@Dummda2
Eigentlich hatte ich mich schon länger aus dem Forum verabschiedet, zu lange ist es bei mir nun schon her als da noch aktuelle Verletztheit auf meiner Seite wäre. Nun habe ich, weil ich warten muss bis auf dem Server einige Programme aktualisiert sind und ein sinnvolles Arbeiten so schlecht möglich ist, neugierig wie ich bin, kurz hier vorbeigeschaut und sehe Deinen Beitrag.
Schon oft habe ich mit dem Gedanken gespielt genau dies selbst zu schreiben, aber mangels Zeit und echtem Bedarf meinerseits es dann doch unterlassen. Jetzt, als ich Deine Zeilen gelesen habe, trifft es mich schon etwas. Denn bis auf wenige Einzelheiten finde ich in Deiner Schilderung unsere damalige Situation wieder. Wir waren beide zwischen 45 und 50. Ich war trotz der Kinder immer Vollzeit berufstätig und habe es da auch zu einer guten Anerkennung und gutem finanziellen Ertrag gebracht. Mein Mann war mit seiner eigenen Firma auch gut unterwegs, hatte jedoch damals aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage einen Einsacker.
Bereits immer war er sehr ehrgeizig und konnte Misserfolge nur schwer verdauen. Seine eigenen Erwartungen an ihn selbst hatte er fast schon unrealistisch hoch gesteckt. In der Mitte seines Lebens angekommen fing er dann an, alles zu hinterfragen, fand dass er viel zu wenig erreicht hatte und schätzte sich selber nicht mehr richtig wert. Dabei fing er an, mir zu unterstellen, dass ich ihn sowieso nicht wertschätzen würde und ihn als meiner nicht würdig betrachten würde (Originalton). Das war völliger Unsinn, meine Wertschätzung ihm gegenüber beruhte schließlich auf ganz anderen Grundlagen, aber auch mir ging es so, dass er für mich in seiner Gedankenwelt nicht mehr erreichbar war. Gesprächsversuchen ist er ausgewichen, war einfach nicht greifbar.
All dies rechtfertigt sicherlich keine Affäre, aber es erstaunt schon, wie kongruent hier doch einiges abläuft.
Auffallend ist doch auch, dass es sich meist um eher erfolgreiche, nicht unattraktive und statusbehaftete Männer handelt, die dann das große Affärenleid auslösen. Das hat mich darauf gestoßen, dass es sich dabei um einen Typus Mann handelt, der wohl besonders gefährdet ist, weil er auch viel eher Gelegenheit für eine Affäre bekommt als der normale unscheinbare Otto-Normalverbraucher mit geregeltem Tagesablauf. Und Gelegenheit schafft nun einmal Diebe
Aber das hat auch mich zu dem Gedanken veranlasst, dass ich ja schließlich in meinem ganzen bisherigen Beziehungsleben immer die unscheinbaren Otto-Normalverbraucher links liegen gelassen habe. Sie interessierten mich einfach nicht, waren zu pflegeleicht und wenig herausfordernd.
Nun meine Herausforderung habe ich mit meinem Mann ganz sicherlich bekommen .
Was nun immerhin fünf Jahre nach dem Aufdecken seiner Affäre geblieben ist, ist dass wir dadurch gelernt haben, immer im Dialog zu bleiben und nicht zu resignieren wenn der andere einmal abweisend wirkt. Und ganz wichtig, immer an der gegenseitigen 6uellen Anziehung arbeiten damit die nicht flöten geht. Wir haben da Elemente, wie sie eigentlich Bestandteil einer Affäre sind, in unser Beziehungsleben integriert und somit in dieser Hinsicht Nutzen aus der Affäre gezogen.
Auch mein Mann ist nun mit seiner Krise wohl durch. Er ist in sämtlichen Lebenslagen viel ausgeglichener, trauert nicht dem nach, was er nicht erreicht hat sondern freut sich an seinen Erfolgen. Auch zu den Kindern ist er nun wesentlich gelassener und überzieht diese nicht mit seinen Erwartungen an sie und Vorwürfen wenns mal nicht so hingehauen hat.
