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Vor 1,5 Jahren getrennt- vermiss Ihn sehr sehr doll

P
Ja eigentlich weiß ich ja das sie nicht mehr will. Ich hatte mich nochmals so bemüht um sie aber ich merkte da kommt nichts mehr und sie war nur kalt!

Wir waren 6Jahre in einer Beziehung! Waren jedes jahr 2 wochen im Urlaub und ja hatten uns super ergänzt!

Am Anfang unserer Trennung hatten wir uns viel öfter gesehen. Es war so das wir uns bei verschiedenen Freunden getroffen haben ( Grillabende, Spieleabende....) weil wir ja den gleichen Freundeskreis haben! Dort habe ich immer gemerkt dass sie extrem aufmerksam auf mich ist und wir immer Augenkontakt hatten aber nichts miteinander geredet! Es war für mich dort noch nicht so schlimm zu treffen/sehen da ich überzeugt war das es nu eine Auszeit war und sie sicher wieder zurückkommt! Aber als ich dann merkte dass sie keine Beziehung mit mir mehr wollte, war es für mich extrem schwer sie zu sehen!
Es tut unglaublich wenn ich sie sehe, es ist leider unertragbar für mich!

05.04.2016 19:15 • #46


W
Hallo!

@ MirGehtsÄhnlich

Ja, es ist wirklich manchmal seltsam, daß eine Trennung doch schon längere Zeit her ist, die Beziehung auch nicht gar so lange gedauert hat, und man dennoch wie auf der Stelle tritt.
Ich glaube aber, daß das mit zeitlichen Dimensionen wenig zu tun hat. Diese volkstümliche Rechnung: pro Jahr Beziehung einen Monat Trauer und Bewältigung geht halt höchstens dort auf, wo es um Liebe im eigentlichen Sinn gar nicht (oder nicht mehr) gegangen ist. Dann sind das Loslassen und der Einstieg in die nächste Beziehung sicher kein solches Problem.
War es aber so, daß man das sichere Gefühl hatte, daß es der eine ist, derjenige, nach dem man sich immer gesehnt hatte, die Beziehung zudem nicht deshalb geendet hat, weil die Liebe versandet ist und sozusagen ihr natürliches Ende gefunden hat, dann sieht es eben ganz anders aus. Ja, in diesem Fall kann die relative Kürze der Beziehung sogar noch besonders fatal sein, weil in so kurzer Zeit in der Regel auch noch kein Gewöhnungseffekt eingetreten ist.

Wenn einem diese besondere Liebe widerfahren ist, dann gelten manche Regeln einfach nicht mehr. Und ebenso läuft dann die Bewältigung nicht so ab, wie der naive verwissenschaftlichte Kopf und der stumpf vor sich hindämmernde Landmann sich das vorstellen.
Da geht es um ganz andere und verfeinerte Dimensionen der Liebe, die über das Übliche weit hinausgehen, ohne daß man sich das notwendigerweise lediglich einbilden muß. Vor allem, wenn die unbewußte seelische Verbundenheit außerordentlich ist, kann es geschehen, daß der Geliebte zwar geht (oder gegangen wird), aber das Gefühl bleibt. Es ist dann (ich glaube, ich habe das schon einmal geschrieben), als wäre er nur auf Urlaub, und man wartet auf seine Rückkehr, ob man es will oder nicht, gegen alles Wissen, gegen jede Vernunft, gegen jede Rationalisierungen.
Ob das gesund ist, kann ich allerdings nicht sagen. Ich kann aber auch nichts Schlechtes daran finden. Ich weiß nicht, ob Liebe etwas ist, das man sich notfalls austreiben muß wie einen bösen Geist. Manche werden das so sehen, ich hingegen sehe es nicht so. (Mir fällt dazu immer nur Hölderlin ein ...). Ich glaube, worauf es vielmehr ankommt, ist, sich mit dieser Liebe zu versöhnen und ebenso mit dem Umstand, daß sie sich nicht so erfüllen kann, wie sie das gerne würde. Wenn das gelingt, hören auch Schmerz und Trauer auf und man findet auch wieder seinen Frieden. Liebe kann einen immer tragen wie ein Pegasus, wenn man sie nicht selber zu einem störrischen Esel macht.

Generell ist es halt so: Worauf es immer ankommt, ist zum einen die Tiefe der Liebe, der Ernst der Gefühle, zum anderen die persönliche Verletzlichkeit. Könnte man beides auf eine Waage legen, würde man schon von vornherein absehen können, ob eine Beziehung (in einem glücklichen Sinn) gelingen wird oder nicht.
Ist die Liebe nur eine oberflächliche, wird es vermutlich nicht viel werden. Entweder also bald enden oder zu einer WG werden.
Ist einer der beiden hochgradig verletzlich und vielleicht auch noch lebensunerfahren, wird es ebenso sehr problematisch werden, selbst wenn die Liebe tief genug ist. Noch dazu: gerade durch die Liebe wird die Verletzlichkeit erst recht angeheizt. Was im Normalzustand noch vertragen wird, ist im Liebeszustand (gegenüber dem anderen) nicht auszuhalten, bzw. es kommen erst in diesem Zustand gewisse Verletzlichkeiten zum Tragen (wie etwa Eifersucht, Verlustängste usw.).
Theoretisch kann man zwar Verletzlichkeiten überwinden, und gerade die Liebe ist auch eine Herausforderung dazu, gerade die Liebe macht es nötig - aber kaum jemandem gelingt das auch (oder es kommt ihm vielleicht auch erst gar nicht in den Sinn, weil er gefangen ist von bestimmten Prinzipien und Vorstellungen und Eigendünkel und er seine Reaktionen daher als rechtmäßig erlebt und sieht). Es fehlt meist schlicht am Willen dazu. Und so geht man trotzig den viel einfacheren Weg der Wut und Unversöhnlichkeit und Abwehr - und schaufelt damit seinen anderen, postiven Gefühlen das Grab, in dem man mit jedem Spatenstich selber immer mehr versinkt.
Auch Du sagst ja, Du hast Deinen Ex dolle verletzt ... Ich weiß zwar nicht, wodurch, womit - aber gut, soll so sein. Nur würde ich jedem empfehlen, der sich verletzt fühlt, ganz allgemein, nicht einfach den anderen anzuklagen und zu bestrafen wegen dieser Verletzung und sich in Rechthaberei und falschem Stolz zu üben, sondern vielmehr der eigenen Verletzbarkeit auf den Grund zu gehen und sie, wenn möglich, zu überwinden. Denn der Grund, weshalb man sich verletzt fühlt, kann nur in einem selber liegen - zumindest darüber sollte man sich im Klaren sein.

