Hallo MirGehtsÄhnlich!
Ich glaube, Du siehst zumindest einen Punkt etwas verkehrt.
Du sagst, es sei Deine Schuld, daß die Beziehung zerbrochen ist, weil Du Deinen Ex verletzt hast. Grundsätzlich möchte ich dazu sagen, daß gerade die Liebe (wenn es eben um diese tiefe Liebe geht) diese Kategorie der Schuld gar nicht kennt. Jeder Mensch macht bisweilen etwas, daß dem anderen mißfällt, ihn an seiner Achillesferse trifft, ihn aufwühlt - was auch immer. Aber dennoch ist es so, als würde ein Stein ins Meer fallen und eben nicht in eine Pfütze. Dem Meer wird der Stein nichts anhaben können, die Pfütze hingegen leert er aus.
Es ist ja auch in diesem Forum immer wieder davon zu lesen, daß eine Beziehung aufgrund einer Verletzung zerbrochen sei (bei bestehender Liebe). Und quasi automatisch wird dann gemeint, daß der andere der Böse sei oder eben etwas Falsches gesagt oder getan hätte und die Trennung daher die Konsequenz daraus wäre.
Ich finde diese Sichtweise nicht nur einseitig und kindisch, sondern auch sehr kontraproduktiv, um es so zu sagen, weil man damit keinen Schritt weiterkommt. Man könnte vielleicht ja auch einmal auf die Idee kommen, sich selber zu fragen, ob tatsächlich die Tat des anderen schuld war am Zerbrechen der Beziehung oder in Wahrheit nicht vielmehr die eigene Verletzlichkeit. Leider scheint es heute allgemein so zu sein, daß selbst die unglaublichste und haarsträubendste Verletzlichkeit, die der eines Kleinkindes entspricht, als völlig normal und berechtigt angesehen wird und nichts anderes als Zustimmung und Trostreaktionen auslöst.
Ich halte das, um es ganz gelinde zu sagen, für reichlich absonderlich. Denn wesentlich sinnvoller wäre es wohl, diese und jene Verletzlichkeiten, die man noch mit sich herumschleppt aus frühkindlichen Zeiten, zu überwinden und gerade daran zu wachsen und zu reifen. Denn ansonsten ist es kein weiter Weg bis zur nächsten Verletzung (und nötigen konsequenten Trennung). Man macht nichts außer auf der Stelle zu treten und über das zu jammern und wütend zu werden, was einem alles angetan worden ist. So jedenfalls wird man weder in seiner eigenen Entwicklung vorankommen noch je zu einer wirklich guten Beziehung finden. Und dann fragt man sich auch, wozu das Leben überhaupt gut sein soll - wenn nicht dazu, zu wachsen und zumindest nicht dümmer zu sterben als man geboren worden ist.
Es gibt nur dann Ausnahmen, wenn jemand z. B. eine gestörte Persönlichkeit hat, die eine Beziehung von vornherein nicht zuläßt, und man dadurch in etwas hineingerät, das destruktiv und ohnehin hoffnungslos ist (aber von einer beidseitigen tiefen Liebe kann dann ohnehin nicht die Rede sein). Oder natürlich, wenn jemand gewalttätig ist oder sonstwie chronisch zerstörerisch.
Aber irgendwelche einzelnen Ereignisse, Ausrutscher, Fehlleistungen, kurzfristige Phasen usw. können - bei einer auch nur halbwegs stabilen, selbstbewußten, erwachsenen psychischen Verfassung und Persönlichkeit - niemals zu einer solchen Verletzung führen, daß diese tatsächlich eine Trennung begründen würde. Sondern in solchen Fällen ist das vielmehr eine Herausforderung, es deckt auf, wo man noch etwas an sich selber zu tun hat, wo man noch stabiler und sicherer werden muß - letztlich würde garade das von allen diesen Verletzlichkeiten befreien (und man kann davon ausgehen, daß man ohne diese weit besser durchs Leben kommt ...). Die Frage sollte dann also nicht sein: Warum hast du dieses und jenes gesagt oder getan?, sondern vielmehr: warum hat mich das gar so verletzt, getroffen, wütend, rachsüchtig gemacht? Denn solche (heftigen) Reaktionen sind durchaus kein Naturgesetz, auch wenn manche es gerne dafür halten, um gar nicht weiter darüber nachdenken zu müssen und womöglich zu entdecken, daß ihre eigenen Reaktionen noch weitaus bedenklicher sind als die Tat des Partners.
