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Vom Herzmenschen getrennt und selbst schuld

M
Zitat von Schweremut:
Vielleicht hast du damit recht. Er sagte selbst schon oft, dass er nicht derjenige zu sein scheint, der mich da durch begleiten kann. Und ich weiß auch nicht, welches Maß an Verständnis man einfordern kann, wenn der andere auch darunter leidet. Ich möchte nicht, dass es ihm schlecht geht. Aber ich hätte ihn so ...

Einfordern kannst du gar nichts. Und solltest du auch nicht. Wenn er dir das von sich aus nicht geben kann oder will, dann hat es auch wenig Sinn, da irgendwas zu fordern.

Es tut mir so leid und ich weiß, dass es weh tut. Aber du wirst das schaffen und wer sagt denn, dass du nicht vielleicht sogar irgendwann jemanden findest, der noch viel viel besser zu dir passt? Versuch positiv nach vorn zu schauen. Das ist nicht einfach und schon gar nicht zum jetzigen Zeitpunkt, aber deine Therapie wird dir dabei helfen und du kannst selbst auch etwas dafür tun. Wichtig ist doch, dass du erkannt hast, dass du Hilfe brauchst und dass du diese auch annimmst. Jetzt musst du dir nur noch die Zeit zugestehen, das alles aufzuarbeiten. Das schaffst du!

04.09.2024 12:19 • x 3 #31


Scheol
@Schweremut

Zitat:
Ich bin bei einer Verhaltenstherapeutin (weil ich schnelle Veränderungen wollte),

Die Verhaltenstherapie ist eine spezielle Form der Psychotherapie. Sie basiert auf dem Prinzip, dass ungünstige Verhaltensweisen und Denkmuster erlernt wurden und demnach auch wieder verlernt werden können.

Ich vermute das hier Werkzeug erarbeitet werden sollte um sich selbst zu regulieren ?

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist problemorientiert. Es geht darum, an konkreten aktuellen Problemen zu arbeiten und Lösungen für sie zu finden.


Zitat:
die aber auch auf Traumatherapie spezialisiert ist und die Thematik auch schnell erkannt hat.

Macht sie EMDR ? EFT ? Usw. ?

Zitat:
Wir sind vier Jahre knapp zusammen und vom Alter fast acht Jahre auseinander.
Ich arbeite nur wenige Stunden, weil ich nochmal studiert habe und er ist Vollzeit berufstätig.
Ja, er kann und will das nicht mehr. Geht daran kaputt. Und das kann ich verstehen. Wir haben viel und zermürbenden Streit. Oft weil ich etwas falsch interpretiere oder mich aus dem Nichts angegriffen fühle. Ich fang dann aber nicht an zu heulen, sondern teile dann aus, werde also wirklich ekelig.

Der traumatisierte wechselt sofort ins Handeln !

Hier der fight Modus weil dich irgendwas triggert.

Heulen wäre dann eher der Flucht Modus oder fawn Response.


Zitat:
Das alles treibt mich dann in eine tiefe Verzweiflung, mit Angst und Schamgefühl und dann spulen sich dazu noch erlernte Verhaltensweisen ab (Rückzug und Abkoppelung), die das alles noch verstärken.

Von fight , hier in den Rückzug / Fluchtmodus.
Dissoziation ?


Zitat:
Auf der anderen Seite hatten wir hier das, was sich viele gewünscht haben. Eine funktionierende Patchworkfamilie (Freundschaften mit den Expartnern, Kinder die sich gerne haben) und eine Beziehungstiefe die ich so vorher nicht kannte.

Zitat:
Ich habe mich sehr geliebt gefühlt (außer in meinen tollen Phasen, da fühlte ich mich wie der abscheulichste Mensch der Welt und verurteilt) und habe und liebe ihn sehr. Das alles hier hat mich eigentlich sehr glücklich gemacht.

Eigentlich glücklich gemacht ?

04.09.2024 12:26 • x 1 #32


A


Vom Herzmenschen getrennt und selbst schuld

x 3


S
Ich mache mir selbst großen Druck, ja. Weil ich merke, dass ich mir damit alles kaputt mache und viel Schaden anrichte. Ich möchte nicht, dass jemand unter mir leidet. Weder mein Partner, mein Kind, seine Kinder, wer auch immer.

Ja, ich dissoziiere auch. Hab dann auch teilweise Filmrisse im Streit, gerade dann, wenn es lauter wird und die Hilflosigkeit dazu kommt. Mein Partner erlebt mich dann aber eher überheblich und kalt und fühlt sich dann von mir auch nicht geliebt.
Ich weiß, dass er mich verstehen wollte, viele Fragen hat. Aber auch ich kann nicht alles beantworten und ich glaube, dass ihm dann trotzdem der letzte Funken fehlen würde, um da mitgehen zu können. Zumal ich auch nicht benennen kann, was ich in den Momenten von ihm bräuchte. Ich weiß es einfach nicht.