Das Grundproblem ist halt (auch das habe ich ja schon einmal gesagt), daß viele meinen, die Liebe sei das reinste Vergnügen und sei allein dazu da, um uns glücklich und zufrieden zu machen. Aber dem ist eben nun einmal nicht so. Und sobald einmal ein Unvergnügen, eine Unlust auftauchen, wird auch gleich an der Liebe gezweifelt oder überhaupt die Trennung verhängt (so nach dem Motto: wer bin ich denn, daß ich mir so etwas gefallen lasse?!). Daß man damit nicht weit kommt, versteht sich von selbst. Die Liebe, im eigentlichen Sinne, finge ja überhaupt erst dort an, wo sie bei den meisten schon endet. Erst dort, wo sie einen eben auch mit seinen Schattenseiten konfrontiert und gleichfalls mit jenen des anderen, erweist sich erst, ob es um Liebe geht - wenn man nicht zuvor sicherheitshalber schon davonrennt (wie heute nahezu üblich). Fast erscheint es ja so, als müsse man sich die Liebe, die dieses Namens auch würdig ist, erst verdienen, indem man eben auch durch den Schmerz geht, den sie verursachen kann. Es gibt eben keinen Gipfel, auf den man sich nicht hinaufquälen müßte - und ihn nur aus der Ferne zu betrachten, wird auch nicht zur Erfüllung führen.

Ob er Dich je geliebt hat - das kannst nur Du selber wissen. Allerdings, wenn Du sagst, er ist ein Kopfmensch und Du mit Deiner Einschätzung richtig liegst, ist halt immer die Frage, wie tief ein Kopfmensch überhaupt lieben und sich auf die Liebe einlassen kann. Meist stehen hier ja bestimmte Vorstellungen, Pläne, Strategien, Vernünftigkeiten im Vordergrund - während die Gefühle bestenfalls als Nebensächlichkeit eine Rolle spielen.
Auch sagt es nichts über Gefühle aus, wenn sich jemand stark interessiert. Hinter stark interessieren kann alles mögliche stecken, das muß mit Liebe nichts zu tun haben. Auch ein Heiratsschwindler z. B. interessiert sich stark - aber eben nicht für den anderen, sondern für dessen Geld und dafür, wie er am besten an selbiges rankommt.

Naja, ob Du ihm schmeicheln solltest - das wäre dann ja auch eine Art von Strategie. Wenn, dann würde ich einfach einmal das offene Gespräch suchen, sofern er das zuläßt. Irgendwelche Spielchen und Taktiken sind unangebracht, wenn es um ernste Dinge geht.
Bevor Dich dieses dauernde Überlegen, was Du tun sollst, fertig macht, würde ich das Risiko eingehen und ihm noch einmal deutlich machen, was er Dir bedeutet. Es kann zwar natürlich passieren, daß er abweisend, kühl oder auch gleichgültig reagiert. Aber das, scheint mir, wäre noch immer leichter zu verkraften als diese dauerende Ungewißheit.

Liebe Grüße

06.04.2016 00:55 • x 4 #47


A


Vor 1,5 Jahren getrennt- vermiss Ihn sehr sehr doll

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L
Ihr Lieben,

wenn er, oder sie, sich trennt,
muss die besondere Liebe,
die nicht hat sollen sein im Alltag, im Herzen nach hinten geschoben werden,
und vorne im Herzen viel Platz gemacht werden für Liebe zu einem anderen Mann.

Sonst wird die besondere Liebe zum Denkmal, an das keine wirkliche Liebe mit Alltag mehr herankommen kann.

Wichtiger Punkt:
wenn die besondere Liebe sich trennt, ist die Gefahr des Kopfkinos ohne Bezug zum Alltag, wie er wäre wenn er sich nicht getrennt hätte ... .

Alles Liebe ...

06.04.2016 17:13 • x 1 #48


B
@wyhnot60 und alle anderen:
An Versöhnung hab ich auch schon gedacht, sich versöhnen mit der Tatsache, dass es diese Beziehung, diese Kombination aus ihm und mir, nie mehr geben wird und dass diese Tatsache, okay ist - meine Frage, wie gelangt man da hn? Wie kommt diese Versöhnung zustande? Ohne dass es ein erzwungenes Verdrängen ist, sondern wirklich eine Versöhnung die okay ist? (wie whynot60 sie beschrieben hat, ohne Schmerz, Trauer und dem Gefühl der Verletzung).
Meine zweite Frage: Wie sieht es mit der Verletzlichkeit aus wenn es darum geht, dass der Partner fremdgegangen ist und es einem nie gesagt hat und man es anderweitig erfahren hat? Das hat doch nichts mehr mit der Verletzlichkeit zu tun, für die man selbst verantwortlich ist. Bei dieser Sache ist doch die Verletztheit gerechtfertigt. Oder seh ich das falsch?
Meine dritte Frage: Wenn man angelogen wird und das einen sehr getroffen hat und man das Vertrauen in den anderen verliert, dann hat das doch auch nichts mehr mit der eigenen Verletzlichkeit zu tun oder?
Ich bin etwas verunsichert, wann Verletzlichkeit gerechtfertig ist und wann nicht. Woher weiß man denn, dass das was man fühlt auch gerechtfertigt ist? Ist es nicht so, dass wenn man verletzt ist, dann ist man verletzt, weil was man fühlt, das fühlt man und das ist so.(?)

07.04.2016 16:56 • #49


E
@whynot60
Welche wahren Worte. Danke.

