam wieder hin zu bekommen.
Ich glaube jeder Mensch und jedes Paar verarbeitet eine solche Sache anders. Die Methode meines Mannes war alles genau wissen zu wollen um mit dem ganzen Wissen neu anfangen zu können und ich beantwortete jede seiner Fragen, erklärte jedes Detail.
Doch das reichte ihm nicht, er nahm Kontakt zu diesem Mann auf um sich auch mit ihm auseinander zu setzen. Schrieb ihm, traf ihn, sprach mit ihm, grub immer tiefer, es war irgendwann fast so als wäre er selbst dabei gewesen.
Es waren entsetzliche Monate, für uns beide.
Er litt ganz arg und das war allein meine Schuld und ich machte mir natürlich riesengroße Vorwürfe das mir das passiert war.
Besonders quälte ihn die Frage weshalb ich in dem Moment bevor es passierte nicht gestoppt, nicht die Notbremse getreten hatte die ich doch hätte haben müssen, nicht einfach gegangen bin.
Ich verzweifelte an dieser Frage, ich konnte es mir ja selbst nicht erklären.
Und es wurde noch schlimmer als er mir nach einigen Wochen von einer Frau erzählte die er Anfang 2005 kennengelernt hatte und mit der er sich im Lauf des Jahres immer öfter ganz harmlos und ohne Hintergedanken getroffen hat, bis es eines Tages dann doch zu einem Kuss kam.
In diesem Moment hätte er diese Bremse gezogen die mir gefehlt hat und habe sie danach nie mehr wieder gesehen.
Er hatte also das richtige getan als es drauf ankam, er hatte STOP gesagt. Und ich fühlte mich dadurch noch schuldiger, dreckiger, unehrenhafter, mieser als zuvor denn sein richtiges Verhalten im kritischen Moment hatte mein Versagen noch unverzeihlicher gemacht.
Mit dieser Last lebte ich einige Wochen. Bis er mir gestand das er das Stop auch verpasst hatte.
Dem Kuss folgte weiterer Kontakt und schließlich eine gemeinsame Nacht.
Einige Tage habe er überlegt, sich dann aber für seine Familie entschieden und die Sache mit ihr beendet.
Das Gefühl das ich nach diesem Geständnis hatte ist kaum zu beschreiben.
Ich war entsetzt weil es furchtbar weh tat. Bestätigt weil ich endlich die Erklärung für sein abweisendes Verhalten im vergangenen Jahr hatte, wütend weil er mich wochenlang in der Rolle der allein Schuldigen gelassen und sich samt seiner Bremse auf ein Podest gehoben hatte.
Aber, so weh das alles auch tat, auch erleichtert endlich nicht mehr alleine die Betrügerin zu sein. Es war ein kleiner, wenn auch schmerzhafter Ausgleich, wir waren plötzliche beide sowohl Betrüger als auch Betrogene.
Von da an hatten wir beide etwas das wir verarbeiten mussten.
Wir kämpften, jeder für sich und zusammen. Mal glaubte der eine nicht mehr zu können, mal der andere. Wir waren abwechselnd stark und schwach, dröselten die winzigste Kleinigkeit auf, erklärten uns dumm und dämlich, fielen unzählige Male hin und standen wieder auf.
Und wir hätten es fast geschafft. Wir waren uns, trotz dem ganzen Mist in dieser elendigen Zeit, näher als wir es uns je zuvor gewesen waren.
Doch dann, fast ein Jahr nach meinem Betrug, erfuhr er, ich weiß nicht mal genau wie, von diesem ersten Mann mit dem ich geschrieben hatte.
Und er erfuhr nicht nur von ihm, er bekam sogar Texte geschickt und konnte so selbst Wort für Wort nachlesen was wir geschrieben hatten.
Das war das Stückchen zuviel das er nicht auch noch verzeihen konnte.
Er begann sich zu distanzieren, ganz langsam. Wollte nicht mehr kämpfen.
Sagte mir ein paar Wochen später das er nicht mehr könne, so gerne er auch wolle, das er es nicht mehr schaffe.
