Hallo!
@ MirGehtsÄhnlich
Danke erst einmal!
Ja, ich glaube, diese Fragen stellen sich wohl viele, die eine so große Liebe erlebt haben, von der man überzeugt war, es ist die eine - und dann ist es doch gescheitert. Und man fragt sich auch, ob der andere vielleicht doch nicht gar so tief geliebt hat, wie er gesagt und getan hat oder es einem selber erschienen ist.
Natürlich kommt es auch vor, daß die Liebe von vornherein eine ungleichgewichtige ist, also daß es für den einen die große Liebe ist, für den anderen meinetwegen aber eher etwas wie eine Liebelei (oder der andere ist zu so tiefen Gefühlen vielleicht gar nicht fähig, d. h. er liebt nach seinen persönlichen Maßstäben zwar auch, daß mehr nicht geht, aber dennoch ist es viel weniger als jener, der eben so tief lieben kann).
Aber was ebenso sein kann, ist, daß die Liebe oder vielmehr die Beziehung an etwas scheitert, das mit der Liebe gar nichts zu tun hat. Also die Liebe zwar durchaus genauso tief war, auch für den anderen die eine war, aber hier anderes dazwischengefunkt hat, das übermächtig geworden ist und die Liebe sozusagen weggedrängt hat. Daß eine Liebe scheitert, liegt ja meist nicht an der Liebe, sondern am Menschen.
Wenn jemand etwa sehr verletzlich ist und Verletzungen womöglich auch noch ansammelt, dann kann es geschehen, daß das die Liebe mit der Zeit untergräbt. Es ist so, wie wenn man sich eine Waage vorstellt: Zuerst liegt nur in der einen Waagschale die Liebe, in der anderen gar nichts. Dann beginnt das Ansammeln, und man legt wie ein Hamster alles Negative in die andere Waagschale. Und irgendwann kippt dieses System.
Das kennt ja jeder: auch wenn man noch so sehr liebt, will man vielleicht einmal ein paar Stunden alleine sein oder einmal mit Freunden weggehen oder es gibt Konflikte ganz allgemeiner Art und der andere ist gekränkt. Natürlich hält die Liebe das alles im Einzelnen aus. Doch wenn angesammelt wird, dann wird das im einzelnen kleine Gewicht aller dieser Dinge in der Summe zu einem Übergewicht. Es geht zwar deshalb nicht die Liebe notwendigerweise verloren, aber das andere, Angesammelte überwiegt sie und drückt sie in den Hintergrund. Und dann meint man eben, sich trennen zu müssen, weil das alles ja keinen Sinn macht und die Verletzungen und Konflikte ja nur weitergehen. (Allerdings wird das auch bei einem anderen Partner nicht anders sein, nur beginnt man mit dem halt wieder von vorne, und die Gegenwaagschale ist anfangs noch leer.)
D. h., es reicht nicht, wenn beide lediglich lieben, auch wenn es tief ist, sondern man muß auch mit der Liebe und mit dem anderen als Menschen (mit allen seinen Fehlern) umgehen können, man darf nicht die Augen verschließen, vielleicht um der Harmonie willen, sondern muß sich mit den Dingen auch auseinandersetzen, und das offen und ehrlich und nicht wütend und vorwurfsvoll.
Das Fatale an der Liebe ist ja, daß sie stark dazu neigt, den anderen zu idealisieren, und wenn sich der andere dann als Mensch entpuppt, kommt es zu Enttäuschungen, zu diesem Ich-habe-mich-geirrt-Gefühl. Oft wird daher eben eigentlich das Ideal geliebt und nicht der reale Mensch. Auch das kann verhängnisvoll sein. Eine Liebe, die wirklich Bestand haben soll, muß immer den realen Menschen in seiner Gesamtheit meinen (wobei ein bißchen Idealisierung da und dort natürlich nicht schadet).
Ja, es kommt natürlich vor, daß die zwei Menschen, wenn es um diese eine große Liebe gegangen ist, irgendwann wieder zueinander finden. Aber leider ist das durchaus ungewiß und eher die Ausnahme, weil das nur dann überhaupt geschehen kann, wenn es zu entsprechenden Einsichten kommt. Und damit tun sich viele schwer, weil sie sich ja im Gegenteil immerzu beweisen wollen, daß die Trennung richtig war. Wenn es um diese große Liebe geht und es zu einer Trennung kommt, dann bricht ja durchaus ein schwerer innerer Kampf aus. Und es werden, oft auch allein aus Stolz und Trotz, alle Waffen gegen die Liebe bzw. gegen den anderen gezogen, die sich nur finden lassen. Und das verheißt natürlich nichts Gutes ...
Damit überhaupt die Möglichkeit besteht, wieder zueinander zu finden, braucht es also der Einsicht und oft auch der Überwindung des Stolzes und des Trotzes. Man kann öfter ja auch beobachten, daß sich manche ganz gleichgültigt und gelassen geben, während es brodelt in ihnen. Auch das sind solche Versuche, die Liebe abzuwehren und keine Signale zu senden.