07.04.2016 17:14 • #50


freudlos
..ich möchte auch nur kurz etwas einwerfen...ich habe selten so tiefgehende und stimmige Ausführungen zum Thema Beziehungen gelesen, wie sie hier, zu diesem Thema, niedergeschrieben werden. Es ist, als blätterte ich in einem Psychologiebuch, das aber nicht wissenschaftlich sondern klar und verständlich geschrieben ist. Vielen Dank dafür...ich habe mich mehrmals darin wiedergefunden.
Zum Thema möchte ich nur folgendes sagen...was ist das schlimmste das die FS befürchtet wenn sie sich ihm nochmal annähert, einen Versuch unternimmt den Kontakt wiederzubeleben. ? Eine Zurückweisung ? Was würde daraus resultieren ? Schmerz ? Sehnsucht ? Ist es nicht das, was sie die ganze Zeit schon umtreibt ? Was aber wäre wenn es tatsächlich nochmals klappen würde mit ihm...ein paar Wochen, Monate, ein Jahr..und es dann wieder in die Brüche gehen würde ? In Beiden Fällen hätte sie endlich Klarheit. Die Gewißheit daß es eben nicht sein kann, nicht sein soll...und ich denke erst dann ist es möglich loszulassen und seine innere Ruhe zurückzuerlangen. Im anderen Fall trägt man doch immer nur die Illusion des was wäre wenn und könnte oder sollte sein...mit sich herum und wird getrieben von seinen Hoffnungen und Sehnsuchten. Ich selbst befinde mich derzeit wie in einer art Abhangigkeit, ich erkenne mich nicht wieder und ich hoffe inständig daß ich nicht ebenso mit mir..mit der Situation zu kämpfen haben werde...aber ich ahne nichts gutes. Wie auch immer....das Gefühl aus und den Kopf anzuschalten ist leider auf Knopfdruck nicht möglich und so bleibt wohl nur daß sich die Erkenntniss durch das Handeln von selbst einstellen muss....nach unzähligen Kontakversuchen habe ich erkennen müssen das in meinem Fall die Gegenüber kein Interesse mehr hat. Schwer zu akzeptieren...aber damit muss ich leben.
Alles Gute und sorry, wenn meine Gedanken ein wenig seichter sind als die vorangegangenen.

07.04.2016 18:34 • #51


W
Hallo!

@ Blümchen

Die Fragen, die Du stellst, sind leider nicht so einfach zu beantworten, weil das alles individuell sehr verschieden ist.
Aber generell kann man sagen, erst einmal dazu, wie man eine Versöhnung zuwege bringt, ohne einfach zu verdrängen: Das Wichtigste ist, scheint mir, daß man die Dinge in etwas größeren Zusammenhängen sieht und sie sozusagen nicht persönlich nimmt, nicht als etwas, das einem der Partner oder das Schicksal mit Absicht und aus Bösartigkeit angetan hätte. Man muß gewissermaßen ein paar Schritte aus sich heraustreten und von dort aus die Dinge betrachten. Es kommt nämlich durchaus nur äußerst selten vor, daß einen der Partner tatsächlich aus einer plötzlichen bösen Absicht heraus verletzt (oder verläßt). Sondern das alles hat seine eigene Geschichte und Entwicklung, ein Hin und Her, das in diese oder jene Richtung geht. Man kann also, zieht man all dies in die Betrachtung mit ein, letztlich keine Täter fixieren und auch keine bestimmte Tat als einzigen Schuldigen. Alles hat seine Geschichte (wie man selber auch), und letztlich wird man erkennen, daß es offenbar gar nicht anders kommen konnte, als es gekommen ist. Es sind oft Kleinigkeiten, die dem gesamten Verlauf eine andere Richtung geben.
Wie auch immer. Worauf es also ankommt, ist, daß man sich nicht einigelt in ein Nest des Leidens als Opfer eines anderen oder des Schicksals, sondern die Beziehung, die Vorkommnisse, die Taten (die eigenen wie jene des anderen), letztlich auch die Trennung (und was vielleicht noch hinterher gekommen ist) als einen Teil seines persönlichen Lebens sieht und versteht. D. h. letztlich geht es darum, sich mit dem Leben als solchem zu versöhnen. Leider ist das Leben nicht nur schön und immer fröhlich und erfreulich, sondern es hat auch seine dunklen und schmerzlichen Zeiten (ohne die man die schönen und glücklichen auch gar nicht zu schätzen wüßte). Daß es manchmal trüb wird, läßt sich nicht verhindern, aber was man tun kann, ist, auch das als etwas letztlich Wertvolles zu sehen, ohne dem man gerade um diese Erfahrung ärmer wäre. Und ohne Erfahrungen, ob gute oder schlechte, wäre alles nur Stillstand, und man würde quasi an Ort und Stelle verkümmern und nicht wachsen. Das Einzige, was man eben nicht tun sollte (längerfristig), ist, einer Erfahrung ein solches Gewicht zu geben, daß sie einen wie ein schwerer Stein niederdrückt und einen am Weiterkommen hindert. Und das gelingt eben am besten, wenn man sich damit aussöhnt - und überhaupt mit den Wechselfällen des Lebens.

Zu Deiner zweiten Frage: Das läßt sich leider nicht so klar definieren, weil jeder seine eigenen Verletzlichkeiten (und Vorverletzungen, schon aus der Kindheit) hat, und man ja nicht einen allgemeinen Maßstab anlegen kann. Das würde auch nichts bringen. Das wäre wie die Frage: Darf man sich vor Spinnen, Schlangen, Hunden oder sonst etwas fürchten. Der eine fürchtet sich eben, der andere nicht.
Allerdings gibt es natürlich auch ein allgemeines Verständnis darüber, was verletzt. Das wiederum hat mit der jeweiligen Kultur zu tun, von der man eben geprägt wird und in der man aufwächst und lebt.
Das von Dir angeführte Fremdgehen etwa wird allgemein als verletztend empfunden, und daher ist das Verletztsein für so gut wie alle nachvollziehbar. Oder auch Gewalt natürlich (was übrigens durchaus nicht immer so war - bekanntermaßen waren Schläge als Erziehungsmaßnahme früher durchaus normal; oder auch, wenn eine Frau von ihrem Mann geschlagen worden ist und das beklagt hat, hat sie vielleicht zu hören bekommen: Stell dich nicht so an! ... Was eben zeigt, daß sich über solche Dinge ein breiter Konsens bilden muß, was auch das Empfinden dazu dann verändert). Ebenso verletzt es allgemein, wenn man belogen und das Vertrauen mißbraucht worden ist
In diesem Sinne kann man natürlich auch sagen: in diesen und jenen Fällen ist Verletztheit gerechtfertigt. Eben weil etwas allgemein aufgrund der jeweiligen Verhältnisse, Normen und Regeln als verletzend empfunden wird.