Und er jemanden kennengelernt habe, bisher nur flüchtig, die ihm aber herrlich unkompliziert schien und er es so verlockend fände einfach was neues, unbelastetes anzufangen und sie gerne wiedersehen würde.
Und er sagte mir das er mich nicht mehr liebt.
Ich bin an diesem Abend völlig zusammengebrochen.
Wir hatten so sehr gestrampelt und waren voller Hoffnung gewesen, hatten den Sinn gesehen, beide.
Wir hatten ein Jahr hinter uns das zwar unglaublich hart und grauenhaft schlimm aber auch so innig und voller Liebe gewesen war und wir waren so nah dran gewesen es zu schaffen.
Ich konnte ihn nicht gehen lassen.
Ich habe geredet, geweint, gefleht, argumentiert, gebettelt. Ich wusste, würde er in diesem Moment gehen würde ich daran zugrunde gehen.
Er blieb. Bei mir, bei seiner Familie, in unserem gemeinsamen Leben.
Aber der Preis dafür war hoch.
Er stellte die Regel auf der Satz ich liebe Dich sei ab sofort und für alle Zeit tabu. Er er würde ihn niemals mehr zu mir sagen und auch niemals mehr von mir hören wollen.
Er zog er sich emotional zurück, Tag für Tag ein Stück mehr und stampfte die Gefühle für mich ein die noch übrig waren.
Zärtlichkeiten wurden im Laufe der nächsten Wochen immer weniger.
Im Herbst 2007 schliefen wir zum letzten Mal miteinander, ab dann blockte er alle Versuche meinerseits ab, den letzten Anfang 08 dann so deutlich das ich danach keinen weiteren zu starten wagte.
Es gab fast keine Körperlichkeit mehr.
Die liebevollste Berührung war ein an der Hand nehmen beim Spaziergang. Und drei flüchtige Küsse pro Tag, jeweils zum Abschied, zur Begrüßung und zum Gut Nacht sagen.
Er hatte eine unsichtbare Grenze gezogen die ich nicht überschreiten durfte.
All die kleinen Dinge die zu einer gesunden Beziehung dazugehören, die einfach da sind, mal mehr mal weniger, wurden nach und nach verbannt und waren irgendwann komplett weg, gehörten nicht mehr zu uns.
Wir lebten miteinander, ganz normal und halbwegs harmonisch, gingen freundlich miteinander um, lachten miteinander, unternahmen viel gemeinsam, fuhren in Urlaub, lebten scheinbar wie all die Jahre vorher.
Aber ohne die kleinsten Zeichen der Zuneigung wie liebevolle Blicke, übers Haar streicheln, ein Kuss zwischendurch, eine Umarmung, mal aneinander gekuschelt einschlafen, ohne Zärtlichkeit und S. und ohne die Gewissheit das der Partner einen liebt und tief in seinem Herzen hat.
So verging Monat für Monat, Jahr für Jahr.
Wir redeten nie mehr darüber, weder über das was gewesen war noch über den Zustand in dem wir uns befanden. Es wurde totgeschwiegen, ignoriert, wir taten so als sei alles völlig normal.
Fünf Jahre lang.
In den ersten zwei Jahren habe ich gelitten wie ein Hund und nur deshalb die Tage und Nächte überstanden weil ich den fest daran glaubte alles würde sich wieder ändern, wieder bessern, irgendwie, irgendwann und er würde wieder Liebe von mir und zu mir zulassen können.
Aber er blieb konsequent und egal was ich tat, ich hatte keine Chance.
Ich habe mir immer wieder gesagt das ich mehr wohl nicht erwarten darf.
Das ich die ganze Sache vergeigt habe und ich nun eben mit den Konsequenzen leben muss. Das ich am besten nicht zuviel über alles nachdenke. Das es so schlecht ja auch nicht ist und das was fehlt nur ein kleiner Teil vom Ganzen. Andere Sachen in einer Beziehung genau so wichtig, vielleicht wichtiger sind.
Doch im Laufe der Jahre kamen auch immer öfter andere Gedanken.
Die Frage ob man, ob ich wirklich für immer so leben kann und wie lange ich es noch ertragen und durchhalten werde ohne mich dabei selbst völlig zu verlieren.