Ob meine Therapeutin auch EMDR macht, das weiß ich tatsächlich gar nicht. Sie ist zumindest eingetragene Traumatherapeutin.


Eigentlich glücklich gemacht. Bis auf diese Streits. Die machen mich und ihn kaputt. Würde ich mich anders verhalten können, dann könnten wir die (fast) perfekte Beziehung haben. Er ist sehr liebevoll, lustig, zärtlich und aufrichtig. Er ist ein sehr toller Mensch.

04.09.2024 12:53 • x 1 #33


Scheol
Zitat von Schweremut:
Ich mache mir selbst großen Druck, ja. Weil ich merke, dass ich mir damit alles kaputt mache und viel Schaden anrichte. Ich möchte nicht, dass jemand unter mir leidet. Weder mein Partner, mein Kind, seine Kinder, wer auch immer. Ja, ich dissoziiere auch. Hab dann auch teilweise Filmrisse im Streit, gerade dann, wenn ...

Was bringt dich den so aus der Mitte so streiten zu müssen ?

Wo gab es diese Situation in der Kindheit schon einmal ? Weil du dich nicht gesehen fühlst , recht haben willst ? Was ist es ?

Warum kannst du dich nicht einfangen , Selbstregulieren ?

04.09.2024 12:55 • x 1 #34


E-Claire
Zitat von Schweremut:
Vielleicht hast du damit recht. Er sagte selbst schon oft, dass er nicht derjenige zu sein scheint, der mich da durch begleiten kann. Und ich weiß auch nicht, welches Maß an Verständnis man einfordern kann, wenn der andere auch darunter leidet. Ich möchte nicht, dass es ihm schlecht geht. Aber ich hätte ihn so gerne an meiner Seite.


Liebe Schweremut!

Willkommen im Forum und ich gratuliere dir von ganzem Herzen zu Deinem Mut.

Trauma is not our fault but healing is our responsibility.
Meine Lesart Deiner Geschichte ist ein bißchen eine andere. Ich sehe Dich nicht am Ziel Deiner Träume angekommen, jetzt alles kaputt machend, sondern ich lese eine Frau, die im Zweifel lange Jahre wahnsinnig gekämpft hat und erst als sie in dieser Beziehung eine bestimmte Ruhe, Liebe und Akzeptanz gefunden hat, erst dann wurdest Du in die Situation versetzt, überhaupt erkennen zu können, daß da etwas bei Dir zu bearbeiten gehört. In einer völlig chaotischen Wohnung ist die Uhr, die zum Uhrmacher gebracht werden muss, schwer zu finden. Damit aber hat diese Beziehung zunächst einmal schon einen grundsätzlichen Wert, völlig unabhängig davon, wie es mit dieser weitergeht.
Und es bedeutet auch, daß Du nicht einfach hingegangen bist und mir nichts dir nichts alles kaputt gemacht hast, sondern daß in der Beziehung zu sein, erst einmal bestimmte Dinge sichtbar gemacht hat und zwar so sichtbar, daß Dir jetzt der Schritt zum Uhrmacher möglich ist.

Damit lassen wir aber dann auch den Begriff des Uhrmachers hinter uns, weil dieser nämlich ein völlig falsches Bild von Therapie suggeriert. Die meisten, die irgendwann in Therapie landen und die meisten Angehörigen, suchen einen Therapeuten auf in der Idee, daß, so das Problem einmal identifiziert ist, man dort repariert wird.

So funktioniert Therapie mE leider nicht. Wäre natürlich schön, aber irgendwie auch gruselig, weil es ja bedeuten würde, daß ein anderer Mensch einfach die Macht hätte, an und vor allem in uns herumzuschrauben, bis wir wieder so funktionieren, wie eben der andere oder die Allgemeinheit das festsetzen. Das hätte wahnsinnig großes Mißbrauchspotenzial. Und echte Therapie ist nun mal keine Gehirnwäsche.

Gesprächstherapie hat Nebenwirkungen, eine häufige ist, daß bestehende Partnerschaften kaputt gehen. Das liegt daran, daß sich das Paar unter Maßgabe der unbehandelten Herausforderungen kennenlernt und findet und dies sich dann durch Therapie völlig verändert.