Dennoch ist es auch hier nicht falsch, wenn man sich seine eigenen Gedanken dazu macht und sich nicht alleine damit begnügt zu sagen, es sei ja gerechtfertig. Denn in Wahrheit macht es ja keinen Unterschied, ob es gerechtfertigt ist oder nicht - das Leid, die Wut, der Haß, die Enttäuschung, der Verlust an Selbstwertgefühl usw. sind genau gleich.
Das bedeutet natürlich nicht, daß man solche Dinge gutheißen müßte. Aber es schadet auch nicht, wenn man sich auch damit etwas eingehender beschäftigt und versucht, die Hintergründe und Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen. Dabei geht es nicht darum, quasi selber den anderen zu entschuldigen, sondern vor allem geht es darum, daß man die eigenen Wunden nicht zu tief werden läßt und am Ende daran verblutet. Denn in diesem Zustand der Wut und des Hasses zu leben ist für einen selber sehr schädlich und untergräbt längerfristig alles andere. Es bringt einem nichts, wenn alle diese negativen Gefühle als gerechtfertigt angesehen werden. Deshalb verlieren sie ja nichts an ihrer Wucht und Destruktivität. Und je mehr man die Wut usw. selber auch noch befeuert (oder vielleicht auch noch von anderen befeuern läßt), um so tiefer wird die Wunde, um so weniger kann sie heilen. Es wäre so, als würde man sich das Bein aufschneiden und dem Körper würde nichts anderes einfallen als zu schreien: Ich blute (gerechtfertigterweise)!, und er würde das so heftig tun, daß die Wunde nur noch mehr aufreißt.
Was ich damit sagen will: Alle diese Reaktionen sind verständlich, manches ist richtig schei... - aber man tut sich nichts Gutes, wenn man sich damit begnügt, etwas nur für gerechtfertigt zu halten. Es geht letztlich in solchen Fällen ja auch immer um das eigene Selbstvertrauen, um das Selbstbewußtsein, um das Selbstgefühl, darum, nicht zu verhärmen und zu verhärten und auch wieder vertrauen und glücklich sein zu können. Und das geht eben nicht über das Gerechtigkeitsempfinden (oder Gerechtfertigtkeitsempfinden), sondern nur über das richtige Verständnis. Aus diesem Grund ist es weitaus besser, sich ohne Anklage mit jenen Dingen auseinanderzusetzen, die verletzt haben. Also versuchen zu verstehen, warum etwas geschehen ist, und sich dabei selbst möglich aus der Schußlinie zu nehmen (d. h., wie gesagt, es nicht persönlich zu nehmen, nicht als absichtlich gegen einen gerichtete Tat).
Beim Fremdgehen z. B. gibt es nur ein Motiv, das tatsächlich die Verletzung des anderen zum Ziel hat - nämlich jenes der Rache. Also daß man mit jemand anderem S. hat, um damit dem Partner etwas heimzuzahlen. Diese Form ist allerdings eine sehr seltene, auch wenn es manchmal eine verdeckte, unbewußte Rache sein kann (etwa, wenn man vom Partner zu wenig Aufmerksamkeit bekommt).
In der Regel sind die Hintergründe wesentlich banaler: Der S. kann im Laufe der Beziehung nicht nur deutlich weniger, sondern auch langweilig geworden sein, und erfüllt weder dieses Nähe-, noch das Lustbedürfnis. Besteht gleichzeitig aber noch ein entsprechend großes Verlangen nach S. und s...eller Bestätigung, kann das eben zum Fremdgehen führen. (Das hängt halt grundsätzlich auch immer davon ab, wie wichtig S. für jemanden ist, welche Bestätigung er dadurch erfährt. Hier geht es ja um viel mehr als die reine Triebbefriedigung.)
Eine andere Möglichkeit kann sein, daß jemand in einen vorübergehenden Rausch gerät und die Kontrolle über sein Triebe verliert. Eine weitere, daß jemand sozusagen aus dem Augenblick heraus einem Reiz erliegt und ihn gerade das Verbotene lockt und ihm den Kick gibt.
Jedenfalls liegt hier die Ursache eben nicht in der Absicht, den anderen zu verletzen (weswegen es ja auch verschwiegen und vertuscht wird im Normalfall), sondern - um es salopp zu sagen - der Trieb und das Verlangen gehen mit dem Betreffenden durch ... warum auch immer.
Alles dies, unabhängig vom eigentlichen Grund, wird verletzen - aber dennoch ist der Versuch des Verstehens (Erkennens, Durchschauens) immer hilfreicher als die bloße wütende und gekränkte Verurteilung. Und zwar für einen selber, nicht, um für den anderen vielleicht nach Entschuldigungen zu suchen. Sagt man sich nämlich lediglich: der ist der letzte A...h, verändert das nichts oder kaum etwas am eigenen inneren Zustand und an der Fähigkeit, das Geschehene zu verarbeiten. Durch das Verstehen rettet man nicht den anderen, sondern sich selber.
Nicht anders ist es beim Lügen: versteht man, warum jemand gelogen hat, empfinden man es ganz anders, als wenn man einfach nur meint, man sei aus reiner Bösartigkeit belogen worden. Denn auch hier ist es wieder so: daß man aus echter Bösartigkeit zielgerichtet belogen wird, ist der Ausnahmefall. Sondern meist geht es darum, daß sich jemand besser darstellen will, daß er etwas verheimlichen will, daß er Konflikte vermeiden will usw.

@ Freudlos

Das ´Schlimmste, das man bei einer Wiederannäherung (bzw. einer neuerlichen Kontaktaufnahme) üblicherweise fürchtet, ist, daß alle Hoffnungen verlorengehen. So lange man keine letzte Gewißheit hat, bleibt immer noch die Hoffnung. Und wenn man sehr leidet, ist die Hoffnung sozusagen besser als nichts.
Man will nicht immer unbedingt Klarheit, weil das aber unter Umständen zumindest kurzfristig noch schmerzlicher sein könnte. Und davor schreckt man oft zurück, weil man die Klarheit noch weniger aushalten könnte als die Ungewißheit. Wenn man gerade sehr verwundet ist, ist das auch nicht unbedingt die schlechteste Strategie. Denn wenn erst einmal etwas Zeit verstrichen und Abstand gewonnen ist, ist man doch meist wieder stabiler und gefaßter. Und nicht selten verläuft dann auch alles von selber im Sand - also eine sanftere Art eines schmerzlichen Endes.

Also wenn Du erkannt hast, daß Dein Gegenüber kein Interesse mehr hat, dann wird wirklich nichts anderes bleiben, als das so zu akzeptieren. Auch wenn das schwer ist. Aber wenn das Interesse und die Gefühle tatsächlich weg sind, dann würdest Du, suchst Du weiter den Kontakt, in eine Situation geraten, in der jemand ist, der etwa für einen unerreichbaren Star schwärmt. Damit würdest Du nichts anderes erreichen, als Deine unerfüllbare Sehnsucht und das damit verbundene Leid zu verlängern.