Er kam offensichtlich viel besser damit zurecht als ich, er litt nicht darunter.
Er hatte seine Arbeit und nach wie vor sein Hobby das er nicht minder zeitintensiv betrieb wie all die Jahre, Jahrzehnte zuvor. Und war längst nicht so auf uns beide, auf Familie und zu Hause fixiert.
Ich fragte mich natürlich oft wie er das ganze wohl empfindet. Ob ihm nichts fehlte, ob er nichts vermisste. Natürlich ohne eine Antwort darauf zu finden, ich konnte ihn nicht durchschauen.
Mir fehlte es unglaublich.
Ich hatte große Sehsucht nach Zuneigung, Zärtlichkeit, Liebe und vor allem nach ihm. Empfand mich immer unerwünschter und verkehrter.
Mein Selbstbewusstsein schrumpfte auf Erbsengröße, ich fühlte mich als Mensch und vor allem als Frau komplett abgelehnt und nicht mehr begehrenswert.
Und hatte dazu auch noch den Moment verpasst mir einen Ausgleich zu suchen. Ich kreiste nach wie vor nur um Kinder, meinen Mann, Hund, Familie und Haushalt .. und um mein Befinden, meine Wünsche, mein mich ungeliebt fühlen.
Ich wurde immer unzufriedener und unausgeglichener.
Zeitgleich wurde aus meinen süßen kleinen Kindern, den Menschen die mir bis dahin positive Gefühle und Liebe gegeben hatten, Teenager die sich sich von mir weg orientierten. Was ja völlig normal und richtig ist, die Leere in mir aber noch mehr verstärkte.
Wodurch ich noch unzufriedener wurde. Was dazu führte das ich immer unausstehlicher wurde. Und das widerum dazu das mir noch weniger Gefühl entgegengebracht wurde, eine unzufriedene Mama und Ehefrau ist nicht sehr liebenswert. Ich steckte in einer Spirale und kam nicht mehr raus.
Vermutlich hätte ich irgendwann zu dieser Zeit um 2010/2011 herum mit meinem Mann reden müssen. Ihm sagen das ich es nicht mehr aushalte so, das ich verkümmere. Das sich irgend etwas ändern muss.
Aber ich sah keine Chance es dadurch zum Besseren wenden zu können und die Alternative wäre die Trennung gewesen. Die ich nicht wollte, unter keinen Umständen. Ich wollte Verbesserung, keine Trennung. Ich wollte ihn, mit ihm zusammen sein, mit ihm glücklich sein.
Und ich hatte Angst durch ein Gespräch schlafende Hunde zu wecken und ihn ganz zu verlieren.
Noch wichtiger wäre wohl gewesen meinen Weg für mich zu finden.
Meinen Horizont zu erweitern, nicht mehr so klein zu sehen und so begrenzt zu agieren.
Ich lebte dümmer als ich bin, war stecken geblieben irgendwo, hatte mich nicht weiterentwickelt und das nicht mal gemerkt.
Ich dachte ich stehe mitten im Leben, dabei stand ich nur in meiner eigenen kleinen Welt und die wurde immer leerer.
Vielleicht hätte ich alles positiv verändern können mit einer grandiosen Sache die ich mit riesen Rumms gemacht hätte. Etwas wodurch ich wieder stolz auf mich selbst hätte sein können, ein Stück meines Selbstwertgefühls wieder gefunden und auch ein bischen Respekt und Anerkennung meiner Familie zurück bekommen hätte. Aber mir fehlte die Idee, die Motivation, der Biss dafür.
Stattdessen begann ich Im Sommer letzten Jahres wieder zu spielen, wählte also den bequemen Weg.
Es war zunächst nur Zeitvertreib, Freizeitbeschäftigung, Lückenfüller, Ablenkung.
Die Bestätigung und Erfolg der ja mit solchen Spielen einhergeht, tat mir gut, auch wenn es letztlich nix wert da unecht ist.
Und ich störte ja keinen damit, das sagte ich mir zumindest
Ich spielte in meiner Freizeit und klaute mir die immer häufiger auch dann, wenn eigentlich gar keine da war.
