Liebe Matida,
schön, dass Du hier geschrieben hast. Ich weiß noch, als ich das Forum entdeckt habe - das war circa sechs Monate nach der Trennung. Es ging mir damals noch sehr schlecht, ich fühle mit Dir, wie es Dir geht.
Meine Trennungsgeschichte ist vergleichbar zu Deiner und vieler anderer hier im Forum. Das war mein erster Aha-Effekt. Ich hatte nämlich wie Du komplett vertraut auf das, was mein NM (Nochmann) und ich vereinbart hatten: Erstmal ist es für immer. Wir sind uns treu. Wir wissen auch, dass nach so langer Beziehung, 25 Jahre, andere Menschen interessant werden könn(t)en. Aber wir sind ehrlich, bevor etwas passiert. Mein Mann hat sich daran nicht gehalten - ich bin wie Du aus allen Wolken gefallen.
Zitat von Matida: für mich völlig überraschend bei einem ganz normalen Frühstück
Und das ist übrigens ein wichtiger Faktor, warum es Dir jetzt so schlecht geht. Bei Dir kommt viel zusammen, was eine Trennung sehr schwer macht: Die Trennung scheinbar aus dem Nichts, die lange Zeit der Beziehung, der Betrug und das Gefühl, ausgetauscht zu werden.
Was ich Dir sagen möchte: Ich habe sehr vergleichbar wie Du gefühlt. Und heute geht es mir sehr gut, dazu schreibe ich unten noch. Ich bin Mitte 50, erwachsene Kinder, Trennung aus dem Nichts - ich konnte und wollte nichts mehr (Trennung war im Januar 2023). Ich war unter Schock und dieses Gefühl hat lange angehalten. Warum? Es konnte einfach nicht wahr sein, es war aber wahr. Das beschreibst Du auch:
Zitat von Matida: wie in Trance (bis heute)
Das Schlimmste war, dass mein Mann so leichtfüßig noch nicht einmal selbst Schmerzen hatte, dass unsere Beziehung vorbei war. Nicht mal anstandshalber. Das hat - für mich - unsere Beziehung zusätzlich entwertet. Was Quatsch ist, aber das kann man zu Beginn nicht sehen. Er ist leichtfüßig in sein neues Leben mit der neuen Frau getänzelt. Aber: Ich hab auch erst sehr viel später verstanden, dass er sich während unserer Beziehung schon gelöst hatte. Er hat es mir nur nicht gesagt. Er war also mit Bindung und unserer Ehe schon quasi fertig. Ich war mit allen Gefühlen frisch am Ende, ich hatte ja nichts entschieden.
Zitat von Matida: Jetzt beginnt der April und keine Besserung ist in Sicht.
Deine Trennung liegt erst vier Monate zurück. Das ist keine lange Zeit für das, was Dir passiert ist. Ich wünsch' Dir, dass Du milde mit Dir sein kannst. So eine Trennung aus dem Nichts zerschmettert viel, vermeintlich. Deine Planung fürs Alter vielleicht, Deinen gewohnten Trott, Deine Liebe erstmal nicht, die hängt dann in der Luft, wenn es sie noch gab, vielleicht eine ganze Menge Sicherheit. Du kannst viel dafür tun, dass es Dir besser geht. Auch wenn Du das nicht glaubst. Und auch wenn es heute vielleicht noch nicht geht. Morgen vielleicht auch nicht. Das Forum hat mir viel geholfen. Vor allem zu merken, wie erschreckend viele solcher Geschichten wie meine oder deine es gibt. Mein NM hatte Affären - ich hätte es schlicht nie für möglich gehalten.
Mein Rezept für Dich: Der allererste Schritt ist Akzeptanz. Nicht nur der Trennung, sondern auch, dass Du Unterstützung brauchst und Dir suchen musst. Ich hab mir nach dem Auszug meines Mannes eingestanden, dass ich es alleine nicht hinkriege und mir auch therapeutische Hilfe gesucht. Ich kannte das so nicht, hab immer alles gewuppt. Es war hilfreich.