Liebe Grüße

09.04.2016 01:41 • x 4 #52


B
@whynot60: vielen lieben Dank für deine ausführlichen Worte! Seit einem Jahr ungefähr, versuche ich meinen inneren Frieden mit der gescheiterten Beziehung zu finden, aber bisher ist es mir noch nicht gelungen. Deine Worte bringen mich sehr zum Nachdenken, im positiven Sinne. Danke dafür!

Liebe Grüße

09.04.2016 09:13 • #53


W
Hallo!

@ Blümchen

Ich möchte Dir noch etwas sagen zum Thema Versöhnung.
Ich habe kürzlich etwas gelesen. Es ging darum, daß eine Mutter von ihrem Sohn nichts mehr wissen wollte, nachdem dieser sich als homos...ell geoutet hatte, und ganz mit ihm gebrochen hat. Dann hat sie irgendwann einen Promi im Fernsehen gesehen, der sich ebenfalls als homs..ell geoutet hat und dazu auch allerlei gesagt und erklärt hat. Das hat bei dieser Mutter zu einem Verständnis der Dinge geführt und sie erkennen lassen, daß dies nichts Verwerfliches, keine Schande ist, und sie hat sich mit ihrem Sohn wieder versöhnt.
Das klingt zwar fast kitschig. Aber so laufen die Dinge. Eine Auseinandersetzung damit, ob bewußt oder zufällig, führt zu einem Verstehen und dies wiederum zu einem Verzeihen. Nicht umsonst heißt es: Alles verstehen, heißt alles verzeihen. Und das Verzeihen, das durchaus kein bewußter Gnadenakt ist, sondern eine Folge des Verstehens, führt nahezu notwendig auch zu einer Versöhnung.
Das ist auch beim sogenannten Fremdgehen nicht anders. Was zwar nicht unbedingt heißen muß, daß man mit dem Betreffenden wieder zusammenkommen muß, trotz Versöhnung, aber man kann sich mit ihm und vor allem mit dieser ganzen verletzenden Situation versöhnen und verliert damit auch alle negativen Emotionen wieder, die damit verbunden und ja das eigentliche Problem sind.
Ich halte es wirklich für einen großen Fehler, für einen gewaltigen Schuß ins eigene Knie, wenn man sich von einer solchen Erfahrung völlig paralysieren läßt, ganz davon eingenommen wird und dann nichts anderes tut, als alle Wut, die man nur in sich hat, dagegen Sturm laufen zu lassen. Weil diese Wut und alle diese negativen Emotionen einem nur selber schaden. Man schießt sozusagen in sich selber alles über den Haufen, auch die eigene Fähigkeit zu vertrauen, zu lieben, sich geborgen zu fühlen usw. Und es kann oft lange dauern, bis man das alles wieder halbwegs aufgebaut hat.
Der Schock, die Verletztheit, die Enttäuschung - das alles ist verständlich. Nur sollte man nach dem Schock nicht unbedingt auf die Berechtigtheit der tiefen Verletztheit setzen (weil einem das, wie gesagt, genau gar nichts nützt), sondern alles nach und nach in größeren Zusammenhängen sehen. Dann fließen auch diese negative Emotionen wieder ab und man kommt wieder zur Ruhe.

Daß Du Deinen inneren Frieden noch nicht wiedergefunden hast, wird wohl daran liegen, daß Du Deinen Ex entsprechend geliebt hast. Dann dauert das oft wesentlich länger, als man glauben möchte.
Es kommt manchmal vor, daß man jemandem begegnet, der es eben ist. Ohne daß man eigentlich sagen könnte, warum es so ist, man spürt es einfach.
Ich möchte Dir damit keinen Floh ins Ohr setzen - aber ich möchte das einmal so verbildlichen: Wenn es dieser eine ist, dann ist es, als rücke man damit auf seinen rechten Platz in der Welt. Wie eine Erde, die irgendwo durch den Weltraum irrt und dann ihre Sonne findet. Und es kann eben keinen anderen Platz für die Erde geben als diesen - wo immer sie herumirren und herumkreisen mag: wäre sie nicht genau dort, wo sie ist, wäre sie nicht Erde, sondern einfach irgendein Planet, ein Himmelskörper, eine überhitzte oder eisige Wüste. Jeder kann nur dort ganz er selber sein oder werden, wo jener Ort ist, an dem er wirklich ganz zu sich selbst wird. Überall anders ist er nur irgendwer, irgendwas.
Und dann spürt man sich eben auch selber ganz und fühlt sich ganz. Eben das macht das Unvergleichliche aus. Das ist auf der einen Seite das Schönste, das einem widerfahren kann, kann aber auch das Verhängnisvollste sein - wenn es eben aus irgendwelchen Gründen scheitert.
Und sich dann davon zu lösen, ist natürlich sehr schwer und dauert, bisweilen leider auch ziemlich lange.
Man muß halt versuchen, so gut es geht, sich dennoch auf sein Leben zu konzentrieren und nach und nach mit allem seinen Frieden zu schließen. Und eine Hoffnung bleibt ja immer: es gibt auch noch andere Sonnen - und wer weiß, was dann hervorblüht aus einem ... .

Liebe Grüße

10.04.2016 03:48 • x 2 #54


M
Hallo whynot,

ich danke dir für deine Worte und dass du dir so viel Zeit für so viele Menschen nimmst, lieben lieben Dank!

Ich finde es sehr richtig, was du über Versöhnung schreibst. Allerdings weiß ich einfach gerade nicht, wann ich mich endlich damit versöhne.
Vor allem, ich habe immer gedacht, dass wenn es die eine Liebe war und beide Seiten sich wirklich aufrichtig geliebt haben, dann egal was komme und auch wenn man sich getrennt hat, diese Personen finden zusammen. Und genau dieser Gedanke, lässt mich einfach hoffen - seit über einem Jahr!

Ich habe das Gespräch zu ihm gesucht und erfahren, dass er jemanden kennenlernen und Gefühle für sie habe, aber sie seien nicht zusammen. Sie kennen sich allerdings schon seit einem halbe Jahr. Sie lassen sich Zeit.
Er ist aber auch jemand, der mit seinen Informationen sehr spärlich ist und man oft sehr oft nachfragen muss, bis man eine Antwort erhält. Über seine Neue wollte er kaum reden und ist meinen expliziteren Fragen bzgl seines Empfindens ihr ggü ist er oft ausgewichen und war aber auch kalt zu mir.

