Was Du jetzt erlebst, ist der kalte Entzug. Er kann förmlich körperlich weh tun, es wird Dir vlt. kalt oder heiß, die Panik steigt auf, das Herz klopft und die Gedanken rasen im Karussell. Emotional bist Du völlig durch den Wind.
Du hast Dir von Anfang an ein Exemplar ausgesucht, das die personifizierte Anleitung zum Unglücklichsein ist. Eine Perspektive gab es nie und Du bist eine unter vielen und das weißt Du auch. Was er Dir gelegentlich an süßen Worten sagt, das hat er schon zu vielen gesagt und er wird es zu ganz vielen weiteren Frauen sagen.
Der Typ nährt sich und sein Ego durch seinen Erfolg bei Frauen. Ich glaube, sonderlich wählerisch ist er dabei nicht. Eine weitere Breitseite für Dich und Dein Selbstwertgefühl.
Nun, Du bist über 50 und hast schon einiges hinter Dir und auch schwierige Lagen gemeistert. Aber innerlich mit Deinen Sehnsüchten bliebst Du allein und dann kam ER, der ungehobelte Prinz, der in seiner Gegensätzlichkeit, die sein Wesen bietet, unglaublich anziehend wirkt. Du bist ihm verfallen, das ist alles.
Ich denke, Du wusstest immer, dass es nicht werden wird. Das musste Dir klar sein. Aber es kam eine unglaubliche körperliche Anziehungskraft bei Dir dazu und er kann sowieso immer und überall. Hauptsache, ein Weiberrock, dann springt er auf.
Liebe war da nie im Spiel, auch bei Dir nicht.
Ich schätze Dich so ein, dass gerade seine dominante Art und die fremdartigen Wesenszüge eine Leerstelle bei Dir füllten. Immerhin ein echter Kerl, an dem Du Dich aber nur abarbeiten kannst. Er bleibt kühl: Aber natürlich, Mäuschen!
Sonderlich attraktiv wirkst Du nicht mehr auf ihn, er wirkt gelangweilt, hält Dich aber noch in seinem Harem. So übel ist sie ja gar nicht, ein wenig treudoof halt und naiv. Träumt von der großen Liebe, die sie mit mir vergessen kann. Wieso sollte ich mich beschränken, wo die ganze Welt voller Frauen ist, die auf mich anspringen? Halt ich sie halt noch warm. Ein bißchen leid tut sie mir ja schon mit ihrer Beziehungssehnsucht, aber mein Gott, was soll's`? Das ist ihr Problem und nicht meines.
Der Zoo ist groß und voller Auswahl, da kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht mehr an. Ja, ja, das Mäuschen, es ist und bleibt eben ein Mäuschen!
Sie fügt sich und solange sie keine großen Probleme macht und mich nicht nervt, gönne ich ihr und mir mal ein nettes Stündchen. Haha, Poten. habe ich ja nicht! Super, ich kann immer und bei jeder. Und jede gibt mir das Gefühl, der tollste Hecht im Karpfenteich zu sein.
Du bist eine der vielen, die sein Ego pusht. Und was findest Du an ihm? Du bist austauschbar und hast keinen Wert für ihn, zumindest nicht viel. Das verursacht Leid, aber irgendwie hat Dich etwas in das Leid gezogen. Es war wie ein Sog, dem Du nichts entgegen setzen konntest.
Ich denke, es ging Dir ums Leiden an sich und er war das Mittel dazu.
Ich glaube auch, dass bei Dir erlernte Verhaltensweisen im Spiel sind, die wahrscheinlich schon auf Deine Kindheit zurück gehen. Denk mal darüber nach, wie Du Deine Kindheit aus heutiger Warte siehst. Natürlich war vieles positiv, denn schließlich wurde ja eine im Alltag tüchtige Frau daraus. Aber tief in Deinem Inneren lebst Du was nach, was Du nie aufgearbeitet hast.
Irgend ein Leid blieb in Dir zurück. Es könnte sich z.B um Zurücksetzung handeln, um mangelnde Liebe und Aufmerksamkeit Deiner Eltern, vielleicht um Eifersucht gegenüber einem Geschwisterteil? Oder Du hast Trennungserfahren machen müssen, die zu viel für Dich waren. Vielleicht hat man Dir auch beigebracht, dass man für ein bisschen Liebe schon viel tun muss und viel hinnehmen muss. Liebe bedeutet auch Leid und ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Vielleicht wurdest Du auch unterdrückt und hast Dich angepasst und gelernt, dass eine Anpassung zumindest einen Anschein von Liebe ergibt, während Rebellion völlig zwecklos wäre.