Was mir vorher so zu schaffen gemacht hatte, das mich keiner mehr wirklich brauchte und jeder in der Familie nur sein eigenes Ding machte wurde plötzlich unglaublich praktisch.
Warum sollte ich nicht spielen, ich fehlte ja keinem.
Das war natürlich nicht ganz richtig, ich fehlte schon und sowohl meine Kinder als auch mein Mann äußerten das auch und das nicht nur einmal.
Aber sie sagten niemals das ICH fehle, es ging immer nur um meine Arbeitskraft und darum das ich nicht mehr wie gewohnt funktionierte.
Darum das die Bügelwäsche nicht erledigt war oder der Haushalt auf Notprogramm lief, ich nicht sofort aufsprang wenn jemand Abends um 9 noch ein Brot wollte oder man mich dreimal ansprechen musste wenn man ne Frage hatte da meine Ohren mit Kopfhörern verstöpselt waren.
Und es ging um grundsätzliches.
Um das Bild das sie nicht sehen wollten, das Bild einer in einen Bildschirm starrenden Ehefrau und Mama.
Unternehmen wollten sie aber auch nichts mit mir, es ging nur ums Prinzip.
Mamas tun sowas nicht, mach was anderes Mama, neiiiiin, nicht mit uns, mach was anderes für Dich.
Was mir in meinem Kopf die Rechtfertigung gab so weitermachen zu können.
Mehr noch, die Bestätigung gab das ich außer Putzlappen, Köchin und Chauffeur nichts weiter war, für keinen hier.
Ich flüchtete also nicht nur, ich flüchtete sogar halbwegs reinen Gewissens in die bunte Welt hinter meinem Bildschirm wo ich all das sein konnte was ich zu Hause nicht war. Und wo ich Menschen begegnete die mich nett und lustig und okay fanden.
Es kam wie es kommen musste, nein das ist falsch, es hätte nicht müssen. Aber es passierte, ich begegnete im Laufe diesen Jahres dort wieder einem Mann der mir nach und nach näher kam.
Ich habe natürlich viel darüber nachgedacht warum ich Menschen die mir genaugenommen fremd sind - was mir durchaus auch bewusst ist und zu jeder Zeit war - nach und nach so nah an mich herankommen lasse, das sie mir so vertraut scheinen.
Im echten Leben ist das nämlich gar nicht meine Art, bei Männern schon grad überhaupt nicht. Ich war nie der große Flirter und hätte/habe mir, wie bedürftig ich auch gewesen sein mochte, niemals Bestätigung durch andere Männer gesucht.
Ich habe es noch nicht wirklich herausgefunden, vielleicht ist es der Schutz der tatsächlichen Distanz die man hat. Man kann jemand nahe kommen lassen ohne ihn nah kommen zu lassen.
Klingt irre irgendwie, ist aber was dran wenn man länger drüber nachdenkt.
Für alle Menschen ausser mir mag es scheinen als wiederholt sich nun einfach die Geschichte von vor sechs Jahren. Aber es war anders, aus mehreren Gründen.
Denn die Erfahrung von damals steckte ja in mir und ich war weder so naiv wie damals noch habe ich wie damals den Gedanken an meinen Mann dabei weggeschoben. Ich ging zwar, noch mehr wie damals, davon aus das er nichts mehr für mich empfindet, mir war aber klar das es ihm nicht egal ist was ich tue, und sei es nur aus Stolz oder Prinzip.
Auserdem war durchaus bewusst wo solche Sachen hinführen können, ich hatte es ja schon erlebt.
Andererseits tat ich lange Zeit nichts verwerfliches und sagte mir natürlich das ich es soweit auch nicht kommen lassen würde, auf gar keinen Fall.
Das klappte auch eine lange Zeit.
Ich genoss die immer öfter kommenden Komplimente, fühlte mich geschmeichelt durch die offensichtliche Begeisterung dieses Mannes für mich, spielte das ganze aber runter oder schwächte es durch ironisch-lustige Kommentare ab und gab nichts zurück.
Und war mir nach wie vor sicher sowas wie damals würde mir nie mehr wieder passieren.