Eigentlich sollte ich wie jeder normale Mensch dies als Anlass nehmen, um abzuschließen. Allerdings ist bei mir der Gedanke, dass man ja nie weiß und dass wir zusammenkommen irgendwann, so doll drin, dass ich es nicht schaffe (will?) den Kontakt zu kappen und komplett loszulassen. Vor allem habe ich Angst, dass wenn ich den Kontakt abbreche, ihn von allen sozialen Netzwerken entferne, er von mir nichts mehr mitbekommt, dass er dann auch endgültig abschließen wird.
So habe ich das Gefühl, dass da noch irgendwas sei, aber dass sobald er sieht, dass ich komplett weg bin, dass er das dann als Anlass sieht abzuschließen. Er weiß ja nicht, wie sehr ich seit nem Jahr leide und er könnte dann denken, dass ich so leicht aufgab. Schließlich hat er damals lange um mich gekämpft.

Ich habe heute wirklich gedacht, dass ich abschließen sollte, doch ich weiß einfach nicht wie, da der Gedanke, dass wir altwerden, einfach oben in meinem Kopf verankert ist.
Und ja, wie du schriebst, mein Selbstwertgefühl ist im Keller - seit nem Jahr und ich mache meinen Wert von ihm abhängig.

Ich würde mich freuen, wenn du auf meine Gedanken eingehen könntest, da deine Sätze einen wirklich weiterhelfen!

Und gern würde ich etwas über dich erfahren: bist du denn derzeit in einer Beziehung? Wenn nicht - wie lange bist du denn schon getrennt und wie verlief/verläuft deine Bewältigung des Ganzen?

Grüße

12.04.2016 02:15 • #55


W
Hallo!

@ MirGehtsÄhnlich

Danke erst einmal!

Ja, ich glaube, diese Fragen stellen sich wohl viele, die eine so große Liebe erlebt haben, von der man überzeugt war, es ist die eine - und dann ist es doch gescheitert. Und man fragt sich auch, ob der andere vielleicht doch nicht gar so tief geliebt hat, wie er gesagt und getan hat oder es einem selber erschienen ist.
Natürlich kommt es auch vor, daß die Liebe von vornherein eine ungleichgewichtige ist, also daß es für den einen die große Liebe ist, für den anderen meinetwegen aber eher etwas wie eine Liebelei (oder der andere ist zu so tiefen Gefühlen vielleicht gar nicht fähig, d. h. er liebt nach seinen persönlichen Maßstäben zwar auch, daß mehr nicht geht, aber dennoch ist es viel weniger als jener, der eben so tief lieben kann).
Aber was ebenso sein kann, ist, daß die Liebe oder vielmehr die Beziehung an etwas scheitert, das mit der Liebe gar nichts zu tun hat. Also die Liebe zwar durchaus genauso tief war, auch für den anderen die eine war, aber hier anderes dazwischengefunkt hat, das übermächtig geworden ist und die Liebe sozusagen weggedrängt hat. Daß eine Liebe scheitert, liegt ja meist nicht an der Liebe, sondern am Menschen.
Wenn jemand etwa sehr verletzlich ist und Verletzungen womöglich auch noch ansammelt, dann kann es geschehen, daß das die Liebe mit der Zeit untergräbt. Es ist so, wie wenn man sich eine Waage vorstellt: Zuerst liegt nur in der einen Waagschale die Liebe, in der anderen gar nichts. Dann beginnt das Ansammeln, und man legt wie ein Hamster alles Negative in die andere Waagschale. Und irgendwann kippt dieses System.
Das kennt ja jeder: auch wenn man noch so sehr liebt, will man vielleicht einmal ein paar Stunden alleine sein oder einmal mit Freunden weggehen oder es gibt Konflikte ganz allgemeiner Art und der andere ist gekränkt. Natürlich hält die Liebe das alles im Einzelnen aus. Doch wenn angesammelt wird, dann wird das im einzelnen kleine Gewicht aller dieser Dinge in der Summe zu einem Übergewicht. Es geht zwar deshalb nicht die Liebe notwendigerweise verloren, aber das andere, Angesammelte überwiegt sie und drückt sie in den Hintergrund. Und dann meint man eben, sich trennen zu müssen, weil das alles ja keinen Sinn macht und die Verletzungen und Konflikte ja nur weitergehen. (Allerdings wird das auch bei einem anderen Partner nicht anders sein, nur beginnt man mit dem halt wieder von vorne, und die Gegenwaagschale ist anfangs noch leer.)
D. h., es reicht nicht, wenn beide lediglich lieben, auch wenn es tief ist, sondern man muß auch mit der Liebe und mit dem anderen als Menschen (mit allen seinen Fehlern) umgehen können, man darf nicht die Augen verschließen, vielleicht um der Harmonie willen, sondern muß sich mit den Dingen auch auseinandersetzen, und das offen und ehrlich und nicht wütend und vorwurfsvoll.
Das Fatale an der Liebe ist ja, daß sie stark dazu neigt, den anderen zu idealisieren, und wenn sich der andere dann als Mensch entpuppt, kommt es zu Enttäuschungen, zu diesem Ich-habe-mich-geirrt-Gefühl. Oft wird daher eben eigentlich das Ideal geliebt und nicht der reale Mensch. Auch das kann verhängnisvoll sein. Eine Liebe, die wirklich Bestand haben soll, muß immer den realen Menschen in seiner Gesamtheit meinen (wobei ein bißchen Idealisierung da und dort natürlich nicht schadet).