Es ist so, dass viele Kinder traumatische Erfahrungen machen. wobei das Empfinden je nach Kind verschieden ist. Ein robustes Kind wird mit manchen Dingen leicht fertig, ein sensibles Kind nicht. Es fühlt sich klein und empfindlich, ihm wird unwissentlich oft weh getan und es muss mit dem Leiden zurecht kommen. Es fühlt sich allein gelassen und so, als ob keiner es richtig versteht und akzeptiert.
Was macht das Kind damit? Es will und muss ja weiter leben, größer werden. Erfahrungen machen, das Leben in Angriff nehmen, selbständig werden. Es verschiebt leidvolle Erfahrungen, die eine große Verletzung nach sich gezogen haben, ins Unterbewusste. Da liegt es erst Mal gut und tut nicht weh. Man merkt nichts davon und lebt weiter. Gründet eine Familie, lässt sich scheiden, liebt seine Kinder, aber die Betondecke über dem Unterbewusstsein ist löchrig geworden. Ich vermute, dass hier oft das Alter eine Rolle spielt. Je älter wir werden, desto mehr Unbewältigtes dringt an die Oberfläche.
Die Seele will das schon lange los werden, das bereinigen, denn sie leidet. Sie kann nicht zu Dir sprechen, weil Du auch gar nicht hörst und ihre Frequenzen nicht wahrnimmst. Du bist zu blind und zu taub dafür. Und so greift sie zu einem MIttel: sie schickt Dich in ebensolche Situationen, in denen Du damals schon gefangen warst.
Das wohl bekannte Gefühl des Unterlegenseins, der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins lebst Du nun als ältere Frau nach. Warum, wenn es nur weh tut?
Ganz einfach, die Seele strebt nach Heilung und dazu müssen diese Situationen, Erfahrungen nochmals durchlebt werden. Früher waren es vlt. die Eltern, heute ein Mann. Es sind jedenfalls hochemotionale Beziehungen, sonst würde es ja nicht wirken. Die Seele hofft, wenn ich sie jetzt zu diesem Typen schicke, dann gibt es vlt. dieses Mal doch ein Happy End und ich wäre endlich frei. Dieses Mal wird es vlt. klappen, dieses Mal könnte ich heil werden.
Dummerweise klappt das nicht, denn Du siehst die Heilung in der Außenwelt, in einem Mann, der noch dazu untauglich ist. Wenn schon Papa mich nicht genug geliebt hat und mich immer so von oben herab behandelt hat, dann wird es vielleicht mit Mr. Unwiderstehlich endlich doch mal klappen und ich würde endlich erfahren, dass meine Liebe doch ihren Lohn findet, wenn Mr. untauglich mich eines fernen Tages vlt. doch erwählt. Tut er aber nicht. Denn Du suchst beim Falschen.Und erlebst wieder eine Enttäuschung und eine Zurückweisung. Du warst wieder nicht gut genug, Du warst es wieder nicht wert, geliebt zu werden.
Diese Affäre war ein Hilferuf Deiner Seele. Die ist ganz schön traurig und verzagt. Der Mann an sich ist nicht von Bedeutung, aber die Art und Weise der Beziehung will Dir was sagen.
Gehe mal zurück in Deine Kindheit. Nimm Dir ab und an ein wenig Zeit und lass die Erinnerungen kommen. Vielleicht schaust Du dabei alte Fotos an, Das geht nicht nebenbei und dazu brauchst Du Raum und Zeit. Denn die Tränen werden fließen und sie werden zahlreich sein. Ganze Eimer voll.
Das ist aber gut, denn dann bist Du endlich mal bei Dir und nicht bei dem groben Baumfällertypen im Karohemd. Du befasst Dich mit Dir und das wird Dir wahrscheinlich weh tun. Aber jede Träne, die Du für Dich und wegen Dir vergießt, lohnt sich auch.
Die Affäre ist ein Wegweiser und führt Dich in etwas, was Dich von früher her quält, zurück.
Das tut nochmals weh und das lässt sich nicht vermeiden. Aber das ist auch nicht umsonst. Der Zweck des Ganzen wäre nämlich doch ein Heilung Deiner Defizite. Aber nicht durch einen untauglichen Mann, der Dir was pfeift, sondern durch Dich selbst.
Dadurch kommt ein Prozess in Gang. Du holst unbewusste Anteile auf die bewusste Ebene, wo sie viel weniger schädlich sind. Du lernst Dich besser kennen und Du lernst, dass Du okay bist. Es ist eine Möglichkeit, Selbstakzeptanz zu lernen und alte Verletzungen zu heilen. Wenn man sie kennt und annimmt, betreibt man Seelenhygiene. Die Seele merkt, endlich kümmert sie sich mal um mich, endlich mal schenkt sie mir Aufmerksamkeit und ich muss sie nicht wieder zu einem groben Baumstamm von Mann schicken, denn sie nimmt mich zur Kenntnis.