Ob das für den Rest des Lebens reicht? Keine Ahnung, aber nichts ist gewiss. Ich weiß allerdings für mich selbst ganz genau, dass ich die gemachte Erfahrung betrogen worden zu sein niemals vergessen kann. Wie alle tiefgreifenden Lebenserfahrungen verbleibt diese bei mir und ich musste lernen damit umzugehen.
Dabei ist es völlig unerheblich, ob ich nun meinen Betrüger behalten habe oder mein Glück mit einem neuen Partner versucht hätte.
Rein statistisch ist die Chance wieder betrogen zu werden in jedem Fall gleich hoch, da kann ich doch auch mein neues Glück mit meinem über die Jahre bereits in allen anderen Belangen sturmerprobten Partner versuchen, der zudem auch der Vater meiner Kinder ist.
Übrigens sehe ich es auch so, dass auch mein Mann wegen seines Verhaltens, für das er selbst rückwirkend keine akzeptable Entschuldigung findet, nach wie vor betroffen ist und somit leidet. Die Frage, wie es seine Kinder einmal auffassen, wenn sie denn den tatsächlichen Grund seines damaligen Verhaltens auch ihnen gegenüber einmal erfahren sollten, beschäftigt ihn schon sehr. Da käme er schon in arge Erklärungsnot, warum ausgerechnet er, der immer sagt, dass man über alles reden kann und eine Familie dazu da ist, Probleme gemeinsam zu lösen, seine Probleme im Außen lösen wollte und nicht darüber geredet hat.
@angel09
Wenn ich es recht gelesen habe, dann ist es bei Euch erst ca. ein Jahr her. Aus meiner Erfahrung kann ich da sagen, dass dies genau der Zeitraum war, in dem auch ich alles nochmals hinterfragt habe. Das ist wohl normal und nicht besorgniserregend. Mir hat immer geholfen, dass ich immer meinen Plan B in der Tasche hatte. Will heißen, ich hätte jederzeit ohne finanzielle Probleme samt der Kinder die Ehe beenden können. Das hat mich in meinen Überlegungen und Empfindungen frei gemacht. Auch hat mir immer sehr geholfen dass er (tut er übrigens immer noch) alles unternahm um neues Vertrauen in ihn zu rechtfertigen. Er lässt mir heute noch unaufgefordert zukommen wo er ist und meldet sich wenn es später wird, es kommen seinerseits keinerlei Ungereimtheiten vor. Ich glaube auch nicht, dass er wieder aktiv ist. Das sagt mir mein Bauchgefühl und wenn ich eines aus der ganzen Chose gelernt habe, dann ist es, dass ich darauf vertrauen kann, wenn ich es uneingeschränkt zulasse.
Ich und mein Mann sehen uns beide ganz und gar nicht aus alter Gewohnheit und den angenehmen Umständen geschuldet in einer an sich toten Ehe verharrend. Im Gegenteil, da ist ganz viel Leben drin und da gehört die ein oder andere Krise halt mal dazu. Alles immer gleich hinschmeißen, ist so überhaupt nicht meine Art. Allerdings ist es auch nicht meine Art beim wiederholten Aufkommen eines bekannten Problems dies wieder mit dem gleichen Lösungsansatz zu lösen zu versuchen. Von daher weiß mein Mann auch ganz genau, dass eine Wiederholung dieses Themas mich dann zu einem Lösungsansatz greifen lassen würde, der dem alten völlig konträr wäre. Will heißen, ich habe meine Lektion gelernt (sicherlich habe auch ich meine Anteile am Auftreten der Ehekrise) aber bei einer erneuten Affäre würde ich unweigerlich den Schlussstrich ziehen. Soviel Selbstachtung und Selbsterhaltungstrieb ist mir da schon gegeben.
So und nun muss ich wieder weiter arbeiten, hoffe Ihr könnt in ein paar Jahren meine Erfahrung teilen.
Liebe Grüße