Die Liebe, könnte man sagen, ist das Schicksal des Menschen, aber genauso ist der Mensch das Schicksal der Liebe.
Wirklich gemeinsam bis ans Ende der Welt wird man jedenfalls nur kommen, wenn beide etwas abgeklärt sind und nicht ein Ego besitzen, das die Liebe aus dem Sattel wirft. Gerade daran scheitert es eben aber oft. Nicht am Mangel an Liebe, sondern an einem unausgegorenen oder gar blindwütigen Ego, das von der Liebe fordert, was der Mensch nicht erbringen kann. Wir sind nun einmal keine engelhaften Geistwesen, die in Liebe erleuchtet im Himmel schweben, sondern ganz normalen Menschen mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen und Ecken und Kanten und Schwächen usw. Die Liebe, auch wenn sie noch so tief und wahr ist, kann das nicht einfach alles auslöschen oder wegpusten, aber was sie kann, macht man wirklich ernst mit der Liebe, ist, daß man über diesen Dingen steht, ja vielleicht sogar manches zu lieben lernt, was dem Ego ursprünglich gar nicht so gefallen hat. Jedenfalls heißt lieben: einen Menschen so anzunehmen, wie er ist, und sich nicht nur die Rosinen herauszupicken - denn das kann nicht gutgehen. Eine Liebe, die einen bis ans Ende der Welt tragen soll, muß sozusagen immer weiter, immer verständiger werden und darf sich nicht, wie es eben oft geschieht, immer mehr und immer weiter zusammenziehen - bis zuletzt nichts mehr übrig ist von ihr.
Was Dich betrifft, ist es natürlich wirklich eine schwierige Situation. Sieht man es mit der Vernunft, dann ist das Vernünftigste vermutlich tatsächlich, damit abzuschließen. Aber wie sollte man die Liebe mit der Vernunft sehen? Kann jemand die Liebe mit der Vernunft sehen, was es ja gibt, dann, fürchte ich, weiß er nicht, was Liebe ist. Oder er räumt eben der Vernunft eine größere Bedeutung ein als der Liebe.
Letztlich bleibt leider wirklich nur, die Zeit vergehen zu lassen, sich auf anderes zu konzentrieren und, wenn es sinnlos scheint, den Kontakt zu vermeiden. Allerdings gebe ich Dir recht: wenn man den Kontakt ganz vermeidet, ist es nicht unwahrscheinlich, daß der andere dies als Desinteresse auffaßt. Dennoch sollte man das riskieren, weil man sonst für alle Zeiten in einer Warteschleife hängt - und damit vieles von seinem Leben verschenkt und vergeudet. Wenn die Liebe des anderen groß genug ist und er von seinen Standpunkten und Selbstgerechtigkeiten ablassen kann und zur Einsicht kommt, dann findet er von selber wieder zurück. Anders geht es ohnehin nicht. Jeder muß den für ihn richtigen Weg finden - und wenn es für Deinen Ex der richtige ist, wieder zu Dir zurückzufinden, dann wird er ihn auch gehen. Das ist das Einzige, worauf Du vertrauen solltest.
Was mir aber auf alle Fälle wichtig erscheint, ist, daß Du erst einmal selber wieder ganz zu Dir zurückfindest. Es mag Dir zwar merkwürdig erscheinen, aber - so Dir das möglich ist - fahre einmal in eine Gegend, die Du nicht kennst, und gehe einfach darauf los, 10, 20km. Nicht auf Straßen, sondern irgendwo querfeldein. Und dabei solltest Du versuchen, nichts zu denken, sondern nur zu sehen und zu erleben und zu spüren. Das kann sehr klärend wirkend und Dich Dir wieder ganz nahe bringen.
Nein, ich bin in keiner Beziehung, und bei mir ist die Trennung etwa zweieinhalb Jahre her.
Die Bewältigung war alles andere als einfach. Lange Zeit habe ich mich seelisch vollkommen tot gefühlt, wie abgeschaltet. Aber irgendwann bin ich schließlich doch wieder lebendiger geworden .
Was mir sicher geholfen hat, nach diesem gelähmten und fassungslosen Zustand, war, daß ich eingesehen und akzeptiert habe, daß aufgrund verschiedener Anlagen meiner damaligen Partnerin eine dauerhafte Beziehung nicht zu führen war (die Trennung war auch ganz plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, könnte man sagen - was es eben nicht gerade leichter gemacht hat, weil eben die Liebe nicht einfach mit der Zeit versandet war, sondern gewissermaßen in voller Blüte). Und was mir zudem geholfen hat, war meine berufliche Tätigkeit, die es mir ermöglicht hat, das alles dann doch irgendwie zu verarbeiten, auf eine inspirierte Weise sozusagen .
Liebe Grüße