Ja, es kommt natürlich vor, daß die zwei Menschen, wenn es um diese eine große Liebe gegangen ist, irgendwann wieder zueinander finden. Aber leider ist das durchaus ungewiß und eher die Ausnahme, weil das nur dann überhaupt geschehen kann, wenn es zu entsprechenden Einsichten kommt. Und damit tun sich viele schwer, weil sie sich ja im Gegenteil immerzu beweisen wollen, daß die Trennung richtig war. Wenn es um diese große Liebe geht und es zu einer Trennung kommt, dann bricht ja durchaus ein schwerer innerer Kampf aus. Und es werden, oft auch allein aus Stolz und Trotz, alle Waffen gegen die Liebe bzw. gegen den anderen gezogen, die sich nur finden lassen. Und das verheißt natürlich nichts Gutes ...
Damit überhaupt die Möglichkeit besteht, wieder zueinander zu finden, braucht es also der Einsicht und oft auch der Überwindung des Stolzes und des Trotzes. Man kann öfter ja auch beobachten, daß sich manche ganz gleichgültigt und gelassen geben, während es brodelt in ihnen. Auch das sind solche Versuche, die Liebe abzuwehren und keine Signale zu senden.
Die Liebe, könnte man sagen, ist das Schicksal des Menschen, aber genauso ist der Mensch das Schicksal der Liebe.
Wirklich gemeinsam bis ans Ende der Welt wird man jedenfalls nur kommen, wenn beide etwas abgeklärt sind und nicht ein Ego besitzen, das die Liebe aus dem Sattel wirft. Gerade daran scheitert es eben aber oft. Nicht am Mangel an Liebe, sondern an einem unausgegorenen oder gar blindwütigen Ego, das von der Liebe fordert, was der Mensch nicht erbringen kann. Wir sind nun einmal keine engelhaften Geistwesen, die in Liebe erleuchtet im Himmel schweben, sondern ganz normalen Menschen mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen und Ecken und Kanten und Schwächen usw. Die Liebe, auch wenn sie noch so tief und wahr ist, kann das nicht einfach alles auslöschen oder wegpusten, aber was sie kann, macht man wirklich ernst mit der Liebe, ist, daß man über diesen Dingen steht, ja vielleicht sogar manches zu lieben lernt, was dem Ego ursprünglich gar nicht so gefallen hat. Jedenfalls heißt lieben: einen Menschen so anzunehmen, wie er ist, und sich nicht nur die Rosinen herauszupicken - denn das kann nicht gutgehen. Eine Liebe, die einen bis ans Ende der Welt tragen soll, muß sozusagen immer weiter, immer verständiger werden und darf sich nicht, wie es eben oft geschieht, immer mehr und immer weiter zusammenziehen - bis zuletzt nichts mehr übrig ist von ihr.

Was Dich betrifft, ist es natürlich wirklich eine schwierige Situation. Sieht man es mit der Vernunft, dann ist das Vernünftigste vermutlich tatsächlich, damit abzuschließen. Aber wie sollte man die Liebe mit der Vernunft sehen? Kann jemand die Liebe mit der Vernunft sehen, was es ja gibt, dann, fürchte ich, weiß er nicht, was Liebe ist. Oder er räumt eben der Vernunft eine größere Bedeutung ein als der Liebe.
Letztlich bleibt leider wirklich nur, die Zeit vergehen zu lassen, sich auf anderes zu konzentrieren und, wenn es sinnlos scheint, den Kontakt zu vermeiden. Allerdings gebe ich Dir recht: wenn man den Kontakt ganz vermeidet, ist es nicht unwahrscheinlich, daß der andere dies als Desinteresse auffaßt. Dennoch sollte man das riskieren, weil man sonst für alle Zeiten in einer Warteschleife hängt - und damit vieles von seinem Leben verschenkt und vergeudet. Wenn die Liebe des anderen groß genug ist und er von seinen Standpunkten und Selbstgerechtigkeiten ablassen kann und zur Einsicht kommt, dann findet er von selber wieder zurück. Anders geht es ohnehin nicht. Jeder muß den für ihn richtigen Weg finden - und wenn es für Deinen Ex der richtige ist, wieder zu Dir zurückzufinden, dann wird er ihn auch gehen. Das ist das Einzige, worauf Du vertrauen solltest.

Was mir aber auf alle Fälle wichtig erscheint, ist, daß Du erst einmal selber wieder ganz zu Dir zurückfindest. Es mag Dir zwar merkwürdig erscheinen, aber - so Dir das möglich ist - fahre einmal in eine Gegend, die Du nicht kennst, und gehe einfach darauf los, 10, 20km. Nicht auf Straßen, sondern irgendwo querfeldein. Und dabei solltest Du versuchen, nichts zu denken, sondern nur zu sehen und zu erleben und zu spüren. Das kann sehr klärend wirkend und Dich Dir wieder ganz nahe bringen.

Nein, ich bin in keiner Beziehung, und bei mir ist die Trennung etwa zweieinhalb Jahre her.
Die Bewältigung war alles andere als einfach. Lange Zeit habe ich mich seelisch vollkommen tot gefühlt, wie abgeschaltet. Aber irgendwann bin ich schließlich doch wieder lebendiger geworden .
Was mir sicher geholfen hat, nach diesem gelähmten und fassungslosen Zustand, war, daß ich eingesehen und akzeptiert habe, daß aufgrund verschiedener Anlagen meiner damaligen Partnerin eine dauerhafte Beziehung nicht zu führen war (die Trennung war auch ganz plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, könnte man sagen - was es eben nicht gerade leichter gemacht hat, weil eben die Liebe nicht einfach mit der Zeit versandet war, sondern gewissermaßen in voller Blüte). Und was mir zudem geholfen hat, war meine berufliche Tätigkeit, die es mir ermöglicht hat, das alles dann doch irgendwie zu verarbeiten, auf eine inspirierte Weise sozusagen .

Liebe Grüße

13.04.2016 01:39 • x 2 #56


N
@whynot60
Grandios deine Beiträge in diesem Thread. So sehe ich es auch, hätte es nur nicht so in Worte fassen können!

Ich habe meine Ex sehr geliebt, keiner war mir je so nah wie er. Das gleiche Gefühl vermittelte er mir, fast überschwänglich. Er trug mich auf Händen mit seinen schmeichelhaften Worten, dass es mir schon etwas unangenehm war. Doch plötzlich das Aus vor nun schon über zwei Jahren. Ich fiel geschockt in ein tiefes Loch.

Er hatte mir immer vermittelt, dass ich die Eine wäre. Ich konnte nicht verstehen, warum. Später nach der Trennung sagte er mir, dass gemeinsames Schweigen ihm sehr unangenehm war, dass er gelitten hat, wenn er ohne mich war und es für ihn nicht mehr erträglich war, dass er sich trennen musste. Nun wäre der Druck weg, sagte er mir. Ich verstand nicht welcher Druck. Hatte ihn nie in irgendeiner Art und Weise unter Druck gesetzt. Er sagte auch, dass er bei Gesprächen mit mir extreme Spannungen fühlte, Ich hingegen liebte unsere Gespräche, die uns manchmal durch die ganze Nacht führten. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie ihm ebenso gefielen. Umso enttäuschter war ich über seine Aussage nach der Trennung.

Ich fiel aus allen Wolken. War alles nur eine Illusion, meine Illusion? Er war auch sofort auf der Suche nach einer neuen Partnerin. Es hat mich schwer getroffen, dass er sich nicht einmal Zeit zum Verarbeiten ließ und ich so einfach zu ersetzen bin, als wäre alles zwischen uns nicht's wert.
Hinzu kam noch mein 50. Geburtstag, Ich fühlte mich alt, ausgedient und weggeworfen. Er suchte ja nun eine 35jährige.