In diesem Sinne solltest Du Dir also auch nicht die Schuld an der Trennung geben. Und leider wird es auch nichts helfen, wenn Du nun aus diesem Schuldgefühl heraus meinst, Du müßtest Deinem Ex noch mehr zeigen und beweisen, wie sehr Du ihn liebst. Erstens wäre das die ganze falsche Motivation, zweitens wäre es wirkungslos und würde Deinen Ex auch noch in seiner Vorstellung, die Trennung sei berechtigt gewesen, bestärken.
Wer liebt, sucht von sich aus nach dem Verständnis und nicht nach dem Dolch. Was wütend, trotzig, unnachgiebig sein, was trennen will, kann jedenfalls nicht die Liebe sein ... die Liebe wird immer nach dem Verstehen suchen, und wenn sie tief genug ist und auch wirklich empfunden wird, wird sie auch finden.
Das eigentliche Problem wird eher sein, daß Du eben ein Gefühlsmensch bist, Dein Ex hingegen ein Kopfmensch. Ein Gefühlsmensch ist sozusagen von Natur aus weicher und kann daher auch weitaus mehr abfangen, während ein Kopfmensch oft sehr starre Prinzipien hat und sehr trotzig reagieren kann, eben auch gegen die eigenen Gefühle. Er versteht es gewissermaßen (oder kann gar nicht anders), sich gegen sich selber durchzusetzen, und wirft auch alles über Bord, was ihm eigentlich lieb ist. Weil eben alle diese Prinzipien (auch von Recht und Unrecht) viel mehr Gewicht haben als die Gefühle, weil er sich womöglich richtiggehend dahinter verschanzt und einbetoniert. Er ist gleichsam der hilflose Gefangene seiner eigenen Konstrukte, und rationalisiert noch seine Wut und seinen Trotz und hält sie für berechtigt und nötig.
Und ich muß Dir leider sagen, daß man dagegen auch nicht ankommt. Ganz unabhängig, wie sehr Du liebst. Das alles wird quasi abgewürgt, nicht geglaubt, ins Bedeutungslose gezogen, mit hunderten Begründung abgewehrt und abgewertet.
Es gibt im Grunde nur zwei Chancen: Die eine ist, daß er selber aus irgendeinem Grund einsichtig wird und seine Gefühle wieder herauskommen aus dem selbstgezimmerten Kerker. Oder daß ihm jemand oder etwas die Augen öffnet. Allerdings kannst nicht Du dieser Jemand sein, das solltest Du erst gar nicht versuchen. Denn Du bist ja die vermeintliche Ursache des Dilemmas und damit quasi von vornherein unglaubwürdig und subjektiv und bist des Eigeninteresses verdächtig. Sondern das müßte jemand ganz Außenstehender sein, der auch gar nichts mit Dir zu tun hat (sonst könnte er ja auch einfach auf Deiner Seite stehen).
Ja, ich glaube schon, daß es auch eine solche geheime, unterschwellige Verbindung geben kann auf der Ebene des Unbewußten. Also so, wie Du sagst: daß Du den Eindruck hast, er denkt noch oft an Dich, Ihr spürt Euch noch. Ich halte das durchaus nicht für irgendwie abgehoben. Natürlich - es kann auch Wunschdenken sein, muß aber nicht. Solche tiefen Liebesbeziehungen lösen sich nicht einfach in Luft auf, auch wenn man sie aus Gründen der Persönlichkeit nicht leben kann. Und daß der Mensch nicht nur verbal kommuniziert, ist ja auch kein Geheimnis.
Dennoch bleibt aber in jedem Fall die Frage, was Dir das hilft ... Selbst wenn es diese unterschwellige Verbindung zwischen Euch tatsächlich gibt, ist das ja kein glücklicher Zustand, in dem man den Rest seines Lebens ausharren sollte.
Liebe Grüße