Du musst lernen, dass Du sehr wertvoll bist. Nicht nur als Mutter, sondern auch als Frau. Und diesen Wert darf Dir keiner nehmen und auch keiner mit Füßen treten. Denn dafür bist Du Dir zu gut.
Du kannst Dein Leben neu aufstellen, Inhalte neu definieren. Äußerlich muss sich nicht viel ändern, aber Du musst lernen, dass Du pfleglich mit Dir umgehst. Du bist nun mal empfindsam, anhänglich, suchst Kontakt und eine Schulter zum Anlehnen, aber demjenigen musst Du auch was wert sein.
Wenn sich Deine Einstellung zu Dir ändert, ändert sich vieles. Du wirst ausgeglichener und kommst mehr bei Dir an und was Dich Jahrzehnte verfolgt hat, kann nun Ruhe geben. Dann kehrt endlich das ein, was Du dringend brauchst, einen inneren Frieden.
Das wird dauern, Monate, vielleicht sogar Jahre, aber eine so lange Reise zu Dir ist nie umsonst. Ganz ankommen wirst Du nie, dafür sind wir Menschen zu blöd und zu verbildet. Aber es kann doch vieles in einem harmonischer werden.
Wenn Du lernst, in Dir zu ruhen und wenn Du lernst, dass Du einen Wert hast, strahlst Du das auch nach außen. Du sendest damit unbewusst andere Signale und so grobe Typen wie der springen nicht mehr auf Dich an. Denn sie spüren instinktiv, dass sie ihre Machtspielchen mit Dir nicht spielen können. Du bist kein Adressat mehr. Aber vielleicht lernt das gereifte Mäuschen dann eines Tages einen von den Guten kennen, einen, dem es was wert ist und der es nicht nur benützt.
Es kann viel geschehen. Ja, ja , ich weiß, in Deinem Alter ist es nicht so einfach, blabla. Alle guten Männer sind eh schon vergeben, aber das heißt nicht, dass Du Dich wegwerfen musst.
Meine Mutter starb mit 55 und mein Vater war 54. Da sie krank war, hatte er ihretwegen beschlossen, über einen Sozialplan weit vor dem Rentenalter in den Ruhestand zu gehen. Dann starb meine Mutter und er stand allein da. Die Lebensplanung war umsonst gewesen, wie so oft. Was tun? Allein mit Mitte 50!
Er brauchte schon ein Jahr, dann war die ärgste Trauer bewältigt. Er ging viel spazieren , bevorzugt nachts im Wald, dann wenn wenig Menschen unterwegs waren und alles zur Ruhe kam. Er schlief in meinem ehemaligen Bett, denn das Ehebett ertrug er nicht mehr. Und dann, ganz allmählich merkten meine Schwester und ich, dass er wieder am Leben teilnahm. Er ging in die Sauna und wurde dort Mitglied in einer Clique, weil sich immer wieder dieselben Leute dort trafen. Er fuhr mit anderen Männern seines Alters fleißig Rad. Er ging wieder auf den Fußballplatz und zum Kegeln. Auf einmal war er so viel unterwegs, dass wir uns wunderten.
Und irgendwann hatte er so komische Verhaltensweisen. Saß Zeitung lesend da, schaute auf einmal auf die Uhr, sprang auf und sagte: Jetzt muss ich spazieren gehen!
Häh? Wieso das denn? Keine Antwort, aber er ging ins Bad und verließ es nach endlosem Gepritschel wieder und eingehüllt in eine Wolke Pitralon. Dann zog er was an, versäumte es nicht, sich noch ein paar Mal vor dem Spiegel anzuschauen und verschwand. Irgendwann kam er wieder und sagte nichts.
Uns war klar, normal ist das nicht, aber ausfragen ließ er sich auch nicht, da wurde er bockig. Irgendwann dann mal ließ er ein paar Fotos liegen, von einem Geburtstag, an dem er eingeladen war. Da war sie auch das, sie war auch Wittwe und hatte ihren Mann durch Leukämie verloren.
Er ist nun schon lange Jahre mit ihr verheiratet und er hat ein zweites Heim gefunden. Die Frau ist gut zu ihm und ich mag sie. Vor allem aber mag ich, dass es ihm gut geht.
So kann das Leben spielen, es ist auch mit 50 noch nicht vorbei. Dies nur mal als Beispiel. Es stehen Dir noch viele Wege offen, aber erst musst Du den Weg zu Dir gehen.
Begonie
12.05.2020 18:11 •
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