Das schmerzt nun nicht mehr... Es war aber ein langer Weg für mich dorthin, wo ich nun stehe.

Und irgendwie tut er mir leid. Ich glaube nicht, dass er sein Muster erkennt... Es ist seinem großen Bedürfnis nach Harmonie geschuldet. Alles, was ihm nicht gefällt, sammelt er und wenn es davon zuviel ist, kippt es und er steigt aus. Sehr sehr schade...

Leider hat er mir die Schuld an seinen daraus folgenden Konsequenzen gegeben und ich hatte sie angenommen...

13.04.2016 15:21 • #57


W
Hallo!

@ Newday1

Ich glaube, daß das oft gerade bei einer so großen Liebe zu einem ernsten Problem werden kann, daß man den anderen aus lauter Liebe oder auch, weil man Angst hat, ihn sonst zu vergrämen oder gar zu vertreiben, vielleicht zu sehr schont und die Dinge nicht anspricht, die wie Tintenklekse auf der Harmonie erscheinen. Oft meint man aber auch, wenn man sich so nahe ist und so innig verbunden fühlt, man müsse die Dinge gar nicht ansprechen, sondern der andere müsse das ja spüren.
Das kann natürlich verhängnisvoll sein, weil genau das die Beziehung untergraben kann. Man liebt zwar tief, fühlt sich aber dennoch da und dort unwohl oder unverstanden. Und auf Dauer kann das innere Gegenkräfte heraufbeschwören, die dann an der Beziehung nagen.
Jedenfalls ist es sicher fatal, wenn man etwas, aus welchen Gründen auch immer, nicht anspricht.

Ich muß aber auch sagen, daß es auch eine andere Möglichkeit gibt, die nicht so selten vorkommt. Nämlich daß hinterher irgendwelche Begründungen erfunden werden, um das Unerklärliche zu erklären. Man meint ja oft, alles irgendwie rationalisieren zu müssen, alles erklären zu müssen - mit Gründen, die einen selber schuld- und verantwortungsfrei machen und dem anderen alle Schuld zuweisen. Das ist zwar unsinnig in solchen Fällen, aber sozusagen psychologisch effizient. Und sogar noch doppelt effizient, wenn der andere diese Schuld auch noch auf sich nimmt - das sollte man nicht tun.
Es bleibt aber dann die Frage, ob die Liebe nicht womöglich doch schon erloschen oder zumindest im Versinken war. Denn, ehrlich gesagt, ich glaube kaum, daß sich jemand im Zustand tiefster Liebe trennt, weil ihm dieses oder jenes unangenehm wäre oder er sich von etwas bedrückt fühlt.
Da würde ich es sogar noch eher für möglich halten, daß er der Liebe nicht gewachsen ist, daß ihm seine eigenen Gefühle zu viel werden, er sich davon vielleicht gewissermaßen vereinnahmt fühlt.
Liebe hat oftmals ja auch Konsequenzen, die schwerer zu tragen sind, als man gerade bei der Liebe meinen möchte (wie eben z. B. massive Verlustängste, sehr hohe Verletzlichkeit usw.). Es gibt durchaus eine Art Feigheit vor der Liebe, weil Liebe auch etwas sehr Machtvolles sein kann, wenn sie tief ist, das einem auch einiges abverlangt. Und bei weitem nicht jeder ist dem auch gewachsen.
Möglich, daß Dein Ex deswegen solche Spannungen gespürt hat bei Euren Gesprächen (so das stimmt), weil er vielleicht meinte, nicht das sagen zu dürfen, was er eigentlich sagen wollte.

Ja, der Umstand, daß er sich gleich eine neue Partnerin gesucht hat, ist halt auch so eine Fluchtstrategie. Gerade wenn noch Liebe da ist, muß man diese irgendwie beseitigen. Und manche schaffen es, gleich eine neue Beziehung einzugehen (obwohl es auch sein kann, daß sie einfach nicht alleine sein können). Was dem einen die Wut, ist dem anderen ein neuer Partner, könnte man sagen.
Ich glaube also nicht, daß es darum gegangen ist, Dich zu ersetzen, sondern eher darum, Dich zu verdrängen (bzw. die Liebe zu Dir).
Ich nehme auch nicht an, daß er gezielt eine 35jährige gesucht haben wird. Sondern vielmehr wird es eben die Erstbeste gewesen sein, die ihm nach Eurer Trennung untergekommen ist.

Ob es bei ihm an seinem großen Bedürfnis nach Harmonie gelegen ist, kann ich natürlich nicht sagen. Aber hinter einem übergroßen Harmoniebedürfnis können sich auch eine Konfliktunfähigkeit oder auch Intoleranz und Machtbedürfnisse verbergen. Der Partner hat sich dann sozusagen an den eigenen Bedürfnissen zu orientieren - dann ist ja alles harmonisch ...
Um alle diese Erscheinung und Randerscheinungen der Liebe zu deuten - dazu muß man beinahe vorgehen wie bei der Deutung von symbolischen Träumen . Nichts ist so, wie es scheint ... Und dennoch könnte es viel schöner und tiefer sein als alles andere - ließe man sich nur hineinfallen ohne Wenn und Aber in diesen ganzen Liebeswahnsinn. Aber dazu müßte man wohl erst alle Mauern seines Egos niederreißen und so wirklich in der Liebe und beim anderen ankommen.

Jedenfalls freut es mich für Dich, daß es wenigstens nicht mehr schmerzt! Man muß ja auch nicht unbedingt die Liebe loswerden, aber eben den Jammer.
Und ja, bis zur Schmerzfreiheit kann es ein verdammt weiter Weg sein. Und noch schlimmer: Man bekommt zumeist auch Zweifel, ob man überhaupt noch einmal etwas wagen sollte, das einen am Ende wieder auf einen solchen Weg führen könnte.

Liebe Grüße

PS: Ich nütze jetzt einmal die Gelegenheit und versuche, ob das mit einem Link klappt ...

14.04.2016 01:44 • x 3 #58


L
danke, @whynot60,
fuer immer wieder die denkanstoesse...

14.04.2016 03:58 • #59


W
Danke, Luchadora!
Ich hoffe, Dir geht es gut, die einsamen Wölfe belagern Dich nicht mehr, die Regenzeit schickt noch keine Vorboten und das Internet kommt allmählich wieder auf den Stand der Neuzeit .
Liebe Grüße

14.04.2016 04:10 • x 1 #60


A


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