Wenn Du keinen Platz findest, lass Dir von Deinem Hausarzt/Hausärztin einen Vermittlungscode wegen Dringlichkeit geben. Das ist unkompliziert. Dann kannst Du die Hotline Tel-Nr. 116117 anrufen und die suchen Dir einen schnelleren Therapieplatz in Deiner Nähe. Wenn es schlimmer wird mit den depressiven Gedanken, geh in die Notfallambulanz, mach das.
Und dann, Schritt 2, war zumindest für mich: Selbstwirksamkeit. Mir war mein Leben entglitten - ich wollte es ab einem gewissen Punkt zurückholen. Ich habe Unmengen von Podcasts gehört und auch verstanden, warum ich nicht hinschauen wollte, warum ich akzeptiert hatte, dass unsere Beziehung schlecht war oder ok. Ich wollte irgendwann wissen, wie es um meine Finanzen steht, wie wir alles regeln, ob ich am Ar... bin finanziell oder ob es hinkommt. Wie andere hier schrieben, war das eigentlich 6-8 Monate nach der Trennung viel zu spät. Bei uns war gut, dass mein NM (zumindest) finanziell fair geblieben ist und dass sowieso ich die Finanzfrau in der Beziehung war. Es ist wichtig, Bescheid zu wissen und selbst agieren zu können. Thema: Scheidungsfolgenvereinbarung, das Wort kannte ich nicht, kannst Du hier im Forum überall lesen.
Ab dem Moment, wo ich hingeschaut habe und gemacht habe, wurde es besser. Ich fühlte mich der Situation nicht mehr ausgeliefert. Mir hat z. B. auch Schreiben geholfen, ich hab Notizbücher vollgeschrieben, wie früher Tagebuch, von Hand, war für mich hilfreich. Ich hab mich gezwungen, täglich spazieren zu gehen, nachdem ich gelesen habe, dass Spazierengehen Adrenalin abbaut . War für mich hilfreich. Du wirst vielleicht für Dich anderes finden.
Und versuch, nicht zu viel von Deinen Lieben um Dich herum zu erwarten. Das Problem ist: Deren Leben hat sich nicht großartig verändert - Deins aber. Erwarte aber auch nicht zu viel von Dir. Du musst nicht alles lösen zu Beginn.
Hm, das ist jetzt nun wieder ein Roman geworden - ich werde es nie lernen. Ich hoffe, es ist ok.
Ich wünsche Dir alles Gute. Das Wichtigste: Ja, das Leben kann wieder sehr schön sein. Es ist normal, dass Du Dir das jetzt nicht vorstellen kannst. Du hast nicht alles in der Hand, aber you'll never know if you never go. Es gibt auch für mich noch Schwankungen und immer noch tiefe Tiefen. Ich hab aber viele Glücksmomente, mehr als in meinen letzten fünf Beziehungsjahren. Ich bin nicht unbedingt froh über die Trennung, vor allem nicht über die Form. Aber (in) diese Beziehung möchte ich auf gar keinen Fall mehr zurück.
Und weil Du gerade fragst, wie lange es gedauert hat: Bei mir waren die ersten drei Monate am schlimmsten, das Trance-Gefühl. Dann dachte ich, ok, aber eigentlich hatte ich es noch nicht akzeptiert - ich hab eher so abgewartet. Ab dem Moment, wo ich mir das eingestanden habe und Hilfe gesucht, ging es besser bis gut, circa sechs Monate nach Trennung. Ich hab unsere Scheidung in die Hand genommen und festgestellt, dass ich wieder da bin. Für mich extrem hilfreich zu merken, dass ich richtig bin, dass es in Ordnung ist, lange Zeit so kaputt zu sein, obwohl ich körperlich gesund war, finanziell nicht am Boden, kognititv nicht beeinträchtigt