Angehörige haben ja durchaus einen Leidensdruck, aber dieser verursacht eben dann auch oft einen Tunnelblick. Du brauchst Hilfe, weil Du xyz sofort auf Dich beziehst oder Du brauchst Hilfe, weil Du in der oder jener Situation unangemessen aggressiv, hysterisch etc reagierst, meint doch eigentlich immer nur, sei so wie du bist, nur an der (einen) Stelle anders (gemeint ist besser).

Als wäre der Mensch eine Weihnachtslichterkette, bei welcher nur die drei Birnen, die nimma funktionieren, ausgetauscht gehören und schon wäre alles in feinster Ordnung.

Überraschung, das System Mensch ist keine Lichterkette.

Das Verhalten, welches Du an den Tag legst und zwar im guten wie im schlechten, ist erlernt und zwar über Jahre und es hat ursprünglich mal einem ganz bestimmten Zweck gedient. Willst Du an das Verhalten heran, musst Du Dir anschauen, woher es kommt, worauf es eigentlich Reaktion ist. Dann gilt es zu lernen, die Situationen, die eben diese Reaktion auslösen zu erkennen und erst nachdem Du sicher in der Identifikation der Situation geworden bist, kannst Du anfangen und schauen, welche Handlungsalternativen, du grundsätzlich erarbeiten kannst. Und weil niemand lesen, in einer Stunde lernt und das Erlernen von Dingen massiv viele Übungsstunden erfordert, wird es natürlich auch immer wieder ein Scheitern geben. Erinnere Dich an Deine ersten Diktate oder Rechenaufgaben.

Hinzukommt, daß das, was Dich belastet, an anderer Stelle entsteht. Wenn es also in deinem Fall darum geht, daß Du in bestimmten Situationen mit einer nicht sozial-adäquaten Aggression re-agierst, dann aller Wahrscheinlichkeit nach, weil du zwei Kilometer vor deinem eigentlichen Ausbruch (der angeblich das Problem) ist, falsch abgebogen bist. Das Problem sitzt normalerweise an einer völlig anderen Stelle. Und zwar an einer die für den anderen noch sehr super ist.

Sprich, wenn Du lernst, wo dieser höchstpersönliche zwei km Punkt ist und versuchst anders zu reagieren, wirst Du aller Wahrscheinlichkeit nach auf (großen) Widerstand beim Gegenüber treffen, denn der will nicht, daß sich grundsätzlich etwas ändert, sondern er will nur, daß Du weniger schreist. Damit aber würdest Du dann halt an der Stelle zum Ende der Beziehung gelangen. Das ist super mies und es ist fürchterlich traurig, aber versuch Dir mal klar zu machen, daß die Trennung jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit nur die Vorwegnahme der Trennung später ist.

Und um mal ein bissl Hoffnung zu zeichnen, eine Trennung jetzt, so schmerzhaft aber notwendig sie gerade ist, heißt eben nicht, daß es eine Trennung für immer sein muss. Ihr braucht beide Ruhe und ihr müsst beide heilen.
Und Du, liebe Schweremut, kannst jetzt auch keine Ablenkung oder Energieräuber, wie es nun mal Beziehungsgespräche sind, brauchen.

Du hast die ersten Schritte gemacht, ja, der Weg wird beschwerlich, aber dieser Weg ist es wert.

Alles Liebe.

04.09.2024 12:59 • x 14 #35


S
@Scheol
Ich hab nicht allzu viele Erinnerungen an meine Kindheit, daher hab ich keinen richtigen Vergleich. Angenommen wird, dass das im Zusammenhang mit Angst vor Ablehnung steht und der Angst davor, dass ich verlassen werde. Ich kämpfe regelrecht darum verstanden und ernstgenommen zu werden. Ich kann aber auch verstehen, dass, wenn ich alles negative auf mich beziehe und mich darin schlichtweg irre, dass man dafür irgendwann kein Verständnis mehr aufbringen kann und es nur wütend macht.

Ich bekomme mich nicht reguliert, weil meine Wahrnehmung derart verschoben zu sein scheint, dass mich dieser Schmerz einfach überrollt. Gleichzeitig dann diese Beschämung darüber, wenn ich dann „um mich schlage“ und damit ja genau das Verhalten zeige, was verachtenswert ist und nicht liebenswert. Das katapultiert mich in die Verzweiflung, sodass ich darin dann regelrecht versinke und eine Sanktion provoziere, anstatt mal innezuhalten und mich zu entschuldigen. Ich hab gefühlt kein Reiz-Reaktionsfenster. Das ist einfach nur beschämend.

04.09.2024 13:06 • x 2 #36


S
E-Claire, danke für diesen Super-Beitrag! Liebevoll und annehmend auf den Punkt gebracht!

