Hallo Leidensgenossen,
meine Freundin hat mich letzte Woche relativ unerwartet nach einem kurzen heftigen Wortgefecht verlassen.
Seitdem kämpfe auch ich mit meinen Gefühlen und weiß so richtig nicht, wer ich bin, was ich machen soll und wie ich mit der Stille und Einsamkeit in nun meiner Wohnung umgehen soll.
Wir waren nahezu 3,5 Jahre zusammen und wie ich dachte auch recht glücklich. Zugegeben die letzten sechs Monate waren bedingt durch einen Unfall, den ich erlitt, und ihre Examenskampagne für uns nicht leicht. Dennoch dachte ich, dass das Grundgerüst unserer Beziehung wie in Zement gegossen war. Natürlich hatte ich sie so manches Mal über und wäre froh gewesen, allein zu sein. In der überwiegenden Zeit war es jedoch für mich so, dass ich glücklich mit ihr zusammenlebte. Wir haben nur eine kleine Wohnung gehabt und konnten uns keinen Urlaub und kein Auto leiste, da ich nur Referendar und sie Studentin ist, aber das war okay für mich. Ich wusste, dass besseren Zeiten nach dem Examen kommen. Ich liebte sie nicht wegen ihres Aussehens, sondern mehr wegen ihrer liebvollen und heiteren Art, für ihre Worte und ihren Humor.
Vielleicht war ihr die Beziehung mit mir zu sorgenreich und zu nah an der Realität. Ich mache mir stets Gedanken um die Zukunft und die Organisation meines bzw. unseres Lebens. Sie hingegen lebte zum Beginn unserer Beziehung in den Tag hinein in der Wohnung ihrer Eltern, ohne sich um ihr Studium oder ihr Geld Gedanken machen zu müssen. Diese Leichtigkeit des Daseins habe ich ihr wahrscheinlich genommen.
Auch heute nach einer Woche kann ich noch immer kaum begreifen, was geschehen ist und wie es dazu kommen konnte:
Nach einem Streit darüber, dass sie mir nicht immer sagen soll, sie nehme jetzt ab, im Gegenzug dazu aber zunimmt, ging sie am Donnerstagsnachmittag wutentbrannt in ihr Fitnessstudio. Wir
vertrugen uns am Abend wieder, aber am Freitag merkte ich, dass sie mir noch immer nicht richtig verziehen hatte. Ich fragte sie, ob sie noch sauer auf mich sei und ob sie mir nicht verzeihen wollte. Darauf antwortete sie, dass sie an ihrer Liebe zu mir zweifele und ihre Liebe
zu mir in den letzten Monaten an Intensität und an Zugkraft verloren habe, dass sie überlege sich von mir zu trennen.
Ich erinnerte mich, dass wir vor ein paar Wochen schon einmal kurz eine solche Diskussion führten und ich ihr ganz ruhig sagte, dass sie dann gehen müsse. Das tat sie aber nicht, sondern sagte, dass sie mich noch immer liebe und umarmte mich.
Dieses Mal wurde ich jedoch wütend, ich ärgerte mich und konnte mich nicht mehr zusammenreißen. So entgegnete ich ihr patzig, dass Sie dann doch gehen sollte und zwar sofort. Sie solle sich ein paar Sachen packen und nächste Woche den Rest holen. Sie sagte, sie brauche zwei Stunden.
Nachdem ich wütend ging und nach zwei Stunden traurig zurückkam, aber hoffte, dass sie noch da war, lief ich ihrer Mutter entgegen, die gerade mit ihr zusammen alles verpackte, um ihren endgültigen Auszug zu besiegeln. Es kam zwar noch zu einem kurzen Gespräch, aber alles war für sie (und ihre Mutter) besprochen und so ging ich noch einmal raus, um nach einer weiteren halben Stunde eine vollständig von
ihren Sachen befreite Wohnung vorzufinden.
Meine Ex-Freundin lebt jetzt wieder bei ihren Eltern, behütet in ihrem Kinderzimmer. Frei von den Sorgen des Alltags, jeglicher Verbindlichkeiten, außer einmal in der Woche arbeiten zu
gehen, entkleidet. Ich sitze hier alleine in meiner Wohnung, die unsere wurde und versuche damit zu Recht zu kommen. Das fällt mir schwer. Ich habe gerade keinen Alltag, in den ich mich stürzen kann, sondern muss mich eigenverantwortlich auf das Examen vorbereiten, dass in sechs Wochen stattfindet. Ich lebe gerade nur in den Tag hinein, rauche eine Zig. nach der anderen und bin einfach erledigt.
Ich sitze jetzt auch nach einer Woche fassungslos an meinem Computer, den meine Freundin und ich gemeinsam zusammengebaut haben.
Und natürlich habe ich gebeten und gebettelt, dass sie zurückkommt. Sie sagt ja auch, dass sie mich vermisst und leidet. Aber anscheinend nicht so wie ich, vielleicht durch die behütete Atmosphäre ihres Kinderzimmers beruhigt. Sie weiß selbst nicht richtig, was mit ihr los ist und gibt mir an unseren Problemen keine Schuld. Ob das stimmt, oder nicht, ich kann es nicht erahnen.
Ich habe Vorschläge gem
acht, wie wir unsere wie auch immer gearteten Schwierigkeiten bewältigen können, wie wir unsere Beziehung auf andere Füße stellen können, aber eine zweite Chance will sie mir so recht nicht geben.
So seltsam ist dabei auch, dass ich im Großen und Ganzen keinen Grund habe, völlig unzuversichtlich zu sein. Aber dieses eine Ereignis wirft vielleicht nicht nur diesen einen Teil meines Lebens um, sondern alles. Sie führt zu völligen Neubewertungen eines jeden Aspekts.
Irgendwie weiß ich auch gar nicht mehr, warum ich das zweite Examen überhaupt schreiben soll. Es ist doch keiner mehr da, mit dem man teilen kann, was kommt. Mit dem man sich zusammen freuen oder feiern kann.
Klar habe ich Freunde, aber da ich keine eigene Familie habe, kann das was mir fehlt, kein bloßer Freund ersetzen.
Danke für's Zuhören.
15.10.2011 13:37 •
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