Irgendwann sprach er dann aus was ich fast geahnt hatte, er sagte mir er habe sich in mich verliebt.
Ich begann sofort ihm das auszureden, schmiss die Realität in die Waagschale, ging drei Schritte zurück aber auch wieder zwei vor weil er mir inzwischen wirklich schon wichtig geworden war.
Setzte mich mich ihm auseinander und stellte dabei erschrocken fest das es mich (pseudo)gefühlsmäßig auch erwischt hatte.
Auch da versuchte ich noch mich wieder rauszuziehen. Erzählte ihm von Grenzen, von Loyalität meinem Mann gegenüber. Und dachte wirklich noch ich habe alles im Griff.
Hatte ich nicht.
Ich habe mich lange dagegen gewehrt ist ein billiger Satz, ich weiß. Denn jeder ist fähig einen Knopf zu drücken, auch ich.
Ich habe den Zeitpunkt dafür verpasst auszusteigen klingt nicht viel besser, genau so war es aber.
Es ist schwer nun auseinander zu nehmen was genau man in einer solchen virtuellen Beziehungfühlt und für wen.
Ich glaube man ist verliebt und empfindet tatsächlich das selbe Gefühl wie bei einer echten Verliebtheit. Es ist aber eher das Gefühl selbst in das man verliebt ist und nicht wirklich die Person, denn die kennt man ja gar nicht.
Es ist weniger oder viellicht sogar gar nicht der andere der einem wichtig geworden ist, wichtig ist das Gefühl für jemanden wichtig zu sein.
Die Person mit der man das verbindet,von der man glaubt sie sei einem so sehr vertraut und nah, von der man denkt man vermisst sie, der man Sachen sagt wieich liebe Dich, ich habe Sehnsucht nach Dir- man würde sie nicht mal erkennen wenn sie auf der Straße an einem vorbeilaufen würde. Und man könnte mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit im echten Leben, bei realer Begegnung, nicht mal was mit demjenigen anfangen.
Also kann es keine Liebe sein, eigentlich. Dennoch fühlt man etwas, was immer es ist.
Das alles wusste ich, und dennoch bin ich reingekippt in dieses Wirrwarr aus Gefühl/Pseudogefühl. Vielleicht weil ich eine Frau bin, vielleicht weil mein Bedürfnis nach Herzchen, Feuerwerk und Sehnsucht und Nähe, nach dem Gefühl zu lieben und geliebt zu werden einfach riesengroß und unerfüllt war.
Es ging mir nicht um eine kalte virtuelle rein-raus S.- Beziehung. Das Gesäusel, das Hach-Gefühl , das sehnsüchtige, vielleicht sogar das ansatzweise dramatische RomeoJulia-artige, das ist es was mich dahinschmelzen lässt.
Und das ganze Paket gab es da, zumindest als Irreal-Version.
Es war wie wieder aufwachen nach einem jahrelangen Winterschlaf. Wieder als Frau fühlen, wieder lebendig sein.
Ich wollte immer nur meinen Mann.
Nicht aus wirtschaftlichem Aspekt oder aus Gewohnheit sondern weil er der Mann ist an dem ich so viele Dinge schätze,an dem so vieles ist wie es sein soll, an dem mich weniger stört als an fast allen anderen Menschen auf dieser Welt, er mir so vertraut wie ich es mir selbst bin.
Und nicht zuletzt weil ich ihn liebe, immer geliebt habe, seit mehr als 25 Jahren.
Aber ich wollte auch das andere so gerne wieder spüren, das was ich von meinem Mann nicht bekommen konnte weil er es mir nicht mehr geben wollte.
Ich hatte es weder gesucht noch hätte ich den Anfang gemacht. Aber ich konnte auch nicht wiederstehen als es vor mir lag.
Ich habs mir genommen, von einem anderen. Virtuell, mit dem Abstand von hunderten von Kilometern, ohne echte Berührung, ohne körperlich fremdzugehen aber in Gedanken und zugegeben, auch mit Gefühl.
Weil es sich so gut anfühlte jemandem wieder etwas zu bedeuten, auch wenns nur Selbstbeschiss war.