04.09.2024 13:07 • x 2 #37


S
@E-Claire
Danke für deine lange und wertschätzende Nachricht. Die muss ich erstmal etwas wirken lassen.
Ich kann mich mit dem Gedanken der Trennung einfach nicht anfreunden. Weil ich mir daran die Schuld gebe und ich das Gefühl habe, dass das alles zu viele Probleme auf einmal sind die es zu bewältigen gilt.
Für meinen Partner oder Expartner ist es einfach. Er schafft sich das Probleme (mich) vom Hals und kann zur Ruhe kommen. Ich habe jetzt nicht nur dieses Trauma am Hals, sondern noch den Scherbenhaufen vor mir, für den ich auch noch selbst verantwortlich bin. Das ist alles so traurig.

04.09.2024 13:14 • x 1 #38


DieSeherin
ja @E-Claire dein beitrag ist großartig!

sag mal, @Schweremut ist es für dich möglich, bei deiner therapeutin eventuell kurzfristig notfalltermine zu bekommen, die dir durch die trennung helfen? das ist ja irgendwie auch im zusammenhang mit deinem großen thema?

04.09.2024 13:15 • x 2 #39


E-Claire
Zitat von Schweremut:
Das ist einfach nur beschämend.

Oh Mann! Diese Scham, ich erinnere die so gut!

Neben all den schwer auszuhaltenden negativen Gefühlen, ist Scham echt eine der Königinnen des sich mies fühlen lassen.
Ich gebe Dir zwei Dinge mit an die Hand:
1) Scham ist eines der unnützlichsten Gefühle der Welt. Außerhalb von frühkindlicher Entwicklung und der Tatsache, daß uns Scham davon abhält, bei Freunden im Wohnzimmer die Hosen runter zu ziehen und auf den Tisch zu machen, hat Scham keinerlei (im Moment wichtige) Aufgabe. Scham ist zu nichts gut.
2) Scham lebt davon, Dich in Isolation zu halten. Das Gegenmittel zu Scham ist Offenlegung. Daher: Du bist mit Deiner Scham nicht alleine! Ich kenne diese Scham gut und ich bin mir sicher, daß, wenn Du im Forum fragst, wirst Du ganz viele andere finden, die diese Scham kennen.

Scham ist nicht unsere Freundin!

04.09.2024 13:16 • x 9 #40


E-Claire
Zitat von Schweremut:
Ich habe jetzt nicht nur dieses Trauma am Hals, sondern noch den Scherbenhaufen vor mir, für den ich auch noch selbst verantwortlich bin. Das ist alles so traurig.

Ja das ist super traurig

Aber das Trauma, war schon immer da, nur die Erkenntnis ist neu und der Scherbenhaufen ist, wie ich Dir versucht habe zu schreiben, aller Wahrscheinlichkeit ein notwendiger.

Schau, Du stehst am Anfang eines unendlich beschwerlichen aber auch wirklich coolen Weges, aber vor allen Dingen, so hart wie es ist, was wäre denn die Alternative?

04.09.2024 13:27 • x 2 #41


S
Die Scham ist zum Brechen. Aber wenn ich mir anschaue, was ich den Menschen die mir etwas bedeuten antue, dann bleibt nichts als die Scham.

Die Alternative. Ich wäre gerne „normal“. Mehr wie er. Er ist ruhig und besonnen. Kann sich abgrenzen und ist sich seiner selbst sicher. Und ich renne hier rum und mache mich selbst genau zu dem, was ich nicht sein will. Einer nicht liebenswerten Last.

04.09.2024 13:30 • #42


S
Ich wäre meinen Weg gerne mit ihm gegangen. Weil er mir schon Halt und Kraft gegeben hat in den Phasen, in denen ich nicht um mich geschlagen habe, sondern wir glücklich waren.
Aber diese Ruhe scheine ich nicht zu ertragen. Da gibt es etwas, was mich zweifeln lässt und unruhig macht, sodass ich anfange nach dem Haar in der Suppe zu suchen. Und wenn ich keine finde, bilde ich mir anscheinend eins ein.

04.09.2024 13:34 • #43


E-Claire
Zitat von Schweremut:
Ich wäre gerne „normal“. Mehr wie er. Er ist ruhig und besonnen. Kann sich abgrenzen und ist sich seiner selbst sicher.

Hm, der hat sich mit traumwandlerischer Sicherheit eine traumatisierte Frau ausgesucht. Ich will ja jetzt nicht Unke spielen, aber normalerweise machen das normale Menschen, was auch immer das sein soll, eigentlich nicht.

04.09.2024 13:55 • x 1 #44


S
@E-Claire er hat mich zu Anfang ganz anders wahrgenommen. Als selbstsicher und stark.

04.09.2024 13:59 • #45


A


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