Ich weiß, ich hätte mit meinem Mann reden müssen.
Aber mir fehlte der Mut und ich wusste nicht wie. Und nicht wann.
Bevor aus harmlos etwas verbotenes, hintergehendes und betrügendeswurde schien es mir nicht nötig zu sein und auch völlig abwegig es anzusprechen.
Schatz, ich bin im Begriff was dummes zu tun sagt man nur in einer stabilen Beziehung und in einer solchen passieren solche Dinge nicht.
Und nachdem es passiert war, wars zu spät.
Ich wusste ich habe keinerlei Bonus in Sachen Verständnis für sowas mehr bei ihm.
Ich sagte also nichts und ließ die Sache einige Wochen lang laufen. Und obwohl ich ein schlechtes Gewissen hatte und es sich dazu noch immer mehr anstrengend und weniger schön entwickelte konnte ich mich noch nicht überwinden es zu beenden.
Ich wollte es noch nicht hergeben, es nur noch eine kleine Weile behalten.
Es tat mir einfach zu gut.
Und ich wusste es würde sich eh bald ganz von selbst erledigt haben.
Doch soweit kam es nicht.
Mein Mann ahnte irgendwann etwas, ich habe es schon erwähnt, mir merkt man sowas scheinbar an, ich bin nicht gut im betrügen und verheimlichen.
Also hat er sich in einem unbeobachteten Moment mein Handy genauer angeschaut und wurde fündig.
Er hat dort diverses gelesen, diverses sehr deutliches, hat noch am selben Abend einen Koffer gepackt, unsere Ehe für beendet erklärt und ist gegangen.
Zu beschreiben wie es mir seitdem geht ist schwierig.
In meinem Kopf herrscht völliges Chaos, ich denke ununterbrochen und in alle nur mögliche und unmögliche Richtungen. Und finde, nicht mal in meinem Kopf eine klare Linie. Es geht alles kreuz und quer und ich bin mir zur Zeit nicht mal wirklich klar darüber wer ich selber bin.
Dazu habe ich Berge von Problemen vor mir die ich irgendwie lösen muss und finde manchmal kaum die Kraft morgens aufzustehn.
Und wenn ich tatsächlich allen Mut sammle, eine Sache angehe oder einen Termin wahrnehme um etwas Plan ins Ganze zu kriegen dann ist das Ergebnis so niederschmetternd das ich wieder sämtliche Kraft verliere.
Die Kinder kommen nur sehr schwer mit allem klar, zudem weiß meine Tochter was ich getan habe, mein Mann hat es ihr gesagt damit sie den Grund kennt warum er uns verlässt. Ihre Wut auf mich ist riesengroß, schlimmer noch ist ihre offensichtliche Verachtung. Entsprechend schwierig unser Verhältnis zueinander im Moment.
Ebenso schwierig ist die Wohnsituation.
Unsere gemeinsame Wohnung befindet sich im Haus meiner Schwiegereltern denen mein Mann ebenfalls gesagt hat was vorgefallen ist und die mir seitdem mit Mißachtung begegnen bzw mich inzwischen komplett ignorieren.
Finanziell stehe ich vor dem Nichts, ich habe zur Zeit keinen Cent eigene Einkünfte und nach 20 Jahren als Hausfrau und ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist die Aussicht auf einen Job mit dem ich mich selbst finanzieren kann alles andere als rosig.
Und last but not least fehlt mir mein Mann so sehr.
Auch wenn unsere Ehe in den letzten Jahren alles andere als ideal war, er war 25 Jahre lang Tag für Tag an meiner Seite, mehr als mein halbes Leben. Ohne ihn zu sein ist als würde die Hälfte von mir fehlen.
Vor zwei Monaten dachte ich mein Leben sei leer.
Jetzt weiß ich was Leere ist.
Ich weiß wirklich nicht weiter im Moment, drehe mich im Kreis und finde keinen Anfang. Obwohl ich weiß das ich ihn irgendwie finden muss.
Nur wie?
Danke den Tapferen fürs Lesen.
failed
.
24.09.2012 17:49 •
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